DAS SCHLAUN-GYMNASIUM Ostern 1964


Wolfgang Fahl
[edit]
D A S  S C H L A U N - G Y M N A S I U M

▶ 4
▶
▶ 4
Kt^ 4 

v v / 

\

4

y

A

> 4
^

*■ ■*

^
' Y -

4

V S

i

4

; v

^ 4 .

\
4 V A - s
s

▶

▶44vv.y
. 4 4 A

4 .

/ 4 -

/
44>V-  -f  44-1

S

t

444 tt ^

^

f
> ^ 4

1

fl ^ 4 4
4 4

4 4 4 4

4

4

4

t 4 < , ^>
^.-4
4W t {
4

^'^'444-4

A

4

O S T E R N 

1 9 6 4

�B U C H H A N D L U N G

Ferdinand Scl^öningl}

S a l z s t r a ß e 

6 1

0 S c h u l b ü c h e r

●T e x t a u s g a b e n

0 W ö r t e r b ü c h e r

0 A t

l a n t e n

0 J u g e n d b ü c h e r

N E U !

Sonderlehrgänge für Studierende und Schüler

Kraftfahrschule  Bufe

Königsstraße  42

M ü n s t e r

R u f 

4 3 1 0 2

Auskunft und Anmeldung von 14 bis 15 und von 18 bis 20 U'hr

Lehrfahrzeuge:  Roller

V W 

- F o r d  1 7  M

M e r c e d e s

�Das Schlaun-Gymnasium

Schulzeitung für die Schüler, Lehrer, Eltern, Ehemaligen
und Freunde des Schlaun-Gymnasiums zu Münster (Westf.)
Ostern  1964

N r .  3 0

O s t e r n

Aus  Erstarrung  und  Not
Schwellend  zu  neuem  Blühn
Hob  sich  ein  Gelb  und  ein  Rot
Aus  noch  verborgenem  Grün.

Liebe  leuchtet  und  lacht
Selig in steigendem Glanz.
Alles  ist  aufgewacht:
Mut  und  Blut  und  der  Tanz.

Ahnen  von  höherer  Macht!
Glockenmund  kündet  dem  Land,
Daß in schweigender Nacht
Christ  aus  dem  Grabe  erstand.

H .

Das Tifelbild wurde von Michael Gausmann (Oll! sb) gefertigt. —Oie Obung zeigt einen einfodien,
senkrecht und woogerecht geordneten strukturolen Rhythmus. Die Repetition wurde gering¬
fügig verändert, und zwar so, doß nicht dos konstruktive, sondern das evokalfve Moment in
den Vordergrund trat. Dos Resultat entslond durch den Arbeitsablauf, nicht auf Grund einer
vorangegangenen Planung. Werkmittel: Flaschenkork und Tusche.
Bei der Zeich.iung ouf Seite 27 {angefertigt von Hans-Joachim Ludwig, Vc), handelt es sich um einen
krecht gesetzten, horizontol veräncterten (also mehrteiligen) Rhythmus. Die Abstufungen
des  Hell-Dunkels  sowie  dfe  Raumillusion  ergeben  sich  von  selbst  durch  das  Werkzeug.  Werk-
mittel: Poppstreifen, der.als breite Feder benotzt wurde, und Tusdte.

s e n

1

�Ansprache des neuen Leiters unserer Schule
Oberstudiendirektor Dr. Hermann Spreckelmeyer

anläßlich seiner feierlichen Amtseinführung am 21. September 1963

Es  waren  zahlreiche  Freunde  unserer  Schule,  die  Herr  OStR  Dr.
Lütgen  in  Vertretung  von  Herrn  OStR  Dr.  Henke  bei  diesem
Anlaß  in  unserer  Aula  begrüßen  konnte.  Als  offizielle
Gäste  weilten  unter  uns:  Herr  Oberschulrat  Dr.  Borucki,  dem  es
als dem Vertreter unserer Landesregierung oblag, die feierliche
Verpflichtung des neuen Schulleiters vorzunehmen; Herr Rcrtsherr
Souchcy als Vertreter des Rates der Stadt; Herr Stadtschulrat
Dr.  Hoß;  Herr  Stadtdechant  Vennemann;  Herr  Superintendent
Braun; die Domen und Herren Direktoren der höheren Sdhulen
M ü n s t e r s .
Nach W^orten des iDankes an alle jene, die ihm ihre Wi nsche
für  seinen  neuen  V/irkungsbereich  entgegengebracht  hatten,
sproch  Herr  Oberstudiendirektor  Dr.  Spreckelmeyer  über
den  pädagogischen Auftrag  der  höheren  Schule,  wobei  er  in
der Hauptsache folgendes ausführte:

Nicht gering sind die Anforderungen, die iman an den Leiter eines Gymnasiums
zu stellen gewohnt ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Schon der Amtstitel, den
man für dieses Amt zur Verfügung stellte, entbehrt nicht eines gewissen wortkund-
lichen Reizes. Ist doch der erste Teil offensichtlich ein Zugeständnis an die Vor¬
liebe des Deutschen für Unterscheidungen und bezeugt seine Freude an amtlichen
Differenzierungen,  wie  die  Beamten-  und  Militärsprache  bestätigt.  Es  gibt  den
Standort an. Der dritte Teil des Wortes, der geläufigste, meint dafür die Funktion
des  Lenkens  und  Leitens.  Hier  wird  schon  die  Gefahr  des  Amtes  ersichtlich.
„Direktor" geht noch an im heutigen Sprachgefühl. „Dirigismus" und „dirigistisch",
aus gleicher Wurzel gebildet, sind bereits höchst suspekt. Der wohlwollend über
diesen  Amtstitel  Meditierende  dorf  aber  unbesorgt  sein.  Denn  das  Herz-  und  Kern¬
wort  des  Amtstitels  ist  doch  wohl  das  Mittelstück,  sind  die  „Studien",  sauber  ein¬
gebettet zwischen „Ober" und „Direktor". Das lateinische .,Studium" meint als Eifer,
Lust, Neigung besonders die wissenschaftliche Beschäftigung. Alles wissenschaft¬
liche  Bemühen  ist  aber  auf  Wahrheit  und  ihre  .Erkenntnis  bezogen.

Mir scheint, Dienstbezeichnungen sind nicht nur Indikative, sondern auch Impe¬
rative, im vorliegenden Falle die Forderung, daß der Träger dieses Amtes in einem
ganz spezifischen Sinne innerhalb der Schule den vielschichtigen Studiengang zu
dirigieren höbe, d.h. also das Bemühen so vieler junger Menschen um die Wahr¬
heit,  um  die  großen  Gegenstände  von  Welt,  Mensch  und  Gott.

Darin  liegt  aber  ebenso  unüberhörbar  der  pädagogische  Auftrag.
Der junge Mensch muß sich hier hineinarbeiten in den dunklen Berg des noch nicht
Gewußten,  des  unendlich  scheinenden,  vielfältigen  Wißbaren.  Das  ist  seine  Auf-

2

��gäbe In der Schule, und sie darf wahnhoftig nicht verwechselt werden mit einem
Dasein im Schlaraffenlande des Unwirklichen, einer neun- oder meJirjöhrigen Form
köstlich unbeschwerten Lebensgenusses. Das böse Wort von den „Tröumer-
kasernen", das Carossa in der „Turmbesteigung" wie lächelnd abwebrt, ist auch
heute  noch  nicht  verstummt.

Und doch ist eine solche Träumerkaserne ein Wesen von fast unbegreiflicher
Wirklichkeit,
wenn man seine Sinne für das wirklich Reale schärft: Da gehen in
ein Haus mit vielen, vielen —und immer noch zu wenig —Räumen jeden Morgen
viele, viele Jungen, kleine und große. Und wöhrend für den Außenstehenden die
Augenblicke der Stille nur Unterbrechungen des permanenten Lärms der Jgngen
sind, ist der kurze Lärm nur Pause in einem sehr differenzierten Vorgang der Stille,
ln über 800 Köpfen schiebt sich unmerklich die Wissens- und Verstehensgrenze ein
ganz klein wenig nach vorn. Unmerklich erfolgt auch, korrespondierend mit dieser
intellektuellen Grenzerweiterung, ein innerseelischer Wandel. Diese nur unscharf
angedeutete Bewegung ist in ihrer Intensität wieder sehr verschieden und in ihrer
Qualität von vielen Faktoren abhängig, Manchmal geschieht es, daß Stille eintritt
bei dem einen oder anderen, vorübergehend oder auch dauernd. Wie die Statistik
ausweist, verlassen aus diesen Gründen vorzeitig viele Spieler das Orchestef und
siedeln  sich  an,  fernab  aller  Theorie,  in  den  Tälern  der  Praxis.  Es  bedarf  leinen
Frage;  Oft  ist  dieser Auszug  von  persönlicher  Traiier  begleitet.

I

Ich habe mir in den vielen Jahren des Schulalltags ein empfindsames Ohr für
diese  Dinge  bewahrt,  ln  einer  immer  komplizierter  werdenden  Welt  kann  eine
höhere Lehranstalt nicht mehr mit Gänsekiel und Rohrstock geleitet werden, wenn
es.auch jahrhundertelang Sitte war, dem Rektor Scholarum bei der Einführung in
sein neues Amt eine Rute oder einen Stock als Symbol zu übergeben. Bei aller Wert-
schälzung vergangener Zeiten im Vergleich zur Gegenwart kann man den Irrtum '
nicht übersehen, der die abendländische Schulgeschichte beherrschte, daß nämlich
zwischen intellektueller Leistung und Prügelstrafe ein kausaler Zusammenhang be¬
stehe. Theoderich untersagte seinen Goten den Besuch der Schulen, damit ihnen
nicht die Schulmeister die Tapferkeit herausschlügen. St. Kolumban der Ire meinte
im 6. Jahrhundert: „Wo gibt es einen Lehrgegenstand, der ohne schwere Züch¬
tigung erlernt werden könnte?" Notker Balbulus von St. Gallen, der nur die Zucht '
der Liebe gelten ließ, war eine einsame Gestalt mit dieser Auffassung.

Wie gut hat es heute der Schüler in der Zeit partnerschaftlichen Bemühens in
der Schule! Die angstfreie Atmosphäre beginnt Wirklichkeit zu werden, seitdem die
Schule nicht nur im Dienst einseitiger Verstandesarbeit steht. Leib, Geist und Seele
erfahren in gleicher Weise ihre Fördeiung und Entfaltung. Es geht in der Buntheit
der Vielfächerschule um den ganzen Menschen, nicht um die Abrichtung eines
Spezialisten. Auf den ganzen Menschen zielen alle unsere Bemühungen, sozusagen
durch die ganze Skala der Zeugnisliste hindurch, gleich ob der junge Mensch im
Fache Religion hineingestellt wird in die doctrina sacro, in das heilige Wissen um
des  Menschen  Steilung  vor  Gott;  ob  er  im  Deutschen  hineinwächst  in  die  Wunder
und Werke der Muttersprache; in der Geschichte in die Taten und Freveltaten der
Vergangenheit;  ob  er  in  der  Erdkunde  erfährt  von  der  Erde  als  dem  Ort  der  Schön-

4

�heif des Schöpfers, aber auch dem Ort des schaffenden Menschen. Hinter Voka¬
beln und Regeln der fremden Sprachen taucht für ihn, vielleicht nicht immer klar
und konturiert, doch die Möglichkeit auf, sich auf heue Weise selbst zu begreifen,
ln der Mathematik erfährt er von den Möglichkeiten des menschlichen Geistes, in
Zahl und Formel den Schlüssel für die Vielfalt der Dinge zu besitzen. In den Natur¬
wissenschaften dringt er ein in den Aufbau des Kosmos, des Anorganischen, und
Lebendigen, aber mit diesem Wissen wird er seiner selbst inne als eines denkenden
Wesens inmitten der Ordnung des Seins und der Möglichkeiten des Chaos. Und
nicht sei vergessen-. Hier im Feld der Schule kann die erste Begegnung stottfinden
it den Bereichen des Musischen, während das Agonaie sich verwirklichen möchte
in  der  Arena  de.-  Leibesertüchtigung.

m

i n

Es wäre jedoch folsch, wollte man die gesellschaftlich isolierte Persönlichkeit als
das  Ziel  der  Schule  verstehen. All  die  aufgezeigten  Vorgänge  vollziehen  sich  ’
einem ständigen Miteinander, in der Gemeinschaft, in steter Tuchfühlung mit den
Milmenschen.  Dazu  ist  aber  Ordnung  notwendig.  Ordnung  vermog  unserm
Leben Haltung und Stil zu verleihen. Auch die äußere Ordnung beziehe ich hier
ein.  Ich  meine  sie  nicht  als  Selbstzweck,  sondern  zunächst  als  Bestimmung  unseres
äußeren Menschen. Ordnung an uns selbst setzt sich fort als Höflichkeit im Verkehr
mit anderen und ist so die beste Voraussetzung für die erstrebenswerten und not¬
wendigen sozialen Tugenden. Ordnung ist die natürliche Vorbedingung geistiger
Arbeit. Zur Ordnung gehört auch der Verzicht auf das laute, unruhige Wesen. Nicht
wo es am lautesten ist, wird am tiefsten gedacht. Wir müssen in der Jugend nicht
nur reden, sondern auch schweigen lernen. Ich würde es als einen Verlust an
menschlicher Substanz ansehen, wenn die junge Mannschaft von heute im Treibhaus
der Lärmerzeugung so heranwächst, daß sie im Mannesalter keinen Zugang mehr
hat zum Erlebnis Goethes, das der Dreißigjährige aussprach mit den bekannten
Ober allen Gipfeln ist Ruh", oder daß ihr jene unsterbliche Claudiuszeile
W o r t e n :
Der Wald steht schwarz und schweiget", oder daß sie nicht
verschlossen  bleibt:
Die  Sterne  stehn  voil-
mehr empfindet die bergende Ruhe des Carossa-Wortes:
2ählig überm Land".

Ist nicht eine solche Auffassung ein Anachronismus in unserer Zeit, da mit einem
ungeheuren Aufwand an Energie die letzten Stätten der Stille aufgehoben werden?
Ich meine nicht. Denn immer noch gilt —gegen den Strom der Apparate, der Bilder
und vielfältigen neuen Zubehörs, daß Lernen und Lehren in seinem eigentlichen
Sinne immer noch an das Wort, an die Sprache gebunden ist. Sprache ist meht als
Werkzeug. Das Wort befreit den Menschen aus der Stummheit der Dinge und
schlägt die Brücke zum Du des Mitmenschen, rum göttlichen Du im Gebet. Dieses
Wortes ist nur der Mensch mächtig, weil nur er nach dem Bilde und Gleichnis
Gottes geschaffen wurde, wie im Buche Genesis geoffenbort ist. Wenn aber in
dieser Richtung des Menschen Wesenserfüllung liegt, wenn er nicht verurteilt ist zu
einem entsetzlich sinnlosen Tun in den Sandmühlen in der „Stadt hinter dem Strom ,
dann gewinnt auch alles unterrichtliche, erzieherische und bildende Tun des Lehrers
etwas  vom  Glanz  und  der  Berufung  eines  Gottesauftrages.  „Der  Dienst"  —sagt
der große Bischof Wilhelm Emanuel von Ketteier einmal —, „den ich zur Seelen-
wie Herzensbildung dem ärmsten Kinde gewähren kann, der ist mir der glänzendste.
5

●i

�erhabenste, wOrdevollste Oienst, dessen der Mensch fähig ,ist." Mit diesem Dienst
leistet der Lehrer seinen unentbehrlichen Beitrag zu der vor uns liegenden Epoche,
in der es nach einem Wort Guardinis nicht mehr um die Steigerung der Macht,
dem um deren Bändigung geht. Die Kraft dazu konn uns aber nur erwachsen
dem 
-Bel<ennen wir uns ...zum Orden derer,
derien alle Länder und Meere der Welt nicht genügen würden, wenn das Reich des
Geistes und der Seele unerobert bliebe" (Carossa).

Innenreich  des  Menschen.

s o n -

a u s

Aus dem Leben unserer Schule

Ais das Schuliahr am 17. April 1963 mit einer kurzen Versammlung von Schülern
und Lehrern auf dem Schulhofe seinen traditionellen Anfang nahm, war mancher
im stillen auf den Beginn der Neuen Ära am Schlaun-Gymnasium gespannt. Allein
ihr Beginn schien sich zu verzögern. A^an hörte zwar nicht die gewohnte Stimme
des bisherigen Leiters der Schule mehr,-
allein  von  dem  „Neuen"  war  ebenfolls
nichts  zu  entdecken.
So mußte die Schule einen Sommer lang interimistisch „laufen". Der Unterricht
wurde langsam angekurbelt, wie uns das so oft überzeugend angeraten worden
war. Wir stellten zwei neue Ruderboote —„Orleans" und „York" —in Dienst,
wir führten die geplanten Wanderfohrten —u. a. nach Orleans und Berlin —durch,
die  Berufsberatung  für
Oberprimaner, die Klassenpflegschaftsversammlun¬
gen, die Wahlen für die Schulpflegschaft (Wiederwohlen). Wir gedachten in ange¬
messener Weise des 17. Juni, hatten hin und wieder hitzefrei und freuten uns der
unterrichtsfreien Tage, die jeder Sommer mit sich bringt, tanzten auf dem Ober¬
stufenball und gingen am nächsten Morgen —nach dem Schulgottesdienst, .einer
planmäßigen Unterrichtsstunde sowie einer außerplanmäßigen „VerfügungsstJnde",
in der Fragen des Jugendschutzes und des Tourismus behandelt werden sollten —
pünktlich um 10 Uhr 30 in die Sommerferien.
Die Neue Ära begann am 5. September 1963. Am 21. September wurde Herr Ober¬
studiendirektor Dr. Spreckelmeyer dann als Nachfolger von Herrn Direktor
Dr. Plate feierlich in sein neues Amt als Leiter unserer Schule eingeführt.
Möge  diese  Neue  Ära  am Schlaun-Gymnasium für alle gedeihlich und ersprießlich
sein! Sie wird es, wenn ein jeder sich seiner Aufgaben bewußt ist und bleibt.

u n s e r e

Mit dem Beginn des neuen Schuljohres kamen die Herren Studienassessoren Dr.
Elmar Bozzetti (Musik und Deutsch) und Klaus Gruhn {Englisch und Deutsch)
an unsere Schule. Zum 1. Nov. 1963 wurde uns Herr Assessor Gerhard Uhlig
überwiesen, der au^ilfsweise schon vorher bei uns unterrichtet hatte.
Zum 1. Mai 1963 wurden Herr Dr. Bozzetti und Herr Georg Gres hake zu
Studienräten ernannt; die Ernennung von Herrn Gruhn zum Studienrat erfolgte
am  1.  Dezember  1963.
Wir wünschen allen Genannten eine segensreiche, erfreuliche Tätigkeit am Schlaun-
Gymnasium.

6

�Dem „Tag der Heimat" konnten wir in diesem Scbuljoihr eine besonders schöne
Note verleihen, indem Herr Studienrat JohonnimIoh, Träger des Klaus-Groth-
Preises für 1963, in der Aula aus seinen plottdeutschen Gedichten las.
Der allgeoieinen Arbeitszeitverkürzung in unserem Lande paßten wir uns an, indem
der Zeitplan für den Unterricht am Samstag eine gewisse Änderung erfuhr. Der
Gesamtplan sieht seitdem wie folgt aus:

*

montags  —freitags

1.  Stunde:
2.  Stunde:

7.50  —8.35  Uhr
8 . 4 0  — 9 . 2 5  U h r

samstags

wie  montags
bis  freitags

20  Mfinuten  Pause

3.  Stunde:
4,  Stunde:

9.45  —10.30  Uhr
10.35  —11.20  Uhr

15  Minuten  Pause

9.45  _10.25  Uhr
10.30  —11.10  Uhr
10  Minuten  Pause
11.20  —12.C0  Uhr

11.35  —12.15  Uhr
12.20  —13.00  Uhr

5.  Stunde:
6.  Stunde:
wieder Fragen nach der Dauer der Ferien gestellt werden, mag hier die

i m m e r

D a 
Ferienordnung für das neue Schuliohr 1964/65 folgen:

Erster  Ferientag

Letzter  Ferientag

O s t e r n
Pfingsten
S o m m e r
H e r b s t
W e i h n a c h t e n

26.  3.  1964
15.  5.  1964
29.  7.  1964
19.  10.  1964
22.  12.  1964

8.  4.  1964
26.  5.  1964
8.  9.  1964
24.  10.  1964
7.  1.  1965

*

Die Osterferien 1965 sind für die Zeit vom 8. April bis 21. April 1965 vorgesehen.
besondere Freude bereitete die Bundesbahn unseren Klassen Ul sa und Ul sb.
E i n e
Sie wurden vom 26. bis 27. September 1963 zu einer Fahrt entlang der sogenann¬
ten „.Vogelfluglinie" eingeladen, der im Mai 1963 eröffneten schnellsten Zupver-
bindung von Münster nach Skandinavien, über Hamburg erreichten sie in ihrem
Sonderwagen zunächst Lübeck und Travemünde und fuhren darauf über die
imposante Fehmarnsundbrücke nach Fehmarn, wo das weiße Fährschiff der BB,
„Theodor Heuß", auf seine Gäste wartete, um sie nach' Rodby am Südrand von
Laaland zu bringen. Als unsere Primaner schließlich ihre Heimreise antraten, tru¬
gen sie außer der Erinnerung an einmalig schöne Erlebnisse jeder ein Buchgeschenk
in ihrem Gepäck, das die BB nach den Wünschen der einzelnen Teilnehmer ausge¬
wählt  hatte.

*

7

�17.  12.  1963:
Gedenkfeier
zu  Ehren
u n s e r e s
v e r s t o r b e n e n
1.  Bundes¬
präsidenten
T h e o d o r
H e u ß

Photo;  R.  Bage  (Abiturient  1964)

Unsere diesjoftrige Reifeprüfung fand vom 20. bis zum 27. Februar unter dem Vor¬
sitz von Herrn Oberstudiendirektor Dr. Spreckelmeyer statt. Am 25. Februar nabm
Herr Stadtschulrat Dr. Hoß, am 26. Februar der Vorsitzende unserer Schulpflegschaft,
Herr Or. med. Badde, an der Prüfung teil.
41 Oberprima.ier haben die Reifeprüfung bestanden, Ihre Namen sind:
Klasse  Ol  m(Klassenleiter:  Studienrat  Wacker)
Jürgen  Büning
Münster
Bernd-Rüdiger  Hein
Angelmodde
R o l f - W e r n e r  L u k e
M ü n s t e r
M a n f r e d  N o w a k
M ü n s t e r
Bernd  Optenhövel
M ü n s t e r
R a l f  R u i n
M ü n s t e r
Willy  Schiffbauer
M ü n s t e r
Rainer Schulze-Schleppinghoff Münster
Bernd  Schuppener
M ü n s t e r
Jürgen  Werner
Münster
Erwin  Wesemann
M ü n s t e r

Biologe
Maschinenbau-Ingenieur
Evang. Theologe
M u s i k e r
Volksschullehrer
Elektro-Ingenieur
Volkswirtschaftler
Apotheker
Straßenbau-Ingenieur
Volksschullehrer
Volkswirtschaftler

8

�Klasse Ol sa (Klassenleiter: Studienrat Schwenbrock)

Rolf  Engels,
Wolfgang Friedrich
Manfred  Jung
Günter  Neukirchen
Herbert  Röhrkohl
Johannes  Schcfermeyer
Werner  Schiefei
Karl-Heinz  SchOrholz
Manfred  Steller
F r a n k  W e r n e r
Rüdiger  Wiechers
Heinz  Wieland
Woifgang  Winter
W i e l a n t  W i t t e

M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Münster
M ü n s t e r
Münster
Münster
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Münster
Klasse Ol sb (Klassenleiter: Studienrat Eilentrop)
Telgte
M*)nster
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Davensberg
H a n d o r f
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Angelmodde
Münster
M ü n s t e r
Münster

Reimer  Bage
Rüdiger Becker
Woifgang Brendel
Jörg Gehrmann
Hans  Konrad  Geizer
Thomos  Gollhardt
Herbert  Harder
Jens  Klapp
Jürgen  Klötgen
Karl-Josef  Krekeler
Kurt  Liberty
Rolf-Michael  Lindner
Johann  Pieper
Ludger Tinnefeid
HansiDieter  Weber
U d o  W e s t m a r

Diplom-Ingenieur
A r z t
Volksscfiullebrer
Publizist
Apotheker
Volksschullehrer
Publizist
A r z t
A r z t
Architekt
Architekt
Soziologe
Philologe
J u r i s t

Journalist
V o l k s w i r t
Neusprachler
A r z t
Geophysiker
Realschullehrer
Betriebswirt
Elektro-Ingenieur
P u b l i z i s t
Volkswirt
Verwaltungsinspektor
A r z t
Architekt
P h a r m a z e u t
Philologe
Maschinenbau-Ingeniuer

*

Am 10. März 1964 erhielten unsere Abiturienten aus der Hand ihres Direktors
das Reifezeugnis. Zahlreiche Gäste hatten sich zu diesem festakt in unserer
ingefunden, unter ihnen Herr Obetibürgermeister Dr. Peus. Von den „Ehemaligen
erfreute uns besonders Herr Direktor Dr. Plate durch seinen Besuch der Feierstunde.
9

e i

�Mit  selnefn  Glückwunsch  an die'Abiturienten verknüpfte Dr. Peus die Frage:
Ist es genug, was wir
ir der Jugend heute mitgeben?" Er erinnerte an die Zeiten,
da die heutigen Abiturienten in die Volksschule aufgenommen wurden. „Damals
war es uns eher möglich, jungen Menschen die rechten Worte mit auf den Weg zu
geben. Man konnte ihnen Ziele setzen, die noch nicht von materiellen Werten
Als Wunsch gob der Oberbürgermeister den frischgebackenen
unterhöhlt  waren.
Abiturienten die Worte mit: „Verleugnen Sie nie, was Sie auf dieser Schule gelernt
habenI Und befrachten Sie die Tradition dieser Stadt als Verpflichtung! fragen
Sie irrnmer: „Ist das, was ich tue, richtig?" Wenn Sie dos berücksichtiqen. aehen
Sie  Ihren  Weg!"
Walter Fricke drückte als Schulsprecher die Glückwünsche und Gefühle seiner
auf der Schule bleibenden Kameraden ous. Besonders betonte er die guten Bezie¬
hungen, die sich in den letzten Johren zwischen der Ablturientia und ihren Nach¬
folgern  herausgebildet  hätten.
^Als Sprecher der Abiturientia 1964 führte Rolf-Werner Luke (Olm) aus: „Sinn
für die Gemeinschaft und die Fähigkeit, uns eine eigene Meinung zu bilden: bei¬
des haben wir in der Schlaun-Schule erhalten. Die Schule hat ihren Unterricht^ nicht
auf  die  Vermittlung
von Faktenwissen ausgerichtet. Dafür gilt ihr besonderer
Dem Leiter der Schule, Oberstudiendirektor Dr. Spreckelmeyer, wünschte
D a n k . '
er für die nächsten Jahre viel Erfolg. Nach dem Fortgang von Oberstudiendife'ktor
Dr. Plate habe er sich sehr schnell in Geist und Leben der Schlaun-Schule einge¬
führt; mit der neuen Abiturientia könne er seinen ersten Erfolg feiern. Der Sprecher
der Abiturientia verabschiedete sich im Namen seiner Konabiturienten mit den
Der heutige Tag ist für uns ein Festtag, weil wir die Schule erfolgreich
W o r t e n :
beenden konnten. Und doch: der Abschied fällt mit einem Tropfen Bitterkeit in
diese festliche Stunde. Das neue Leben steckt voller Fragen und Zweifel. Was jetzt
kommt, sei auf Gottes Grund gestellt!"

diemeAatk
ältestes Fachgeschäft

Munsters

Rothenburg 23
(gegenOber  dem
Aegidii-Parkplatz)

1 0

s t e t s  g r o ß e s  L a g e r 
i n - 

u n d 

a u s l ä n d i s c h e r 

i n A n g e I g e r ä t e n
F a b r i k a t e

�„Sie haben unsere Kinder zu dem gemacht, was sie .heute sind, zu Abiturienten.
Mit dem Dank, den wir dafür aussprechen, verbinden wir einen zweiten, den
Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit." Mit diesen Worten richtete sich der
Vertreter der Elternschaft, Herr Oberpostrat Steller, an den Direktor and die Lehrer.
Die schönsten Jahre des Lebens liefen hinter euch.
Den  Abiturienten  rief  er  zu:
Was jetzt kommt. Ist Kampf. Freut euch des Erreichten! Und dann
zu  neuen  Ufern!
Aber vergebt nicht, daß das Reifezeugnis nicht nur berechtigt, sondern auch ver¬
pflichtet!"
Als die 41 Abiturienten die Aula verließen, sang der Knabenchor Volkslieder.
Und vielleicht gaben die rhythmischen Klänge der Jazz-Band, die die Lieder unter-
malten, den Scheidenden jenes Gefühl mit, das unter dem Abschied ein wenig
gelitten hatte: das Gefühl der Freude.

Zum Schluß ein Wort über die Raummot an unserer Schule.
Das Schlaun-Gymnasium wurde seinerzeit für 18 Klassen geplant und errichtet.
Allein, statt 18 waren es schon bald 27. Welche Gründe das hat, möchte der
Chronist hier nicht erörtern; es genügt die Feststellung, daß es so ist.
Damit stellte sich die Frage der Unterbringung. Durch manche Überlegung gelang
es, die Zahl der Klassenräume auf 23 zu erhöhen. Wir halfen uns weiter, indem
wir 2Klassen in Räumen der Biologie, eine im Tonstudio und eine im Gymnastik¬
raum unterbrachten. Der evangelische Religionsunterricht wird im sogenannten
Studio erteilt. Wenn dieser Raum ober einmal nicht belegt ist, findet darin Musik¬
unterricht statt, da bei 27 Klassen natürlich ein einziger Musikroum nicht ausreichen
kann. Für eine Abteilung muß der Unterricht in Latein und Englisch sogar in unse¬
rem Erfrischungsraum abgehalten werden.
Es leuchtet ein, daß die genannten Räume auf solche Weise dauernd ihrem
eigentlichen Zweck entzogen bleiben. Der Biologie-,Unterricht ist auf engsten
Raum beschränkt. Der Turn-Unterricht muß auf die Möglichkeiten verzichten, die
ihm der Gymnastikraum bieten würde. Das Tonstudio mit seinen kostboren über-
tragungseinrichtungen kann als solches nicht benutzt werden, und was unsere Studio¬
bühne betrifft, so werden ihre schönen Einrichtungen vermutlich eines Tages ver¬
braucht sein, ohne daß sie jemals für den Zweck eingesetzt wurden, für den
seinerzeit bestimmt worden waren. Ein höchst beklagenswerter Zustand, da

Unterricht fast alle Möglichkeiten raubt, die er sonst wohrnehmen könnte.
Zeitgemäßer Unterricht setzt ferner voraus, daß für Erdkunde, Neuere Sprachen
und Gemeinschaftskunde je ein eigener Fachraum vorhanden ist mit einer ange¬
messenen Arbeitsbücherei, mit Kartenmaterial, Projektions- und Phonogeröten. All
das aber kann nicht verwirklicht werden, solange die Raumnot am Schlaun-Gym¬
nasium nicht behoben wird. Sie kann aber solange nicht behoben werden, solange
die Sctrule 27 Klassen umfaßt anstatt 18, wie es im Interesse aller Beteiligten zu
erstreben  wäre.

u n s e r e m

s i e

e r

n

�Mit dem Ende des Schuljahres
l%3/64  tritt  Herr  Studienrat

F r i t z 

W e d n e r

in  den  Ruhestand.  Er  wurde
1898 in Dresden-Plauen gebo¬
ren und war zuerst in Leip¬
zig, später in Erfurt tätig, bis
er  —infolge  des  Kriegsaus¬
g a n g e s  — i m  S o m m e r  1 9 4 7
an  unsere  Schule  kam  und
hier  vor  ollem  in  Biologie
und  Chemie  unterrichtete.
Im  vergangenen  Sommer  war
Herr  Wedner  40  Jahre  im
Dienst  der  höheren  Schule.
Wir  wünschen  dem  stillen,
g e t r e u e n ,  v o n  L e h r e r n  w i e
Schülern geschötzten schei¬
denden  Herrn  Wedner  einen
ge.:egneten  Lebensabend!

P h o t o ;  B a t h e

Erinnerungen an meine Schulzeit in Fontainebleau

z e n

Das erste, was ich von Fontainebleau sah, war ein weißes Schild, das mit schwar-
Buchstaben auf das „Camp Guynemer" hinwies. Dann fuhren wir auf einen
heilen Obelisken zu, bogen nach rechts ab, holperten am Schloß vorbei in die Innen¬
stadt, krochen einen Hang hoch und hielten vor einem langen, grauen Hause.
In weiser.Voraussicht hatten die Stadtväter die Schule, die ich von jetzt an be¬
suchen sollte, dem Friedhof gegenüber und in der Nähe des iKrankenhauses er¬
bauen lassen, in einer Zone der Stille also. Sie war in einem süßlich gelben Ton
gestrichen. Franzosen, Holländer und Deutsche gingen hier in gemeinsame Klassen¬
räume, während die englischen Knaben und Mädchen in eigens für sie eingerich¬
teten Barocken unterrichtet wurden. Das Gebäude lag um einen Hof herurn, der
so weit nach hinten reichte, daß man dort das Klingelzeichen —mit etwa Absicht
—überhören konnte. Das geschah denn auch nicht selten. Dem Schulgebäude ent¬
lang lief ein Betonstreifen. Sobald es klingelte, stellten sich die Schüler Hand in
Hand  auf  und  wurden  von
Monsieur Froment war mein Lieblingslehrei. Er trug eine schwarze Bürste, hatte
stets ein schwarz-weißes Jackett nebst schwarzer Hose an und rauchte schlechten
1 2

ihrem jeweiligen Lehrer obgeholt.

�Tabak. Er gab Biologie- 'Und Mathematik'unterricht. Im Anfang, als ich noch kein
Wort französisch verstand, erklärte er mir die Körperberechnung mit HärKiefuch-
teln und gelegentlich ein paar deutschen 'Flüchen. Auf diese Weise verstand ich,
was  er  mir  beibringen  wollte.
An Peter und Paul war Preisverteilurvg im Theater. Oie Schüler saßen —nach
fgeregt auf ihren Plätzen. Auf der
Klassen  eingeteilt  —herausgeputzt  und  au
Bühne läclielten die Lehrer in feierlichem Schwarz. Der Diretctor hielt die Festrede.
Dann las der Surveillant general die Namen der Preisträger, zum Beispiel: „Prix
d'excellence,  Christine  Guivache  ..."
Ais unser Abschied nahte mit unserer Übersiedlung nach Münster, schaute ich
Croix d’Augas“ hinunter auf Fontoinebleau. Ich sah das weiße
noch  einmal  vom
Hochhaus, die Fiats, das Schloß, den Wald und —natürlich —die Schute. Mir fiel
der Abschied schwer. Ich hatte Fontainebleau liebgewonnen. Was mir blieb, war
die frinnerung an die Landschaft und meine Kameraden, an den Wald und die
Seine. !m Herzen nahm ich die Gewißheit mit, daß ich wiederkommen würde.
Klaus Weber (Olli sa)

John  Whiting:

Wo wir fröhlich gewesen sind u

/

/

I.

Aus  der  Sicht  eines  Zuschauers

Man weiß, daß es sehr schwierig ist, In der Schule ein Stück zu inszenieren.
Findet men genügend geeignete Spieler? Läßt sich eine einigermaßen brauchbare
Bühne herrichten? Glückt es, eine Mindestsumme für die Ausstattung von Bühne
und Spielern zusammenzufaringen? Werden alle, die ihre Mitwirkung anfonglich
zugesagt haben, die lange Vorbereitungs- und Probenzeit durchhalten?
Oas sind nur einige der Hauptschwierigkeiten, mit denen jeder zu rechnen hat,
der es unternimmt, eine Schulaufführung ins Werk zu setzen. Der Kundige kennt
überdies die hundertelei kleinen und unvorhergesehenen Tücken, die während der
Planung und Vorbereitung einer Schulaufführung auftauchen können und mit denen
es fertig zu werden gilt. Hochachtung wird auch jeder Einsichtige vor den Jungen
und Mädchen haben, die es auf sich nehmen, von ihrer freien Zeit so viel zu opfern,
wie nötig ist, um eine manchmal recht umfangreiche Rolle sich anzueignen und
e i n z u ü b e n .
Ist dann der Tag der Aufführung herangerückt, so erscheinen als Besucher die
Kameraden, die Eltern, die Lehrer und Freunde der Schule, um ...ja, wozu und
eigentlich? Seien wir offeni Falls sie nicht kommen, um ihren Komeraden,
ihren Sohn, ihre Tochter, ihre Schüler auf der Bühne zu sehen, so erscheinen sie
doch vor allem, um dem Spielleiter und den mitwirkenden Schülern ihren Achtungs¬
zoll für soviel Mühe, Fleiß, Geduld und soviel gute Absichten zu entrichten. Einen
„richtigen" Theaterabend zu erleben, so hoch schraubt schwerlich einer der freund¬
lichen  Besucher  seine  Erwartungen.
Man darf annehmen, daß dies bei der ersten Aufführung von John Whitings
Wo wir fröhlich gewesen sind" auch so war. Die etwas spärlich er-
K o m ö d i e
schienenen Besucher waren in der Hauptsache wohl gekommen, um einer Achtungs-

w a r u m

1 3

�w i e

n e r

pflicht zu genügen. Indes —und das muß für sie wie für die zahlreicher erschiene¬
nen .Besucher der weiteren Aufführungen eine große Überraschung gewesen sein
—, sie dürften schnell vergessen haben, daß sie hier einer Pflicht hatten genügen
wollen. Denn was sie sahen und erlebten, war Theater, wirklich forsch und herzlioft
gespieltes Theater. Mit Recht durfte die Anerkennut>g der Besucher insbesondere
der Spielleitung gelten, nicht allein der Tatsache, daß sie ein obendfüllendes Stück
zu sehen bekamen, ein Stück zudem, das zeigte, wie herrlich menschlich es ist, Lust
zu leben auch im Augenblick tödlicher Gefahr zu haben. Gewiß gab es Mängel,
etwa den, daß viele Spieler nicht sparsam genug in ihrer Gestik waren. Doch
was verschlug das, wenn man dann Szenen mit dem kriegsblinden Edward und dem
Mädchen Dorcas erlebte, die so vollkommen natürlich gespielt wurden, daß
für Augenblicke vergaß, wo man saß: nämlich in der Aula eines Gymnasiums
„Laienspielern!" Wie vergnügt auch quittierte die Besucherschaft die phantastisch¬
spleenigen Pläne und Unternehrrvungen des staksigen Sir Timothy, die gleichtönig
langatmigen Redereien von Hallam Matthews, die Feuerspritzen-Manie von Lam-
prett Bellboys, das grotesk-martialische Auftreten von George Sölincourt und sei-
Truppe,  die  komisch  wirkende  Strenge  und  Herbheit  Hesters!  Mit  welth  r-
g e -
sammelter Aufmerksamkeit folgten die Besucher dann wieder den Szenen, i[i wel¬
chen Edward und Dorcas einen die Anmut jungen Lebens und seine fürchterliche
Bedrohtheit durch Haß und Krieg empfinden ließen I
Es gab starken und freundlichen Beifall am Schluß. Ein gelungenes Unterneh¬
men,  das  denn  auch  rasch  über  den  engeren  Rahmen  der  Schule  hinaus  von  sich
reden machte! Alle, welche die Aufführung miterlebt haben, werden dem .Spiel¬
leiter, OStR Dr. Klockenbusch, und seinen jungen Spielern herzlich dafür dqnkbar
sein,  daß  sie  die Aula  unseres  Gymnasiums  für  einige Abende  zu  einer  iStätte
gemacht hoben, „wo wir fröhlich gewesen sind".
R .  N c k i s c h
In  dem  Stück  spielten  mit:

m a n

v o r

N a m e
Christian  Sczuka
Wolfgang  W.  Hesse
U l r i c h  G a r d e
K.-H.  Buschermöhle
M a r t i n  J o b l o n s k i
Jörg  Folgma
K a r l - D i e t m a r
Manfred  Plumpe
Jürgen  Köhn
R a i n e r  S c h n i e d e r s
Reinhold  Schapmann
Barbara Anczykowski
Erika  Ghilla
Gabriele  Haas

n n
M ö l l e r

T o n :
Souffleur:
Beleuchtung:
Photomontage:

R o l l e
Sir Timothy Beltboys
Hallam  AAafthews
Edward  Sterne
Jonathan  Watkins
Lamprett Bellboys
George  Selincourt
William  Humpage
Samuel  Breeze
Joseph  Brotherhood
James Giddy
Rufus  Piggot
Dorcas Bellboys
Hester  Bellboys
Pippin
Heribert  Röhrkohl
Reinhold Schapmann
H.-M.  Boegershausen
Ulrich  Kaufmann/
Martin  Joblonski

1 4

Pholomonlage:  Ulridi  Kaufmann  /Martin  Ja }|owslci

��a u s

e i n e m

wie  von  selber  an?

Es war wo'nl in erster Linie der Reiz des Unbekannten, der mich dazu brachte,
Theaterstück mitzuspielen. Ich kannte bis dahin die Bühne nur aus der
i n 
Perspektive  des  Zuschauers.  Nun  sollte  ich  sie
der Sicht des Spielers kennen-
lernen.  Das  reizte  mich.
Die Auswahl des Stückes und die Arbeit an ihm vollzog sich im Rahmen einer
Arbertsgemeinschaft für das Fach „Deutsch". Warum, gerade dort, darüber hatte
ich mir zunächst keine Gedanken gemacht. Mir schien, man habe versucht, das
Theaterspiel an der Schule einem der regulären Unterrichtsfächer anzugliedern,
Bot sich da nicht das Fach „Deutsch
Daß dos Spielen eines Stückes ein wesentliches Mittel zur Erfüllung der Auf¬
gaben im Deutschunterricht darstellt, wurde mir im Laufe der Proben .für die Auf¬
führung mehr und mehr deutlich. Man wurde gezwungen, sich eingehend und
immer wieder mit dem Text zu beschäftigen, ging es doch darum, seine eigene
Rolle erst einmal richtig auswendig zu lernen, ßei dieser Tätigkeit entdeckte ich
bereits monches, \Vas mir beim ersten Lesen und Hören des Stückes entgangen
Wendungen wiederholten sich, und ich spüde, welche Absicht sich dahinter
barg: es geschah jeweils an charakteristischen Stellen. Dadurch erinnerte
sich an die Situationen, in denen sie in ähnlichem Sinne gebraucht worden
Jede Figur schien im übrigen ihren eigenen Sprachschatz zu haben. Darüber hin¬
aus erhob sich für einen jeden von uns die Frage-.
Wie  hat  sich  der  Dichter  die
Figur vorgestellt, die du darstellen sollst?" Damit begann die eigentliche Interpre¬
tationsaufgabe. Manche Möglichkeit wurde durchgeprobt und wieder verworfen.
Veränderte der Gesprächspartner bei einer Probe die Betonung und damit die Auf¬
fassung an einer entscheidenden Stelle des Dialoges, so führte das nicht selten
einer anderen Auffassung der eigenen Rolle, und man mußte versuchen, sie von
dem neuen Ansatz her zu interpretieren, um sie in dem vom Dichter gewollten Lichte
erscheinen  zu  lassen.
Auf diese Weise schärfte sich uns der Blick für die jeweils darzustellende Ge¬
stalt. Wir durften sie nicht aus dem Zusammenhang lösen. Das wäre unerlaubte
Willkür gewesen. Ihre Eigenart war nur im Zusammenhang des Gespräches und
der Handlung glaubhaft vorzustellen. Es war außerdem notwendig, sich ü'ber die
Gesamtaussage des Stückes Klarheit zu verschaffen. Dann erst konnten wir ent¬
scheiden, weichen Stellen -beim Sprechen und Spielen das Hauptgewicht zukam.
Bei solchen Überlegungen kam es mir zuweilen vor, als entfernten wir uns eher
von einem angemessenen Interpretationsansatz, als daß wir ihm näherkamen. Gab
es doch eine Vielzoh! von Möglichkeiten, die alle etwas für sich hatten. Es
ober schwer, sie miteinander in Einklang zu bringen. Schien eine bestimmte Situa¬
tion getroffen zu sein, so ergab sich nicht selten, daß ihre Auffassung zu einer
anderen Stelle in Widerspruch geriet. .Daher mußte sie aufgegeben und eine
andere gefunden werden. So wurde mir klar, wie sehr das Theaterspiel mit dem
Fache  „Deutsch"  zu  tun  hat.  Bei  all
Bemühen stand das gesprochene Wort
im Mittelpunkt, und erst bei richtigem Sprechen von der Sache her konnte
e s  u n s
gelingen, den Typ zu verkörpern, den wir jeweils zu verkörpern hatten.

u n s e r e m

w a r e n .

w a r

w a r

v e r

.

-

m a n

z u

Aus der Sicht eines der Spieler

1 6

Martin Jabionski (Ul m)

�Gedanken  zu  unserem  Schulorchester

„Beschriebene  Musik  kommt  mir  immer  wie  eine  erzöhUe  Weinkarte  vor".  Die¬
ser Stoßseufzer Wilhelm Furtwönglers fällt mir ein, wenn ich an den Musikunter¬
richt auf der Oberstufe unserer Gymnasieii denke. Besteht nicht der Musikunter¬
richt  in  der  Schule  zu  einem  großen Teil  darin,  nur  die  Weinkarte  zu  studieren,
Musik  zu  beschreiben  und  'beschreiben  zu  lassen?  Freilich  kommt  auch  der  Wein
selbst auf den Tisch; aber es finden sich mehr, die ihn betrachten, als die ihn pro¬
bieren; dem Beschreiben der Musik geht zwar das Hören voraus, aber nur selten
das eigene Tun. So wenig man durch das Studium der Weinkarte ein Weinkenner
wird, so wenig kann man vom Hören her und durch theoretische Belehrung ein
lebendiges Verhältnis zur Musik bekommen.

Ich mache immer wieder die gleiche Beobachtung.; Ein Sextaner zeigt musi¬
kalische Begabung, macht schnell Fortschritte im Unterricht; schon glaube ich, einen
Erfolg verbuchen zu können, bis ich bei nächster Gelegenheit zur eigenen Ernüch¬
terung erfahre: der Junge spielt ein Instrument und hat regelmäßig Instrumental-
unterricht. Man kann sicher sein, daß die überdurchschnittlich für Musik Interessier¬
ten fast ausnahmslos ein Instrument spielen oder zumindest gespielt haben. Es ist
ja auf allen Gebieten der Erziehung und der Bildung so: Besonders fruchtbar wird
immer nur das, was man selbst tut, bei dem man eigene Initiative entwickeln muß.
Niemand bekommt letztlich Freude an der Musik, der nicht irgendwann einmal selbst
Musik gemacht hat. Was ober Ist eine Beschäftigung mit der Musik wert, die nur
Wissen  vermittelt  und  keine  Freude  schenkt?

In den Schulen ist eigenes Musizieren der Schüler häufig so gut wie identisch
mit gemeinsamem Gesang. So wichtig das Singen ist, es genügt allein nicht. Der
Untertertianer,  der  den  Stimmwechsel  durchmacht,  verliert  natürlicherweise  ein
wenig die Lust am Singen. Spielt er kein Instrument und ist er vielleicht auch noch
stimmlich unbegabt, verliert er die Freude an der Musik' überhaupt. Beim bloßen
Singen ko^mmt es offenbar nicht zur eigentlichen Begegnung mit der Musik. Indem
der  Instrumentalist  sein  Instrument  vor  sich  hat,  stellt  er  sich  der  Musik  stärker
gegenübei, als es der Sänger vermag, der sein Instrument insich hat. Der Instru¬
mentalist  nimmt  das,  was  er  tut,  nicht  so  naiv  und  selbstverständlich  hin,  seine
eigene Musik wird ihm Objekt, und damit bekommt er ein anderes, besseres, well
bewußteres  Verhältnis  zu  ihr.

ln einem Vortrag der Bundesschulmusikwoche 1959 in München beantwortete
ein Nichtmusiker die Frage, wie sich am besten und wirkungsvollsten eine nach¬
haltige Förderung der Musikpflege und eine echte musikalische Erziehung erreichen
lasse,  mit  dem  Satz:
Dadurch,  daß  möglichst  viele  Schüler  selbst  ein  Instrument
spielen  lernen,
Diese einfache Antwort wird dadurch das nötige Gewicht bekom-
men, daß sie von einem Tübjnger Malhematiker stammt.

Um zu zeigen, wie das Geforderte in der Schulpraxis aussehen kann, möchte
ich weiter Herrn Albert Schweizer, Direktor eines Tübinger Gymnasiums, zitieren:

1 7

* ●  <

�„Heute spielen über 500 von meinen 750 Schülern ein Instrument..109 Geigen ..
30 Trompeten..., 21 Klarinetten, 14 Celli, 12 Querflöten, 10 Oboen, 8Waldhör¬
ner." Es versteht sich, daß man solche Angaben nicht macht, ohne im gleichen Roh¬
men etwas von dem Gesagten zu demonstrieren. Man mag einwenden, es komme
nicht auf die Menge an. Wenn das stimmt, brauchten wir uns am Konrod-Schlaun-
Gymnasium allerdings keine Sorgen zu machen. Von unseren 800 Schülern spiel
tm  Schiulorchester:  5Geigen,  2Celli,  2Klarinetten,  im  Bedarfsfälle  auch  2Trom¬
peten und 2Posaunen. Zwei der oben Genannten siivd von den „Star Street Stom-
pers" entliehen, wie sich überhaupt Jazz und „seriöse" Musik bei uns ganz gut zu
vertragen scheinen. Man kann unseren Klarinettisten nur empfehlen, sich Benny
Goodman zum Vorbild zu nehmen, der bekanntlich nicht der schlechteste Interpret
von Mozarts Klarinetienquintett ist. Natürlich haben wir auch eine größere Zahl
von Klavierspielern; es Hegt aber in der Natur der Sache, daß sie beim Zusam¬
menspiel nur sehr selten eingesetzt werden können. Das ist um so bedauerlicher,
als das Musizieren erst richtig Freude macht, wenn sich mehrere zusammenfinden,
wie jeder Instrumentalist weiß. Wie viel oder wie wenig unsere kleine Instrumen¬
talgruppe bisher zuwege gebracht hat, möge jeder bei sich selbst beurteilen, der
sie gehört hat. Der Nachwuchs für unser Schulorchester ist dünn gesät, aber immer¬
hin vorhanden. Grund zum Pessimismus ist so lange nicht gegeben, wie sich Jungen
bereitfinden, sich einzusetzen und ein wenig Zeit für die gemeinsame Sache
opfern.  Ein  Lichtblick:  Dank  der  großzügigen  Hilfe  des  FÖrd  erve  reinskonn¬
ten wir unsern Bestand an schuleigenen Streichinstrumenten von zwei auf fünf er¬
begabte und Interessierte Jungen ausgeliehen
höhen.  Die 
worden, in einem Falle bereits mit dem Erfolg, daß das geliehene Cello die Eltern
zum Kauf eines eigenen Instrumentes für ihren Sohn angeregt hat.

Instrumente  sind  an

e n

z u

Unsere Jugend ist viel musikbegeisterter, als man denkt. Aber vielfach stehen
die Eltern den musikalischen Wünschen ihrer Kinder indifferent gegenüber. Ihre
Skepsis wird nicht selten mit der Furcht begründet, die Jungen könnten vom Lernen,
von ihren eigentlichen Schulaufgaben abgelenkt werden. Meistens wird nicht be¬
dacht, welch hohe erzieherische Wirkung vom Erlernen eines Musikinstrumentes
ausgeht. Gibt es ein besseres Mittel, Verstehen und Empfinden zu bilden, Ausdauer
zu Oben, Geschicklichkeit zu fördern, das Selbstbewußtsein zu heben, Hemmungen
zu überwinden, Anpassung zu lernen, zur Selbstdisziplin zu erziehen und Freude
an der eigenen Leistung zu wecken? Nicht zuletzt vermag der Umgang mit wert¬
voller Musik den jungen Menschen vor dem Abgleiten in die Seichtheit, Verlogen¬
heit und Zweideutigkeit der Welt des Schlagers zu bewahren.

Das Schulorchester findet seine vornehmste Aufgabe in der Teilnahme am Leben
der Schule, in der Mithilfe bei der Gestaltung von Fest und Feier. Merkwündig
genug, daß in ihrem Bereich niemand auf die Musik verzichten möchte. Jedes Schul¬
orchester steht und fällt mit der Bereitschaft der Schüler, sich für die Sache der
Musik einzusetzen, mit der Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder nach Kräften musika¬
lisch  zu  fördern.  Mit  dem  Schulorchester  steht  und  fällt  mehr  als  ein  bißchen
Repräsentation:  ein  Stück  schulischer  Kultur.
B o .

1 8 

'

�Vom Turnen und Sport am Schlaun-Gymnasium

Das in der Öffentlichkeit immer wieder gestellte Verlangen nach der täglichen
Turnstunde kann von den Schulen unter den augenblicklichen Verhältnissen selbst¬
verständlich bei weitem nicht erfüllt werden. Die amtlichen »Stundentafeln der
hö*>eren Schulen Im Land NRW" schreiben für die Leibeserziehung in den Klassen
VI —Oll 3Turnstunden und 1Stunde Sportnachmittag (14-tägIg 2Stunden), In den
Klassen Ul und Ol 2Turnstunden je Woche vor. Doch schon die Durchführung
dieser Bestimmung bereitet den meisten Schulen zur Zeit noch erhebliche Schwie¬
rigkeiten, und auch an unserer Schule kann ein Teil der vorgesehenen Turn- und
Sportstunden aus verschiedenen Gründen nicht erteilt werden. Allerdings haben
die Sexten und Quinten 14-tägig 2Schwimmstunden. Der Sportnachmittag jedoch
kann nur in 5Klassen durchgeführt werden. Einheitlich für alle Klassen ist der Turn¬
unterricht am Vormittag auf 2Stunden festgesetzt worden. Ein einfaches Rechen¬
exempel ergibt nun, daß im laufenden Schuljahr 96 Turn- und Sportstunden gege¬
ben werden müßten, 65 aber nur wirklich erteilt werden. Schuld daran darf nicht
der Schule gegeben werden. Die Ursachen für die Verminderung der Stundenzahl
sind allein in dem Fehlen eines Gymnastikraumes und in dem Mangel an Lehrkräften
z u  s u c h e n .

Im Winterhalbjahr und bei schlechtem Sommerwetter finden die Turnstunden
ausnahmslos in der Turnhalle statt. Das bedeutet, daß der Turnunterricht für 27
Klassen mit 54 Turnstunden auf 34 Vormittagsstunden zusammengedrängt werden
muß, für 20 Klassen also eine Doppelbelegung der Turi>halle unvermeidlich Ist und
7Klassen der Unterstufe die Halle für sich allein benutzen können. Die übungs-
möglichkeiten sind also stark eingeengt, besonders die beliebten Hallenspiele als
Abschluß der Turnstunde können nur mit binschränkung betrieben werden.

n u r

Im Sommerhalbjahr sieht es etwas besser aus, da dann ein Teil der Turnstunden
auf dem Sportplatz gegeben werden kann. Es darf allerdings nicht übersehen wer¬
den, daß der Weg zum und vom Sportplatz sehr viel Zeit .in Anspruch nimmt und
auch nicht ganz ungefährlich ist.

Für die Durchführung und Gestaltung des Unterrichtes gelten die „Richtlinien für
die Leibeserziehung". Angestrefat wird natürlich ein mittleres Leistungsniveau, das
auch dem schwächeren Schüler gerecht wird.

Schülern, die über die Anforderungen des Turnunterrichtes hinaus nach besseren
körperlichen Leistungen streben und Freude am Wettkampf haben, bietet die Schule
im freiwilligen übungsbetrieb zusätzlich eine Reihe von Möglichkeiten. Damit er¬
füllt die Schule auch den Wunsch vieler Eltern, die es zwar gern sehen, wenn ihre
Jungen in der Freizeit Turnen und Sport betreiben, die ihnen ober nicht den Bei¬
tritt zu einem öffentlichen Sportverein gestatten wollen.

Im folgenden bringen wir eine Übersicht über die an unserer Schule bestehen¬
den Schülergruppen für Turnen und Sport. Selbstverständlich sind diese der Auf¬
sicht und Leitung eines Turnlehrers unserer Schule anvertraut.

1 9

�0 '

i

r

Landesbank  für  Westfalen

Girozentrale

öffentlich-rechtliche Körperschaft
F .
M Ü N S T E R / W E S T 

B I E L E F E L D

D O R T M U N D

Zentralbank der westfälischen und lippischen Sparkasse n

A U S F Ü H R U N G  A L L E R  B A N K G E S C H Ä F T E

Abteilung  der  Landesbank:

W E S T F Ä L I S C H E  L A N D E S - B A U S P A R K A S S E

2 0

*

�Schülerturnverein

Stud.-Ass. Simon, Stud.-Ref. Kassat, Stud.-Ref. Obst

Leitung:
Ubungszeiten:  VI  und  V
I V  — O l l i
U H  — O l
Turnhalle  der  Schule

Ubungsort:

montags
montags
donnerstags

16.30  —18.00  Uhr
15.00  —16.30  Uhr
18.00  —19.30  Uhr

Fußballmannschaften

Studienrat  Scheidt
Leitung:
Ubungszeiten:  14-tägig  montags
Sporthalle des ESV
übungsort:

15.00  —17.00  Uhr

Handballmannschaften

Leitung:
Übungszeit und -ort: 14-tögig im V/echsel mit der Fußballgruppe

Studienrat Hillebrand, Studienreferendar Schulte

Schülerruderriege

Leitung:
Ubungszeiten:
übungsort:

Studienassessor  Buff
Nach Vereinbarung

Kanal  am  Bootshous  des  Rudervereins  Münster

Basketballmannschaften

Leitung:
Übungszeiten:

Ubungsort:

S t u d i e n r a t  P e t e r s

Unter- und Mittelstufe freitags von 14 —16 Uhr

Oberstufe donnerstags von 18 —20 Uhr
Turnhalle  der  Schule

a . 

a n

Den Höhepunkt unserer Schülerwettkämpfe bildet der jährlich stattfindende Ban-
nerwettkompf der höheren Schulen Westfalens, der in diesem Jahre am 16. und 17.
Juli in Hegen zum 40. Mal ausgetragen wird. Das Training für den Mannschafts¬
wettkampf (3 leichtathletische und 2turnerische Übungen) findet in den Übungs¬
stunden  des  Schülerturnvereins  statt  und  hat  bereits  begonnen.
Unsere Fußball- und Handbollmannschaften werden sich auch in diesem Jahr
den Rundenspielen der höheren Schulen Westfalens beteiligen. In den
u . 
Jahren waren uns in diesen Wettspielen besonders gute Erfolge be-
v e r g a n g e n e n
schieden. Die Fußballmannschaft hatte zweimal das Endspiel erreichen können,
1951 gegen das Adalbert-Stifter-Gymnasium Castrop-Rauxel, die Schule, an der
Direktor Dr. Spreckelmeyer vor seiner Berufung an unsere Schule
fast 10 Jahre lang als Qberstudiendirektor tätig gewesen ist, und 1952 gegen das
Gymnasium Menden. Beide Spiele waren zunächst unentschieden ausgegangen
ut^ erst im Wiederholungsspiel verloren worden. Im vergangenen Jahr gewann
Fußballmannschaft die Bezirksmeisterschaft, um dann aber schließlich im

u n s e r e

u n s e r 

n e u e r

. 2 1

�z u m

Vorschlußspiel gegen den späteren Westfalenmeister auszuscheiden. Mehr Erfolg
hatte 1961 unsere Hallenhandballmannschaft, als sie den begehrten Titel eines
Westfalenmeisters gewann. Das vergangene Jahr brachte der Mannschaft
4. Mal den Sieg in der Hallenhandballrunde der höheren Schulen der Stadt Münster.
Das Schülerrudern ist in Münster erst vor wenigen Jahren wieder in Schwung
gekommen. Zwischen den Kriegen besaßen die Schülerrudervereine der Stadt Mün¬
ster gemeinsam ein eigenes Bootshaus am Kanal oberhalb der Schleuse. Es besteht
die  Aussicht,  daß  dieses  Bootshaus von der Stadt bald wieder hergestellt und den
münsterschen Schulen zurückgegeben wird. Zur Zelt besitzt unsere Schule schon
wieder 6eigene Boote (3 Vierer, 2Doppelzweier, 1Einer). Gelagert und gewartet
werden die Boote vom Ruderverein Münster, von dem auch unter Aufsicht der
Schule das Training für unsere Schüler durchgeführt wird. Zuverlässige und körper¬
lich gesunde Schüler etwa ab OMI können Mitglieder der Ruderriege werdeh und
mit einem ersten leichten Training beginnen. Mit einigen Booten der älteren'Schü¬
ler werden wir in diesem Jahr zum ersten Mal on Schülerregatten teilnehmen.
Die Basketballspieler bilden die jüngste Sportgruppe an unserer Schulet Das
Basketballspie! hat in den letzten Jahren einen ungeahnten Aufschwung genoin
und  erfreut  sich  auch  an  unserer
Schule besonderer Beliebtheit. Vorgesehen sind
Wettspiele gegen die anderen Schulen Münsters und die Teilnahme an der Bonner¬
kampfrunde.

m e n

Das Schulsportfest wird Anfong Juli statttlnden. Wie in den früheren Jahren
werden am Vormittag von allen Schülern unserer Schule die Übungen der Bündes-
jugendspiele im Kampf um Punkte und Urkunden betrieben. Der Nachmittag bleibt
den Wettkämpfen und Darbietungen der Besten Vorbehalten. Mit besonderer Span¬
nung darf man dem Vergleichswettkampf, der für diesen Tag mit dem Gymnasium
Castrop-Rauxel vereinbort worden ist, entgegensehen. Die Besten aus beiden Schu¬
len kämpfen in den Übungen des Bannerkampfes gegeneinander. Für beide Schulen
bietet sich damit eine gute Gelegenheit, ihre Bannerkampfmannschaft zu erproben
und sie danach endgültig aufzustetien.
Auch in anderen Disziplinen soll die sportliche Freundschaft mit dem Gymnasium
Castrop-Rauxel gepflegt werden. Inzwischen hat im November ein Fußballspiel
der beiden Schulmannschaften stattgefunden. Durch einen 5:2-Sieg haben unsere
Jungen die Niederlage von 1951 wettgemacht. Das Rückspiel in Castrop-Rauxel
ist auf die letzte Woche vor den Osterferien festgelegt.
Der Beginn eines neuen Schuljahres bedeutet für jede Schülervereinigung mehr
oder weniger einen neuen Anfang. Das gilt ganz besonders für die Wettkompf-
gruppen. Ältere Schüler, und das sind zumeist die erfahrenen Könner, die Stützen
der Mannschaft, haben die Schule verlassen; jüngere melden sich nur zögerrd, da
sich den Anforderungen noch nicht gewachsen fühlen. So dauert es seine Zeit,
bis die Lücken geschlossen sind und die ersten Erfolge des Trainings sichtbar
stille Genugtuung, wenn es ihm gelingt, die
den.  Dem  Turnlehrer  aber  bereitet  es
körperliche Kraft und Gewandtheit seiner Schüler zu fördern, Freude und Begeiste¬
rung zu wecken und nicht zuletzt das Erleben der Gemeinschaft und des Wett¬
kampfes  zu  vermitteln.
H i

w e r

s i e

-

2 2

I

�1928

Austermann, Müller,
A.  Stuttmann,
Sander,  Rühr;
Tiurnlehrer  Tilly,
Walter,  Kumbrink,
H.  Stuttmann,
Dr.  Sie'hoff;
Prinz  L.  zu  Sayn-
Wittgenstein-
Berleburg,
Auf  der  Heide,
Lütke-Twenhöven

Drei  erfolgreiche
Handball¬
mannschaften  des
Schlaun-Gymnasiums

1 9 5 3

Welp,  Wendt,
Haverkamp, Nietsche,
Hagedorn,  Wiegard,
M a s c h k e

1962

in der Grugahalle

in  Essen

Hegerding, Müller,
Grindel,  Iserloh,
Merten,  Wessel-
Therhorn,  Stud.-Rat
Heidtmann,  Brüning,-
Meintrup, Eichler,
Linkert,  de  Backere

�Rainer  Maria  Rilke:

Der  Paniher/

/

/

/

Erschließung einer dichterischen Aussage vom Rhythmus her

Das folgende Unterrichtsgespräch zeigt, wie ein Gedicht ganz vom Rhythmus
her erfaßt und nachvollzogen werden kann. Den Anstoß dazu gibt nicht etwa der
Lehrer, sondern der Dichter, in Vers 2,2 hat
selbst den Schlüsse! dazu geböte
Dort  heißt  es  von  dem  Panther:

e r

n .

„der sich im allerkleinsfen Kreise dreht.“

i n

Der allerkleinste Kreis ist der Punkt. Der Dichter will also, daß der Panther i
diesem Verse eine Drehung auf der Stelle beschreibt. Das erreichen wir beim
Sprechen dadurch, daß wir den genannten Vers durch eine Zäsur vor dem letzten
Wort („dreht") in zwei Sprechtakte zerlegen.
Das gleiche müssen wir natürlich, um dem einmal gefundenen rhythmischen Ge¬
setz Raum zu geben, in jedem Vers tun, so daß der Panther in jedem Vers eine
Vor- und Ruckbewegung ausführt und somit die Figur einer Acht beschreibt.’ Die
eigentliche Arbeit der Schüler besteht nun darin, die jeweilige Zäsur an die: vom
Dichter gewollte Stelle zu setzen. Auf solche Weise erleben sie in den ruhelosen
Bewegungen des Tieres unmittelbar, was der Dichter ausgesagt hat: das Wesen
des gefangenen Panthers.
Solche Arbeit im Deutschunterricht unserer Oberstufe mag zugleich zeigen, doß
es in ihm nicht einfach um Wissen geht, wie es in Literaturgeschichten zusammen-
ptragen zu werden pflegt (Der Dichter X. wurde dann und dann geboren- er
hat foipnde Werke geschrieben; ihre Motive finden sich dort und dort; man zähit
ihn selbst zu der und der literarischen Schule oder Richtung usw.), sondern urh
mittelbaren Umgang mit Dichtung, Eindringen und Verständnis, Entwicklung des'
eigenen Könnens und Erziehung zu Ehrfurcht vor dem Wort und der dichterischen
Leistung.

u n -

Und nun setzen Sie sich noch einmal mit uns zusammen auf die Schulbanl,

zu erfahren, wie heutige Jugend Umgang mit Dichtung pflegt! Was Sie hier lesen,
wurde nicht einmal, sondern immer wieder in ähnlicher Weise erprobt, mit Prima¬
nern, a-ber auch schon mit Obersekundanern. Und jedesmal zeiaten sich die jungen
Menschen bereichert und beglückt. Alle? Ja, alle.
Das Gerede von der völlig
amusischen Grundhaltung mancher Jugendlichen scheint also nur Gerede zu sein. /

u m

C A R L 

F L O R A

M Ü N S T E R

●I

MÄRMÖR  +NATURSTEININDUSTRIE

2 4

�D E R 

P A N T H E R

Im  Jardin  des  Plantes,  Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er
nichts  mehr  hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und  hinter  tausend  Stäben  keine  Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der  sich  im  allerkleinsten  Kreise  dreht,
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  um  eine  Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf —. Dann geh^ ein ß/fd hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille —
und  hört  im  Herzen  auf  zu  sein.

Schüler:

S c h ü l e r ;

L e h r e r :

S c h ü l e r :

L e h r e r ;

Ich möchte eine Vorfrage stellen. Warum trögt dos Gedicht den Untertitel
„Im Jardin des Plantes, Pons"?
Rilke hat den Panther im „Jardin des Plantes" in Poris (d. h. im Pariser Zoo)
gesehen.
Beobachtet, sagen wir besser. Rilke war geradezu ein „Märtyrer der
Beobachtung".
Er ist es Im Umgang mit dem Bildhauer Rodin geworden, dessen Arbeits-

w e i s e 

e r

mit den Mitteln der Sprache nacheiferte.

sagt -der
„Er will nichts wissen, als was er sieht. Aber er sieht alles
Dichter von der Arbeitsweise Rodins, und in einem seiner Briefe lesen
wir: „Ist nicht alles um uns fast wie nie gesagt?" Der Entdeckung der „wie
nie gesagten Dinge" galt seine Beobachtung und sein dichterisches Be¬
mühen ihrer Aussage —in diesem wie in anderen Gedichten, die er später

H.  von  der  Beeck

Fachgeschäft für Mal- und Zeichenbedarf

Münster/M/estf.

Mauritzstraße  25

Ruf  45155

2 5

�als  „Neue  Gedichte"  herausgab.  Wenn  Sie  den  „Malte  Laurids  Brigge"
kennen, entsinnen Sie sich vielleicht folgender Äußerung, die Rilkes Ar-
beitwseise und dichterische Absicht gleichfalls verrät: „Verse sind nicht,
wie die Leute meinen, Gefühle ..., es sind Erfahrungen. Um eines Verses
willen muß man viele Städte gesehen, Menschen und Dinge, man muß die
Tiere kennen, man muß fühlen, wie die Vögel fliegen, und die Gebärde
wissen, mit welcher die kleinen Blumen sich auftun am Morgen,
N a c h
diesem  „Exkurs"  aber  sollten  wir  uns  dem  Gedicht  selbst  zuwenden.

Schüler: Es geht darin um den Panther in der Gefangenschaft, der sich ruhelos

im  Kreies  bewegt.

Lehrer:

Wie würden Sie aber meinen, daß die Verse zu sprechen seien, wenn
sie die Bewegungen des Panthers im Kreise wiedergeben? So, daß jeder
Vers  eine  Kreisbewegung  wiedergibt?

Schüler:  Vers  2,2  („der  sich  im  allerkleinsten  Kreise  dreht“),  meine  ich,  legt  das

nahe.

Lehrer:

Würde sich der Panther wirklich „im allerkleinsten Kreise" drehen, wenn
der  Vers  in  einem  einzigen  Schwünge  gesprochen  wird,  ihm  also  nur
eine Kreisbewegung des Panthers entspräche?

Schüler; Neinl Es wäre dann vielmehr eine ausladende, raumweite Bewegung.: Eine

solche aber widerspräche geradezu der Aussage des Gedichtes.

Lehrer:
S c h ü l e r :  W i e  a b e r ?

Mithin müßten wir den Vers wohl anders sprechen.

L e h r e r : Wahrscheinlich müßten wir versuchen, ihn rhythmisch zu gliedern —etwa
so, wie wir es bei Goethes „Fischer" getan haben, wo durch die Gliede¬
rung  der  einzelnen  Verszeile  in  zwei  Hälften

Das  Wosser  rouscht,  /das  Wasser  schwoll,
Ein  Fischer  }saß  daran 

...

das  Spiel  der  Wellen  auf  einmal  lebendig  wurde.  Entsprechend  wollen  wir
e s  b e i  u n s e r e m  G e d i c h t 

t u n .

Schüler:  Wir  könnten  Vers  2,2  vielleicht  so  gliedern:

der  sich  /im  a/lerk/emsten  Kreise  }dreht.
Es  geht  noch  besser,  noch  sinnvoller,  überzeugender.

L e h r e r :

S c h ü l e r : 

I c h  w ü r d e  s o  m e i n e n :

der  sich 

im  allerkleinsten  Kreise 

/dreht.

Lehren  Spüren  Sie,  was  der  Panther  nun  tut?

2 6

�Schüler: Er beschleunigt in der übermäßig langen ersten Hälfte der Vej-szeile sei-
Schritt. Plötzlich aber, auf dem einzigen Worte «dreht', vollzieht
die langsamere, überraschende Gegenbewegung.

n e n

e r

usladende, raumweite Bewegung mehr wie in
Schüler:  Und  es  ist  jetzt  keine
einer Manege. Es ist die Bewegung des gefangenen Tieres auf allerklein-
sfem Raume geworden.

Schüler: Es ist, als ob der Panther beinahe auf der Stelle kreiste.

L e h r e r :

Das heißt, nun bewegt er sich so, wie der von Ihnen zitierte Vers es ver¬
langt. Wir haben nichts anderes getan, als das Wesen der Versaussage
erhellt.

Schüler: Gilt diese Art der Bewegung nur für den angeführten Vers?

2 7

�T -

i
I

L e h r e r :

Das  woüen  wir  uns  klarmachen,  indem  wir  das  Gedicht  daraufhin  Schritt
für  Schritt  befragen.

Schüler: In Vers 2,2 ist ausgesagt, daß sich der Panther das ganze Gedicht hin¬

durch  „im  a//erk/eins/en  Kreise"  dreht.

Lehrer:

Würde das spürbar werden, wenn wir die übrigen Verse so sprächen, daß
cuf  jeden  nur  eine  Bewegung  des  Panthers  in  eine  Richtung  fiele?
Schüler:  Nein!  Wohl  aber,  wenn  er  —wie  in  2,2  —in  jedem  Vers  eine  doppelte,
also eine Hin- und eine Herbewegung macht. Seine Bewegungen wü den
zugleich kürzer, ruheloser, und sie vollzögen sich, wie der Dichter es will,
„im  ol/erfelei'nsfen  Kreise".

Lehrer:  Wir  dürfen  aber  nicht  willkürlich  vergehen.  Der  Dichter  selbst  sagt  ein¬
mal: „Statt sie (d. h. die Dinge) zu Dingen meines Willens zu machen, igab
ich  ihnen  nur  ein  eigenes  Leben".  Das  wollen  wii-  bei  unserer  Arbeit  be-,
herzigen.

Schüler:  Ich  meine,  daß  sich  in  Vers  1,1  die  Zäsur  hinter  „Sein  Blick"  fast  wie  von

selbst  aufdrängt:

Sein  ßl/ck  /ist  vom  Vorüberge/in  der  Stäbe

Schüler:  Wieso  von  selbst?
■^Schüler: Wenn wir sinnvoll, also rhythmisch und nicht einfach metrisch sprachen,

erhält Vers 1,1 folgende Hauptbetonungen:

Sein  Blick  ist  vom  Vorübergehn  der  Stäbe

Das verlangt, daß wir hinter „Blick" ein wenig stauen, also so sprecien:

Sein  Blick  /ist  vom  Vorübergehn  der  Stöbe.

Schüler: Das stimmt. Wenn wir so sprechen, beginnt der Panther bei der Sta lung
mit  der  Gegenbewegung,  und  wir  erleben,  wie  die  Gitterstäbe  in  der  zwei¬
ten Vershälfte gar nicht enden wollen.

Schüler:  Wir  erleben  ferner  die  Müdigkeit  des  Panthers.

KaU eel}Ciu6 ^ennemann

H A N D O R F

D A S 

B E L I E B T E 

A U S F L U G S L O K A L 

A N 

D E R 

W E R S E

i

2 8

�L e h r e r :

Ich glaube, wir brauchen uns jetzt kaum noch ktarzumachen. wie der Pant¬
her sich am Ende des Verses verhält.

Schüler: Er dreht sich von neuem, läuft also seinen Weg nochmals zurück.
Schüler: Ich meine, daß er bei jedem Versende zurückläuft. Anders wäre die
Endstauung nicht beachtet, und die Verse bildeten keine metrische Einheit.
Läuft er den ganzen zweiten Vers in der gleichen Richtung zurück?

L e h r e r :
Schüler: Nein! Der Rhythmus verlangt auch hier eine

Gliederung des Verses, die

wohl  so  aussehen  müßte:

So  müd  geworden  /daß  er

nichts  mehr  hält.

Der Panther läuft nun wiederum hin und her. Er tut es wahrscheinlich in
jedem Vers, ebenso am Ende eines jeden Verses. Die Linie seiner Be¬
wegung bildet die Figur einer „Acht".

Lehrer: Wir  wollen  sehen.
Schüler: Vers 1,3 dürfte so zu sprechen sein:

Ihm ist, /als ob es tausend Stäbe gäbe.

Schüler: Wieder scheint —wie in Vers 1,1 —die Reihe der Stäbe nicht enden zu
wollen, ein Eindruck, der durch den Ailiterationsklang („Stäbe gäbe") noch
verstärkt  wird.
Und der Schlußvers der ersten Strophe?

L e h r e r :

Schüler:

L e h r e r ; -

Er wird kaum eine Ausnahme bilden. Schauen Sie ihn an! Zweierlei ist
.tausend Stäbe" —„keine Welf“. Wie werden wir die-
darin  ausgesagt;
ser Aussage am besten gerecht werden können?
und  hinter  tousend  Stäben  /keine  Welt.

Schüler:
Schüler: Dreimal erleben wir in der ersten Strophe die quälende Reihe der Stabe,
denen der gefangene Panther entiangläuft, um enttäuscht und lang¬
samer, fast schleppend den Versuch in der Gegenbewegung zu wieder¬
holen. Der Versuch bleibt erfolglos: es gibt für ihn „keine Welt". Daher
steht er am Strophenende still.

a

n

Schüler; Die ganze Strophe atmet Ruhelosigkeit und immer stärker werdende Ent¬
täuschung. Diese Unruhe erleben wir jeweils in der zweiten Hälfte, die
ja länger ist, also unruhiger wirken muß, bis der vierte Vers die Unruhe
überraschend in die längere erste Vershölfte verlegt und die kurze, ent¬
täuschte, müde Gegenbewegung in die zweite.
Lesen wir in dieser Weise die erste Strophe nunmehr im Zusammenhang!
2 9

L e h r e r :

�Schüler:

Sein Blick }ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, jdaß er nichts mehi hält.
Ihm ist, Ials ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben /keine Welf.

Schüler: Ich glaube, daß ich die Zäsuren für die zweite Strophe angeben könnte.

Sie  dürften  so  zu  setzen  sein:

Der weiche Gang Igeschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise Jdreht,
ist Iwie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in  der  /betäubt  ein  großer  Wille  steht.

Lehrer:

Auf diese Weise werden wir der Aussage noch nicht gerecht. Auf dem
Worte „dreht" in 2,2 kann und muß die überraschende Gegenbewe^ung
des Panthers erfolgen. Er dreht sich aber nicht auf „ist" in 2.3, noch'auf
„in  der"  in  2,4.
.Schüler: Die Worte „ist wie ein Tanz von Kraft" gehören zusammen, da sie eine

Sinneinheit bilden. Es wäre Willkür, sie durch eine Stauung trennen
wollen.

z u

her  zu  entscheiden?

Lehrer: Und wie, meinen Sie. ist die Frage der Stauung vom Schreiten des Panthers
Schüler: Von dy Bewegung her wäre vielleicht ein doppelter Einschnitt (mit ener

dreifachen Wendung des Panthers) möglich, nämlich

S O :

ist Iwie ein Tanz von Kraft Jum eine Mitte.

L e h r e r :

Haben Sie sich streng

an den Rhythmus gehalten?
Schüler: Nein! Der Rhythmus verlangt, daß wir so sprechen:
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  /um  eine  Mitte.

Den Tanz von Kraft erleben wir nämlich
in  einem

einzigen Schwünge gesprochen wird.

nur, wenn der ganze erste feil

L e h r e r : Bleibt die Frage nach der Zäsur in Vers 2,4!
Schüler: Er muß so unterteilt werden:

in der betäubt fein großer Wille steht.

S c h ü l e r :  Wa r u m :

Schüler:  Die  Worte

in der" bilden keine Aussage für sich. Aber auch v^m Schrei¬
ten des Panthers her verbietet sich hinter ihnen eine Stauur-g. da der
Gang der z^-.eiten Vershdlfte für das, was ausgesagt werden «oll, dann
viel  zu  b.wegt  wäre.
In der zweiten Strophe läßt der Dichter den Panther nicht so unruhig hin-
und hergehen wie in der ersten. Die Stauungen liegen daher gleichmäßi-

L e h r e r :

30

�ger, jeweils etwa in der Versmitte. Um so stärker tritt in Vers 2.2 die
Überraschung hervor mit der Wendung des Panthers ganz am Versende.
Schüler: In der zweiten Strophe geht es mehr um dos Wesen des Panthers, seine
„Mitte", die sich in seiner Gebärde darstellt. Wir erleben sie mdem
weichen Gang der geschmeidig starken Schritte, in der Kraft und in dem
großen Willen.

Wir wollen das im Zusammenhang der Strophe nochmals vernehmen.

Lehrer:
Schüler:

Der weiche Gang !geschmeidig starker Schritte,
der sich im o//erk/e/nsten Kreise /dreht,
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  Jum  eine  Mitte,
in  der  betäubt  Jein  großer  Wille  steht.

Lehrer: Und  nun  die  Schlußstrophe!
Schüler: Sie kündet sich durch den Einsatz „Nur manchmar als irgendwie anders¬

artig  an.

Lehrer:

Soll das heißen, daß die doppelte Bewegung des Panthers, die wir bisher

in jedem Vers miterlebten, hier zu Ende ist?

Schüler: Nein! Sie darf, meine ich, erst mit dem Gedicht selbst enden, also in 3,4.
Dieser Vers ist übrigens verkürzt. Gegenüber den fünf Hebungen aller
vom Rhythmus und
vom Metrum her betrachtet —das Andersartige, Neue. Hier verlangsamt
sich die Bewegung des Panthers und hört dann ganz auf.
Welche Zäsurvorschläge würden Sie also machen?

ufgegangenen Verse hat er nur vier. Das ist —

L e h r e r :

v o r a

Schüler:

Nur  manchma/  schiebt  jder  Vorhong  der  Pupille
sich  lautlos  auf  —.  /Dann  geht  ein  Bild  hinein,
geht Idurch der Glieder angespannte Stille —
und  hört  im  Herzen  ouf  /zu  sein.

Vers 3,3 befriedigt noch nicht.

L e h r e r :
Schüler: Er ist zu beschwingt, zu ruhelos für das, was er aussagt. Die „angespannte
Stille“ der Glieder verlangt die Stauung in der Versmitte, also hinter
„Glieder“:

geht durch der Glieder /ongespannte Stille.

Lehrer:

Wird diese Art der Versgliederung reicht auch vcwn Schlußvers her ver¬
langt?

Sch-üler: Ja. Dann erst hebt sich dieser nömlich sowohl durch seine Verkürzung
(vier Hebungen statt fünf) wie durch die Stauung am Versende als anders¬
artig und überraschend, eben als Schlußvers heraus.

31

�a b e r ?

Lehrer: W i e 
Schüler: So, daß die letzte Drehung des Panthers nur noch die Andeutung einer

Drehung ist. Sie geht völlig kraftlos zu Ende. Sie stirbt geradezu ob.

Lehrer:

S c h ü l e r :

Lesen wir nun noch einmal das ganze Gedicht in der Weise, wie wir es

uns  erarbeitet  hoben!

tausend  Stäben 

Sein  Blick  /ist  vom  Vorübergehn  der  Stöbe
so  müd  geworden,  Idaß  er  nichts  mehr  hält.
Ihm ist, !als ob es tousend Stöbe gäbe
und  hinter 
/ke/ne  Well.
Der  weiche  Gang  Igeschme;c//g  starker  Schntte,
der  s/ch  im  allerkleinsten  Kreise  !dreht,
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  /um  eine  Mitte,
in der betäubt jein großer Wille steht. j
Nur  manchmal  schiebt  /der  Vorhang  der  Pupille
sich  lautlos  auf—.  /Dann  geht  ei'n  Bild  hinein,
geht  durch  der  Glieder  /angesponnte  Stii/e  —
und  hört  im  Herzen  auf  /zu  sein.

L e h r e r :

Schüler: Könnten wir nicht sagen, daß sich in dem gefangenen Panther zug eich
auch  der  Dichter  auspricht?
Die dichterische Aussage ist wohl immer auch Gleichnis unseres Leilens.
Das  haben  wir  an  vielen  dichterischen Aussagen  erlebt.  Warum  sollte
es  hier  anders  sein,  meinen  Sie!
Wir wollen das nicht ausschließen. Unser Gedicht hört jo eigentlich auch
nicht „auf zu sein", indem es endet. Seine Worte klingen nach. Es w^hnt
ihnen, wie dem Glockenerz, ein verborgenes Weiterklingen inne. Trotz¬
dem  sollten  wir  uns  zum  Anfang  unseres  Gespräches  zuröckwenden  und
uns Arbeitsweise und dichterisches Anliegen Rilkes noch einmal wach-
lufen,  um  eine  Antwort  zu  finden.  Erinnern  Sie  sich?

Sclvöler:  Der  Dichter  sagte  in  einem  seiner  Briefe:  „Ist  nicht  alles  um  uns  fast  wie
nie  gesagt?"  Der  Entdeckung  der  „wie  nie  gesagten  Dinge"  galt  seine
Beobachtung  und  sein  dichterisches  Bemühen.

Schüler: Er sagte auch: „Um eines Verses willen muß man viele Städte gesehen,
Menschen  und  Dinge,  man  muß  die  Tiere  kennen,  man  nrvuß  fühlen,  wie
die  Vögel  fliegen,  und  die  Gebärde  wissen,  mit  welcher  die  kleinen  Blumen
sich  auftun  am  Morgen."

Lehrer: In  diesem  Sinne  ist  sein  „Panther"  also  ein  Bildhauerwerk  in  Worten.

Sollten wir uns damit nicht begnügen können?

C.  H.

3 2

�Geschichte als Mittel zur staatsbürgerlichen Erziehung

Den folgenden Beifrag schrieb nicht etwa ein Zeitgenosse, son¬
dern ein Mann, der vor rund'-hundert Johren lebte: Johann Hin-
rich Wiehern (1808 —1881). Sein Name ist unlösbar verbunden
mit dem „Rauhen Haus" in Horn bei Hamburg und der Lösung
der sozialen Frage auf christlicher Grundlage. Was er über die
politische Bildung schrieb, kann auch heute noch in seinem gon-

z e n

Umfang Geltung beanspruchen.

z

u

Für die gedeihliche Erziehung in unseren Tagen ...scheint es mir unerläßlich
nolA'endig, in ihnen ...wieder ein geschichtliches Bewußtsein zu begründen und
-j beleben und allezeit frisch zu erhalten. Denn das Leben hat eine Geschichte,
und diese trägt in sich eine unvergleichliche Kraft, die 'Keime eines neu entstehen¬
den Lebens segensreich zu befruchten und den Menschen Ober sich selbst zu ver¬
ständigen und ihm zur richtigen Wertschätzung der ihn bedingenden Verhältnisse
zu  verhelfen.
Es -kommt bei der Geschichte ebenso sehr auf die zweckmäßige Begrenzung
des Mitzuteilenden als auf die Anerkennung der Notwendigkeit dieses Unterrichts¬
zweiges an. Die letztere kann niemand bestreiten, der dem Gange der Entwicklung
unserer Zustände auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenkt; die politischen,
die allgemein kirchlichen, die konfessionellen und sozialen Bewegungen unserer
Zeit greifen unaufhaltsam und tief auch mitten in die Kreise der Gesellschaft hinein,
die vor einem Jahrzehnt noch fast unberührt davon geblieben waren. Zeitungen,
Volksblätter ..., die begierig von allen Ständen gelesen werden, setzen dieses
geschichtliche Bewußtsein teils als ein gesundes voraus, teils machen sie geschicht¬
liche Personen zum Gefäße ihrer Ideen und gebrauchen sie beliebig nach ihrem
Zweck ... Die Erziehung der Jugend hat darum unter ihren Aufgaben die eine
mit an die Spitze zu stellen, daß der Jugend wieder zum Respekt vor der Ge¬
schichte verhelfen werde, damit sie um so leichter der Gefahr entg^e zu wähnen,
daß die Geschichte erst mit diesem Geschlecht anfange und von ihm wenigstens
beinahe bis ans Ende gebracht werden könne. Nichts schützt sicherer vor den
nd die Bescheidenheit, welche von der Ge-
„fertigen  Menschen"  als  der  Ernst
schichte gelehrt wird.

Sind Just und Werner in Lessings „Minna von Bernhelm

nur lustige Figuren?

Oer  oberflächliche  Leser  von  Lessings

.Minna von Bernhelm" ist geneigt, diese
ihn  bitten,  die  Auftritte,  in
'Frage sogleich zu bejahen. Aber vorher sollte
denen Just und Werner erscheinen, genauer zu studieren.
Gewiß, ich räume ein, daß es in den ersten beiden Auftritten so aussieht, als
wollte uns der Dichter während des ganzen Stuckes in Just nichts anderes als einen
3 3

m a n

�lustigen, vielleicht sogar beschränkten Tölpel vorführen. Aber schon in den folgen¬
den  Auftritten  schv/ächt  sich  dieser  Eindruck  ab.  Obv/ohl  Just  noch  immer  auf  Rache
sinnt und, wie er selbst sagt, „vor Bosheit erstickt", zeigt es sich, daß er zugleich
sehr  vernünftig  reden  kann. Als  ihm  der  Major  nämlich  seinen Abschied  geben
will, sehen wir ihn ehrlich entsetzt. Und was ist aus Just geworden, als er uns v/ieder
im  8.  Auftritt  begegnet?  Dieser  Mann  kann  weinen!  Als  er  dem  Major  seine  Rech¬
nung  vorlegt,  beweist  er,  daß  er  obendrein  ehrlich  ist.  In  der  Szene,  in  der  er  Fran¬
ziska schließlich seine köstliche Lektion erteilt, hat er sich unsere uneingeschränkte
Sympathie  erworben.

Auch  Werner  scheint  in  seinem  ersten  Auftritt  zwar  nicht  „ein  beschränkter
Tölpel", sondern eher ein etwas lustig-lockerer Abenteurer zu sein, der jedoch eine
gute Seele hat. „Einen reisenden Fleischerknecht" nennt ihn der Major. Zusammen
mit  Just  entwirft  er  allzu  rauhe  Pläne,  um  den  Wirt  zu  schädigen.  Er  spielt  die
Rolle eines Schürzenjägers und reizt durch seine Meinung über das Soldafenleben
zum Lochen. Aber bald zeigt er sein wahres Gesicht. Beweist nicht sein Zv/iege-
spräch mit dem Major, wessen er im Grunde fähig ist? Er hat sein Gut vedcouft
und will dem Ma.jor das dafür eihaltene Geld geben, um ihm zu helfen. Als der
Major es nicht nehmen will, zwingt er es ihm beinahe auf und ist beleidigt, daß
er  es  nicht  nimmt.  Allein  durch  diesen  Auftritt  beweist  er  uns,  welch  feinen  Cha¬
r a k t e r  e r 

i m  G r u n d e  h a t .

Ein gutes Lustspiel zeichnet sich eben nicht dadurch aus. daß das Publikum wie
in  einer  Karnevalsstimmung  über  jedes  dumm  gewählte  Wort  in  grobes  Lachen
ausbricht.  Just  und  Werner  reizen  zwar  oft  die  Lachmuskeln.  Im  Grunde  a;ber  wir¬
ken sie ernst. Und so sind beide ernst zu nehmen: zwei echte, lebensnahe Figuren
mit viel Humor und zugleich viel Herz und Verstand.
Dieter Lenzen {UJI sa)

I

Im  Theater

Lautlos schwingen die breiten, dunkelbraunen Türflügel auf, bis sie leicht an¬
schlagen. Sie haben den Weg freigegeben in den weiten Raum des Theaters. Wie
nutzlos liegt er da: ein Körper, der darauf wartet, für Stunden zu knisterndem, feier¬
lichem  Leben  erweckt  zu  werden.  Die  schweren,  golden  schimmernden  Leuchter
verschwenden  ihr  Licht  auf  dicht  aneinandergedrängte  Reihen  blouer  Sessel.  Ein
strenges Muster hat die Wellen der Sessellehnen geordnet. Es ändert sich, wenn
ich  meinen  Kopf  drehe  oder  meinen  Standpunkt  ändere.  Bald  wird  das  Muster
zerstört sein, wenn laute, von Erwartung gespannte Menschen die Reihen besetzt
haben  und  den  Raum  mit  ihrer  Freude  füllen.

Noch  hot  niemand  den  Saal  betreten.  Alle  stehen  noch  im  Vorraum:  in  Grüpp-
chen, die sporadisch verteilt sind. Sie stehen und unterhalten sich. Es ist nichts Zu¬
sammenhängendes zu spüren wie in der Pause, in der durch das gleiche Erlebnis
ein  Gemeinschaftsgefühl  entsteht.  Das  Klingelzeichen  ertönt.  Verloren  entdecke
ich  den  ersten  Besucher  zwischen  den  langen  Sitzreihen.  Sicher  fühlt  er  sich  auch
als solcher, denn suchend dreht er sich um. Auch ich .habe meinen Platz nahe der
Tür verlassen und meinen Sitz aufgesucht.

3 4

�Zwischen zwei schlichten, zweckgebundenen Säulen, die den Balkon tragen,
erscheint der Raum verkleinert, persönlicher. Die einzelnen Grüppchen vermögen
nichts Lebendes zu verleihen. Noch ist der Raum der Stärkere.
ihm noch immer 
Nur der Vorhang lebt. Atmend schwingt er hin und her. Licht dringt unter ihm
her und läßt ahnen, wie hinter ihm die letzten Vorbereitungen getroffen werden.
NA/ie von einem großen, dunklen Insekt hängt das Brummen der Stimmen mder
Luft.
Der Saal hat sich gefüllt. V^ie eine Welle schwillt das Brummen an, wird drohend
und verebbt. Ich spüre ein Gefühl in mir wie vor einer Klassenarbe:t. Der dunkel¬
rote, mit goldenen Streifen durchzogene Vorhang ruckt an, rollt ein wenig auf,
aber gleich wieder zurück. Das Licht beginnt zu verlöschen. Das Brummen wird
schwächer, ferner. Die Muster an den Wänden verschwinden. Das schwarze Feld
der Köpfe und Schultern hat die helibau gemusterten Wellen der Sitze verschluckt.
Die Leuchtfäden der Lampen schweben gegenstandslos in der tiefen Schwärze.
Ein Strahl zuckt auf, geistert an den Sitzreihen entlang und hält eine fest. Harte,
kurze Schritte schlagen auf den Boden. Ich meine die Blicke zu sehen, die auf den
Zuspätkommenden gerichtet sind. Vorsichtig ächzt ein Sessel unter seiner Last Die
Schritte der Platzanweiserin entfernen sich, eine Tür wird geöffnet, Licht-fällt er¬
neut in den Raum. Schnell wird die Tür geschlossen.
Außer denen, die vor und neben mir sitzen, kann ich niemanden sehen. Aber

ich spüre die Anwesenheit der vielen Menschen. Es ist wie eine Ausstrahlung.

Ein Scheinwerfer blendet auf und taucht den Vorhang in gleißendes Licht. Sein
Luft. Der Vorhang verschwindet mit leisem Rollen
Kegel steht in der warmen
- j
und gibt den Bück auf die Bühne frei. Ich bin überwältigt von der Schlichtheit und
Kunst ihres Aufbaus. Die Menschen um mich herum versinken. Es gibt nur noch
Kurt Husemann (Ullsa)
die  Bühne  und  —mich.

_

. 

Gespräche mit Peter

Machen Sie sich nur keine falschen Vorstellungen von unsern Sextanernl Sexta¬
ner sind pfiffig, meistens sogar schlagfertig. Auch in Münster? Ja, auch in Münster.
Beweis? Gut, ich gebe Ihnen einen. Hören Sie den Morgengruß, den Peter mir
neulich entgegenbrachte!
Ich:  Na,  Tünnes?
Na,  Schäl?
E r :

Genügt Ihnen das? Nein? So kann ich Ihnen mit einem anderen Kurzgesprach vor
der Klasscmtür aufwarten. Gesprächspartner? Die gleichen wie oben.
Ich: No, Peter, wollt ihr noch im'mer nicht nach Hause gehen? Heute ist doch
Samstag. Da scheinen mir vier Stunden genug für solche Schwerstarbeiter wie du.

E r :

Ja, aber die nächste Stunde ist eine Deutschstunde.

3 5

�Ich; Na, und? Was steht denn auf dem Programm?
Er:
Ich:  Großartig!  Da  könnte  ich  dir  gleich  einen  passenden  Beispielsatz  verraten.

Grammatik. Akkusativobjekt und so.

Hör  zu!  „Peter  ist  ’n  ganzen  Doofen".  Was  meinst  du  dazu?

Er:

Nä,  Nvissen  Se.  Damit  können  Se  mir  nich  kommen.  Is  ja  nich  mal  richtiges

D e u t s c h .

Blutuntersuchung

Eines  Morgens  sollte  ich  zum  Arzt  kommen,  und  zwar  nüchtern,  denn  es  sollte
eine  Blutuntersuchung  bei  mir  gemacht  werden.  Als  ich  eintraf,  schlug  die  Uhr
gerade  acht.  Ich  mußte  noch  ein  wenig  warten  und  sah  mich  im  Wartezimmer  um.
iDa kam die Sprechstundenhilfe des Arztes und forderte mich auf, in das Be-
hondlungszifTHner  zu  kommen.  Ich  trat  ein  und  mußte  meinen  rechten  Arm  frei¬
machen. „Setz dich bitte auf den Stuhl!" sagte die Sprechstundenhilfe. Da bekam
ich  es  etwas  mit  der  Angst  zu  tun,  denn  ich  entdeckte  die  vielen  Instrumente  und
Spritzen,  die  auf  einem  Tisch  bereit  lagen.  Das  Fräulein  kom  auf  mich  zu  und
befahl  mir,  meine  rechte  Hand  zur  Faust  zu  ballen.  Die  Stelle,  wo  sie  das  Blut
abnehmen  wollte,  rieb  sie  mit  Alkohol  ein.  Dann  nahm  sie  eine  der  Spritzen  vom
Tisch  und  stach  sie  mir  In  die  Armvene.  Langsam  füllte  die  Spritze  sich  mit  Blut.
„Hoffentlich  nimmt  sie  mir  nicht  zuviel  weg!"  dachte  ich.

Als die Spritze gefüllt war, zog das Fräulein sie vorsichtig herous und klebte mir
ein  Pflaster  auf  die  Wunde. Aber  damit  nicht  genug.  Plötzlich  stach  sie  mir  mit
einem sehr spitzen Instrument in den Ringfinger und zog mit einem kleinen Gummi-
schlauch  drei  Giasröhrchen  voll.  Darauf  holte  sie  ein  paar  Glasscheibchen  und
tupfte  mit  ihnen  auf  den  Finger. Auch  auf  diese  Wunde  Webte  sie  ein  Pflaster.
Ich  fragte,  wann  ich  wiederkommen  müsse.  „Anfang  der  nächsten  Woche",
sagte sie. Damit war ich entlassen und konnte nach Hause gehen. Mein Magen
Rolf Eßmann (VI a)
knurrte auch schon ganz erheblich.

Erlebnis auf dem Wege zum Zahnarzt

■Eines Morgens sollte ich zum Zahnarzt gehen. Da hörte ich das Sirenengeheul
eines  Krankenwagens  und  sah,  wie  er  an  einer  Kreuzung  überholen  wollte.  Im
gleichen Augenblick hörte ich Bremsen kreischen und ein lautes Krachen, tch lief, so
schnell ich konnte, zu der Kreuzung hin und soh, daß der Krankenwagen auf einen
Personenwagen  aufgefohren  war.

Sofort bildete sich ein dichtes Knäuel von Zuschauern um die Unglücksstelle.
Beide Autos sahen ziemlich mitgenommen ous. Die beiden Insassen des 'Kranken¬
wagens waren unversehrt. Sie bemühten sich, die verklemmte Tür des Personen¬
autos  zu  öffnen.  Da  ich  sah,  daß  in  dem  Personenwagen  Verletzte  waren,  lief  Ich

3 6

�schnell zum nächsten Teleforhäuschen, um Hilfe anzufordern. Aber als ich dort
anikam, nahten sich schon zwei Krankenwagen. Der eine fuhr zu der Unglücksstelle,
der andere geradeaus weiter. So konnte ich meinen Weg zum Zahnarzt fortsetzen.
Burkihard  Neumann  (V  c}

Der  Fuchs  und  der  Hahn

Ein hungriger Fuchs streifte durch die Gegend. Es war Winte. tag. Da entdeckte
Waldrand auf einem Weidenstamm einen Hahn, der sein Gefieder glättete

a m

e r 
und  putzte.

Reineke hielt an und überlegte, wie er den Hahn wohl bekommen könne.
„Henning", sagte er schließlich mit schmeichelnder Stimme, „du sorgst wohl schon
für heute abend vor?" Henning fragte erstaunt: „Wie meinst du das?" Da lachte
Reineke und sagte: „Du weißt genau, was ich meine. Oder solltest du wirklich nicht
Was  soll  denn
wissen, was heute abend am Hofe des Königs Nobel los ist?
los sein?" wollte Henning wissen. Da fing Reineke an zu erzöhlen: „König Nobel
hat .für heute abend einen Wettstreit vorgesehen, zu dem ich die zehn schönsten
Hähne aussuchen soll. Neun habe ich schon gefunden und zu ihm an den Hof
geschickt. Jetzt suche ich den letzten. Es soll einer mit besonders schönem Gefieder
sein. Da habe ich an dich gedacht. Aber ich glaube nicht, daß du in frage kommst.
Gallin, der Hahn, ist gewiß viel schöner als du. Ich werde zu ihm gehen." Da wurde
Henning eifersüchtig. „Was?" schrie er erbost, „Gallin soll schöner sein als ich?
Du hast wohl keine Augen im Kopfe!" —„Ich kann mich geirrt haben, entschul-
Komm also von deinem Hochsitz herunter! Durch die
digel  ..
I ● L
● 
Zweige und auf die Entfernung kann ich deine große Schönheit schließlich nicht
feststellen."
Oer Hahn, der unbedingt beweisen wollte, daß er viel schöner als Gallin sei,
vergaß jede Vorsicht und flatterte herunter. Kaum aber war er unten, da sprang
der listige Fuchs auf ihn zu und biß ihm die Kehle durch. ,/Du brauchst dir keine
Sorgen mehr um deine Schönheit zu machen", knurrte er, indem er den armen
Henning bis auf die Knochen verschlang. Dann machte er sich befriedigt auf den
Heimweg.
c )

B u r k i h a r d  N e u m a n n 
Das hätte Münchhausen eriählen können ...

( V 

●
meinte  Reineke.

-

Quartaner halten es mit dem Außergewöhnlichen, Abenteuer¬
lichen, Heldenhaften. Je unglaublicher, desto besser. Sie lieben
Münchhausen und bedauern es, daß sie nicht wie Münchhausen
leben können. Warum sollten sie also nicht wei>igstens im
Schreiben mit ihm in Wettkampf treten?

Neulich schloß ich mit meinem Freunde Archibald eine Wette ab. Ich sollte

einen löwen ohne Gewehr erlegen. Dafür versprach er mir 10000 Mark.

3 7

�Also mochte ich mich auf in die Wüste, wo kein Baum, kein Strauch, einfach
gar nichts war als nur Sand. Etwa 70 Kilometer war ich schon in die Wüste hinein¬
marschiert, als plötzlich ein riesiger Löwe vor mir stand. In höchster Eile lachte
ich mir einen Ast und kletterte an ihm empor. Aber der Löwe blieb darunter stehen
und  knurrte  mich  an.  Was  tun?  dachte  ich.  Und  schon  hatte  ich  es.  Ich  stounte
Bauklötze und warf sie dem Löwen ins Gesicht, so daß er tot zusammenbrach,
was allerdings bei meiner Treffsiche.heit kein Wunder wor. Darauf kletterte ich von
meinem Ast herunter, lud den Löwen auf die Schulter und trug ihn dorthin, wo ich
ich  mit  Archibold  verabredet  hatte.  Als  ich  ihm  mein  Abenteuer  erzählte,  staunte
er und gab mir die lOCOO Mark. Wegen meiner Bescheidenheit nahm ich aiber
Klaus von der Forst {IV b)
nur  9999  Mark  an.  Den  Rest  durfte  er  behalten.

m

I I .

Ich befand mich gerade in Ceylon, um einen meiner Freunde zu besucheri An
einem schönen heißen Sommertage ging ich dort auf die Jagd. Da ich nach einer
Stunde noch nichts geschossen hotte, legte ich eine Pause ein, indem ich meine
Flinte an einen Baum lehnte, mich ein Stück davon entfernt am Rande eines: Ab¬
grundes auf einen Stein setzte und ausruhte.

Da kam ein riesiger Bär. Ich war starr vor Schreck. Indem ich mich besann,
was zu tun war, war das Ungeheuer schon so nahe an mich herangekommen, daß
ich nicht einmal mehr Zeit fand, meine Flinte zu holen. Der Bär kam näher und
näher. Meine Herren, stellen Sie sich die Lage vorl Vor mir der riesige Bär, hinter
●mir ein wohl hundert Meter tiefer Abgrund, zu beiden Seiten dichtester Wald. Was
sollte ich tun? Ich verlor den Verstond und sprang mit aller Wucht in den Abgrund.
Eine geraume Zeit herrschte tiefstes Dur>!<el um mich. Dann wurde es wieder heller,
und plötzlich sah ich das Sonnenlicht. Ja, Sie können mir glauben, ich befand mich
in Amerika, im Staate Texas. Ganz verdutzt stand ich da. Als ich wieder normal
denken konnte, lieh ich mir von einem Cowboy ein Lasso und schwang es durch
das Loch, durch das ich nach Amerika gefallen war. Droben in Ceylon verfing es
sich in einem Baum. Nun zog ich mich Stück für Stück an ihm empor und war <iach
einiger Zeit wieder dort, von wo mein Abenteuer seinen Anfang genommen ihatte.
Der  Bär  war  —Gott  sei  Dank!  —nicht  mehr  da.  So  nahm  ich  meine  Flinte  und
konnte  frohen  Herzens  nach  Hause  .zuröckkehren.  Ich  hatte  die  Gefahr  überstan¬
den und obendrein Amerika einen Besuch abgestattet, wenn auch nur einen sehr
Hans-Georg Schirmeisen (IV b)
k u r z e n .

I I I .

Zwar hatte ich schon viel von der Welt gesehen, aber wie sie von oben aus¬

sieht, wußte ich noch nicht. Wie ich das erfuhr, will ich nun erzählen.

Ich ihatte mir ein Leinentuch mitgenommen. Damit wollte ich es so machen wie
auf Segelschiffen, nur daß ich das Tuch in die Höhe hielt, um darunter zu blasen.
Ich sog also einen Vorrat von mehreren Kubikmetern Luft ein, um nicht, wenn ich
flog, Luft holen zu müssen; dadurch wäre ich unweigerlich wieder ein Stück hinab¬
gesunken. Nun blies ich die Luft unter das Tuch und begann zu steigen. Als ich bei

38

�den Wolken ankom, sefzte ich mich auf eine von ihnen und schwebte auf ihr wei¬
ter.  So  konnte  ich  fast  alle  Lander  von  oben  sehen.  Es  war  herrlich.  Unter  mir
im-mer neue Länder, Berge und Meere. Als ich aber auf meiner Wolke wieder in
die Nähe meines Heimatlandes kam, löste sie sich auf. Ich war gerade über einem
großen  See.  Ich  wäre  hineingefallen  und  ertrunken,  wenn  mir  nicht  in  letzter
Minute eine Idee gekom^men wäre. Ich nahm mein Gewehr, das ich wie immer bei
mir hotte, und fötite es mit Pulver. Dann kroch ich, nachdem ich meinen Gürtel
am Auslöser befestigt hatte, in den .Gewehrlauf. Als ich an dem Gürtel z o g ,  g i n g
das Gewehr donnernd los, und ich wurde hinousgeschleudert. Ich hatte mich
afageschossen, daß ich genou vor meiner Haustür landete. Wohlbehalten traf ich
zuhouse  ein.

s o

So war auch dies Abenteuer gut für mich ausgegangen. Aber ich muß sagen,
daß ich noch nie ein so luftiges erlebt hatte. Bruno Alllcemper {IV b)

I V.

Eines Tages war ich auf dem Felde, um Stecknadeln zu ernten. Das ist so ein
Hobby von mir. Da sah ich über mir eine Bratpfanne kreisen, die sich mit lautem
Pfeifen auf die Erde zu bewegte. Ich winkte. Daraufhin stieg die Bratpfanne aber
nach oben, anstatt herunterzukommen. So holte ich meinen Magneten, den ich
zum Einsammeln meiner Stecknodeln benutze, und hielt ihn unter die Bratpfanne,
worauf sie sich langsam wieder auf die Erde zu bewegte und schließlich neben
mir  aufsetzte.  Eine  Stimme  forderte  mich  auf,  hereinzukcmmen.  ich  trat  auf  die
Pfanne und war plötzlich —oWunder! —fast zu einem Nichts zusammervge-
schrumpft. Durch ein Loch, durch das nicht einmal ein Regenwurm hätte kriechen
können, gelangte ich in dos Innere. Dort saß ein winziger Wicht und fragte freund¬
lich: „How do you do?" Da ich das nicht verstand, fragte ich: „Was ist denn mit
deinem Schuh?" Der kleine Wicht drehte an einem Rädchen unter seiner Nase, bis
dessen Zeiger auf der Bezeichnung „Deutsch" stand,
Ich  komme  vom  Mars",
und soll auf der Erde Erkundungen einziehen. Tu mir bitte nichts!
sagte  er  nun.
Später kannst du mitkommen zum Mars, wenn du willst." Ich hätte das zwar gern
getan, aber dann wären meine Stecknodeln auf dem Felde verfault. So wünschte
ich dem kleinen Wicht eine gute Weiterfahrt und viel Erfolg bei seinen Erkundun¬
gen, kroch aus der Bratpfanne und wurde wieder normal groß. Als ich mich ober
umdrehte, um mich endgültig zu verabschieden, war die Pfanne schon so hoch,
daß 
Heinz  Brandhove  (iVb)

ich  nur  noch  winken  konnte.

V .

Es  war  an einem Herbsttage. Es hatte schon den ganzen Morgen geregnet.
Gegen Mittag endlich broch die Sonne durch die Wolken. Aber es regnete immer
noch. Da bildete sich ein großer, doppelter Regenbogen.

£i, dachte ich, du könntest eigentlich ouf diesem Regenbogen zu deiner Jagd¬
hütte reiten. Der Regenbogen fängt 'ja genau auf deinem Rasen an und hört auf
dem Berge in der Nöhe deiner Jagdhütte auf.

3 9

�Gedacht, getan. Schnell war mein Pferd gesattelt, ich schwang mich in den
Sattel und ritt den Regenbogen hinauf. Eine Weile ging alles gut. Dann wurde der
Regenbogen dünner und dünner. Schließlich hörte er ganz auf. Nur nicht unruhig
werden! dachte ich; sonst erschrickt das Pferd, und dann ist alles aus. Allein, das
Pferd hatte noch gar nicht gemerkt, daß es in der Luft schwebte. Es genoß ein¬
fach  die  Höhe  und  die  wunderschöne  Aussicht.

Soweit ging also alles gut, 'bis wir etwa um Kirchturmsböhe von dem Berge ent¬
fernt waren, wo meine Jagdhütte steht. Da flog ein Spatz so dicht an der Nase
meines Pferdes vorbei, daß es sich aufbäumte und —zu fallen begann. Was tun?
Ich knöpfte in höchster Eile meinen Mantel auf und benutzte ihn als Fallschirm
für uns beiden. So schwebten wir langsam und ungefährdet zur Erde nieder, direkt
Werner Oeding (IV b)
auf  meine  Jagdhütte  zu.

V I .

a n

m

s a m m e n 

Jn den letzten Sommerferien v*^3r ich mit einem Kreis von mehreren Jungen zu-
der Ostsee. Wir veranstalteten öfters Wettspiele untereinander. Karl,
it  dem  ich  mich  besonders  angefreundet  hatte,  verlor  meistens.  Dafür  war  er
uns Im Angeben überlegen. Besonders dann, wenn das Stichwort Rudern oder Pad¬
deln  fiel.  Das  veranlaßte  Fritz  und  Norbert,  zwei  andere  Jungen  aus  unserem
Kreise,  eine  Wettfahrt  vorzuschlogen.

Wir  liehen  uns  zwei  Zweisitzer.  Karl  wählte  mich  zum  Partner  und  verkündete
schon im voraus unseren Sieg. Mir schien dieser nicht so sicher zu sein. Mein Blick
fiel ouf die kräftigen Oberarme unserer Gegner, die uns zudem um fast einen Kopf
überragten. Dann ging es los. Nach den ersten fünfzig Metern hatten unsere Geg¬
ner schon einen solchen Vorsprung, daß sie sich leisten konnten, uns höhnisch zu¬
zuwinken. Und ihr Vorsprung vergrößerte sich weiter zusehends. Welche Blamage!
Gab  es  keinen  Ausweg?

Da soh ich vor dem Boot einen großen Fisch schwimmen. Das war die Rettung.
Blitzschnell machte ich aus der Bootsleine ein Lasso und warf es mit einem ge¬
schickten Wurf um den Schwanz des Fisches. Bei genauerem Hinsehen stellte ich
allerdings fest, daß es kein Fisch, sondern ein Seehund war. Erschreckt sauste dieser
los, so daß Karl beinahe seine Ruder verloren hätte. „Weitermachen!" rief ich
ihm zu. „Oder tu wenigstens so!"

Wie aber sollte ich den Seehund im richtigen Kurs holten? Ich überlegte. Da
sah ich knapp neben dem Boot einen Hering schwimmen, den ich im Vorübersausen
gerade noch fassen konnte. Ich band ihn an eines meiner Ruder und hielt ihn dem
Seehund vor die Nase, natürlich unter Wasser, so daß man denken mußte, ich
steuerte  mit  dem  Ruder.

Im Nu hatten wir die Boje, die zu umfohren war, erreicht. Der Seehund legte
sich so in die Kurve, daß wir beinahe aus dem Boot gefallen wären. Unseren Geg¬
nern, die wir nun rasch einholten und überrundeten, standen Mund und Nase offen
Bewunderung über Karls Ruderkunst und meine Meisterschaft im Steuern. Als

v o r

4 0

�wir dos Ufer fast erreicht hatten, schnitt ich den Seehund los, der sofort den Hering
verschlang und sich davonmachte. Karl ruderte die letzten Meter seelenruhig zum
Strand,  als  ob  nichts  Besonderes  geschehen  wäre.  Dort  wurden  wir  mit  lautem
Hallo als Sieger begrüßt.
Roland Wiff (l'V b)

V I I .

Y/ieder  einmol  war  Ich  mit  der  Verfolgung  eines  Verbrechers  beauftragt  wor¬
den.  Sein  derzeitiger  Aufenthaltsort  sollte  München  sein.  Also  fuhr  ich  nach
M ü n c h e n .

Am ersten Tage fand ich nichts Nennenswertes heraus. Am zweiten jedoch er¬
haschte mein Adlerauge den gut getarnten Holunken. Er mußte bemerkt haben, daß
ich ihn verfolgte; denn plötzlich lief er schneller und schneller und war dann mit
einem Hechtsprung in den Abwässerkanälen der Stadt verschwunden, an denen
gerade  gebaut  wurde.  Ich  machte  es  genau  sa,  wenn  nicht  besser,  nach.  Tiefe
Dunkelheit  hüllte  mich  ein.  Vor  nvir  hörte  ich  das  Keuchen  des  fliehenden  Gauners.
Da  nahm  ich  eine  der  bekannten  Wundertabletten  von  Dr.  Alois  Zahn  ein  und
sauste wie der Blitz auf den Flüchtigen zu. Schon wollte ich die Hand nach ihm
ausstrecken,  als  er  wie  vom  Erdboden  verschluckt  war.

Ratlos sah ich mich nach allen Seiten um. Da erspähte ich einen Schacht über
mir, der nach oben führte. Dank meiner einmaligen Muskeln klomm ich in Windes¬
eile nach oben. Als ich aber den Kopf aus der Öffnung steckte, kam ein Lastzug
angedonnert  und  brauste,  noch  ehe  ich  den  Kopf  einziehen  konnte,  über  mein
wertes Haupt hinweg. Allein, ich hatte schon Schlimmeres ausgehalten. Mein Schä¬
del ist so hart, daß er nicht die kleinste Wunde davontrug. Ich konnte ungehindert
W e i t e r a r b e i t e n .

Den Verbrecher sah ich gerade um eine Hausecke biegen. Mit Riesenschritten
sauste ich ihm nach, packte den Halunken am Kragen und schüttelte ihn so lange,
bis  er  bewußtlos  wurde.  Das  Abliefern  bei  der  Polizei  war  denn  nur  noch  ein
Kinderspiel.
Ulrich  Höpke  (IV  b)

Wie ich einmal der Polizei geholfen habe

I.

Eines  Tages  sollte  ich  mit  meinem  Freunde  Jochen  einen  Brief  bei  seiner  Tonte
abgeben. Das Haus der Tante lag in einer stillen Seitenstraße. Als wir dort an¬
kamen, sagte Jochen zu mir: „Am besten wartest du hier, bis ich wiederkomme."
Damit  war  er  schon  im  Hausflur  seiner  Tante  verschwunden.

In  diesem  Augenblick  sah  ich  auf  der  anderen  Straßenseite  zwei  Männer  kom¬
men.  Sie  sahen  sich  nach  allen  Seiten  um  und  traten  dann  an  ein  Auto  heran.  Mich
konnten sie nicht sehen, denn ich stand hinter einem Lastwagen. Während der eine

41

�von ihnen die Straße beobachtete, fingerte der andere am Türschloß des Wagens
herum. Zuerst dachte ich, es seien die Besitzer, die ihren Sctilüssel vergessen hatten.
Als sie aber dos gleiche an einem anderen Atuo versuchten, wurde ich neugierig
und mißtrauisch zugleich. Es fiel mir ein, daß in der letzten Zeit viele Autos in
Münster gestohlen worden waren. Das sind Autodiebe, schoß es m;r durch den
Kopf. Da vernahm ich Schritte. Um Gottes willen, dachte ich, das ist bestimmt der
Dritte im Bunde; jetzt ist e:; aus. Behutsam, um kein Geräusch zu verursachen,
drehte  ich  mich  um  und  sah  —meinen  Freund  Jochen.  Mir  fiel  ein  Stein  vom  Herzen,
„Bücken und ganz leise machen!"
flüsterte  ich  ihm  zu.  „Aulodiebel"  Gleichzeitig
„Photographierenl" gab er zur Antwort. Rich-
deutete  ich  ouf  die  beiden  Männer,
tig, ich hatte ja meinen Photoappa.at bei mir. Ra:ch stellte ich Blende, Belichtung
und Entfernung ein und knipste ein halbes Dutzend Aufnahmen herunter.

Da  heulte  der  Motor  auf.  Die  Diebe  fuhren  wie  rasend  in  dem  gestohlenen
Wagen davon. Gleichzeitig wurde es in dem gegenüberliegenden Hause lebendig.
Man hotte also endlich etwas gemerkt. Ein Herr stürzte heraus. Wir fragten ihn,
cb ihm das Auto gehöre. Er nickte, und wir berichteten ihm atemlos, was wir be¬
obachtet und wie wir die Diebe photographiert hatten. „Kommt schnell mit nach
oben!" sagte der Herr, ,,-lch bin Berufsphotograph jnd werde die Bilder entwickeln.
Vorher  ober  muß  ich  die  Polizei  anrufen".

So geschah es. Drei Tage später wurden die Gauner verhaftet, und wir teiden,
Jochen und ich, bekamen von dem Eigentümer des Autos eine schöne, stc ttüche
(IV b)
Beloihnung.

Jürgen  Buir

I I .

Neulich fuhr ich von der Schule aus nicht nach Hause, sondern zum Hofe meines
Onkels in Alverskirchen. Ich sollte doit das Vieh besorgen und das Haus hüten,
da Onkel und Tante mit dem Wagen fortgefahren waren. Eine bestimmte Tür war
für mich offen geblieben. So hatte der Onkel mit mir vereinbart. Auf dem Wege
freute ich mich schon auf das schöne Schinkenbutterbrot, das für rrtich bereitlie¬
gen  würde.

Als ich jedoch in das Haus kom, war es mir, als ob jemand im Wohnzimmer
wäre. Sollte der Onkel doch nicht gefahren sein? Das konnte ich nicht glauben,
ich öffnete die Tür. Da saß ein mir völlig freirvder Mann om Schreibtisch ur>d han-
Tag!" sagte ich. Ganz verdutzt und überrascht scheute der
tierte  daran  herum,
Ich  muß  hier
fremde  Mann  auf  und  stotterte:
Nicht nötig", antwortete der Mann und versuchte eine lächelnde
e i n h ü t e n .
Dies  Amt  hat  der  Bauer,  mein  Vetter,  mir  nömlich  heute
Miene  aufzusetzen,
morgen übertragen, als ich zufällig bei ihm war. Du kannst nach Hause fohren und
spielen. Auf Wiedersehen!"

W-a-s  willst  du  denn  hier?

So schnell nicht, dachte ich. Denn ich gioubte ihm kein Wort, da er sich im
ersten Augenblick so verwirrt benommen hatte,
ist  denn  Onkel  Otto  weg-
gekommen?" fragte ich deshalb, um ihn zu prüfen. Mein Onkel heißt nämlich
4 2

Wie 

�Große Freude herrsdife bei den Kleinen (V b) über die Ballons, die ihnen

Athener  Schule  geschenkt  wurden

v o n 

e i n e r

nicht  Otto,  sondern  Hans,
Ganz gut", erwiderte er. Er ahnte also nicht, daß ich
ihn domit ertappt hatte. „Schön", sagte ich, „dann werde ich erst noch mein Schin-
kenbutterbrot essen, das in der Küche auf mich wartet, und dann gehen." Ich sagte
das natürlich nur, um Zeit zu gewinnen, weil ich nicht recht wußte, was ich mochen
sollte. Sollte ich meinen Onkel oder lieber die Polizei anrufen? Die Nummer des
Onkels wußte ich nicht; die Nummer der Polizei aber war mir geläufig.

„Weißt du zufällig, wo der Schlüssel zum Schreibtisch liegt?
u n t e r b r a c h  m i c h
der AAann. „Otto sprach heute morgen von einem spannenden Buch, das im Schreib¬
tisch liegen soll. Leider hat er vergessen, es mir herauslegen."
Von einem Schlüssel wußte ich zwar nichts. Aber ich sogte;

Du  weißt  doch.
daß Onkel Otto ein besonders vorsichtiger Mann ist. Den Schlüssel hot er in die
Tenne gehängt, an die erste Stalltür links von hier. Da kannst du ihn dir holen."
Als der Mann aufgestanden war und über die Tenne ging, um den ScNussel
Wolfgang Schmeken (IV b)

zu  suchen,  lief  ich,  so  schnell  ich  konnte,  zum  Telefon,  um  die  Polizei
ständigen.

z u 

v e r -

4 3

�Ein zerbeulter Topf

Sextaner  und  Quintaner  schreiben  ihre  kleinen  Erlebnisse  meist
ganz naiv und ohne Reflexion nieder: „Wie ich (wir) einmal.. /'
oder  „Was  einmal..."  Wenn  sie  sich  dobei  an  die  Wirklich¬
keit halten und nicht übertreiben, Einzelheiten bringen und schon
einen gewissen Höhepunkt zu setzen wissen,, daß die Haupt¬
sache von dem Leser auch als Hauptsache nachempfunden wird,
so ist dos schon eine echte Leistung für kleine Sch'eiber.
Von  einem  Untertertianer  erwartet  der  Leser  aber  mehr.  Wenn
er schildert, soll er weder ins Erzählen geraten noch die äußere
Eischeiunngsform der Dinge oder den Ablauf von Geschehnis¬
sen  einfach  sachlich-nüchtern  festsrellen.  Das  wäre  trocken  und
uninteressant,  und  man  würde  es  ohne Anteilnahme  aus  der
Hand legen. Er soll seinen Gegenstand vielmehr für das Gefühl
vergegenwärtigen und das Ganze zu einem lebensvollen Bilde
werden  lassen.  Dazu  gehört  aber  —als  Voraussetzung  ge¬
naue Beobachtung und Beschreibung dessen, was er gestalten
will. Und nun zwei Beispiele für eine solche Art der Gestaltung.

Ich gehe die knarrende Kellertreppe, eine Holztreppe, hinunter und tast^ nach
dem Lichtschalter. Da stoße ich mit dem Fuß gegen etwas Hartes, und im gleichen
Augenblick poltert das Ding die Treppe hinunter.

Vor Schreck vergesse ich, das Licht anzumachen. Aber durch das niedrige Keller¬
fenster fallen einige spärliche Sonnenstrahlen. Sie heben das rätselhafte Etwas in-
eine schwache Beleuchtung, so daß ich wenigstens seine Umrisse zu erkennen ver¬
mag. Das Ding scheint rund zu sein und etwa so groß wie der Kopf eines Menschen.
Da kriege ich es mit der Angst. Hätte ich doch nur das Licht angemacht! denke
ich, indem ich nach dem Ding greife. Es fühlt sich kalt und hart an. An seinen Seiten
sitzen zwei ohrenartige Gebilde. Ich fühle seine nassen, kalten Wände. Ich fasse
in das Innere: es ist -hohl. Vorsichtig gehe ich mit dem Ding zum Schalter Zurück
und knipse das Licht an. Da sehe ich, was ich in der Hand halte: Mutters alten
Kochtopf.  Er  sieht  furchtbar  zerbeult  aus.  Ich  stelle  Ihn  an  seinen  Platz  auf  der
Treppe zurück. Mag der nächste es genau so mit der Angst kriegen, denke ich,
wenn er in den Keller geht und das Licht anzuknipsen vergißt.
Hans-Heiner  Hehler  (Ullla)

II.

Auf einem alten Baugrundstück suche ich mit einigen Freunden nach Brennholz
für  ein  Feuerchen,  das  wir  machen  wollen.  Da  entdecke  ich  zwischen  Unkraut,  Ge¬
rümpel  und  Dreck  etwas,  was  ganz  silbrig  schimmert.  Vielleicht  etwas  für  unser
Feuer? Ich gehe näher heran. Es ist etwas Rundes, mit einem dunklen Punkt in der
Mitte. Sieht aus wie ein Sturzhelm, denke ich, drehe das Ding um und stelle fest,
daß es ein alter, verbeulter Aluminiumtopf ist. An seinem verdickten Rande kleben .
zwei dicke, schwarzglänzende Griffe. Der eine ist schon etwas locker. Das Innere
ist dunkel, undefinierbar. Es schimmert nicht so schön silbrig wie sein Äußere:;.

4 4

�Ich hebe den Topf hoch und halte ihn mit dem Boden gegen die Sonne. Nun
weiß ich, warum seine früheren Besitzer ihn weggeworfen haben. Durch eine Un¬
zahl winziger Löcher fällt Sonnenlicht. Es sieht aus, als seien es Sterne.

Kann  dich  leider  auch  nicht  gebrauchen,  denke  ich,  gebe  ihm  einen  Fußtritt
gegen  seinen  verbeulten  Rand,  daß  es  sich  an'hört  wie  das  Geräusch  von  einer
billigen  Blechtrommel,  und  scheppernd  sehe  ich  ihn  Ober  Steine  irgendwo  Im
Ünkrautgestrüpp verschwinden.
Wolfgang  Blanke  (Ullla)

Nur  eine  Heftzwecke

Hier  handelt  es  sich  um  die  gleiche Art  der Aufgabe  wie  bei
dem  Thema:  Ein  zerbeulter  Topf.
Der  zu  schildernde  Gegenstand  —eine  Heftzwecke  —ist  nur
viel  kleiner  und  unscheinbarer,  ein  Nichts.  Und  so  meint  man
zunächst, daß sie kaum der Beachtung wert sei. Was kann man
schon von einer Heftzwecke sagen? Wie sie trotzdem für das
Gefühl vergegenwärtigt und ihre Schilderung zu einem lebens¬
vollen  Bilde  werden  kann,  wenn  man  es  nur  richtig  anpackt,
das  mögen  die  folgenden  zwei  Beiträge  zeigen.

I.

I I .

Fröhlich pfeifend ging ich in den Keller, um für meine Mutter Kohlen herauf¬
zuholen. Ich knipste die Kellerlampe an, mußte aber sofort die Augen wegen des
grellen Lichtes schließen, das mtr entgegenblendete.
Da sah ich ein blitzendes Etwas hinten vor unserer KellertOr liegen. Es sah aus,
als spritzten immer neue kleine Blitze von ihm her durch den Raum. Geldgierig,
wie  ich  bin,  dachte  ich  sofort  an  ein  Fünfmarkstück  und  freute  mich  schon.  Als  ich
aber nöher herankam, sah ich mich in meiner Erwartung getäuscht. Das Ding, das
dort lag, war nichts weiter als eine kleine, unscheinbare Heftzwecke.
Ich legte sie mit der flachen Seite auf meinen Daumen. Ihre golden schimmernde,
kerzengerade Spitze stand drohend wie eine kleine Lanze nach oben. Ich drehte
die  Heftzwecke  um.  Da  hatte  sie  die  Form  eines  kleinen  Pilzes.  Wie  seltsam  schön
ein so kleines, unscheinbares Ding doch sein kann, dachte ich, steckte sie zu meinen
vielen  anderen  Schätzen  in  die  Hosentasche  und  machte  mich  an  die  Arbeit.  Ich
hatte  ja  Kohlen  holen  sollen.
Peter  Belfrop  {Ulli  a}

An einem dunklen Regentage ging ich über die Straße und sah den spitzen
Dorn einer Heftzwecke aus einer .Fuge zwischen zwei Pflastersteinen hervorstehen.
Mir  fiel  sofort  der  Unterschied  zwischen  der  glänzenden  Spitze  und  dem  ver¬
schmutzten, stumpf wirkenden Köpfchen auf. Von den vielen Autoreifen, die dar¬
übergefahren waren, war die Spitze blank gescheuert und der Kopf in den Schmutz
gedrückt und fast unkenntlich gemacht worden.
Ich nahm den kleinen „AAetallpilz" in die Hand —vorsichtig, um nicht gestochen
zu  werden  —und  trug  ihn  mit  mir  nach  Hause.  Dort  putzte  ich  ihn  und  ließ  ihn
in der Sonne schimmern. Das Stielchen warf einen winzigen Schatten auf die Un¬
terseite  des  Kopfes. Als  ich  den  Finger  über  die  Unterseite  hielt,  reflektierte  sie

4 5

�einen goldenen Schein ouf ihn. Zuletzt legte ich die Heftzwecke unter eine Lampe.
Da  nahm  sich  das  kleine  Schirmchen  noch  hübscher  aus.  Es  war  wie  ein  goldenes,
durchsichtiges. Rad, durch das eine goldene Achse ging.
AsiTfuth Körtel (Ulli a)

Wir  bekommen  eine  Klassenarbeit  zurück

Cinmol  kam  unser  Engliischlehrer  mit  einem  geheimnisvollen  Löcheln  in  die
Klasse. Seine Tasche war ungewöhnlich dick. Er konnte sie nur mit einem kräftigen
Schwung auf das Pult heben. Er öffnete die Mappe und —nahm die Klassenatbeits-
hefte  hervor.  Ich  bekam  einen  ziemlichen  Schrecken.  Erst  w-urde  der  verbesserte
Text  diktiert,  dann  wurden  die  häufigsten  Fehler  besprochen,  danach  kam  der
spannendste Augenblick: die Hefte wurden zurückgegeben.

Mein Nachbar zur Linken trommelte aufgeregt ouf die Bank, hielt die Luft an
und  murmelte  etwas  vor  sich  hin,  was  ich  nicht  verstand.  Ein  anderer  öffnete  und
schloß den Mund im Takt und zwinkerte mit den Augen. Manche saßen, den Kopf
in die Hönde gestutzt, da und schreckten alle paar Sekunden hoch, um dann wieder
in  ihre  alte  Stellung  zurückzusinken. Andeie  wollten  ihre Aufregung  nicht  sehen
lassen; sie saßen zurückgelehnt und mit gefalteten Händen da und ließen alles
scheinbar teilnahmslos über sich ergehen. Wenn man ober auf ihre Beine guckte,
so  sah  man,  daß  sie  hin-  und  herpendelten.

Nun  bekam 

ich  mein  Heft. 

in  der  Brust.
Zuerst  ließ  ich  es  vor Aufregung  fallen,  dann  blätterte  ich  mit  nervösen  Fingern
darin herum, schließlich konnte Ich ein „Befriedigend" darin entdecken. Ich schloß
das  Heft  und  war  zufrieden.

Ich  hatte  ein  beklemmendes  Gefühl 

Und die anderen? Oie einen schmunzelten, indem sie ihr Heft begeistert hin-
und herschwenkten. Die Pechvögel trugen Ihr Schicksal mit Fassung oder starrten
traurig vor sich hin; ihre Enttäuschung war groß. Sie werden sich das nächste Mal
Klaus Weber (OM sa)
mehr  anstrengen  müssen.

Aix-en  Provence

Erste  Eindrücke  von  einer  französischen  Universitätsstadt

In  Deutschland  hatte  es  bei  meiner Abfahrt  leicht  geregnet.  Die  Schweiz  lag
tief  verschneit,  über  der  Provence  jedoch  stand  eine  große  rote  Sonne,  die  in
wenigen  Minuten  hinter  der  „Qiaine  de  l’Etoile"  verschwinden  würde.  Die  flim¬
mernde Luft hätte mich leicht glauben lassen können, es gehe einer der ersten
heißen Frühlingstage zu Ende. Allein in den mächtigen Platanen der Alleen sorg¬
ten  Baumschneider  dafür,  daß  ihre  iKronen  den  Gästen  der  kleinen  Straßencofös
im nächsten Sommer noch mehr Schatten spendeten als im vergangenen. Das deu¬
tete  darauf  hin,  daß  auch,  hier  in  Aix-en  Provence  bald  Winter  sein  werde.

'Einen Augenblick hielt ich an, gleichsam um Mut zu sammeln für die letzten Kilo¬
meter, die unter Umständen lang werden konnten. Denn bier wartete nirgendwo

^ 6

�ein  guter  Freund  auf  mich,  um  mich  in  mein  neues  Leben  einzuführen.  Von  dem
Festen,  Wohfbehütefen  hatte  ich  mich  auf  das  Schwankende,  Unbestimmte,  vielleicht
Unwirkliche b€;geben. Es galt, möglichst schnell wieder festen Fuß zu fassen.

Das war leichter gedacht als getan. „Pardon, rue de Soporta, s’l vous platt",
brachte ich gegenüber dem ersten bestallten Hüter der öffentlichen Ordnung zwar
einwandfrei  heraus. Aber,  mein  Gott,  was  hatte  er  geantwortet? An  der  letzten
Tankstelle, einige Kilometer hinter Valence, hatte ich doch noch gut verstehen kön¬
nen. Nun mußte ich mir dreimal die Antwort wiederholen lassen, bevor ich begriff,
was er mir mit seinem „accent marseillois" klarzumochen suchte. Hoffentlich spra¬
chen hier nicht alle so, dachte ich, während ich im Labyrinth der Gäßchen wenig¬
stens die allgemeine Richturvg beizuibehaiten suchte. „L'ancienne Faculte, s'il vous
plaitl"  Freundschaftlich  legte  mir  jemand  die  Hand  auf  die  Schulter:  ein  etwa
sechzigjähriger Mann, ehemaliger Kriegsgefangener aus der Umgebung von Leip¬
zig. Ausgiebig erkundigte er sich nach meinem Woiher und Wohin und wollte wis¬
sen, warum ich denn ausgerechnet in die Provence gekommen sei.

Ja, warum? Würde ich antworten, die interessante Geschichte des römischen
Konsuls Gaius Sextius Calvinus und seines „Casteilum ad aquis" sei der Grund,
so wäre das zwar ein Beweis für die Qualität meines einstigen Geschichtsunter¬
richtes,  allein  der  ehemalige  Kriegsgefangene  wurde  mir  das  vermutlich  ebenso
wenig abgenommen hoben, als wenn ich gesagt hätte, es sei das traurige Schicksal
der  barbarischen  Teutonen,  das  mich  nach  Aix  geführt  hätte.  Vielleicht  waren
es die großen Namen, die man dieser nach Paris schönsten Stadt gegeben hat:
Athenes  du  Midi  —Mere  des  Arts  en  Occident  —Versailles  Meridional  —Cite
du Pasre Vivant. Vielleicht auch war es der ewig blaue Himmel, den Cezanne ge¬
malt und der mich hierher gelockt hatte, oder Tartarin de Tarascon mit den ibeiden
Seelen, die unaufhörlich in Streit miteinander liegen?

Wichtiger aber als all dos war für mich im Augenblick die Frage, wie ich ein

Zimmer  finden  würde.  So  fuhr  ich  weiter.

Etudiantes! Etudiantsl Hier soir les etudiants communistes nous ont empeches
de  ...,  las  ich  auf  einem  Zettel,  den  man  mir  in  die  Hand  druckte.  Ich  mußte
also  vor  der  Universität  sein.

Ooü  viens-tu?  wollte  der  Zettelverteiler  wissen.
De  Münster.
Votre fromage est vachement bon. Tu m'attends deux secondes, jusqu ace

que  j'aie  fini  mes  tractes!

Und während er seine Zettel weiter verteilte, überlegte ich, wie man das Wort
„vachement" übersetzen könne. Später erfirhr ich, daß dies unter Studenten das
Wort  ist,  welches  höchstes  lob  ausdrückt.  Aber  wo  in  aller  Welt  wurde  'bei  uns  In
Münster  ein  Käse  hergestellt,  der  so  hohes  Lob  verdiente?  Schinken,  Doppelkorn
und  Sleinhänger,  ja.  Aber  Käse?  Nun,  er  hatte  Münster  im  Elsaß  mit  meiner  Hei¬
matstadt  verwechselt.

A l

�Die Geschichte meiner Zimmersuche will ich mir ersparen. Es war eine schwie¬
rige Angelegenheit. Aber sie wurde gelöst. Und innerhalb einiger Wochen hatte
ich so viele gute Freunde gefunden, daß ich auf die Frage, wie es mir in Aix ge-
folle,  anfv»;orten  kennte:  „Ich  glpube,  daß  ich  einer  der  zufriedensten  ausländi¬
Klaus  Pöppmonn  (Abiturient  von  1958)
schen Studenten in dieser Stadt bin."

Sommertage auf der Insel Terschetling

ln  den  letzten  Sommerferien  war  ich  mit  meinen  Eltern  und  Geschwistern  auf
der Nordseeinsel Terschelling. Es war das erste Mal, daß ich das Meer sah. Wöh¬
rend der Überfahrt von Harlingen nach West-Terschelüng folgten unzählige Möven
der Föhre und fingen im Fluge die Brotstückchen auf, die von den Fahrgästen hoch¬
geworfen wurden. Obwohl es stürmisches Wetter war, wurde ich nicht seekrank.
In  unserer  Pension  wohnten  noch  andere  Kinder  in  meinem  Alter.  Ich  verstand
mich  gut  mit  ihnen.  Hinter  dem  Hause  war  ein  großer  Garten.  Dort  spielteh  wir
zusammen  iFußball  und  Handball.

Die meiste Zeit war ich allerdings mit meinen Eltern und Geschwistern am Strand
und  in  den  Dünen.  Ich  suchte  mit  meinem  Bruder  Muscheln,  die  für  uns  etwas  ganz
Neues  waren.  Mit  Unterstützung  meines  Vaters  bauten  wir  uns  am  Strand  von
Osterend  eine  Sandburg,  für  die  wir  angeschwemmte  Kistenbretter  verwandten.
Ich  sah  zum  erstenmal  Quallen  und  machte  nähere  Bekanntschaft  mit  ihnen.  Beim
Baden stieß ich gegen eine, die Im Wasser trieb. Ich war so erschrocken, als ich
sie  bemerkte,  daß  ich  sofort  aus  dem  Wasser  lief  und  auf  den  Strand  rannte.  Später
stellte  ich  fest,  daß  ich  große  rote  Flecken  an  meinen  Beinen  hatte,  die  heftig
brannten.  Davon  war 

ich  bedient.

●Das tat aber meiner Begeisterung von dem Meer und der Insel keinen Abbruch.
Jeden Tag gab es dort für mich etwas anderes und Neues zu sehen und zu ent¬
decken. Meinen Geschwistern ging es genau so. Daher baten wir unsere Eltern,
in den nächsten Sommerferien wieder mit uns nach Terschelling zu fahren.

Klemens Splittgerber (VI b)

Schritlleitung:
GeschäFiliciie  Leitung:
Emzohlungen;

D r u c k :

4 8

D r .  C .  H a n k e
S t u d i e n r a l  A l f r e d  H e i d t m a n n
Alfred  Heidtmann,  Konto  127  13  bei  der  Sporkoise  der  Stadt  Müntter

oder  Posfscheckomt  Dortmund  Nr.  607  55.  ●

Beiträge  und  freiwillige  Zuwendungen  für  die  Althorronschaft  werden  an
folgende  Adresse  erbeten:
Friedrich  Bexten,  Landesoberinspektor,  Münster,  Poslsdieckamt  Dortmund  .
Nr.  1282  20.
Preis  des  einzelnen  Heftes:  1,—  (für  Schüler:  0,70)  DM
Gütenberg-Drudeerei  Theodor  Bröcker,  Münster  [Weslf.),  Bergstraße  71/72

�njOjoSJte)i

Das  Fachgeschäft  für  gute  Blumenspenden!

M Ü N S T E R / W E S T 

F .

Bahnhofstr.2(EckeServatiiplatz) ●Wolbecker Str. 20

Te l e f o n  4 2 0 2 3

Warte  nicht,  ob  etwas  von  Deinem
Taschengeld übrig bleibt;
lege  sofort  etwas  auf
die  hohe  Kante.

SpoihafTnitiui})

Verkneife  Dir  kleine
Wünsche,  dann  kannst
Du Dir eines Tages
größere  Leisten!

Sparkasse der Stadt Münster

��

pdf pages[edit]

load PDF

text[edit]

D A S  S C H L A U N - G Y M N A S I U M

▶ 4
▶
▶ 4
Kt^ 4 

v v / 

\

4

y

A

> 4
^

*■ ■*

^
' Y -

4

V S

i

4

; v

^ 4 .

\
4 V A - s
s

▶

▶44vv.y
. 4 4 A

4 .

/ 4 -

/
44>V-  -f  44-1

S

t

444 tt ^

^

f
> ^ 4

1

fl ^ 4 4
4 4

4 4 4 4

4

4

4

t 4 < , ^>
^.-4
4W t {
4

^'^'444-4

A

4

O S T E R N 

1 9 6 4

�B U C H H A N D L U N G

Ferdinand Scl^öningl}

S a l z s t r a ß e 

6 1

0 S c h u l b ü c h e r

●T e x t a u s g a b e n

0 W ö r t e r b ü c h e r

0 A t

l a n t e n

0 J u g e n d b ü c h e r

N E U !

Sonderlehrgänge für Studierende und Schüler

Kraftfahrschule  Bufe

Königsstraße  42

M ü n s t e r

R u f 

4 3 1 0 2

Auskunft und Anmeldung von 14 bis 15 und von 18 bis 20 U'hr

Lehrfahrzeuge:  Roller

V W 

- F o r d  1 7  M

M e r c e d e s

�Das Schlaun-Gymnasium

Schulzeitung für die Schüler, Lehrer, Eltern, Ehemaligen
und Freunde des Schlaun-Gymnasiums zu Münster (Westf.)
Ostern  1964

N r .  3 0

O s t e r n

Aus  Erstarrung  und  Not
Schwellend  zu  neuem  Blühn
Hob  sich  ein  Gelb  und  ein  Rot
Aus  noch  verborgenem  Grün.

Liebe  leuchtet  und  lacht
Selig in steigendem Glanz.
Alles  ist  aufgewacht:
Mut  und  Blut  und  der  Tanz.

Ahnen  von  höherer  Macht!
Glockenmund  kündet  dem  Land,
Daß in schweigender Nacht
Christ  aus  dem  Grabe  erstand.

H .

Das Tifelbild wurde von Michael Gausmann (Oll! sb) gefertigt. —Oie Obung zeigt einen einfodien,
senkrecht und woogerecht geordneten strukturolen Rhythmus. Die Repetition wurde gering¬
fügig verändert, und zwar so, doß nicht dos konstruktive, sondern das evokalfve Moment in
den Vordergrund trat. Dos Resultat entslond durch den Arbeitsablauf, nicht auf Grund einer
vorangegangenen Planung. Werkmittel: Flaschenkork und Tusche.
Bei der Zeich.iung ouf Seite 27 {angefertigt von Hans-Joachim Ludwig, Vc), handelt es sich um einen
krecht gesetzten, horizontol veräncterten (also mehrteiligen) Rhythmus. Die Abstufungen
des  Hell-Dunkels  sowie  dfe  Raumillusion  ergeben  sich  von  selbst  durch  das  Werkzeug.  Werk-
mittel: Poppstreifen, der.als breite Feder benotzt wurde, und Tusdte.

s e n

1

�Ansprache des neuen Leiters unserer Schule
Oberstudiendirektor Dr. Hermann Spreckelmeyer

anläßlich seiner feierlichen Amtseinführung am 21. September 1963

Es  waren  zahlreiche  Freunde  unserer  Schule,  die  Herr  OStR  Dr.
Lütgen  in  Vertretung  von  Herrn  OStR  Dr.  Henke  bei  diesem
Anlaß  in  unserer  Aula  begrüßen  konnte.  Als  offizielle
Gäste  weilten  unter  uns:  Herr  Oberschulrat  Dr.  Borucki,  dem  es
als dem Vertreter unserer Landesregierung oblag, die feierliche
Verpflichtung des neuen Schulleiters vorzunehmen; Herr Rcrtsherr
Souchcy als Vertreter des Rates der Stadt; Herr Stadtschulrat
Dr.  Hoß;  Herr  Stadtdechant  Vennemann;  Herr  Superintendent
Braun; die Domen und Herren Direktoren der höheren Sdhulen
M ü n s t e r s .
Nach W^orten des iDankes an alle jene, die ihm ihre Wi nsche
für  seinen  neuen  V/irkungsbereich  entgegengebracht  hatten,
sproch  Herr  Oberstudiendirektor  Dr.  Spreckelmeyer  über
den  pädagogischen Auftrag  der  höheren  Schule,  wobei  er  in
der Hauptsache folgendes ausführte:

Nicht gering sind die Anforderungen, die iman an den Leiter eines Gymnasiums
zu stellen gewohnt ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Schon der Amtstitel, den
man für dieses Amt zur Verfügung stellte, entbehrt nicht eines gewissen wortkund-
lichen Reizes. Ist doch der erste Teil offensichtlich ein Zugeständnis an die Vor¬
liebe des Deutschen für Unterscheidungen und bezeugt seine Freude an amtlichen
Differenzierungen,  wie  die  Beamten-  und  Militärsprache  bestätigt.  Es  gibt  den
Standort an. Der dritte Teil des Wortes, der geläufigste, meint dafür die Funktion
des  Lenkens  und  Leitens.  Hier  wird  schon  die  Gefahr  des  Amtes  ersichtlich.
„Direktor" geht noch an im heutigen Sprachgefühl. „Dirigismus" und „dirigistisch",
aus gleicher Wurzel gebildet, sind bereits höchst suspekt. Der wohlwollend über
diesen  Amtstitel  Meditierende  dorf  aber  unbesorgt  sein.  Denn  das  Herz-  und  Kern¬
wort  des  Amtstitels  ist  doch  wohl  das  Mittelstück,  sind  die  „Studien",  sauber  ein¬
gebettet zwischen „Ober" und „Direktor". Das lateinische .,Studium" meint als Eifer,
Lust, Neigung besonders die wissenschaftliche Beschäftigung. Alles wissenschaft¬
liche  Bemühen  ist  aber  auf  Wahrheit  und  ihre  .Erkenntnis  bezogen.

Mir scheint, Dienstbezeichnungen sind nicht nur Indikative, sondern auch Impe¬
rative, im vorliegenden Falle die Forderung, daß der Träger dieses Amtes in einem
ganz spezifischen Sinne innerhalb der Schule den vielschichtigen Studiengang zu
dirigieren höbe, d.h. also das Bemühen so vieler junger Menschen um die Wahr¬
heit,  um  die  großen  Gegenstände  von  Welt,  Mensch  und  Gott.

Darin  liegt  aber  ebenso  unüberhörbar  der  pädagogische  Auftrag.
Der junge Mensch muß sich hier hineinarbeiten in den dunklen Berg des noch nicht
Gewußten,  des  unendlich  scheinenden,  vielfältigen  Wißbaren.  Das  ist  seine  Auf-

2

��gäbe In der Schule, und sie darf wahnhoftig nicht verwechselt werden mit einem
Dasein im Schlaraffenlande des Unwirklichen, einer neun- oder meJirjöhrigen Form
köstlich unbeschwerten Lebensgenusses. Das böse Wort von den „Tröumer-
kasernen", das Carossa in der „Turmbesteigung" wie lächelnd abwebrt, ist auch
heute  noch  nicht  verstummt.

Und doch ist eine solche Träumerkaserne ein Wesen von fast unbegreiflicher
Wirklichkeit,
wenn man seine Sinne für das wirklich Reale schärft: Da gehen in
ein Haus mit vielen, vielen —und immer noch zu wenig —Räumen jeden Morgen
viele, viele Jungen, kleine und große. Und wöhrend für den Außenstehenden die
Augenblicke der Stille nur Unterbrechungen des permanenten Lärms der Jgngen
sind, ist der kurze Lärm nur Pause in einem sehr differenzierten Vorgang der Stille,
ln über 800 Köpfen schiebt sich unmerklich die Wissens- und Verstehensgrenze ein
ganz klein wenig nach vorn. Unmerklich erfolgt auch, korrespondierend mit dieser
intellektuellen Grenzerweiterung, ein innerseelischer Wandel. Diese nur unscharf
angedeutete Bewegung ist in ihrer Intensität wieder sehr verschieden und in ihrer
Qualität von vielen Faktoren abhängig, Manchmal geschieht es, daß Stille eintritt
bei dem einen oder anderen, vorübergehend oder auch dauernd. Wie die Statistik
ausweist, verlassen aus diesen Gründen vorzeitig viele Spieler das Orchestef und
siedeln  sich  an,  fernab  aller  Theorie,  in  den  Tälern  der  Praxis.  Es  bedarf  leinen
Frage;  Oft  ist  dieser Auszug  von  persönlicher  Traiier  begleitet.

I

Ich habe mir in den vielen Jahren des Schulalltags ein empfindsames Ohr für
diese  Dinge  bewahrt,  ln  einer  immer  komplizierter  werdenden  Welt  kann  eine
höhere Lehranstalt nicht mehr mit Gänsekiel und Rohrstock geleitet werden, wenn
es.auch jahrhundertelang Sitte war, dem Rektor Scholarum bei der Einführung in
sein neues Amt eine Rute oder einen Stock als Symbol zu übergeben. Bei aller Wert-
schälzung vergangener Zeiten im Vergleich zur Gegenwart kann man den Irrtum '
nicht übersehen, der die abendländische Schulgeschichte beherrschte, daß nämlich
zwischen intellektueller Leistung und Prügelstrafe ein kausaler Zusammenhang be¬
stehe. Theoderich untersagte seinen Goten den Besuch der Schulen, damit ihnen
nicht die Schulmeister die Tapferkeit herausschlügen. St. Kolumban der Ire meinte
im 6. Jahrhundert: „Wo gibt es einen Lehrgegenstand, der ohne schwere Züch¬
tigung erlernt werden könnte?" Notker Balbulus von St. Gallen, der nur die Zucht '
der Liebe gelten ließ, war eine einsame Gestalt mit dieser Auffassung.

Wie gut hat es heute der Schüler in der Zeit partnerschaftlichen Bemühens in
der Schule! Die angstfreie Atmosphäre beginnt Wirklichkeit zu werden, seitdem die
Schule nicht nur im Dienst einseitiger Verstandesarbeit steht. Leib, Geist und Seele
erfahren in gleicher Weise ihre Fördeiung und Entfaltung. Es geht in der Buntheit
der Vielfächerschule um den ganzen Menschen, nicht um die Abrichtung eines
Spezialisten. Auf den ganzen Menschen zielen alle unsere Bemühungen, sozusagen
durch die ganze Skala der Zeugnisliste hindurch, gleich ob der junge Mensch im
Fache Religion hineingestellt wird in die doctrina sacro, in das heilige Wissen um
des  Menschen  Steilung  vor  Gott;  ob  er  im  Deutschen  hineinwächst  in  die  Wunder
und Werke der Muttersprache; in der Geschichte in die Taten und Freveltaten der
Vergangenheit;  ob  er  in  der  Erdkunde  erfährt  von  der  Erde  als  dem  Ort  der  Schön-

4

�heif des Schöpfers, aber auch dem Ort des schaffenden Menschen. Hinter Voka¬
beln und Regeln der fremden Sprachen taucht für ihn, vielleicht nicht immer klar
und konturiert, doch die Möglichkeit auf, sich auf heue Weise selbst zu begreifen,
ln der Mathematik erfährt er von den Möglichkeiten des menschlichen Geistes, in
Zahl und Formel den Schlüssel für die Vielfalt der Dinge zu besitzen. In den Natur¬
wissenschaften dringt er ein in den Aufbau des Kosmos, des Anorganischen, und
Lebendigen, aber mit diesem Wissen wird er seiner selbst inne als eines denkenden
Wesens inmitten der Ordnung des Seins und der Möglichkeiten des Chaos. Und
nicht sei vergessen-. Hier im Feld der Schule kann die erste Begegnung stottfinden
it den Bereichen des Musischen, während das Agonaie sich verwirklichen möchte
in  der  Arena  de.-  Leibesertüchtigung.

m

i n

Es wäre jedoch folsch, wollte man die gesellschaftlich isolierte Persönlichkeit als
das  Ziel  der  Schule  verstehen. All  die  aufgezeigten  Vorgänge  vollziehen  sich  ’
einem ständigen Miteinander, in der Gemeinschaft, in steter Tuchfühlung mit den
Milmenschen.  Dazu  ist  aber  Ordnung  notwendig.  Ordnung  vermog  unserm
Leben Haltung und Stil zu verleihen. Auch die äußere Ordnung beziehe ich hier
ein.  Ich  meine  sie  nicht  als  Selbstzweck,  sondern  zunächst  als  Bestimmung  unseres
äußeren Menschen. Ordnung an uns selbst setzt sich fort als Höflichkeit im Verkehr
mit anderen und ist so die beste Voraussetzung für die erstrebenswerten und not¬
wendigen sozialen Tugenden. Ordnung ist die natürliche Vorbedingung geistiger
Arbeit. Zur Ordnung gehört auch der Verzicht auf das laute, unruhige Wesen. Nicht
wo es am lautesten ist, wird am tiefsten gedacht. Wir müssen in der Jugend nicht
nur reden, sondern auch schweigen lernen. Ich würde es als einen Verlust an
menschlicher Substanz ansehen, wenn die junge Mannschaft von heute im Treibhaus
der Lärmerzeugung so heranwächst, daß sie im Mannesalter keinen Zugang mehr
hat zum Erlebnis Goethes, das der Dreißigjährige aussprach mit den bekannten
Ober allen Gipfeln ist Ruh", oder daß ihr jene unsterbliche Claudiuszeile
W o r t e n :
Der Wald steht schwarz und schweiget", oder daß sie nicht
verschlossen  bleibt:
Die  Sterne  stehn  voil-
mehr empfindet die bergende Ruhe des Carossa-Wortes:
2ählig überm Land".

Ist nicht eine solche Auffassung ein Anachronismus in unserer Zeit, da mit einem
ungeheuren Aufwand an Energie die letzten Stätten der Stille aufgehoben werden?
Ich meine nicht. Denn immer noch gilt —gegen den Strom der Apparate, der Bilder
und vielfältigen neuen Zubehörs, daß Lernen und Lehren in seinem eigentlichen
Sinne immer noch an das Wort, an die Sprache gebunden ist. Sprache ist meht als
Werkzeug. Das Wort befreit den Menschen aus der Stummheit der Dinge und
schlägt die Brücke zum Du des Mitmenschen, rum göttlichen Du im Gebet. Dieses
Wortes ist nur der Mensch mächtig, weil nur er nach dem Bilde und Gleichnis
Gottes geschaffen wurde, wie im Buche Genesis geoffenbort ist. Wenn aber in
dieser Richtung des Menschen Wesenserfüllung liegt, wenn er nicht verurteilt ist zu
einem entsetzlich sinnlosen Tun in den Sandmühlen in der „Stadt hinter dem Strom ,
dann gewinnt auch alles unterrichtliche, erzieherische und bildende Tun des Lehrers
etwas  vom  Glanz  und  der  Berufung  eines  Gottesauftrages.  „Der  Dienst"  —sagt
der große Bischof Wilhelm Emanuel von Ketteier einmal —, „den ich zur Seelen-
wie Herzensbildung dem ärmsten Kinde gewähren kann, der ist mir der glänzendste.
5

●i

�erhabenste, wOrdevollste Oienst, dessen der Mensch fähig ,ist." Mit diesem Dienst
leistet der Lehrer seinen unentbehrlichen Beitrag zu der vor uns liegenden Epoche,
in der es nach einem Wort Guardinis nicht mehr um die Steigerung der Macht,
dem um deren Bändigung geht. Die Kraft dazu konn uns aber nur erwachsen
dem 
-Bel<ennen wir uns ...zum Orden derer,
derien alle Länder und Meere der Welt nicht genügen würden, wenn das Reich des
Geistes und der Seele unerobert bliebe" (Carossa).

Innenreich  des  Menschen.

s o n -

a u s

Aus dem Leben unserer Schule

Ais das Schuliahr am 17. April 1963 mit einer kurzen Versammlung von Schülern
und Lehrern auf dem Schulhofe seinen traditionellen Anfang nahm, war mancher
im stillen auf den Beginn der Neuen Ära am Schlaun-Gymnasium gespannt. Allein
ihr Beginn schien sich zu verzögern. A^an hörte zwar nicht die gewohnte Stimme
des bisherigen Leiters der Schule mehr,-
allein  von  dem  „Neuen"  war  ebenfolls
nichts  zu  entdecken.
So mußte die Schule einen Sommer lang interimistisch „laufen". Der Unterricht
wurde langsam angekurbelt, wie uns das so oft überzeugend angeraten worden
war. Wir stellten zwei neue Ruderboote —„Orleans" und „York" —in Dienst,
wir führten die geplanten Wanderfohrten —u. a. nach Orleans und Berlin —durch,
die  Berufsberatung  für
Oberprimaner, die Klassenpflegschaftsversammlun¬
gen, die Wahlen für die Schulpflegschaft (Wiederwohlen). Wir gedachten in ange¬
messener Weise des 17. Juni, hatten hin und wieder hitzefrei und freuten uns der
unterrichtsfreien Tage, die jeder Sommer mit sich bringt, tanzten auf dem Ober¬
stufenball und gingen am nächsten Morgen —nach dem Schulgottesdienst, .einer
planmäßigen Unterrichtsstunde sowie einer außerplanmäßigen „VerfügungsstJnde",
in der Fragen des Jugendschutzes und des Tourismus behandelt werden sollten —
pünktlich um 10 Uhr 30 in die Sommerferien.
Die Neue Ära begann am 5. September 1963. Am 21. September wurde Herr Ober¬
studiendirektor Dr. Spreckelmeyer dann als Nachfolger von Herrn Direktor
Dr. Plate feierlich in sein neues Amt als Leiter unserer Schule eingeführt.
Möge  diese  Neue  Ära  am Schlaun-Gymnasium für alle gedeihlich und ersprießlich
sein! Sie wird es, wenn ein jeder sich seiner Aufgaben bewußt ist und bleibt.

u n s e r e

Mit dem Beginn des neuen Schuljohres kamen die Herren Studienassessoren Dr.
Elmar Bozzetti (Musik und Deutsch) und Klaus Gruhn {Englisch und Deutsch)
an unsere Schule. Zum 1. Nov. 1963 wurde uns Herr Assessor Gerhard Uhlig
überwiesen, der au^ilfsweise schon vorher bei uns unterrichtet hatte.
Zum 1. Mai 1963 wurden Herr Dr. Bozzetti und Herr Georg Gres hake zu
Studienräten ernannt; die Ernennung von Herrn Gruhn zum Studienrat erfolgte
am  1.  Dezember  1963.
Wir wünschen allen Genannten eine segensreiche, erfreuliche Tätigkeit am Schlaun-
Gymnasium.

6

�Dem „Tag der Heimat" konnten wir in diesem Scbuljoihr eine besonders schöne
Note verleihen, indem Herr Studienrat JohonnimIoh, Träger des Klaus-Groth-
Preises für 1963, in der Aula aus seinen plottdeutschen Gedichten las.
Der allgeoieinen Arbeitszeitverkürzung in unserem Lande paßten wir uns an, indem
der Zeitplan für den Unterricht am Samstag eine gewisse Änderung erfuhr. Der
Gesamtplan sieht seitdem wie folgt aus:

*

montags  —freitags

1.  Stunde:
2.  Stunde:

7.50  —8.35  Uhr
8 . 4 0  — 9 . 2 5  U h r

samstags

wie  montags
bis  freitags

20  Mfinuten  Pause

3.  Stunde:
4,  Stunde:

9.45  —10.30  Uhr
10.35  —11.20  Uhr

15  Minuten  Pause

9.45  _10.25  Uhr
10.30  —11.10  Uhr
10  Minuten  Pause
11.20  —12.C0  Uhr

11.35  —12.15  Uhr
12.20  —13.00  Uhr

5.  Stunde:
6.  Stunde:
wieder Fragen nach der Dauer der Ferien gestellt werden, mag hier die

i m m e r

D a 
Ferienordnung für das neue Schuliohr 1964/65 folgen:

Erster  Ferientag

Letzter  Ferientag

O s t e r n
Pfingsten
S o m m e r
H e r b s t
W e i h n a c h t e n

26.  3.  1964
15.  5.  1964
29.  7.  1964
19.  10.  1964
22.  12.  1964

8.  4.  1964
26.  5.  1964
8.  9.  1964
24.  10.  1964
7.  1.  1965

*

Die Osterferien 1965 sind für die Zeit vom 8. April bis 21. April 1965 vorgesehen.
besondere Freude bereitete die Bundesbahn unseren Klassen Ul sa und Ul sb.
E i n e
Sie wurden vom 26. bis 27. September 1963 zu einer Fahrt entlang der sogenann¬
ten „.Vogelfluglinie" eingeladen, der im Mai 1963 eröffneten schnellsten Zupver-
bindung von Münster nach Skandinavien, über Hamburg erreichten sie in ihrem
Sonderwagen zunächst Lübeck und Travemünde und fuhren darauf über die
imposante Fehmarnsundbrücke nach Fehmarn, wo das weiße Fährschiff der BB,
„Theodor Heuß", auf seine Gäste wartete, um sie nach' Rodby am Südrand von
Laaland zu bringen. Als unsere Primaner schließlich ihre Heimreise antraten, tru¬
gen sie außer der Erinnerung an einmalig schöne Erlebnisse jeder ein Buchgeschenk
in ihrem Gepäck, das die BB nach den Wünschen der einzelnen Teilnehmer ausge¬
wählt  hatte.

*

7

�17.  12.  1963:
Gedenkfeier
zu  Ehren
u n s e r e s
v e r s t o r b e n e n
1.  Bundes¬
präsidenten
T h e o d o r
H e u ß

Photo;  R.  Bage  (Abiturient  1964)

Unsere diesjoftrige Reifeprüfung fand vom 20. bis zum 27. Februar unter dem Vor¬
sitz von Herrn Oberstudiendirektor Dr. Spreckelmeyer statt. Am 25. Februar nabm
Herr Stadtschulrat Dr. Hoß, am 26. Februar der Vorsitzende unserer Schulpflegschaft,
Herr Or. med. Badde, an der Prüfung teil.
41 Oberprima.ier haben die Reifeprüfung bestanden, Ihre Namen sind:
Klasse  Ol  m(Klassenleiter:  Studienrat  Wacker)
Jürgen  Büning
Münster
Bernd-Rüdiger  Hein
Angelmodde
R o l f - W e r n e r  L u k e
M ü n s t e r
M a n f r e d  N o w a k
M ü n s t e r
Bernd  Optenhövel
M ü n s t e r
R a l f  R u i n
M ü n s t e r
Willy  Schiffbauer
M ü n s t e r
Rainer Schulze-Schleppinghoff Münster
Bernd  Schuppener
M ü n s t e r
Jürgen  Werner
Münster
Erwin  Wesemann
M ü n s t e r

Biologe
Maschinenbau-Ingenieur
Evang. Theologe
M u s i k e r
Volksschullehrer
Elektro-Ingenieur
Volkswirtschaftler
Apotheker
Straßenbau-Ingenieur
Volksschullehrer
Volkswirtschaftler

8

�Klasse Ol sa (Klassenleiter: Studienrat Schwenbrock)

Rolf  Engels,
Wolfgang Friedrich
Manfred  Jung
Günter  Neukirchen
Herbert  Röhrkohl
Johannes  Schcfermeyer
Werner  Schiefei
Karl-Heinz  SchOrholz
Manfred  Steller
F r a n k  W e r n e r
Rüdiger  Wiechers
Heinz  Wieland
Woifgang  Winter
W i e l a n t  W i t t e

M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Münster
M ü n s t e r
Münster
Münster
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Münster
Klasse Ol sb (Klassenleiter: Studienrat Eilentrop)
Telgte
M*)nster
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Davensberg
H a n d o r f
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
M ü n s t e r
Angelmodde
Münster
M ü n s t e r
Münster

Reimer  Bage
Rüdiger Becker
Woifgang Brendel
Jörg Gehrmann
Hans  Konrad  Geizer
Thomos  Gollhardt
Herbert  Harder
Jens  Klapp
Jürgen  Klötgen
Karl-Josef  Krekeler
Kurt  Liberty
Rolf-Michael  Lindner
Johann  Pieper
Ludger Tinnefeid
HansiDieter  Weber
U d o  W e s t m a r

Diplom-Ingenieur
A r z t
Volksscfiullebrer
Publizist
Apotheker
Volksschullehrer
Publizist
A r z t
A r z t
Architekt
Architekt
Soziologe
Philologe
J u r i s t

Journalist
V o l k s w i r t
Neusprachler
A r z t
Geophysiker
Realschullehrer
Betriebswirt
Elektro-Ingenieur
P u b l i z i s t
Volkswirt
Verwaltungsinspektor
A r z t
Architekt
P h a r m a z e u t
Philologe
Maschinenbau-Ingeniuer

*

Am 10. März 1964 erhielten unsere Abiturienten aus der Hand ihres Direktors
das Reifezeugnis. Zahlreiche Gäste hatten sich zu diesem festakt in unserer
ingefunden, unter ihnen Herr Obetibürgermeister Dr. Peus. Von den „Ehemaligen
erfreute uns besonders Herr Direktor Dr. Plate durch seinen Besuch der Feierstunde.
9

e i

�Mit  selnefn  Glückwunsch  an die'Abiturienten verknüpfte Dr. Peus die Frage:
Ist es genug, was wir
ir der Jugend heute mitgeben?" Er erinnerte an die Zeiten,
da die heutigen Abiturienten in die Volksschule aufgenommen wurden. „Damals
war es uns eher möglich, jungen Menschen die rechten Worte mit auf den Weg zu
geben. Man konnte ihnen Ziele setzen, die noch nicht von materiellen Werten
Als Wunsch gob der Oberbürgermeister den frischgebackenen
unterhöhlt  waren.
Abiturienten die Worte mit: „Verleugnen Sie nie, was Sie auf dieser Schule gelernt
habenI Und befrachten Sie die Tradition dieser Stadt als Verpflichtung! fragen
Sie irrnmer: „Ist das, was ich tue, richtig?" Wenn Sie dos berücksichtiqen. aehen
Sie  Ihren  Weg!"
Walter Fricke drückte als Schulsprecher die Glückwünsche und Gefühle seiner
auf der Schule bleibenden Kameraden ous. Besonders betonte er die guten Bezie¬
hungen, die sich in den letzten Johren zwischen der Ablturientia und ihren Nach¬
folgern  herausgebildet  hätten.
^Als Sprecher der Abiturientia 1964 führte Rolf-Werner Luke (Olm) aus: „Sinn
für die Gemeinschaft und die Fähigkeit, uns eine eigene Meinung zu bilden: bei¬
des haben wir in der Schlaun-Schule erhalten. Die Schule hat ihren Unterricht^ nicht
auf  die  Vermittlung
von Faktenwissen ausgerichtet. Dafür gilt ihr besonderer
Dem Leiter der Schule, Oberstudiendirektor Dr. Spreckelmeyer, wünschte
D a n k . '
er für die nächsten Jahre viel Erfolg. Nach dem Fortgang von Oberstudiendife'ktor
Dr. Plate habe er sich sehr schnell in Geist und Leben der Schlaun-Schule einge¬
führt; mit der neuen Abiturientia könne er seinen ersten Erfolg feiern. Der Sprecher
der Abiturientia verabschiedete sich im Namen seiner Konabiturienten mit den
Der heutige Tag ist für uns ein Festtag, weil wir die Schule erfolgreich
W o r t e n :
beenden konnten. Und doch: der Abschied fällt mit einem Tropfen Bitterkeit in
diese festliche Stunde. Das neue Leben steckt voller Fragen und Zweifel. Was jetzt
kommt, sei auf Gottes Grund gestellt!"

diemeAatk
ältestes Fachgeschäft

Munsters

Rothenburg 23
(gegenOber  dem
Aegidii-Parkplatz)

1 0

s t e t s  g r o ß e s  L a g e r 
i n - 

u n d 

a u s l ä n d i s c h e r 

i n A n g e I g e r ä t e n
F a b r i k a t e

�„Sie haben unsere Kinder zu dem gemacht, was sie .heute sind, zu Abiturienten.
Mit dem Dank, den wir dafür aussprechen, verbinden wir einen zweiten, den
Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit." Mit diesen Worten richtete sich der
Vertreter der Elternschaft, Herr Oberpostrat Steller, an den Direktor and die Lehrer.
Die schönsten Jahre des Lebens liefen hinter euch.
Den  Abiturienten  rief  er  zu:
Was jetzt kommt. Ist Kampf. Freut euch des Erreichten! Und dann
zu  neuen  Ufern!
Aber vergebt nicht, daß das Reifezeugnis nicht nur berechtigt, sondern auch ver¬
pflichtet!"
Als die 41 Abiturienten die Aula verließen, sang der Knabenchor Volkslieder.
Und vielleicht gaben die rhythmischen Klänge der Jazz-Band, die die Lieder unter-
malten, den Scheidenden jenes Gefühl mit, das unter dem Abschied ein wenig
gelitten hatte: das Gefühl der Freude.

Zum Schluß ein Wort über die Raummot an unserer Schule.
Das Schlaun-Gymnasium wurde seinerzeit für 18 Klassen geplant und errichtet.
Allein, statt 18 waren es schon bald 27. Welche Gründe das hat, möchte der
Chronist hier nicht erörtern; es genügt die Feststellung, daß es so ist.
Damit stellte sich die Frage der Unterbringung. Durch manche Überlegung gelang
es, die Zahl der Klassenräume auf 23 zu erhöhen. Wir halfen uns weiter, indem
wir 2Klassen in Räumen der Biologie, eine im Tonstudio und eine im Gymnastik¬
raum unterbrachten. Der evangelische Religionsunterricht wird im sogenannten
Studio erteilt. Wenn dieser Raum ober einmal nicht belegt ist, findet darin Musik¬
unterricht statt, da bei 27 Klassen natürlich ein einziger Musikroum nicht ausreichen
kann. Für eine Abteilung muß der Unterricht in Latein und Englisch sogar in unse¬
rem Erfrischungsraum abgehalten werden.
Es leuchtet ein, daß die genannten Räume auf solche Weise dauernd ihrem
eigentlichen Zweck entzogen bleiben. Der Biologie-,Unterricht ist auf engsten
Raum beschränkt. Der Turn-Unterricht muß auf die Möglichkeiten verzichten, die
ihm der Gymnastikraum bieten würde. Das Tonstudio mit seinen kostboren über-
tragungseinrichtungen kann als solches nicht benutzt werden, und was unsere Studio¬
bühne betrifft, so werden ihre schönen Einrichtungen vermutlich eines Tages ver¬
braucht sein, ohne daß sie jemals für den Zweck eingesetzt wurden, für den
seinerzeit bestimmt worden waren. Ein höchst beklagenswerter Zustand, da

Unterricht fast alle Möglichkeiten raubt, die er sonst wohrnehmen könnte.
Zeitgemäßer Unterricht setzt ferner voraus, daß für Erdkunde, Neuere Sprachen
und Gemeinschaftskunde je ein eigener Fachraum vorhanden ist mit einer ange¬
messenen Arbeitsbücherei, mit Kartenmaterial, Projektions- und Phonogeröten. All
das aber kann nicht verwirklicht werden, solange die Raumnot am Schlaun-Gym¬
nasium nicht behoben wird. Sie kann aber solange nicht behoben werden, solange
die Sctrule 27 Klassen umfaßt anstatt 18, wie es im Interesse aller Beteiligten zu
erstreben  wäre.

u n s e r e m

s i e

e r

n

�Mit dem Ende des Schuljahres
l%3/64  tritt  Herr  Studienrat

F r i t z 

W e d n e r

in  den  Ruhestand.  Er  wurde
1898 in Dresden-Plauen gebo¬
ren und war zuerst in Leip¬
zig, später in Erfurt tätig, bis
er  —infolge  des  Kriegsaus¬
g a n g e s  — i m  S o m m e r  1 9 4 7
an  unsere  Schule  kam  und
hier  vor  ollem  in  Biologie
und  Chemie  unterrichtete.
Im  vergangenen  Sommer  war
Herr  Wedner  40  Jahre  im
Dienst  der  höheren  Schule.
Wir  wünschen  dem  stillen,
g e t r e u e n ,  v o n  L e h r e r n  w i e
Schülern geschötzten schei¬
denden  Herrn  Wedner  einen
ge.:egneten  Lebensabend!

P h o t o ;  B a t h e

Erinnerungen an meine Schulzeit in Fontainebleau

z e n

Das erste, was ich von Fontainebleau sah, war ein weißes Schild, das mit schwar-
Buchstaben auf das „Camp Guynemer" hinwies. Dann fuhren wir auf einen
heilen Obelisken zu, bogen nach rechts ab, holperten am Schloß vorbei in die Innen¬
stadt, krochen einen Hang hoch und hielten vor einem langen, grauen Hause.
In weiser.Voraussicht hatten die Stadtväter die Schule, die ich von jetzt an be¬
suchen sollte, dem Friedhof gegenüber und in der Nähe des iKrankenhauses er¬
bauen lassen, in einer Zone der Stille also. Sie war in einem süßlich gelben Ton
gestrichen. Franzosen, Holländer und Deutsche gingen hier in gemeinsame Klassen¬
räume, während die englischen Knaben und Mädchen in eigens für sie eingerich¬
teten Barocken unterrichtet wurden. Das Gebäude lag um einen Hof herurn, der
so weit nach hinten reichte, daß man dort das Klingelzeichen —mit etwa Absicht
—überhören konnte. Das geschah denn auch nicht selten. Dem Schulgebäude ent¬
lang lief ein Betonstreifen. Sobald es klingelte, stellten sich die Schüler Hand in
Hand  auf  und  wurden  von
Monsieur Froment war mein Lieblingslehrei. Er trug eine schwarze Bürste, hatte
stets ein schwarz-weißes Jackett nebst schwarzer Hose an und rauchte schlechten
1 2

ihrem jeweiligen Lehrer obgeholt.

�Tabak. Er gab Biologie- 'Und Mathematik'unterricht. Im Anfang, als ich noch kein
Wort französisch verstand, erklärte er mir die Körperberechnung mit HärKiefuch-
teln und gelegentlich ein paar deutschen 'Flüchen. Auf diese Weise verstand ich,
was  er  mir  beibringen  wollte.
An Peter und Paul war Preisverteilurvg im Theater. Oie Schüler saßen —nach
fgeregt auf ihren Plätzen. Auf der
Klassen  eingeteilt  —herausgeputzt  und  au
Bühne läclielten die Lehrer in feierlichem Schwarz. Der Diretctor hielt die Festrede.
Dann las der Surveillant general die Namen der Preisträger, zum Beispiel: „Prix
d'excellence,  Christine  Guivache  ..."
Ais unser Abschied nahte mit unserer Übersiedlung nach Münster, schaute ich
Croix d’Augas“ hinunter auf Fontoinebleau. Ich sah das weiße
noch  einmal  vom
Hochhaus, die Fiats, das Schloß, den Wald und —natürlich —die Schute. Mir fiel
der Abschied schwer. Ich hatte Fontainebleau liebgewonnen. Was mir blieb, war
die frinnerung an die Landschaft und meine Kameraden, an den Wald und die
Seine. !m Herzen nahm ich die Gewißheit mit, daß ich wiederkommen würde.
Klaus Weber (Olli sa)

John  Whiting:

Wo wir fröhlich gewesen sind u

/

/

I.

Aus  der  Sicht  eines  Zuschauers

Man weiß, daß es sehr schwierig ist, In der Schule ein Stück zu inszenieren.
Findet men genügend geeignete Spieler? Läßt sich eine einigermaßen brauchbare
Bühne herrichten? Glückt es, eine Mindestsumme für die Ausstattung von Bühne
und Spielern zusammenzufaringen? Werden alle, die ihre Mitwirkung anfonglich
zugesagt haben, die lange Vorbereitungs- und Probenzeit durchhalten?
Oas sind nur einige der Hauptschwierigkeiten, mit denen jeder zu rechnen hat,
der es unternimmt, eine Schulaufführung ins Werk zu setzen. Der Kundige kennt
überdies die hundertelei kleinen und unvorhergesehenen Tücken, die während der
Planung und Vorbereitung einer Schulaufführung auftauchen können und mit denen
es fertig zu werden gilt. Hochachtung wird auch jeder Einsichtige vor den Jungen
und Mädchen haben, die es auf sich nehmen, von ihrer freien Zeit so viel zu opfern,
wie nötig ist, um eine manchmal recht umfangreiche Rolle sich anzueignen und
e i n z u ü b e n .
Ist dann der Tag der Aufführung herangerückt, so erscheinen als Besucher die
Kameraden, die Eltern, die Lehrer und Freunde der Schule, um ...ja, wozu und
eigentlich? Seien wir offeni Falls sie nicht kommen, um ihren Komeraden,
ihren Sohn, ihre Tochter, ihre Schüler auf der Bühne zu sehen, so erscheinen sie
doch vor allem, um dem Spielleiter und den mitwirkenden Schülern ihren Achtungs¬
zoll für soviel Mühe, Fleiß, Geduld und soviel gute Absichten zu entrichten. Einen
„richtigen" Theaterabend zu erleben, so hoch schraubt schwerlich einer der freund¬
lichen  Besucher  seine  Erwartungen.
Man darf annehmen, daß dies bei der ersten Aufführung von John Whitings
Wo wir fröhlich gewesen sind" auch so war. Die etwas spärlich er-
K o m ö d i e
schienenen Besucher waren in der Hauptsache wohl gekommen, um einer Achtungs-

w a r u m

1 3

�w i e

n e r

pflicht zu genügen. Indes —und das muß für sie wie für die zahlreicher erschiene¬
nen .Besucher der weiteren Aufführungen eine große Überraschung gewesen sein
—, sie dürften schnell vergessen haben, daß sie hier einer Pflicht hatten genügen
wollen. Denn was sie sahen und erlebten, war Theater, wirklich forsch und herzlioft
gespieltes Theater. Mit Recht durfte die Anerkennut>g der Besucher insbesondere
der Spielleitung gelten, nicht allein der Tatsache, daß sie ein obendfüllendes Stück
zu sehen bekamen, ein Stück zudem, das zeigte, wie herrlich menschlich es ist, Lust
zu leben auch im Augenblick tödlicher Gefahr zu haben. Gewiß gab es Mängel,
etwa den, daß viele Spieler nicht sparsam genug in ihrer Gestik waren. Doch
was verschlug das, wenn man dann Szenen mit dem kriegsblinden Edward und dem
Mädchen Dorcas erlebte, die so vollkommen natürlich gespielt wurden, daß
für Augenblicke vergaß, wo man saß: nämlich in der Aula eines Gymnasiums
„Laienspielern!" Wie vergnügt auch quittierte die Besucherschaft die phantastisch¬
spleenigen Pläne und Unternehrrvungen des staksigen Sir Timothy, die gleichtönig
langatmigen Redereien von Hallam Matthews, die Feuerspritzen-Manie von Lam-
prett Bellboys, das grotesk-martialische Auftreten von George Sölincourt und sei-
Truppe,  die  komisch  wirkende  Strenge  und  Herbheit  Hesters!  Mit  welth  r-
g e -
sammelter Aufmerksamkeit folgten die Besucher dann wieder den Szenen, i[i wel¬
chen Edward und Dorcas einen die Anmut jungen Lebens und seine fürchterliche
Bedrohtheit durch Haß und Krieg empfinden ließen I
Es gab starken und freundlichen Beifall am Schluß. Ein gelungenes Unterneh¬
men,  das  denn  auch  rasch  über  den  engeren  Rahmen  der  Schule  hinaus  von  sich
reden machte! Alle, welche die Aufführung miterlebt haben, werden dem .Spiel¬
leiter, OStR Dr. Klockenbusch, und seinen jungen Spielern herzlich dafür dqnkbar
sein,  daß  sie  die Aula  unseres  Gymnasiums  für  einige Abende  zu  einer  iStätte
gemacht hoben, „wo wir fröhlich gewesen sind".
R .  N c k i s c h
In  dem  Stück  spielten  mit:

m a n

v o r

N a m e
Christian  Sczuka
Wolfgang  W.  Hesse
U l r i c h  G a r d e
K.-H.  Buschermöhle
M a r t i n  J o b l o n s k i
Jörg  Folgma
K a r l - D i e t m a r
Manfred  Plumpe
Jürgen  Köhn
R a i n e r  S c h n i e d e r s
Reinhold  Schapmann
Barbara Anczykowski
Erika  Ghilla
Gabriele  Haas

n n
M ö l l e r

T o n :
Souffleur:
Beleuchtung:
Photomontage:

R o l l e
Sir Timothy Beltboys
Hallam  AAafthews
Edward  Sterne
Jonathan  Watkins
Lamprett Bellboys
George  Selincourt
William  Humpage
Samuel  Breeze
Joseph  Brotherhood
James Giddy
Rufus  Piggot
Dorcas Bellboys
Hester  Bellboys
Pippin
Heribert  Röhrkohl
Reinhold Schapmann
H.-M.  Boegershausen
Ulrich  Kaufmann/
Martin  Joblonski

1 4

Pholomonlage:  Ulridi  Kaufmann  /Martin  Ja }|owslci

��a u s

e i n e m

wie  von  selber  an?

Es war wo'nl in erster Linie der Reiz des Unbekannten, der mich dazu brachte,
Theaterstück mitzuspielen. Ich kannte bis dahin die Bühne nur aus der
i n 
Perspektive  des  Zuschauers.  Nun  sollte  ich  sie
der Sicht des Spielers kennen-
lernen.  Das  reizte  mich.
Die Auswahl des Stückes und die Arbeit an ihm vollzog sich im Rahmen einer
Arbertsgemeinschaft für das Fach „Deutsch". Warum, gerade dort, darüber hatte
ich mir zunächst keine Gedanken gemacht. Mir schien, man habe versucht, das
Theaterspiel an der Schule einem der regulären Unterrichtsfächer anzugliedern,
Bot sich da nicht das Fach „Deutsch
Daß dos Spielen eines Stückes ein wesentliches Mittel zur Erfüllung der Auf¬
gaben im Deutschunterricht darstellt, wurde mir im Laufe der Proben .für die Auf¬
führung mehr und mehr deutlich. Man wurde gezwungen, sich eingehend und
immer wieder mit dem Text zu beschäftigen, ging es doch darum, seine eigene
Rolle erst einmal richtig auswendig zu lernen, ßei dieser Tätigkeit entdeckte ich
bereits monches, \Vas mir beim ersten Lesen und Hören des Stückes entgangen
Wendungen wiederholten sich, und ich spüde, welche Absicht sich dahinter
barg: es geschah jeweils an charakteristischen Stellen. Dadurch erinnerte
sich an die Situationen, in denen sie in ähnlichem Sinne gebraucht worden
Jede Figur schien im übrigen ihren eigenen Sprachschatz zu haben. Darüber hin¬
aus erhob sich für einen jeden von uns die Frage-.
Wie  hat  sich  der  Dichter  die
Figur vorgestellt, die du darstellen sollst?" Damit begann die eigentliche Interpre¬
tationsaufgabe. Manche Möglichkeit wurde durchgeprobt und wieder verworfen.
Veränderte der Gesprächspartner bei einer Probe die Betonung und damit die Auf¬
fassung an einer entscheidenden Stelle des Dialoges, so führte das nicht selten
einer anderen Auffassung der eigenen Rolle, und man mußte versuchen, sie von
dem neuen Ansatz her zu interpretieren, um sie in dem vom Dichter gewollten Lichte
erscheinen  zu  lassen.
Auf diese Weise schärfte sich uns der Blick für die jeweils darzustellende Ge¬
stalt. Wir durften sie nicht aus dem Zusammenhang lösen. Das wäre unerlaubte
Willkür gewesen. Ihre Eigenart war nur im Zusammenhang des Gespräches und
der Handlung glaubhaft vorzustellen. Es war außerdem notwendig, sich ü'ber die
Gesamtaussage des Stückes Klarheit zu verschaffen. Dann erst konnten wir ent¬
scheiden, weichen Stellen -beim Sprechen und Spielen das Hauptgewicht zukam.
Bei solchen Überlegungen kam es mir zuweilen vor, als entfernten wir uns eher
von einem angemessenen Interpretationsansatz, als daß wir ihm näherkamen. Gab
es doch eine Vielzoh! von Möglichkeiten, die alle etwas für sich hatten. Es
ober schwer, sie miteinander in Einklang zu bringen. Schien eine bestimmte Situa¬
tion getroffen zu sein, so ergab sich nicht selten, daß ihre Auffassung zu einer
anderen Stelle in Widerspruch geriet. .Daher mußte sie aufgegeben und eine
andere gefunden werden. So wurde mir klar, wie sehr das Theaterspiel mit dem
Fache  „Deutsch"  zu  tun  hat.  Bei  all
Bemühen stand das gesprochene Wort
im Mittelpunkt, und erst bei richtigem Sprechen von der Sache her konnte
e s  u n s
gelingen, den Typ zu verkörpern, den wir jeweils zu verkörpern hatten.

u n s e r e m

w a r e n .

w a r

w a r

v e r

.

-

m a n

z u

Aus der Sicht eines der Spieler

1 6

Martin Jabionski (Ul m)

�Gedanken  zu  unserem  Schulorchester

„Beschriebene  Musik  kommt  mir  immer  wie  eine  erzöhUe  Weinkarte  vor".  Die¬
ser Stoßseufzer Wilhelm Furtwönglers fällt mir ein, wenn ich an den Musikunter¬
richt auf der Oberstufe unserer Gymnasieii denke. Besteht nicht der Musikunter¬
richt  in  der  Schule  zu  einem  großen Teil  darin,  nur  die  Weinkarte  zu  studieren,
Musik  zu  beschreiben  und  'beschreiben  zu  lassen?  Freilich  kommt  auch  der  Wein
selbst auf den Tisch; aber es finden sich mehr, die ihn betrachten, als die ihn pro¬
bieren; dem Beschreiben der Musik geht zwar das Hören voraus, aber nur selten
das eigene Tun. So wenig man durch das Studium der Weinkarte ein Weinkenner
wird, so wenig kann man vom Hören her und durch theoretische Belehrung ein
lebendiges Verhältnis zur Musik bekommen.

Ich mache immer wieder die gleiche Beobachtung.; Ein Sextaner zeigt musi¬
kalische Begabung, macht schnell Fortschritte im Unterricht; schon glaube ich, einen
Erfolg verbuchen zu können, bis ich bei nächster Gelegenheit zur eigenen Ernüch¬
terung erfahre: der Junge spielt ein Instrument und hat regelmäßig Instrumental-
unterricht. Man kann sicher sein, daß die überdurchschnittlich für Musik Interessier¬
ten fast ausnahmslos ein Instrument spielen oder zumindest gespielt haben. Es ist
ja auf allen Gebieten der Erziehung und der Bildung so: Besonders fruchtbar wird
immer nur das, was man selbst tut, bei dem man eigene Initiative entwickeln muß.
Niemand bekommt letztlich Freude an der Musik, der nicht irgendwann einmal selbst
Musik gemacht hat. Was ober Ist eine Beschäftigung mit der Musik wert, die nur
Wissen  vermittelt  und  keine  Freude  schenkt?

In den Schulen ist eigenes Musizieren der Schüler häufig so gut wie identisch
mit gemeinsamem Gesang. So wichtig das Singen ist, es genügt allein nicht. Der
Untertertianer,  der  den  Stimmwechsel  durchmacht,  verliert  natürlicherweise  ein
wenig die Lust am Singen. Spielt er kein Instrument und ist er vielleicht auch noch
stimmlich unbegabt, verliert er die Freude an der Musik' überhaupt. Beim bloßen
Singen ko^mmt es offenbar nicht zur eigentlichen Begegnung mit der Musik. Indem
der  Instrumentalist  sein  Instrument  vor  sich  hat,  stellt  er  sich  der  Musik  stärker
gegenübei, als es der Sänger vermag, der sein Instrument insich hat. Der Instru¬
mentalist  nimmt  das,  was  er  tut,  nicht  so  naiv  und  selbstverständlich  hin,  seine
eigene Musik wird ihm Objekt, und damit bekommt er ein anderes, besseres, well
bewußteres  Verhältnis  zu  ihr.

ln einem Vortrag der Bundesschulmusikwoche 1959 in München beantwortete
ein Nichtmusiker die Frage, wie sich am besten und wirkungsvollsten eine nach¬
haltige Förderung der Musikpflege und eine echte musikalische Erziehung erreichen
lasse,  mit  dem  Satz:
Dadurch,  daß  möglichst  viele  Schüler  selbst  ein  Instrument
spielen  lernen,
Diese einfache Antwort wird dadurch das nötige Gewicht bekom-
men, daß sie von einem Tübjnger Malhematiker stammt.

Um zu zeigen, wie das Geforderte in der Schulpraxis aussehen kann, möchte
ich weiter Herrn Albert Schweizer, Direktor eines Tübinger Gymnasiums, zitieren:

1 7

* ●  <

�„Heute spielen über 500 von meinen 750 Schülern ein Instrument..109 Geigen ..
30 Trompeten..., 21 Klarinetten, 14 Celli, 12 Querflöten, 10 Oboen, 8Waldhör¬
ner." Es versteht sich, daß man solche Angaben nicht macht, ohne im gleichen Roh¬
men etwas von dem Gesagten zu demonstrieren. Man mag einwenden, es komme
nicht auf die Menge an. Wenn das stimmt, brauchten wir uns am Konrod-Schlaun-
Gymnasium allerdings keine Sorgen zu machen. Von unseren 800 Schülern spiel
tm  Schiulorchester:  5Geigen,  2Celli,  2Klarinetten,  im  Bedarfsfälle  auch  2Trom¬
peten und 2Posaunen. Zwei der oben Genannten siivd von den „Star Street Stom-
pers" entliehen, wie sich überhaupt Jazz und „seriöse" Musik bei uns ganz gut zu
vertragen scheinen. Man kann unseren Klarinettisten nur empfehlen, sich Benny
Goodman zum Vorbild zu nehmen, der bekanntlich nicht der schlechteste Interpret
von Mozarts Klarinetienquintett ist. Natürlich haben wir auch eine größere Zahl
von Klavierspielern; es Hegt aber in der Natur der Sache, daß sie beim Zusam¬
menspiel nur sehr selten eingesetzt werden können. Das ist um so bedauerlicher,
als das Musizieren erst richtig Freude macht, wenn sich mehrere zusammenfinden,
wie jeder Instrumentalist weiß. Wie viel oder wie wenig unsere kleine Instrumen¬
talgruppe bisher zuwege gebracht hat, möge jeder bei sich selbst beurteilen, der
sie gehört hat. Der Nachwuchs für unser Schulorchester ist dünn gesät, aber immer¬
hin vorhanden. Grund zum Pessimismus ist so lange nicht gegeben, wie sich Jungen
bereitfinden, sich einzusetzen und ein wenig Zeit für die gemeinsame Sache
opfern.  Ein  Lichtblick:  Dank  der  großzügigen  Hilfe  des  FÖrd  erve  reinskonn¬
ten wir unsern Bestand an schuleigenen Streichinstrumenten von zwei auf fünf er¬
begabte und Interessierte Jungen ausgeliehen
höhen.  Die 
worden, in einem Falle bereits mit dem Erfolg, daß das geliehene Cello die Eltern
zum Kauf eines eigenen Instrumentes für ihren Sohn angeregt hat.

Instrumente  sind  an

e n

z u

Unsere Jugend ist viel musikbegeisterter, als man denkt. Aber vielfach stehen
die Eltern den musikalischen Wünschen ihrer Kinder indifferent gegenüber. Ihre
Skepsis wird nicht selten mit der Furcht begründet, die Jungen könnten vom Lernen,
von ihren eigentlichen Schulaufgaben abgelenkt werden. Meistens wird nicht be¬
dacht, welch hohe erzieherische Wirkung vom Erlernen eines Musikinstrumentes
ausgeht. Gibt es ein besseres Mittel, Verstehen und Empfinden zu bilden, Ausdauer
zu Oben, Geschicklichkeit zu fördern, das Selbstbewußtsein zu heben, Hemmungen
zu überwinden, Anpassung zu lernen, zur Selbstdisziplin zu erziehen und Freude
an der eigenen Leistung zu wecken? Nicht zuletzt vermag der Umgang mit wert¬
voller Musik den jungen Menschen vor dem Abgleiten in die Seichtheit, Verlogen¬
heit und Zweideutigkeit der Welt des Schlagers zu bewahren.

Das Schulorchester findet seine vornehmste Aufgabe in der Teilnahme am Leben
der Schule, in der Mithilfe bei der Gestaltung von Fest und Feier. Merkwündig
genug, daß in ihrem Bereich niemand auf die Musik verzichten möchte. Jedes Schul¬
orchester steht und fällt mit der Bereitschaft der Schüler, sich für die Sache der
Musik einzusetzen, mit der Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder nach Kräften musika¬
lisch  zu  fördern.  Mit  dem  Schulorchester  steht  und  fällt  mehr  als  ein  bißchen
Repräsentation:  ein  Stück  schulischer  Kultur.
B o .

1 8 

'

�Vom Turnen und Sport am Schlaun-Gymnasium

Das in der Öffentlichkeit immer wieder gestellte Verlangen nach der täglichen
Turnstunde kann von den Schulen unter den augenblicklichen Verhältnissen selbst¬
verständlich bei weitem nicht erfüllt werden. Die amtlichen »Stundentafeln der
hö*>eren Schulen Im Land NRW" schreiben für die Leibeserziehung in den Klassen
VI —Oll 3Turnstunden und 1Stunde Sportnachmittag (14-tägIg 2Stunden), In den
Klassen Ul und Ol 2Turnstunden je Woche vor. Doch schon die Durchführung
dieser Bestimmung bereitet den meisten Schulen zur Zeit noch erhebliche Schwie¬
rigkeiten, und auch an unserer Schule kann ein Teil der vorgesehenen Turn- und
Sportstunden aus verschiedenen Gründen nicht erteilt werden. Allerdings haben
die Sexten und Quinten 14-tägig 2Schwimmstunden. Der Sportnachmittag jedoch
kann nur in 5Klassen durchgeführt werden. Einheitlich für alle Klassen ist der Turn¬
unterricht am Vormittag auf 2Stunden festgesetzt worden. Ein einfaches Rechen¬
exempel ergibt nun, daß im laufenden Schuljahr 96 Turn- und Sportstunden gege¬
ben werden müßten, 65 aber nur wirklich erteilt werden. Schuld daran darf nicht
der Schule gegeben werden. Die Ursachen für die Verminderung der Stundenzahl
sind allein in dem Fehlen eines Gymnastikraumes und in dem Mangel an Lehrkräften
z u  s u c h e n .

Im Winterhalbjahr und bei schlechtem Sommerwetter finden die Turnstunden
ausnahmslos in der Turnhalle statt. Das bedeutet, daß der Turnunterricht für 27
Klassen mit 54 Turnstunden auf 34 Vormittagsstunden zusammengedrängt werden
muß, für 20 Klassen also eine Doppelbelegung der Turi>halle unvermeidlich Ist und
7Klassen der Unterstufe die Halle für sich allein benutzen können. Die übungs-
möglichkeiten sind also stark eingeengt, besonders die beliebten Hallenspiele als
Abschluß der Turnstunde können nur mit binschränkung betrieben werden.

n u r

Im Sommerhalbjahr sieht es etwas besser aus, da dann ein Teil der Turnstunden
auf dem Sportplatz gegeben werden kann. Es darf allerdings nicht übersehen wer¬
den, daß der Weg zum und vom Sportplatz sehr viel Zeit .in Anspruch nimmt und
auch nicht ganz ungefährlich ist.

Für die Durchführung und Gestaltung des Unterrichtes gelten die „Richtlinien für
die Leibeserziehung". Angestrefat wird natürlich ein mittleres Leistungsniveau, das
auch dem schwächeren Schüler gerecht wird.

Schülern, die über die Anforderungen des Turnunterrichtes hinaus nach besseren
körperlichen Leistungen streben und Freude am Wettkampf haben, bietet die Schule
im freiwilligen übungsbetrieb zusätzlich eine Reihe von Möglichkeiten. Damit er¬
füllt die Schule auch den Wunsch vieler Eltern, die es zwar gern sehen, wenn ihre
Jungen in der Freizeit Turnen und Sport betreiben, die ihnen ober nicht den Bei¬
tritt zu einem öffentlichen Sportverein gestatten wollen.

Im folgenden bringen wir eine Übersicht über die an unserer Schule bestehen¬
den Schülergruppen für Turnen und Sport. Selbstverständlich sind diese der Auf¬
sicht und Leitung eines Turnlehrers unserer Schule anvertraut.

1 9

�0 '

i

r

Landesbank  für  Westfalen

Girozentrale

öffentlich-rechtliche Körperschaft
F .
M Ü N S T E R / W E S T 

B I E L E F E L D

D O R T M U N D

Zentralbank der westfälischen und lippischen Sparkasse n

A U S F Ü H R U N G  A L L E R  B A N K G E S C H Ä F T E

Abteilung  der  Landesbank:

W E S T F Ä L I S C H E  L A N D E S - B A U S P A R K A S S E

2 0

*

�Schülerturnverein

Stud.-Ass. Simon, Stud.-Ref. Kassat, Stud.-Ref. Obst

Leitung:
Ubungszeiten:  VI  und  V
I V  — O l l i
U H  — O l
Turnhalle  der  Schule

Ubungsort:

montags
montags
donnerstags

16.30  —18.00  Uhr
15.00  —16.30  Uhr
18.00  —19.30  Uhr

Fußballmannschaften

Studienrat  Scheidt
Leitung:
Ubungszeiten:  14-tägig  montags
Sporthalle des ESV
übungsort:

15.00  —17.00  Uhr

Handballmannschaften

Leitung:
Übungszeit und -ort: 14-tögig im V/echsel mit der Fußballgruppe

Studienrat Hillebrand, Studienreferendar Schulte

Schülerruderriege

Leitung:
Ubungszeiten:
übungsort:

Studienassessor  Buff
Nach Vereinbarung

Kanal  am  Bootshous  des  Rudervereins  Münster

Basketballmannschaften

Leitung:
Übungszeiten:

Ubungsort:

S t u d i e n r a t  P e t e r s

Unter- und Mittelstufe freitags von 14 —16 Uhr

Oberstufe donnerstags von 18 —20 Uhr
Turnhalle  der  Schule

a . 

a n

Den Höhepunkt unserer Schülerwettkämpfe bildet der jährlich stattfindende Ban-
nerwettkompf der höheren Schulen Westfalens, der in diesem Jahre am 16. und 17.
Juli in Hegen zum 40. Mal ausgetragen wird. Das Training für den Mannschafts¬
wettkampf (3 leichtathletische und 2turnerische Übungen) findet in den Übungs¬
stunden  des  Schülerturnvereins  statt  und  hat  bereits  begonnen.
Unsere Fußball- und Handbollmannschaften werden sich auch in diesem Jahr
den Rundenspielen der höheren Schulen Westfalens beteiligen. In den
u . 
Jahren waren uns in diesen Wettspielen besonders gute Erfolge be-
v e r g a n g e n e n
schieden. Die Fußballmannschaft hatte zweimal das Endspiel erreichen können,
1951 gegen das Adalbert-Stifter-Gymnasium Castrop-Rauxel, die Schule, an der
Direktor Dr. Spreckelmeyer vor seiner Berufung an unsere Schule
fast 10 Jahre lang als Qberstudiendirektor tätig gewesen ist, und 1952 gegen das
Gymnasium Menden. Beide Spiele waren zunächst unentschieden ausgegangen
ut^ erst im Wiederholungsspiel verloren worden. Im vergangenen Jahr gewann
Fußballmannschaft die Bezirksmeisterschaft, um dann aber schließlich im

u n s e r e

u n s e r 

n e u e r

. 2 1

�z u m

Vorschlußspiel gegen den späteren Westfalenmeister auszuscheiden. Mehr Erfolg
hatte 1961 unsere Hallenhandballmannschaft, als sie den begehrten Titel eines
Westfalenmeisters gewann. Das vergangene Jahr brachte der Mannschaft
4. Mal den Sieg in der Hallenhandballrunde der höheren Schulen der Stadt Münster.
Das Schülerrudern ist in Münster erst vor wenigen Jahren wieder in Schwung
gekommen. Zwischen den Kriegen besaßen die Schülerrudervereine der Stadt Mün¬
ster gemeinsam ein eigenes Bootshaus am Kanal oberhalb der Schleuse. Es besteht
die  Aussicht,  daß  dieses  Bootshaus von der Stadt bald wieder hergestellt und den
münsterschen Schulen zurückgegeben wird. Zur Zelt besitzt unsere Schule schon
wieder 6eigene Boote (3 Vierer, 2Doppelzweier, 1Einer). Gelagert und gewartet
werden die Boote vom Ruderverein Münster, von dem auch unter Aufsicht der
Schule das Training für unsere Schüler durchgeführt wird. Zuverlässige und körper¬
lich gesunde Schüler etwa ab OMI können Mitglieder der Ruderriege werdeh und
mit einem ersten leichten Training beginnen. Mit einigen Booten der älteren'Schü¬
ler werden wir in diesem Jahr zum ersten Mal on Schülerregatten teilnehmen.
Die Basketballspieler bilden die jüngste Sportgruppe an unserer Schulet Das
Basketballspie! hat in den letzten Jahren einen ungeahnten Aufschwung genoin
und  erfreut  sich  auch  an  unserer
Schule besonderer Beliebtheit. Vorgesehen sind
Wettspiele gegen die anderen Schulen Münsters und die Teilnahme an der Bonner¬
kampfrunde.

m e n

Das Schulsportfest wird Anfong Juli statttlnden. Wie in den früheren Jahren
werden am Vormittag von allen Schülern unserer Schule die Übungen der Bündes-
jugendspiele im Kampf um Punkte und Urkunden betrieben. Der Nachmittag bleibt
den Wettkämpfen und Darbietungen der Besten Vorbehalten. Mit besonderer Span¬
nung darf man dem Vergleichswettkampf, der für diesen Tag mit dem Gymnasium
Castrop-Rauxel vereinbort worden ist, entgegensehen. Die Besten aus beiden Schu¬
len kämpfen in den Übungen des Bannerkampfes gegeneinander. Für beide Schulen
bietet sich damit eine gute Gelegenheit, ihre Bannerkampfmannschaft zu erproben
und sie danach endgültig aufzustetien.
Auch in anderen Disziplinen soll die sportliche Freundschaft mit dem Gymnasium
Castrop-Rauxel gepflegt werden. Inzwischen hat im November ein Fußballspiel
der beiden Schulmannschaften stattgefunden. Durch einen 5:2-Sieg haben unsere
Jungen die Niederlage von 1951 wettgemacht. Das Rückspiel in Castrop-Rauxel
ist auf die letzte Woche vor den Osterferien festgelegt.
Der Beginn eines neuen Schuljahres bedeutet für jede Schülervereinigung mehr
oder weniger einen neuen Anfang. Das gilt ganz besonders für die Wettkompf-
gruppen. Ältere Schüler, und das sind zumeist die erfahrenen Könner, die Stützen
der Mannschaft, haben die Schule verlassen; jüngere melden sich nur zögerrd, da
sich den Anforderungen noch nicht gewachsen fühlen. So dauert es seine Zeit,
bis die Lücken geschlossen sind und die ersten Erfolge des Trainings sichtbar
stille Genugtuung, wenn es ihm gelingt, die
den.  Dem  Turnlehrer  aber  bereitet  es
körperliche Kraft und Gewandtheit seiner Schüler zu fördern, Freude und Begeiste¬
rung zu wecken und nicht zuletzt das Erleben der Gemeinschaft und des Wett¬
kampfes  zu  vermitteln.
H i

w e r

s i e

-

2 2

I

�1928

Austermann, Müller,
A.  Stuttmann,
Sander,  Rühr;
Tiurnlehrer  Tilly,
Walter,  Kumbrink,
H.  Stuttmann,
Dr.  Sie'hoff;
Prinz  L.  zu  Sayn-
Wittgenstein-
Berleburg,
Auf  der  Heide,
Lütke-Twenhöven

Drei  erfolgreiche
Handball¬
mannschaften  des
Schlaun-Gymnasiums

1 9 5 3

Welp,  Wendt,
Haverkamp, Nietsche,
Hagedorn,  Wiegard,
M a s c h k e

1962

in der Grugahalle

in  Essen

Hegerding, Müller,
Grindel,  Iserloh,
Merten,  Wessel-
Therhorn,  Stud.-Rat
Heidtmann,  Brüning,-
Meintrup, Eichler,
Linkert,  de  Backere

�Rainer  Maria  Rilke:

Der  Paniher/

/

/

/

Erschließung einer dichterischen Aussage vom Rhythmus her

Das folgende Unterrichtsgespräch zeigt, wie ein Gedicht ganz vom Rhythmus
her erfaßt und nachvollzogen werden kann. Den Anstoß dazu gibt nicht etwa der
Lehrer, sondern der Dichter, in Vers 2,2 hat
selbst den Schlüsse! dazu geböte
Dort  heißt  es  von  dem  Panther:

e r

n .

„der sich im allerkleinsfen Kreise dreht.“

i n

Der allerkleinste Kreis ist der Punkt. Der Dichter will also, daß der Panther i
diesem Verse eine Drehung auf der Stelle beschreibt. Das erreichen wir beim
Sprechen dadurch, daß wir den genannten Vers durch eine Zäsur vor dem letzten
Wort („dreht") in zwei Sprechtakte zerlegen.
Das gleiche müssen wir natürlich, um dem einmal gefundenen rhythmischen Ge¬
setz Raum zu geben, in jedem Vers tun, so daß der Panther in jedem Vers eine
Vor- und Ruckbewegung ausführt und somit die Figur einer Acht beschreibt.’ Die
eigentliche Arbeit der Schüler besteht nun darin, die jeweilige Zäsur an die: vom
Dichter gewollte Stelle zu setzen. Auf solche Weise erleben sie in den ruhelosen
Bewegungen des Tieres unmittelbar, was der Dichter ausgesagt hat: das Wesen
des gefangenen Panthers.
Solche Arbeit im Deutschunterricht unserer Oberstufe mag zugleich zeigen, doß
es in ihm nicht einfach um Wissen geht, wie es in Literaturgeschichten zusammen-
ptragen zu werden pflegt (Der Dichter X. wurde dann und dann geboren- er
hat foipnde Werke geschrieben; ihre Motive finden sich dort und dort; man zähit
ihn selbst zu der und der literarischen Schule oder Richtung usw.), sondern urh
mittelbaren Umgang mit Dichtung, Eindringen und Verständnis, Entwicklung des'
eigenen Könnens und Erziehung zu Ehrfurcht vor dem Wort und der dichterischen
Leistung.

u n -

Und nun setzen Sie sich noch einmal mit uns zusammen auf die Schulbanl,

zu erfahren, wie heutige Jugend Umgang mit Dichtung pflegt! Was Sie hier lesen,
wurde nicht einmal, sondern immer wieder in ähnlicher Weise erprobt, mit Prima¬
nern, a-ber auch schon mit Obersekundanern. Und jedesmal zeiaten sich die jungen
Menschen bereichert und beglückt. Alle? Ja, alle.
Das Gerede von der völlig
amusischen Grundhaltung mancher Jugendlichen scheint also nur Gerede zu sein. /

u m

C A R L 

F L O R A

M Ü N S T E R

●I

MÄRMÖR  +NATURSTEININDUSTRIE

2 4

�D E R 

P A N T H E R

Im  Jardin  des  Plantes,  Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er
nichts  mehr  hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und  hinter  tausend  Stäben  keine  Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der  sich  im  allerkleinsten  Kreise  dreht,
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  um  eine  Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf —. Dann geh^ ein ß/fd hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille —
und  hört  im  Herzen  auf  zu  sein.

Schüler:

S c h ü l e r ;

L e h r e r :

S c h ü l e r :

L e h r e r ;

Ich möchte eine Vorfrage stellen. Warum trögt dos Gedicht den Untertitel
„Im Jardin des Plantes, Pons"?
Rilke hat den Panther im „Jardin des Plantes" in Poris (d. h. im Pariser Zoo)
gesehen.
Beobachtet, sagen wir besser. Rilke war geradezu ein „Märtyrer der
Beobachtung".
Er ist es Im Umgang mit dem Bildhauer Rodin geworden, dessen Arbeits-

w e i s e 

e r

mit den Mitteln der Sprache nacheiferte.

sagt -der
„Er will nichts wissen, als was er sieht. Aber er sieht alles
Dichter von der Arbeitsweise Rodins, und in einem seiner Briefe lesen
wir: „Ist nicht alles um uns fast wie nie gesagt?" Der Entdeckung der „wie
nie gesagten Dinge" galt seine Beobachtung und sein dichterisches Be¬
mühen ihrer Aussage —in diesem wie in anderen Gedichten, die er später

H.  von  der  Beeck

Fachgeschäft für Mal- und Zeichenbedarf

Münster/M/estf.

Mauritzstraße  25

Ruf  45155

2 5

�als  „Neue  Gedichte"  herausgab.  Wenn  Sie  den  „Malte  Laurids  Brigge"
kennen, entsinnen Sie sich vielleicht folgender Äußerung, die Rilkes Ar-
beitwseise und dichterische Absicht gleichfalls verrät: „Verse sind nicht,
wie die Leute meinen, Gefühle ..., es sind Erfahrungen. Um eines Verses
willen muß man viele Städte gesehen, Menschen und Dinge, man muß die
Tiere kennen, man muß fühlen, wie die Vögel fliegen, und die Gebärde
wissen, mit welcher die kleinen Blumen sich auftun am Morgen,
N a c h
diesem  „Exkurs"  aber  sollten  wir  uns  dem  Gedicht  selbst  zuwenden.

Schüler: Es geht darin um den Panther in der Gefangenschaft, der sich ruhelos

im  Kreies  bewegt.

Lehrer:

Wie würden Sie aber meinen, daß die Verse zu sprechen seien, wenn
sie die Bewegungen des Panthers im Kreise wiedergeben? So, daß jeder
Vers  eine  Kreisbewegung  wiedergibt?

Schüler:  Vers  2,2  („der  sich  im  allerkleinsten  Kreise  dreht“),  meine  ich,  legt  das

nahe.

Lehrer:

Würde sich der Panther wirklich „im allerkleinsten Kreise" drehen, wenn
der  Vers  in  einem  einzigen  Schwünge  gesprochen  wird,  ihm  also  nur
eine Kreisbewegung des Panthers entspräche?

Schüler; Neinl Es wäre dann vielmehr eine ausladende, raumweite Bewegung.: Eine

solche aber widerspräche geradezu der Aussage des Gedichtes.

Lehrer:
S c h ü l e r :  W i e  a b e r ?

Mithin müßten wir den Vers wohl anders sprechen.

L e h r e r : Wahrscheinlich müßten wir versuchen, ihn rhythmisch zu gliedern —etwa
so, wie wir es bei Goethes „Fischer" getan haben, wo durch die Gliede¬
rung  der  einzelnen  Verszeile  in  zwei  Hälften

Das  Wosser  rouscht,  /das  Wasser  schwoll,
Ein  Fischer  }saß  daran 

...

das  Spiel  der  Wellen  auf  einmal  lebendig  wurde.  Entsprechend  wollen  wir
e s  b e i  u n s e r e m  G e d i c h t 

t u n .

Schüler:  Wir  könnten  Vers  2,2  vielleicht  so  gliedern:

der  sich  /im  a/lerk/emsten  Kreise  }dreht.
Es  geht  noch  besser,  noch  sinnvoller,  überzeugender.

L e h r e r :

S c h ü l e r : 

I c h  w ü r d e  s o  m e i n e n :

der  sich 

im  allerkleinsten  Kreise 

/dreht.

Lehren  Spüren  Sie,  was  der  Panther  nun  tut?

2 6

�Schüler: Er beschleunigt in der übermäßig langen ersten Hälfte der Vej-szeile sei-
Schritt. Plötzlich aber, auf dem einzigen Worte «dreht', vollzieht
die langsamere, überraschende Gegenbewegung.

n e n

e r

usladende, raumweite Bewegung mehr wie in
Schüler:  Und  es  ist  jetzt  keine
einer Manege. Es ist die Bewegung des gefangenen Tieres auf allerklein-
sfem Raume geworden.

Schüler: Es ist, als ob der Panther beinahe auf der Stelle kreiste.

L e h r e r :

Das heißt, nun bewegt er sich so, wie der von Ihnen zitierte Vers es ver¬
langt. Wir haben nichts anderes getan, als das Wesen der Versaussage
erhellt.

Schüler: Gilt diese Art der Bewegung nur für den angeführten Vers?

2 7

�T -

i
I

L e h r e r :

Das  woüen  wir  uns  klarmachen,  indem  wir  das  Gedicht  daraufhin  Schritt
für  Schritt  befragen.

Schüler: In Vers 2,2 ist ausgesagt, daß sich der Panther das ganze Gedicht hin¬

durch  „im  a//erk/eins/en  Kreise"  dreht.

Lehrer:

Würde das spürbar werden, wenn wir die übrigen Verse so sprächen, daß
cuf  jeden  nur  eine  Bewegung  des  Panthers  in  eine  Richtung  fiele?
Schüler:  Nein!  Wohl  aber,  wenn  er  —wie  in  2,2  —in  jedem  Vers  eine  doppelte,
also eine Hin- und eine Herbewegung macht. Seine Bewegungen wü den
zugleich kürzer, ruheloser, und sie vollzögen sich, wie der Dichter es will,
„im  ol/erfelei'nsfen  Kreise".

Lehrer:  Wir  dürfen  aber  nicht  willkürlich  vergehen.  Der  Dichter  selbst  sagt  ein¬
mal: „Statt sie (d. h. die Dinge) zu Dingen meines Willens zu machen, igab
ich  ihnen  nur  ein  eigenes  Leben".  Das  wollen  wii-  bei  unserer  Arbeit  be-,
herzigen.

Schüler:  Ich  meine,  daß  sich  in  Vers  1,1  die  Zäsur  hinter  „Sein  Blick"  fast  wie  von

selbst  aufdrängt:

Sein  ßl/ck  /ist  vom  Vorüberge/in  der  Stäbe

Schüler:  Wieso  von  selbst?
■^Schüler: Wenn wir sinnvoll, also rhythmisch und nicht einfach metrisch sprachen,

erhält Vers 1,1 folgende Hauptbetonungen:

Sein  Blick  ist  vom  Vorübergehn  der  Stäbe

Das verlangt, daß wir hinter „Blick" ein wenig stauen, also so sprecien:

Sein  Blick  /ist  vom  Vorübergehn  der  Stöbe.

Schüler: Das stimmt. Wenn wir so sprechen, beginnt der Panther bei der Sta lung
mit  der  Gegenbewegung,  und  wir  erleben,  wie  die  Gitterstäbe  in  der  zwei¬
ten Vershälfte gar nicht enden wollen.

Schüler:  Wir  erleben  ferner  die  Müdigkeit  des  Panthers.

KaU eel}Ciu6 ^ennemann

H A N D O R F

D A S 

B E L I E B T E 

A U S F L U G S L O K A L 

A N 

D E R 

W E R S E

i

2 8

�L e h r e r :

Ich glaube, wir brauchen uns jetzt kaum noch ktarzumachen. wie der Pant¬
her sich am Ende des Verses verhält.

Schüler: Er dreht sich von neuem, läuft also seinen Weg nochmals zurück.
Schüler: Ich meine, daß er bei jedem Versende zurückläuft. Anders wäre die
Endstauung nicht beachtet, und die Verse bildeten keine metrische Einheit.
Läuft er den ganzen zweiten Vers in der gleichen Richtung zurück?

L e h r e r :
Schüler: Nein! Der Rhythmus verlangt auch hier eine

Gliederung des Verses, die

wohl  so  aussehen  müßte:

So  müd  geworden  /daß  er

nichts  mehr  hält.

Der Panther läuft nun wiederum hin und her. Er tut es wahrscheinlich in
jedem Vers, ebenso am Ende eines jeden Verses. Die Linie seiner Be¬
wegung bildet die Figur einer „Acht".

Lehrer: Wir  wollen  sehen.
Schüler: Vers 1,3 dürfte so zu sprechen sein:

Ihm ist, /als ob es tausend Stäbe gäbe.

Schüler: Wieder scheint —wie in Vers 1,1 —die Reihe der Stäbe nicht enden zu
wollen, ein Eindruck, der durch den Ailiterationsklang („Stäbe gäbe") noch
verstärkt  wird.
Und der Schlußvers der ersten Strophe?

L e h r e r :

Schüler:

L e h r e r ; -

Er wird kaum eine Ausnahme bilden. Schauen Sie ihn an! Zweierlei ist
.tausend Stäbe" —„keine Welf“. Wie werden wir die-
darin  ausgesagt;
ser Aussage am besten gerecht werden können?
und  hinter  tousend  Stäben  /keine  Welt.

Schüler:
Schüler: Dreimal erleben wir in der ersten Strophe die quälende Reihe der Stabe,
denen der gefangene Panther entiangläuft, um enttäuscht und lang¬
samer, fast schleppend den Versuch in der Gegenbewegung zu wieder¬
holen. Der Versuch bleibt erfolglos: es gibt für ihn „keine Welt". Daher
steht er am Strophenende still.

a

n

Schüler; Die ganze Strophe atmet Ruhelosigkeit und immer stärker werdende Ent¬
täuschung. Diese Unruhe erleben wir jeweils in der zweiten Hälfte, die
ja länger ist, also unruhiger wirken muß, bis der vierte Vers die Unruhe
überraschend in die längere erste Vershölfte verlegt und die kurze, ent¬
täuschte, müde Gegenbewegung in die zweite.
Lesen wir in dieser Weise die erste Strophe nunmehr im Zusammenhang!
2 9

L e h r e r :

�Schüler:

Sein Blick }ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, jdaß er nichts mehi hält.
Ihm ist, Ials ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben /keine Welf.

Schüler: Ich glaube, daß ich die Zäsuren für die zweite Strophe angeben könnte.

Sie  dürften  so  zu  setzen  sein:

Der weiche Gang Igeschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise Jdreht,
ist Iwie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in  der  /betäubt  ein  großer  Wille  steht.

Lehrer:

Auf diese Weise werden wir der Aussage noch nicht gerecht. Auf dem
Worte „dreht" in 2,2 kann und muß die überraschende Gegenbewe^ung
des Panthers erfolgen. Er dreht sich aber nicht auf „ist" in 2.3, noch'auf
„in  der"  in  2,4.
.Schüler: Die Worte „ist wie ein Tanz von Kraft" gehören zusammen, da sie eine

Sinneinheit bilden. Es wäre Willkür, sie durch eine Stauung trennen
wollen.

z u

her  zu  entscheiden?

Lehrer: Und wie, meinen Sie. ist die Frage der Stauung vom Schreiten des Panthers
Schüler: Von dy Bewegung her wäre vielleicht ein doppelter Einschnitt (mit ener

dreifachen Wendung des Panthers) möglich, nämlich

S O :

ist Iwie ein Tanz von Kraft Jum eine Mitte.

L e h r e r :

Haben Sie sich streng

an den Rhythmus gehalten?
Schüler: Nein! Der Rhythmus verlangt, daß wir so sprechen:
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  /um  eine  Mitte.

Den Tanz von Kraft erleben wir nämlich
in  einem

einzigen Schwünge gesprochen wird.

nur, wenn der ganze erste feil

L e h r e r : Bleibt die Frage nach der Zäsur in Vers 2,4!
Schüler: Er muß so unterteilt werden:

in der betäubt fein großer Wille steht.

S c h ü l e r :  Wa r u m :

Schüler:  Die  Worte

in der" bilden keine Aussage für sich. Aber auch v^m Schrei¬
ten des Panthers her verbietet sich hinter ihnen eine Stauur-g. da der
Gang der z^-.eiten Vershdlfte für das, was ausgesagt werden «oll, dann
viel  zu  b.wegt  wäre.
In der zweiten Strophe läßt der Dichter den Panther nicht so unruhig hin-
und hergehen wie in der ersten. Die Stauungen liegen daher gleichmäßi-

L e h r e r :

30

�ger, jeweils etwa in der Versmitte. Um so stärker tritt in Vers 2.2 die
Überraschung hervor mit der Wendung des Panthers ganz am Versende.
Schüler: In der zweiten Strophe geht es mehr um dos Wesen des Panthers, seine
„Mitte", die sich in seiner Gebärde darstellt. Wir erleben sie mdem
weichen Gang der geschmeidig starken Schritte, in der Kraft und in dem
großen Willen.

Wir wollen das im Zusammenhang der Strophe nochmals vernehmen.

Lehrer:
Schüler:

Der weiche Gang !geschmeidig starker Schritte,
der sich im o//erk/e/nsten Kreise /dreht,
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  Jum  eine  Mitte,
in  der  betäubt  Jein  großer  Wille  steht.

Lehrer: Und  nun  die  Schlußstrophe!
Schüler: Sie kündet sich durch den Einsatz „Nur manchmar als irgendwie anders¬

artig  an.

Lehrer:

Soll das heißen, daß die doppelte Bewegung des Panthers, die wir bisher

in jedem Vers miterlebten, hier zu Ende ist?

Schüler: Nein! Sie darf, meine ich, erst mit dem Gedicht selbst enden, also in 3,4.
Dieser Vers ist übrigens verkürzt. Gegenüber den fünf Hebungen aller
vom Rhythmus und
vom Metrum her betrachtet —das Andersartige, Neue. Hier verlangsamt
sich die Bewegung des Panthers und hört dann ganz auf.
Welche Zäsurvorschläge würden Sie also machen?

ufgegangenen Verse hat er nur vier. Das ist —

L e h r e r :

v o r a

Schüler:

Nur  manchma/  schiebt  jder  Vorhong  der  Pupille
sich  lautlos  auf  —.  /Dann  geht  ein  Bild  hinein,
geht Idurch der Glieder angespannte Stille —
und  hört  im  Herzen  ouf  /zu  sein.

Vers 3,3 befriedigt noch nicht.

L e h r e r :
Schüler: Er ist zu beschwingt, zu ruhelos für das, was er aussagt. Die „angespannte
Stille“ der Glieder verlangt die Stauung in der Versmitte, also hinter
„Glieder“:

geht durch der Glieder /ongespannte Stille.

Lehrer:

Wird diese Art der Versgliederung reicht auch vcwn Schlußvers her ver¬
langt?

Sch-üler: Ja. Dann erst hebt sich dieser nömlich sowohl durch seine Verkürzung
(vier Hebungen statt fünf) wie durch die Stauung am Versende als anders¬
artig und überraschend, eben als Schlußvers heraus.

31

�a b e r ?

Lehrer: W i e 
Schüler: So, daß die letzte Drehung des Panthers nur noch die Andeutung einer

Drehung ist. Sie geht völlig kraftlos zu Ende. Sie stirbt geradezu ob.

Lehrer:

S c h ü l e r :

Lesen wir nun noch einmal das ganze Gedicht in der Weise, wie wir es

uns  erarbeitet  hoben!

tausend  Stäben 

Sein  Blick  /ist  vom  Vorübergehn  der  Stöbe
so  müd  geworden,  Idaß  er  nichts  mehr  hält.
Ihm ist, !als ob es tousend Stöbe gäbe
und  hinter 
/ke/ne  Well.
Der  weiche  Gang  Igeschme;c//g  starker  Schntte,
der  s/ch  im  allerkleinsten  Kreise  !dreht,
ist  wie  ein  Tanz  von  Kraft  /um  eine  Mitte,
in der betäubt jein großer Wille steht. j
Nur  manchmal  schiebt  /der  Vorhang  der  Pupille
sich  lautlos  auf—.  /Dann  geht  ei'n  Bild  hinein,
geht  durch  der  Glieder  /angesponnte  Stii/e  —
und  hört  im  Herzen  auf  /zu  sein.

L e h r e r :

Schüler: Könnten wir nicht sagen, daß sich in dem gefangenen Panther zug eich
auch  der  Dichter  auspricht?
Die dichterische Aussage ist wohl immer auch Gleichnis unseres Leilens.
Das  haben  wir  an  vielen  dichterischen Aussagen  erlebt.  Warum  sollte
es  hier  anders  sein,  meinen  Sie!
Wir wollen das nicht ausschließen. Unser Gedicht hört jo eigentlich auch
nicht „auf zu sein", indem es endet. Seine Worte klingen nach. Es w^hnt
ihnen, wie dem Glockenerz, ein verborgenes Weiterklingen inne. Trotz¬
dem  sollten  wir  uns  zum  Anfang  unseres  Gespräches  zuröckwenden  und
uns Arbeitsweise und dichterisches Anliegen Rilkes noch einmal wach-
lufen,  um  eine  Antwort  zu  finden.  Erinnern  Sie  sich?

Sclvöler:  Der  Dichter  sagte  in  einem  seiner  Briefe:  „Ist  nicht  alles  um  uns  fast  wie
nie  gesagt?"  Der  Entdeckung  der  „wie  nie  gesagten  Dinge"  galt  seine
Beobachtung  und  sein  dichterisches  Bemühen.

Schüler: Er sagte auch: „Um eines Verses willen muß man viele Städte gesehen,
Menschen  und  Dinge,  man  muß  die  Tiere  kennen,  man  nrvuß  fühlen,  wie
die  Vögel  fliegen,  und  die  Gebärde  wissen,  mit  welcher  die  kleinen  Blumen
sich  auftun  am  Morgen."

Lehrer: In  diesem  Sinne  ist  sein  „Panther"  also  ein  Bildhauerwerk  in  Worten.

Sollten wir uns damit nicht begnügen können?

C.  H.

3 2

�Geschichte als Mittel zur staatsbürgerlichen Erziehung

Den folgenden Beifrag schrieb nicht etwa ein Zeitgenosse, son¬
dern ein Mann, der vor rund'-hundert Johren lebte: Johann Hin-
rich Wiehern (1808 —1881). Sein Name ist unlösbar verbunden
mit dem „Rauhen Haus" in Horn bei Hamburg und der Lösung
der sozialen Frage auf christlicher Grundlage. Was er über die
politische Bildung schrieb, kann auch heute noch in seinem gon-

z e n

Umfang Geltung beanspruchen.

z

u

Für die gedeihliche Erziehung in unseren Tagen ...scheint es mir unerläßlich
nolA'endig, in ihnen ...wieder ein geschichtliches Bewußtsein zu begründen und
-j beleben und allezeit frisch zu erhalten. Denn das Leben hat eine Geschichte,
und diese trägt in sich eine unvergleichliche Kraft, die 'Keime eines neu entstehen¬
den Lebens segensreich zu befruchten und den Menschen Ober sich selbst zu ver¬
ständigen und ihm zur richtigen Wertschätzung der ihn bedingenden Verhältnisse
zu  verhelfen.
Es -kommt bei der Geschichte ebenso sehr auf die zweckmäßige Begrenzung
des Mitzuteilenden als auf die Anerkennung der Notwendigkeit dieses Unterrichts¬
zweiges an. Die letztere kann niemand bestreiten, der dem Gange der Entwicklung
unserer Zustände auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenkt; die politischen,
die allgemein kirchlichen, die konfessionellen und sozialen Bewegungen unserer
Zeit greifen unaufhaltsam und tief auch mitten in die Kreise der Gesellschaft hinein,
die vor einem Jahrzehnt noch fast unberührt davon geblieben waren. Zeitungen,
Volksblätter ..., die begierig von allen Ständen gelesen werden, setzen dieses
geschichtliche Bewußtsein teils als ein gesundes voraus, teils machen sie geschicht¬
liche Personen zum Gefäße ihrer Ideen und gebrauchen sie beliebig nach ihrem
Zweck ... Die Erziehung der Jugend hat darum unter ihren Aufgaben die eine
mit an die Spitze zu stellen, daß der Jugend wieder zum Respekt vor der Ge¬
schichte verhelfen werde, damit sie um so leichter der Gefahr entg^e zu wähnen,
daß die Geschichte erst mit diesem Geschlecht anfange und von ihm wenigstens
beinahe bis ans Ende gebracht werden könne. Nichts schützt sicherer vor den
nd die Bescheidenheit, welche von der Ge-
„fertigen  Menschen"  als  der  Ernst
schichte gelehrt wird.

Sind Just und Werner in Lessings „Minna von Bernhelm

nur lustige Figuren?

Oer  oberflächliche  Leser  von  Lessings

.Minna von Bernhelm" ist geneigt, diese
ihn  bitten,  die  Auftritte,  in
'Frage sogleich zu bejahen. Aber vorher sollte
denen Just und Werner erscheinen, genauer zu studieren.
Gewiß, ich räume ein, daß es in den ersten beiden Auftritten so aussieht, als
wollte uns der Dichter während des ganzen Stuckes in Just nichts anderes als einen
3 3

m a n

�lustigen, vielleicht sogar beschränkten Tölpel vorführen. Aber schon in den folgen¬
den  Auftritten  schv/ächt  sich  dieser  Eindruck  ab.  Obv/ohl  Just  noch  immer  auf  Rache
sinnt und, wie er selbst sagt, „vor Bosheit erstickt", zeigt es sich, daß er zugleich
sehr  vernünftig  reden  kann. Als  ihm  der  Major  nämlich  seinen Abschied  geben
will, sehen wir ihn ehrlich entsetzt. Und was ist aus Just geworden, als er uns v/ieder
im  8.  Auftritt  begegnet?  Dieser  Mann  kann  weinen!  Als  er  dem  Major  seine  Rech¬
nung  vorlegt,  beweist  er,  daß  er  obendrein  ehrlich  ist.  In  der  Szene,  in  der  er  Fran¬
ziska schließlich seine köstliche Lektion erteilt, hat er sich unsere uneingeschränkte
Sympathie  erworben.

Auch  Werner  scheint  in  seinem  ersten  Auftritt  zwar  nicht  „ein  beschränkter
Tölpel", sondern eher ein etwas lustig-lockerer Abenteurer zu sein, der jedoch eine
gute Seele hat. „Einen reisenden Fleischerknecht" nennt ihn der Major. Zusammen
mit  Just  entwirft  er  allzu  rauhe  Pläne,  um  den  Wirt  zu  schädigen.  Er  spielt  die
Rolle eines Schürzenjägers und reizt durch seine Meinung über das Soldafenleben
zum Lochen. Aber bald zeigt er sein wahres Gesicht. Beweist nicht sein Zv/iege-
spräch mit dem Major, wessen er im Grunde fähig ist? Er hat sein Gut vedcouft
und will dem Ma.jor das dafür eihaltene Geld geben, um ihm zu helfen. Als der
Major es nicht nehmen will, zwingt er es ihm beinahe auf und ist beleidigt, daß
er  es  nicht  nimmt.  Allein  durch  diesen  Auftritt  beweist  er  uns,  welch  feinen  Cha¬
r a k t e r  e r 

i m  G r u n d e  h a t .

Ein gutes Lustspiel zeichnet sich eben nicht dadurch aus. daß das Publikum wie
in  einer  Karnevalsstimmung  über  jedes  dumm  gewählte  Wort  in  grobes  Lachen
ausbricht.  Just  und  Werner  reizen  zwar  oft  die  Lachmuskeln.  Im  Grunde  a;ber  wir¬
ken sie ernst. Und so sind beide ernst zu nehmen: zwei echte, lebensnahe Figuren
mit viel Humor und zugleich viel Herz und Verstand.
Dieter Lenzen {UJI sa)

I

Im  Theater

Lautlos schwingen die breiten, dunkelbraunen Türflügel auf, bis sie leicht an¬
schlagen. Sie haben den Weg freigegeben in den weiten Raum des Theaters. Wie
nutzlos liegt er da: ein Körper, der darauf wartet, für Stunden zu knisterndem, feier¬
lichem  Leben  erweckt  zu  werden.  Die  schweren,  golden  schimmernden  Leuchter
verschwenden  ihr  Licht  auf  dicht  aneinandergedrängte  Reihen  blouer  Sessel.  Ein
strenges Muster hat die Wellen der Sessellehnen geordnet. Es ändert sich, wenn
ich  meinen  Kopf  drehe  oder  meinen  Standpunkt  ändere.  Bald  wird  das  Muster
zerstört sein, wenn laute, von Erwartung gespannte Menschen die Reihen besetzt
haben  und  den  Raum  mit  ihrer  Freude  füllen.

Noch  hot  niemand  den  Saal  betreten.  Alle  stehen  noch  im  Vorraum:  in  Grüpp-
chen, die sporadisch verteilt sind. Sie stehen und unterhalten sich. Es ist nichts Zu¬
sammenhängendes zu spüren wie in der Pause, in der durch das gleiche Erlebnis
ein  Gemeinschaftsgefühl  entsteht.  Das  Klingelzeichen  ertönt.  Verloren  entdecke
ich  den  ersten  Besucher  zwischen  den  langen  Sitzreihen.  Sicher  fühlt  er  sich  auch
als solcher, denn suchend dreht er sich um. Auch ich .habe meinen Platz nahe der
Tür verlassen und meinen Sitz aufgesucht.

3 4

�Zwischen zwei schlichten, zweckgebundenen Säulen, die den Balkon tragen,
erscheint der Raum verkleinert, persönlicher. Die einzelnen Grüppchen vermögen
nichts Lebendes zu verleihen. Noch ist der Raum der Stärkere.
ihm noch immer 
Nur der Vorhang lebt. Atmend schwingt er hin und her. Licht dringt unter ihm
her und läßt ahnen, wie hinter ihm die letzten Vorbereitungen getroffen werden.
NA/ie von einem großen, dunklen Insekt hängt das Brummen der Stimmen mder
Luft.
Der Saal hat sich gefüllt. V^ie eine Welle schwillt das Brummen an, wird drohend
und verebbt. Ich spüre ein Gefühl in mir wie vor einer Klassenarbe:t. Der dunkel¬
rote, mit goldenen Streifen durchzogene Vorhang ruckt an, rollt ein wenig auf,
aber gleich wieder zurück. Das Licht beginnt zu verlöschen. Das Brummen wird
schwächer, ferner. Die Muster an den Wänden verschwinden. Das schwarze Feld
der Köpfe und Schultern hat die helibau gemusterten Wellen der Sitze verschluckt.
Die Leuchtfäden der Lampen schweben gegenstandslos in der tiefen Schwärze.
Ein Strahl zuckt auf, geistert an den Sitzreihen entlang und hält eine fest. Harte,
kurze Schritte schlagen auf den Boden. Ich meine die Blicke zu sehen, die auf den
Zuspätkommenden gerichtet sind. Vorsichtig ächzt ein Sessel unter seiner Last Die
Schritte der Platzanweiserin entfernen sich, eine Tür wird geöffnet, Licht-fällt er¬
neut in den Raum. Schnell wird die Tür geschlossen.
Außer denen, die vor und neben mir sitzen, kann ich niemanden sehen. Aber

ich spüre die Anwesenheit der vielen Menschen. Es ist wie eine Ausstrahlung.

Ein Scheinwerfer blendet auf und taucht den Vorhang in gleißendes Licht. Sein
Luft. Der Vorhang verschwindet mit leisem Rollen
Kegel steht in der warmen
- j
und gibt den Bück auf die Bühne frei. Ich bin überwältigt von der Schlichtheit und
Kunst ihres Aufbaus. Die Menschen um mich herum versinken. Es gibt nur noch
Kurt Husemann (Ullsa)
die  Bühne  und  —mich.

_

. 

Gespräche mit Peter

Machen Sie sich nur keine falschen Vorstellungen von unsern Sextanernl Sexta¬
ner sind pfiffig, meistens sogar schlagfertig. Auch in Münster? Ja, auch in Münster.
Beweis? Gut, ich gebe Ihnen einen. Hören Sie den Morgengruß, den Peter mir
neulich entgegenbrachte!
Ich:  Na,  Tünnes?
Na,  Schäl?
E r :

Genügt Ihnen das? Nein? So kann ich Ihnen mit einem anderen Kurzgesprach vor
der Klasscmtür aufwarten. Gesprächspartner? Die gleichen wie oben.
Ich: No, Peter, wollt ihr noch im'mer nicht nach Hause gehen? Heute ist doch
Samstag. Da scheinen mir vier Stunden genug für solche Schwerstarbeiter wie du.

E r :

Ja, aber die nächste Stunde ist eine Deutschstunde.

3 5

�Ich; Na, und? Was steht denn auf dem Programm?
Er:
Ich:  Großartig!  Da  könnte  ich  dir  gleich  einen  passenden  Beispielsatz  verraten.

Grammatik. Akkusativobjekt und so.

Hör  zu!  „Peter  ist  ’n  ganzen  Doofen".  Was  meinst  du  dazu?

Er:

Nä,  Nvissen  Se.  Damit  können  Se  mir  nich  kommen.  Is  ja  nich  mal  richtiges

D e u t s c h .

Blutuntersuchung

Eines  Morgens  sollte  ich  zum  Arzt  kommen,  und  zwar  nüchtern,  denn  es  sollte
eine  Blutuntersuchung  bei  mir  gemacht  werden.  Als  ich  eintraf,  schlug  die  Uhr
gerade  acht.  Ich  mußte  noch  ein  wenig  warten  und  sah  mich  im  Wartezimmer  um.
iDa kam die Sprechstundenhilfe des Arztes und forderte mich auf, in das Be-
hondlungszifTHner  zu  kommen.  Ich  trat  ein  und  mußte  meinen  rechten  Arm  frei¬
machen. „Setz dich bitte auf den Stuhl!" sagte die Sprechstundenhilfe. Da bekam
ich  es  etwas  mit  der  Angst  zu  tun,  denn  ich  entdeckte  die  vielen  Instrumente  und
Spritzen,  die  auf  einem  Tisch  bereit  lagen.  Das  Fräulein  kom  auf  mich  zu  und
befahl  mir,  meine  rechte  Hand  zur  Faust  zu  ballen.  Die  Stelle,  wo  sie  das  Blut
abnehmen  wollte,  rieb  sie  mit  Alkohol  ein.  Dann  nahm  sie  eine  der  Spritzen  vom
Tisch  und  stach  sie  mir  In  die  Armvene.  Langsam  füllte  die  Spritze  sich  mit  Blut.
„Hoffentlich  nimmt  sie  mir  nicht  zuviel  weg!"  dachte  ich.

Als die Spritze gefüllt war, zog das Fräulein sie vorsichtig herous und klebte mir
ein  Pflaster  auf  die  Wunde. Aber  damit  nicht  genug.  Plötzlich  stach  sie  mir  mit
einem sehr spitzen Instrument in den Ringfinger und zog mit einem kleinen Gummi-
schlauch  drei  Giasröhrchen  voll.  Darauf  holte  sie  ein  paar  Glasscheibchen  und
tupfte  mit  ihnen  auf  den  Finger. Auch  auf  diese  Wunde  Webte  sie  ein  Pflaster.
Ich  fragte,  wann  ich  wiederkommen  müsse.  „Anfang  der  nächsten  Woche",
sagte sie. Damit war ich entlassen und konnte nach Hause gehen. Mein Magen
Rolf Eßmann (VI a)
knurrte auch schon ganz erheblich.

Erlebnis auf dem Wege zum Zahnarzt

■Eines Morgens sollte ich zum Zahnarzt gehen. Da hörte ich das Sirenengeheul
eines  Krankenwagens  und  sah,  wie  er  an  einer  Kreuzung  überholen  wollte.  Im
gleichen Augenblick hörte ich Bremsen kreischen und ein lautes Krachen, tch lief, so
schnell ich konnte, zu der Kreuzung hin und soh, daß der Krankenwagen auf einen
Personenwagen  aufgefohren  war.

Sofort bildete sich ein dichtes Knäuel von Zuschauern um die Unglücksstelle.
Beide Autos sahen ziemlich mitgenommen ous. Die beiden Insassen des 'Kranken¬
wagens waren unversehrt. Sie bemühten sich, die verklemmte Tür des Personen¬
autos  zu  öffnen.  Da  ich  sah,  daß  in  dem  Personenwagen  Verletzte  waren,  lief  Ich

3 6

�schnell zum nächsten Teleforhäuschen, um Hilfe anzufordern. Aber als ich dort
anikam, nahten sich schon zwei Krankenwagen. Der eine fuhr zu der Unglücksstelle,
der andere geradeaus weiter. So konnte ich meinen Weg zum Zahnarzt fortsetzen.
Burkihard  Neumann  (V  c}

Der  Fuchs  und  der  Hahn

Ein hungriger Fuchs streifte durch die Gegend. Es war Winte. tag. Da entdeckte
Waldrand auf einem Weidenstamm einen Hahn, der sein Gefieder glättete

a m

e r 
und  putzte.

Reineke hielt an und überlegte, wie er den Hahn wohl bekommen könne.
„Henning", sagte er schließlich mit schmeichelnder Stimme, „du sorgst wohl schon
für heute abend vor?" Henning fragte erstaunt: „Wie meinst du das?" Da lachte
Reineke und sagte: „Du weißt genau, was ich meine. Oder solltest du wirklich nicht
Was  soll  denn
wissen, was heute abend am Hofe des Königs Nobel los ist?
los sein?" wollte Henning wissen. Da fing Reineke an zu erzöhlen: „König Nobel
hat .für heute abend einen Wettstreit vorgesehen, zu dem ich die zehn schönsten
Hähne aussuchen soll. Neun habe ich schon gefunden und zu ihm an den Hof
geschickt. Jetzt suche ich den letzten. Es soll einer mit besonders schönem Gefieder
sein. Da habe ich an dich gedacht. Aber ich glaube nicht, daß du in frage kommst.
Gallin, der Hahn, ist gewiß viel schöner als du. Ich werde zu ihm gehen." Da wurde
Henning eifersüchtig. „Was?" schrie er erbost, „Gallin soll schöner sein als ich?
Du hast wohl keine Augen im Kopfe!" —„Ich kann mich geirrt haben, entschul-
Komm also von deinem Hochsitz herunter! Durch die
digel  ..
I ● L
● 
Zweige und auf die Entfernung kann ich deine große Schönheit schließlich nicht
feststellen."
Oer Hahn, der unbedingt beweisen wollte, daß er viel schöner als Gallin sei,
vergaß jede Vorsicht und flatterte herunter. Kaum aber war er unten, da sprang
der listige Fuchs auf ihn zu und biß ihm die Kehle durch. ,/Du brauchst dir keine
Sorgen mehr um deine Schönheit zu machen", knurrte er, indem er den armen
Henning bis auf die Knochen verschlang. Dann machte er sich befriedigt auf den
Heimweg.
c )

B u r k i h a r d  N e u m a n n 
Das hätte Münchhausen eriählen können ...

( V 

●
meinte  Reineke.

-

Quartaner halten es mit dem Außergewöhnlichen, Abenteuer¬
lichen, Heldenhaften. Je unglaublicher, desto besser. Sie lieben
Münchhausen und bedauern es, daß sie nicht wie Münchhausen
leben können. Warum sollten sie also nicht wei>igstens im
Schreiben mit ihm in Wettkampf treten?

Neulich schloß ich mit meinem Freunde Archibald eine Wette ab. Ich sollte

einen löwen ohne Gewehr erlegen. Dafür versprach er mir 10000 Mark.

3 7

�Also mochte ich mich auf in die Wüste, wo kein Baum, kein Strauch, einfach
gar nichts war als nur Sand. Etwa 70 Kilometer war ich schon in die Wüste hinein¬
marschiert, als plötzlich ein riesiger Löwe vor mir stand. In höchster Eile lachte
ich mir einen Ast und kletterte an ihm empor. Aber der Löwe blieb darunter stehen
und  knurrte  mich  an.  Was  tun?  dachte  ich.  Und  schon  hatte  ich  es.  Ich  stounte
Bauklötze und warf sie dem Löwen ins Gesicht, so daß er tot zusammenbrach,
was allerdings bei meiner Treffsiche.heit kein Wunder wor. Darauf kletterte ich von
meinem Ast herunter, lud den Löwen auf die Schulter und trug ihn dorthin, wo ich
ich  mit  Archibold  verabredet  hatte.  Als  ich  ihm  mein  Abenteuer  erzählte,  staunte
er und gab mir die lOCOO Mark. Wegen meiner Bescheidenheit nahm ich aiber
Klaus von der Forst {IV b)
nur  9999  Mark  an.  Den  Rest  durfte  er  behalten.

m

I I .

Ich befand mich gerade in Ceylon, um einen meiner Freunde zu besucheri An
einem schönen heißen Sommertage ging ich dort auf die Jagd. Da ich nach einer
Stunde noch nichts geschossen hotte, legte ich eine Pause ein, indem ich meine
Flinte an einen Baum lehnte, mich ein Stück davon entfernt am Rande eines: Ab¬
grundes auf einen Stein setzte und ausruhte.

Da kam ein riesiger Bär. Ich war starr vor Schreck. Indem ich mich besann,
was zu tun war, war das Ungeheuer schon so nahe an mich herangekommen, daß
ich nicht einmal mehr Zeit fand, meine Flinte zu holen. Der Bär kam näher und
näher. Meine Herren, stellen Sie sich die Lage vorl Vor mir der riesige Bär, hinter
●mir ein wohl hundert Meter tiefer Abgrund, zu beiden Seiten dichtester Wald. Was
sollte ich tun? Ich verlor den Verstond und sprang mit aller Wucht in den Abgrund.
Eine geraume Zeit herrschte tiefstes Dur>!<el um mich. Dann wurde es wieder heller,
und plötzlich sah ich das Sonnenlicht. Ja, Sie können mir glauben, ich befand mich
in Amerika, im Staate Texas. Ganz verdutzt stand ich da. Als ich wieder normal
denken konnte, lieh ich mir von einem Cowboy ein Lasso und schwang es durch
das Loch, durch das ich nach Amerika gefallen war. Droben in Ceylon verfing es
sich in einem Baum. Nun zog ich mich Stück für Stück an ihm empor und war <iach
einiger Zeit wieder dort, von wo mein Abenteuer seinen Anfang genommen ihatte.
Der  Bär  war  —Gott  sei  Dank!  —nicht  mehr  da.  So  nahm  ich  meine  Flinte  und
konnte  frohen  Herzens  nach  Hause  .zuröckkehren.  Ich  hatte  die  Gefahr  überstan¬
den und obendrein Amerika einen Besuch abgestattet, wenn auch nur einen sehr
Hans-Georg Schirmeisen (IV b)
k u r z e n .

I I I .

Zwar hatte ich schon viel von der Welt gesehen, aber wie sie von oben aus¬

sieht, wußte ich noch nicht. Wie ich das erfuhr, will ich nun erzählen.

Ich ihatte mir ein Leinentuch mitgenommen. Damit wollte ich es so machen wie
auf Segelschiffen, nur daß ich das Tuch in die Höhe hielt, um darunter zu blasen.
Ich sog also einen Vorrat von mehreren Kubikmetern Luft ein, um nicht, wenn ich
flog, Luft holen zu müssen; dadurch wäre ich unweigerlich wieder ein Stück hinab¬
gesunken. Nun blies ich die Luft unter das Tuch und begann zu steigen. Als ich bei

38

�den Wolken ankom, sefzte ich mich auf eine von ihnen und schwebte auf ihr wei¬
ter.  So  konnte  ich  fast  alle  Lander  von  oben  sehen.  Es  war  herrlich.  Unter  mir
im-mer neue Länder, Berge und Meere. Als ich aber auf meiner Wolke wieder in
die Nähe meines Heimatlandes kam, löste sie sich auf. Ich war gerade über einem
großen  See.  Ich  wäre  hineingefallen  und  ertrunken,  wenn  mir  nicht  in  letzter
Minute eine Idee gekom^men wäre. Ich nahm mein Gewehr, das ich wie immer bei
mir hotte, und fötite es mit Pulver. Dann kroch ich, nachdem ich meinen Gürtel
am Auslöser befestigt hatte, in den .Gewehrlauf. Als ich an dem Gürtel z o g ,  g i n g
das Gewehr donnernd los, und ich wurde hinousgeschleudert. Ich hatte mich
afageschossen, daß ich genou vor meiner Haustür landete. Wohlbehalten traf ich
zuhouse  ein.

s o

So war auch dies Abenteuer gut für mich ausgegangen. Aber ich muß sagen,
daß ich noch nie ein so luftiges erlebt hatte. Bruno Alllcemper {IV b)

I V.

Eines Tages war ich auf dem Felde, um Stecknadeln zu ernten. Das ist so ein
Hobby von mir. Da sah ich über mir eine Bratpfanne kreisen, die sich mit lautem
Pfeifen auf die Erde zu bewegte. Ich winkte. Daraufhin stieg die Bratpfanne aber
nach oben, anstatt herunterzukommen. So holte ich meinen Magneten, den ich
zum Einsammeln meiner Stecknodeln benutze, und hielt ihn unter die Bratpfanne,
worauf sie sich langsam wieder auf die Erde zu bewegte und schließlich neben
mir  aufsetzte.  Eine  Stimme  forderte  mich  auf,  hereinzukcmmen.  ich  trat  auf  die
Pfanne und war plötzlich —oWunder! —fast zu einem Nichts zusammervge-
schrumpft. Durch ein Loch, durch das nicht einmal ein Regenwurm hätte kriechen
können, gelangte ich in dos Innere. Dort saß ein winziger Wicht und fragte freund¬
lich: „How do you do?" Da ich das nicht verstand, fragte ich: „Was ist denn mit
deinem Schuh?" Der kleine Wicht drehte an einem Rädchen unter seiner Nase, bis
dessen Zeiger auf der Bezeichnung „Deutsch" stand,
Ich  komme  vom  Mars",
und soll auf der Erde Erkundungen einziehen. Tu mir bitte nichts!
sagte  er  nun.
Später kannst du mitkommen zum Mars, wenn du willst." Ich hätte das zwar gern
getan, aber dann wären meine Stecknodeln auf dem Felde verfault. So wünschte
ich dem kleinen Wicht eine gute Weiterfahrt und viel Erfolg bei seinen Erkundun¬
gen, kroch aus der Bratpfanne und wurde wieder normal groß. Als ich mich ober
umdrehte, um mich endgültig zu verabschieden, war die Pfanne schon so hoch,
daß 
Heinz  Brandhove  (iVb)

ich  nur  noch  winken  konnte.

V .

Es  war  an einem Herbsttage. Es hatte schon den ganzen Morgen geregnet.
Gegen Mittag endlich broch die Sonne durch die Wolken. Aber es regnete immer
noch. Da bildete sich ein großer, doppelter Regenbogen.

£i, dachte ich, du könntest eigentlich ouf diesem Regenbogen zu deiner Jagd¬
hütte reiten. Der Regenbogen fängt 'ja genau auf deinem Rasen an und hört auf
dem Berge in der Nöhe deiner Jagdhütte auf.

3 9

�Gedacht, getan. Schnell war mein Pferd gesattelt, ich schwang mich in den
Sattel und ritt den Regenbogen hinauf. Eine Weile ging alles gut. Dann wurde der
Regenbogen dünner und dünner. Schließlich hörte er ganz auf. Nur nicht unruhig
werden! dachte ich; sonst erschrickt das Pferd, und dann ist alles aus. Allein, das
Pferd hatte noch gar nicht gemerkt, daß es in der Luft schwebte. Es genoß ein¬
fach  die  Höhe  und  die  wunderschöne  Aussicht.

Soweit ging also alles gut, 'bis wir etwa um Kirchturmsböhe von dem Berge ent¬
fernt waren, wo meine Jagdhütte steht. Da flog ein Spatz so dicht an der Nase
meines Pferdes vorbei, daß es sich aufbäumte und —zu fallen begann. Was tun?
Ich knöpfte in höchster Eile meinen Mantel auf und benutzte ihn als Fallschirm
für uns beiden. So schwebten wir langsam und ungefährdet zur Erde nieder, direkt
Werner Oeding (IV b)
auf  meine  Jagdhütte  zu.

V I .

a n

m

s a m m e n 

Jn den letzten Sommerferien v*^3r ich mit einem Kreis von mehreren Jungen zu-
der Ostsee. Wir veranstalteten öfters Wettspiele untereinander. Karl,
it  dem  ich  mich  besonders  angefreundet  hatte,  verlor  meistens.  Dafür  war  er
uns Im Angeben überlegen. Besonders dann, wenn das Stichwort Rudern oder Pad¬
deln  fiel.  Das  veranlaßte  Fritz  und  Norbert,  zwei  andere  Jungen  aus  unserem
Kreise,  eine  Wettfahrt  vorzuschlogen.

Wir  liehen  uns  zwei  Zweisitzer.  Karl  wählte  mich  zum  Partner  und  verkündete
schon im voraus unseren Sieg. Mir schien dieser nicht so sicher zu sein. Mein Blick
fiel ouf die kräftigen Oberarme unserer Gegner, die uns zudem um fast einen Kopf
überragten. Dann ging es los. Nach den ersten fünfzig Metern hatten unsere Geg¬
ner schon einen solchen Vorsprung, daß sie sich leisten konnten, uns höhnisch zu¬
zuwinken. Und ihr Vorsprung vergrößerte sich weiter zusehends. Welche Blamage!
Gab  es  keinen  Ausweg?

Da soh ich vor dem Boot einen großen Fisch schwimmen. Das war die Rettung.
Blitzschnell machte ich aus der Bootsleine ein Lasso und warf es mit einem ge¬
schickten Wurf um den Schwanz des Fisches. Bei genauerem Hinsehen stellte ich
allerdings fest, daß es kein Fisch, sondern ein Seehund war. Erschreckt sauste dieser
los, so daß Karl beinahe seine Ruder verloren hätte. „Weitermachen!" rief ich
ihm zu. „Oder tu wenigstens so!"

Wie aber sollte ich den Seehund im richtigen Kurs holten? Ich überlegte. Da
sah ich knapp neben dem Boot einen Hering schwimmen, den ich im Vorübersausen
gerade noch fassen konnte. Ich band ihn an eines meiner Ruder und hielt ihn dem
Seehund vor die Nase, natürlich unter Wasser, so daß man denken mußte, ich
steuerte  mit  dem  Ruder.

Im Nu hatten wir die Boje, die zu umfohren war, erreicht. Der Seehund legte
sich so in die Kurve, daß wir beinahe aus dem Boot gefallen wären. Unseren Geg¬
nern, die wir nun rasch einholten und überrundeten, standen Mund und Nase offen
Bewunderung über Karls Ruderkunst und meine Meisterschaft im Steuern. Als

v o r

4 0

�wir dos Ufer fast erreicht hatten, schnitt ich den Seehund los, der sofort den Hering
verschlang und sich davonmachte. Karl ruderte die letzten Meter seelenruhig zum
Strand,  als  ob  nichts  Besonderes  geschehen  wäre.  Dort  wurden  wir  mit  lautem
Hallo als Sieger begrüßt.
Roland Wiff (l'V b)

V I I .

Y/ieder  einmol  war  Ich  mit  der  Verfolgung  eines  Verbrechers  beauftragt  wor¬
den.  Sein  derzeitiger  Aufenthaltsort  sollte  München  sein.  Also  fuhr  ich  nach
M ü n c h e n .

Am ersten Tage fand ich nichts Nennenswertes heraus. Am zweiten jedoch er¬
haschte mein Adlerauge den gut getarnten Holunken. Er mußte bemerkt haben, daß
ich ihn verfolgte; denn plötzlich lief er schneller und schneller und war dann mit
einem Hechtsprung in den Abwässerkanälen der Stadt verschwunden, an denen
gerade  gebaut  wurde.  Ich  machte  es  genau  sa,  wenn  nicht  besser,  nach.  Tiefe
Dunkelheit  hüllte  mich  ein.  Vor  nvir  hörte  ich  das  Keuchen  des  fliehenden  Gauners.
Da  nahm  ich  eine  der  bekannten  Wundertabletten  von  Dr.  Alois  Zahn  ein  und
sauste wie der Blitz auf den Flüchtigen zu. Schon wollte ich die Hand nach ihm
ausstrecken,  als  er  wie  vom  Erdboden  verschluckt  war.

Ratlos sah ich mich nach allen Seiten um. Da erspähte ich einen Schacht über
mir, der nach oben führte. Dank meiner einmaligen Muskeln klomm ich in Windes¬
eile nach oben. Als ich aber den Kopf aus der Öffnung steckte, kam ein Lastzug
angedonnert  und  brauste,  noch  ehe  ich  den  Kopf  einziehen  konnte,  über  mein
wertes Haupt hinweg. Allein, ich hatte schon Schlimmeres ausgehalten. Mein Schä¬
del ist so hart, daß er nicht die kleinste Wunde davontrug. Ich konnte ungehindert
W e i t e r a r b e i t e n .

Den Verbrecher sah ich gerade um eine Hausecke biegen. Mit Riesenschritten
sauste ich ihm nach, packte den Halunken am Kragen und schüttelte ihn so lange,
bis  er  bewußtlos  wurde.  Das  Abliefern  bei  der  Polizei  war  denn  nur  noch  ein
Kinderspiel.
Ulrich  Höpke  (IV  b)

Wie ich einmal der Polizei geholfen habe

I.

Eines  Tages  sollte  ich  mit  meinem  Freunde  Jochen  einen  Brief  bei  seiner  Tonte
abgeben. Das Haus der Tante lag in einer stillen Seitenstraße. Als wir dort an¬
kamen, sagte Jochen zu mir: „Am besten wartest du hier, bis ich wiederkomme."
Damit  war  er  schon  im  Hausflur  seiner  Tante  verschwunden.

In  diesem  Augenblick  sah  ich  auf  der  anderen  Straßenseite  zwei  Männer  kom¬
men.  Sie  sahen  sich  nach  allen  Seiten  um  und  traten  dann  an  ein  Auto  heran.  Mich
konnten sie nicht sehen, denn ich stand hinter einem Lastwagen. Während der eine

41

�von ihnen die Straße beobachtete, fingerte der andere am Türschloß des Wagens
herum. Zuerst dachte ich, es seien die Besitzer, die ihren Sctilüssel vergessen hatten.
Als sie aber dos gleiche an einem anderen Atuo versuchten, wurde ich neugierig
und mißtrauisch zugleich. Es fiel mir ein, daß in der letzten Zeit viele Autos in
Münster gestohlen worden waren. Das sind Autodiebe, schoß es m;r durch den
Kopf. Da vernahm ich Schritte. Um Gottes willen, dachte ich, das ist bestimmt der
Dritte im Bunde; jetzt ist e:; aus. Behutsam, um kein Geräusch zu verursachen,
drehte  ich  mich  um  und  sah  —meinen  Freund  Jochen.  Mir  fiel  ein  Stein  vom  Herzen,
„Bücken und ganz leise machen!"
flüsterte  ich  ihm  zu.  „Aulodiebel"  Gleichzeitig
„Photographierenl" gab er zur Antwort. Rich-
deutete  ich  ouf  die  beiden  Männer,
tig, ich hatte ja meinen Photoappa.at bei mir. Ra:ch stellte ich Blende, Belichtung
und Entfernung ein und knipste ein halbes Dutzend Aufnahmen herunter.

Da  heulte  der  Motor  auf.  Die  Diebe  fuhren  wie  rasend  in  dem  gestohlenen
Wagen davon. Gleichzeitig wurde es in dem gegenüberliegenden Hause lebendig.
Man hotte also endlich etwas gemerkt. Ein Herr stürzte heraus. Wir fragten ihn,
cb ihm das Auto gehöre. Er nickte, und wir berichteten ihm atemlos, was wir be¬
obachtet und wie wir die Diebe photographiert hatten. „Kommt schnell mit nach
oben!" sagte der Herr, ,,-lch bin Berufsphotograph jnd werde die Bilder entwickeln.
Vorher  ober  muß  ich  die  Polizei  anrufen".

So geschah es. Drei Tage später wurden die Gauner verhaftet, und wir teiden,
Jochen und ich, bekamen von dem Eigentümer des Autos eine schöne, stc ttüche
(IV b)
Beloihnung.

Jürgen  Buir

I I .

Neulich fuhr ich von der Schule aus nicht nach Hause, sondern zum Hofe meines
Onkels in Alverskirchen. Ich sollte doit das Vieh besorgen und das Haus hüten,
da Onkel und Tante mit dem Wagen fortgefahren waren. Eine bestimmte Tür war
für mich offen geblieben. So hatte der Onkel mit mir vereinbart. Auf dem Wege
freute ich mich schon auf das schöne Schinkenbutterbrot, das für rrtich bereitlie¬
gen  würde.

Als ich jedoch in das Haus kom, war es mir, als ob jemand im Wohnzimmer
wäre. Sollte der Onkel doch nicht gefahren sein? Das konnte ich nicht glauben,
ich öffnete die Tür. Da saß ein mir völlig freirvder Mann om Schreibtisch ur>d han-
Tag!" sagte ich. Ganz verdutzt und überrascht scheute der
tierte  daran  herum,
Ich  muß  hier
fremde  Mann  auf  und  stotterte:
Nicht nötig", antwortete der Mann und versuchte eine lächelnde
e i n h ü t e n .
Dies  Amt  hat  der  Bauer,  mein  Vetter,  mir  nömlich  heute
Miene  aufzusetzen,
morgen übertragen, als ich zufällig bei ihm war. Du kannst nach Hause fohren und
spielen. Auf Wiedersehen!"

W-a-s  willst  du  denn  hier?

So schnell nicht, dachte ich. Denn ich gioubte ihm kein Wort, da er sich im
ersten Augenblick so verwirrt benommen hatte,
ist  denn  Onkel  Otto  weg-
gekommen?" fragte ich deshalb, um ihn zu prüfen. Mein Onkel heißt nämlich
4 2

Wie 

�Große Freude herrsdife bei den Kleinen (V b) über die Ballons, die ihnen

Athener  Schule  geschenkt  wurden

v o n 

e i n e r

nicht  Otto,  sondern  Hans,
Ganz gut", erwiderte er. Er ahnte also nicht, daß ich
ihn domit ertappt hatte. „Schön", sagte ich, „dann werde ich erst noch mein Schin-
kenbutterbrot essen, das in der Küche auf mich wartet, und dann gehen." Ich sagte
das natürlich nur, um Zeit zu gewinnen, weil ich nicht recht wußte, was ich mochen
sollte. Sollte ich meinen Onkel oder lieber die Polizei anrufen? Die Nummer des
Onkels wußte ich nicht; die Nummer der Polizei aber war mir geläufig.

„Weißt du zufällig, wo der Schlüssel zum Schreibtisch liegt?
u n t e r b r a c h  m i c h
der AAann. „Otto sprach heute morgen von einem spannenden Buch, das im Schreib¬
tisch liegen soll. Leider hat er vergessen, es mir herauslegen."
Von einem Schlüssel wußte ich zwar nichts. Aber ich sogte;

Du  weißt  doch.
daß Onkel Otto ein besonders vorsichtiger Mann ist. Den Schlüssel hot er in die
Tenne gehängt, an die erste Stalltür links von hier. Da kannst du ihn dir holen."
Als der Mann aufgestanden war und über die Tenne ging, um den ScNussel
Wolfgang Schmeken (IV b)

zu  suchen,  lief  ich,  so  schnell  ich  konnte,  zum  Telefon,  um  die  Polizei
ständigen.

z u 

v e r -

4 3

�Ein zerbeulter Topf

Sextaner  und  Quintaner  schreiben  ihre  kleinen  Erlebnisse  meist
ganz naiv und ohne Reflexion nieder: „Wie ich (wir) einmal.. /'
oder  „Was  einmal..."  Wenn  sie  sich  dobei  an  die  Wirklich¬
keit halten und nicht übertreiben, Einzelheiten bringen und schon
einen gewissen Höhepunkt zu setzen wissen,, daß die Haupt¬
sache von dem Leser auch als Hauptsache nachempfunden wird,
so ist dos schon eine echte Leistung für kleine Sch'eiber.
Von  einem  Untertertianer  erwartet  der  Leser  aber  mehr.  Wenn
er schildert, soll er weder ins Erzählen geraten noch die äußere
Eischeiunngsform der Dinge oder den Ablauf von Geschehnis¬
sen  einfach  sachlich-nüchtern  festsrellen.  Das  wäre  trocken  und
uninteressant,  und  man  würde  es  ohne Anteilnahme  aus  der
Hand legen. Er soll seinen Gegenstand vielmehr für das Gefühl
vergegenwärtigen und das Ganze zu einem lebensvollen Bilde
werden  lassen.  Dazu  gehört  aber  —als  Voraussetzung  ge¬
naue Beobachtung und Beschreibung dessen, was er gestalten
will. Und nun zwei Beispiele für eine solche Art der Gestaltung.

Ich gehe die knarrende Kellertreppe, eine Holztreppe, hinunter und tast^ nach
dem Lichtschalter. Da stoße ich mit dem Fuß gegen etwas Hartes, und im gleichen
Augenblick poltert das Ding die Treppe hinunter.

Vor Schreck vergesse ich, das Licht anzumachen. Aber durch das niedrige Keller¬
fenster fallen einige spärliche Sonnenstrahlen. Sie heben das rätselhafte Etwas in-
eine schwache Beleuchtung, so daß ich wenigstens seine Umrisse zu erkennen ver¬
mag. Das Ding scheint rund zu sein und etwa so groß wie der Kopf eines Menschen.
Da kriege ich es mit der Angst. Hätte ich doch nur das Licht angemacht! denke
ich, indem ich nach dem Ding greife. Es fühlt sich kalt und hart an. An seinen Seiten
sitzen zwei ohrenartige Gebilde. Ich fühle seine nassen, kalten Wände. Ich fasse
in das Innere: es ist -hohl. Vorsichtig gehe ich mit dem Ding zum Schalter Zurück
und knipse das Licht an. Da sehe ich, was ich in der Hand halte: Mutters alten
Kochtopf.  Er  sieht  furchtbar  zerbeult  aus.  Ich  stelle  Ihn  an  seinen  Platz  auf  der
Treppe zurück. Mag der nächste es genau so mit der Angst kriegen, denke ich,
wenn er in den Keller geht und das Licht anzuknipsen vergißt.
Hans-Heiner  Hehler  (Ullla)

II.

Auf einem alten Baugrundstück suche ich mit einigen Freunden nach Brennholz
für  ein  Feuerchen,  das  wir  machen  wollen.  Da  entdecke  ich  zwischen  Unkraut,  Ge¬
rümpel  und  Dreck  etwas,  was  ganz  silbrig  schimmert.  Vielleicht  etwas  für  unser
Feuer? Ich gehe näher heran. Es ist etwas Rundes, mit einem dunklen Punkt in der
Mitte. Sieht aus wie ein Sturzhelm, denke ich, drehe das Ding um und stelle fest,
daß es ein alter, verbeulter Aluminiumtopf ist. An seinem verdickten Rande kleben .
zwei dicke, schwarzglänzende Griffe. Der eine ist schon etwas locker. Das Innere
ist dunkel, undefinierbar. Es schimmert nicht so schön silbrig wie sein Äußere:;.

4 4

�Ich hebe den Topf hoch und halte ihn mit dem Boden gegen die Sonne. Nun
weiß ich, warum seine früheren Besitzer ihn weggeworfen haben. Durch eine Un¬
zahl winziger Löcher fällt Sonnenlicht. Es sieht aus, als seien es Sterne.

Kann  dich  leider  auch  nicht  gebrauchen,  denke  ich,  gebe  ihm  einen  Fußtritt
gegen  seinen  verbeulten  Rand,  daß  es  sich  an'hört  wie  das  Geräusch  von  einer
billigen  Blechtrommel,  und  scheppernd  sehe  ich  ihn  Ober  Steine  irgendwo  Im
Ünkrautgestrüpp verschwinden.
Wolfgang  Blanke  (Ullla)

Nur  eine  Heftzwecke

Hier  handelt  es  sich  um  die  gleiche Art  der Aufgabe  wie  bei
dem  Thema:  Ein  zerbeulter  Topf.
Der  zu  schildernde  Gegenstand  —eine  Heftzwecke  —ist  nur
viel  kleiner  und  unscheinbarer,  ein  Nichts.  Und  so  meint  man
zunächst, daß sie kaum der Beachtung wert sei. Was kann man
schon von einer Heftzwecke sagen? Wie sie trotzdem für das
Gefühl vergegenwärtigt und ihre Schilderung zu einem lebens¬
vollen  Bilde  werden  kann,  wenn  man  es  nur  richtig  anpackt,
das  mögen  die  folgenden  zwei  Beiträge  zeigen.

I.

I I .

Fröhlich pfeifend ging ich in den Keller, um für meine Mutter Kohlen herauf¬
zuholen. Ich knipste die Kellerlampe an, mußte aber sofort die Augen wegen des
grellen Lichtes schließen, das mtr entgegenblendete.
Da sah ich ein blitzendes Etwas hinten vor unserer KellertOr liegen. Es sah aus,
als spritzten immer neue kleine Blitze von ihm her durch den Raum. Geldgierig,
wie  ich  bin,  dachte  ich  sofort  an  ein  Fünfmarkstück  und  freute  mich  schon.  Als  ich
aber nöher herankam, sah ich mich in meiner Erwartung getäuscht. Das Ding, das
dort lag, war nichts weiter als eine kleine, unscheinbare Heftzwecke.
Ich legte sie mit der flachen Seite auf meinen Daumen. Ihre golden schimmernde,
kerzengerade Spitze stand drohend wie eine kleine Lanze nach oben. Ich drehte
die  Heftzwecke  um.  Da  hatte  sie  die  Form  eines  kleinen  Pilzes.  Wie  seltsam  schön
ein so kleines, unscheinbares Ding doch sein kann, dachte ich, steckte sie zu meinen
vielen  anderen  Schätzen  in  die  Hosentasche  und  machte  mich  an  die  Arbeit.  Ich
hatte  ja  Kohlen  holen  sollen.
Peter  Belfrop  {Ulli  a}

An einem dunklen Regentage ging ich über die Straße und sah den spitzen
Dorn einer Heftzwecke aus einer .Fuge zwischen zwei Pflastersteinen hervorstehen.
Mir  fiel  sofort  der  Unterschied  zwischen  der  glänzenden  Spitze  und  dem  ver¬
schmutzten, stumpf wirkenden Köpfchen auf. Von den vielen Autoreifen, die dar¬
übergefahren waren, war die Spitze blank gescheuert und der Kopf in den Schmutz
gedrückt und fast unkenntlich gemacht worden.
Ich nahm den kleinen „AAetallpilz" in die Hand —vorsichtig, um nicht gestochen
zu  werden  —und  trug  ihn  mit  mir  nach  Hause.  Dort  putzte  ich  ihn  und  ließ  ihn
in der Sonne schimmern. Das Stielchen warf einen winzigen Schatten auf die Un¬
terseite  des  Kopfes. Als  ich  den  Finger  über  die  Unterseite  hielt,  reflektierte  sie

4 5

�einen goldenen Schein ouf ihn. Zuletzt legte ich die Heftzwecke unter eine Lampe.
Da  nahm  sich  das  kleine  Schirmchen  noch  hübscher  aus.  Es  war  wie  ein  goldenes,
durchsichtiges. Rad, durch das eine goldene Achse ging.
AsiTfuth Körtel (Ulli a)

Wir  bekommen  eine  Klassenarbeit  zurück

Cinmol  kam  unser  Engliischlehrer  mit  einem  geheimnisvollen  Löcheln  in  die
Klasse. Seine Tasche war ungewöhnlich dick. Er konnte sie nur mit einem kräftigen
Schwung auf das Pult heben. Er öffnete die Mappe und —nahm die Klassenatbeits-
hefte  hervor.  Ich  bekam  einen  ziemlichen  Schrecken.  Erst  w-urde  der  verbesserte
Text  diktiert,  dann  wurden  die  häufigsten  Fehler  besprochen,  danach  kam  der
spannendste Augenblick: die Hefte wurden zurückgegeben.

Mein Nachbar zur Linken trommelte aufgeregt ouf die Bank, hielt die Luft an
und  murmelte  etwas  vor  sich  hin,  was  ich  nicht  verstand.  Ein  anderer  öffnete  und
schloß den Mund im Takt und zwinkerte mit den Augen. Manche saßen, den Kopf
in die Hönde gestutzt, da und schreckten alle paar Sekunden hoch, um dann wieder
in  ihre  alte  Stellung  zurückzusinken. Andeie  wollten  ihre Aufregung  nicht  sehen
lassen; sie saßen zurückgelehnt und mit gefalteten Händen da und ließen alles
scheinbar teilnahmslos über sich ergehen. Wenn man ober auf ihre Beine guckte,
so  sah  man,  daß  sie  hin-  und  herpendelten.

Nun  bekam 

ich  mein  Heft. 

in  der  Brust.
Zuerst  ließ  ich  es  vor Aufregung  fallen,  dann  blätterte  ich  mit  nervösen  Fingern
darin herum, schließlich konnte Ich ein „Befriedigend" darin entdecken. Ich schloß
das  Heft  und  war  zufrieden.

Ich  hatte  ein  beklemmendes  Gefühl 

Und die anderen? Oie einen schmunzelten, indem sie ihr Heft begeistert hin-
und herschwenkten. Die Pechvögel trugen Ihr Schicksal mit Fassung oder starrten
traurig vor sich hin; ihre Enttäuschung war groß. Sie werden sich das nächste Mal
Klaus Weber (OM sa)
mehr  anstrengen  müssen.

Aix-en  Provence

Erste  Eindrücke  von  einer  französischen  Universitätsstadt

In  Deutschland  hatte  es  bei  meiner Abfahrt  leicht  geregnet.  Die  Schweiz  lag
tief  verschneit,  über  der  Provence  jedoch  stand  eine  große  rote  Sonne,  die  in
wenigen  Minuten  hinter  der  „Qiaine  de  l’Etoile"  verschwinden  würde.  Die  flim¬
mernde Luft hätte mich leicht glauben lassen können, es gehe einer der ersten
heißen Frühlingstage zu Ende. Allein in den mächtigen Platanen der Alleen sorg¬
ten  Baumschneider  dafür,  daß  ihre  iKronen  den  Gästen  der  kleinen  Straßencofös
im nächsten Sommer noch mehr Schatten spendeten als im vergangenen. Das deu¬
tete  darauf  hin,  daß  auch,  hier  in  Aix-en  Provence  bald  Winter  sein  werde.

'Einen Augenblick hielt ich an, gleichsam um Mut zu sammeln für die letzten Kilo¬
meter, die unter Umständen lang werden konnten. Denn bier wartete nirgendwo

^ 6

�ein  guter  Freund  auf  mich,  um  mich  in  mein  neues  Leben  einzuführen.  Von  dem
Festen,  Wohfbehütefen  hatte  ich  mich  auf  das  Schwankende,  Unbestimmte,  vielleicht
Unwirkliche b€;geben. Es galt, möglichst schnell wieder festen Fuß zu fassen.

Das war leichter gedacht als getan. „Pardon, rue de Soporta, s’l vous platt",
brachte ich gegenüber dem ersten bestallten Hüter der öffentlichen Ordnung zwar
einwandfrei  heraus. Aber,  mein  Gott,  was  hatte  er  geantwortet? An  der  letzten
Tankstelle, einige Kilometer hinter Valence, hatte ich doch noch gut verstehen kön¬
nen. Nun mußte ich mir dreimal die Antwort wiederholen lassen, bevor ich begriff,
was er mir mit seinem „accent marseillois" klarzumochen suchte. Hoffentlich spra¬
chen hier nicht alle so, dachte ich, während ich im Labyrinth der Gäßchen wenig¬
stens die allgemeine Richturvg beizuibehaiten suchte. „L'ancienne Faculte, s'il vous
plaitl"  Freundschaftlich  legte  mir  jemand  die  Hand  auf  die  Schulter:  ein  etwa
sechzigjähriger Mann, ehemaliger Kriegsgefangener aus der Umgebung von Leip¬
zig. Ausgiebig erkundigte er sich nach meinem Woiher und Wohin und wollte wis¬
sen, warum ich denn ausgerechnet in die Provence gekommen sei.

Ja, warum? Würde ich antworten, die interessante Geschichte des römischen
Konsuls Gaius Sextius Calvinus und seines „Casteilum ad aquis" sei der Grund,
so wäre das zwar ein Beweis für die Qualität meines einstigen Geschichtsunter¬
richtes,  allein  der  ehemalige  Kriegsgefangene  wurde  mir  das  vermutlich  ebenso
wenig abgenommen hoben, als wenn ich gesagt hätte, es sei das traurige Schicksal
der  barbarischen  Teutonen,  das  mich  nach  Aix  geführt  hätte.  Vielleicht  waren
es die großen Namen, die man dieser nach Paris schönsten Stadt gegeben hat:
Athenes  du  Midi  —Mere  des  Arts  en  Occident  —Versailles  Meridional  —Cite
du Pasre Vivant. Vielleicht auch war es der ewig blaue Himmel, den Cezanne ge¬
malt und der mich hierher gelockt hatte, oder Tartarin de Tarascon mit den ibeiden
Seelen, die unaufhörlich in Streit miteinander liegen?

Wichtiger aber als all dos war für mich im Augenblick die Frage, wie ich ein

Zimmer  finden  würde.  So  fuhr  ich  weiter.

Etudiantes! Etudiantsl Hier soir les etudiants communistes nous ont empeches
de  ...,  las  ich  auf  einem  Zettel,  den  man  mir  in  die  Hand  druckte.  Ich  mußte
also  vor  der  Universität  sein.

Ooü  viens-tu?  wollte  der  Zettelverteiler  wissen.
De  Münster.
Votre fromage est vachement bon. Tu m'attends deux secondes, jusqu ace

que  j'aie  fini  mes  tractes!

Und während er seine Zettel weiter verteilte, überlegte ich, wie man das Wort
„vachement" übersetzen könne. Später erfirhr ich, daß dies unter Studenten das
Wort  ist,  welches  höchstes  lob  ausdrückt.  Aber  wo  in  aller  Welt  wurde  'bei  uns  In
Münster  ein  Käse  hergestellt,  der  so  hohes  Lob  verdiente?  Schinken,  Doppelkorn
und  Sleinhänger,  ja.  Aber  Käse?  Nun,  er  hatte  Münster  im  Elsaß  mit  meiner  Hei¬
matstadt  verwechselt.

A l

�Die Geschichte meiner Zimmersuche will ich mir ersparen. Es war eine schwie¬
rige Angelegenheit. Aber sie wurde gelöst. Und innerhalb einiger Wochen hatte
ich so viele gute Freunde gefunden, daß ich auf die Frage, wie es mir in Aix ge-
folle,  anfv»;orten  kennte:  „Ich  glpube,  daß  ich  einer  der  zufriedensten  ausländi¬
Klaus  Pöppmonn  (Abiturient  von  1958)
schen Studenten in dieser Stadt bin."

Sommertage auf der Insel Terschetling

ln  den  letzten  Sommerferien  war  ich  mit  meinen  Eltern  und  Geschwistern  auf
der Nordseeinsel Terschelling. Es war das erste Mal, daß ich das Meer sah. Wöh¬
rend der Überfahrt von Harlingen nach West-Terschelüng folgten unzählige Möven
der Föhre und fingen im Fluge die Brotstückchen auf, die von den Fahrgästen hoch¬
geworfen wurden. Obwohl es stürmisches Wetter war, wurde ich nicht seekrank.
In  unserer  Pension  wohnten  noch  andere  Kinder  in  meinem  Alter.  Ich  verstand
mich  gut  mit  ihnen.  Hinter  dem  Hause  war  ein  großer  Garten.  Dort  spielteh  wir
zusammen  iFußball  und  Handball.

Die meiste Zeit war ich allerdings mit meinen Eltern und Geschwistern am Strand
und  in  den  Dünen.  Ich  suchte  mit  meinem  Bruder  Muscheln,  die  für  uns  etwas  ganz
Neues  waren.  Mit  Unterstützung  meines  Vaters  bauten  wir  uns  am  Strand  von
Osterend  eine  Sandburg,  für  die  wir  angeschwemmte  Kistenbretter  verwandten.
Ich  sah  zum  erstenmal  Quallen  und  machte  nähere  Bekanntschaft  mit  ihnen.  Beim
Baden stieß ich gegen eine, die Im Wasser trieb. Ich war so erschrocken, als ich
sie  bemerkte,  daß  ich  sofort  aus  dem  Wasser  lief  und  auf  den  Strand  rannte.  Später
stellte  ich  fest,  daß  ich  große  rote  Flecken  an  meinen  Beinen  hatte,  die  heftig
brannten.  Davon  war 

ich  bedient.

●Das tat aber meiner Begeisterung von dem Meer und der Insel keinen Abbruch.
Jeden Tag gab es dort für mich etwas anderes und Neues zu sehen und zu ent¬
decken. Meinen Geschwistern ging es genau so. Daher baten wir unsere Eltern,
in den nächsten Sommerferien wieder mit uns nach Terschelling zu fahren.

Klemens Splittgerber (VI b)

Schritlleitung:
GeschäFiliciie  Leitung:
Emzohlungen;

D r u c k :

4 8

D r .  C .  H a n k e
S t u d i e n r a l  A l f r e d  H e i d t m a n n
Alfred  Heidtmann,  Konto  127  13  bei  der  Sporkoise  der  Stadt  Müntter

oder  Posfscheckomt  Dortmund  Nr.  607  55.  ●

Beiträge  und  freiwillige  Zuwendungen  für  die  Althorronschaft  werden  an
folgende  Adresse  erbeten:
Friedrich  Bexten,  Landesoberinspektor,  Münster,  Poslsdieckamt  Dortmund  .
Nr.  1282  20.
Preis  des  einzelnen  Heftes:  1,—  (für  Schüler:  0,70)  DM
Gütenberg-Drudeerei  Theodor  Bröcker,  Münster  [Weslf.),  Bergstraße  71/72

�njOjoSJte)i

Das  Fachgeschäft  für  gute  Blumenspenden!

M Ü N S T E R / W E S T 

F .

Bahnhofstr.2(EckeServatiiplatz) ●Wolbecker Str. 20

Te l e f o n  4 2 0 2 3

Warte  nicht,  ob  etwas  von  Deinem
Taschengeld übrig bleibt;
lege  sofort  etwas  auf
die  hohe  Kante.

SpoihafTnitiui})

Verkneife  Dir  kleine
Wünsche,  dann  kannst
Du Dir eines Tages
größere  Leisten!

Sparkasse der Stadt Münster

��
🖨 🚪