t 3 ( / ) < Z o I Z < X u < o V o O S T E R N 1 9 6 5 �P H O T O H A U S MUNSTER/W. nur: DRUBBEL 3 Ruf 43633 /43634 P H O T O M A K R O S C H M A L F I L M — R Ö N T G E N — P R O J E K T I O N — — P O S T V E R S A N D — T E I L Z A H L U N G — M I K R O Einrichtung vollständiger Labors für Wissenschaft und Technik E I N E S D E R Ä LT E S T E N FA C H G E S C H Ä F T E D E U T S C H L A N D S S i e W o l l e n t ä n z e r i s c h g u t a u s g e b i l d e t w e r d e n u n d somit für lange Zeit bleiben, m o d e r n i c h i h n e n e m p f e h l e d a n n m e i n e T A N Z K U R S E f ü r A N F Ä N G E R u n d F O R T G E S C H R I T T E N E Nadi Beendigung der Tanzstundenzeit sollten Sie sidi durch den Besuch d e r w e i t e r b i l d e n ! T a n z t e e s D i e s e fi n d e n s t a t t a m : M i t t w o c h Samstag und Sonntag von 16.30 bis 19.00 Uhr und 19.30 bis 22.00 Uhr v o n 1 6 . 3 0 b i s 1 9 . 0 0 U h r Ta n z s c h u l e Eugen Wichtrup 4 4 M Ü N S T E R / W E S T F . H a r s e w i n k . e 1 g a s s e 1 �Das Schlaun-Gymnasium Schulzeitung für die Schüler^ Lehrer^ Eltern, Ehemaligen und Freunde des Schlaun-Gymnasiums zu Münster (Westf.j N r. 3 1 O s t e r n 1 9 6 5 Gedanken zur Frage der Elitebildung Cffens/c/if//ch gehört die Anerkennung von Rängen zu den Urvoraussetzungen der Gemeinschaft überhaupt. * Wo der Maßstab des höheren Ranges fehlt, triumphiert die Mittelmäßigkeit und wird zur tonangebenden Tugend m/t o//en Konsequenzen, d/e s/ch darous ergeben. Die M/tte/möö/g/fei't ist um ihrer selbst willen jeder Elite feind. * ♦ Wo aber der höhere Rang vom Durchschnitt und Mittelmaß anerkannt wird, ent¬ steht mit groÖer Wohrschei’n/ichkeit em echter politischer, gesellschaftlicher und kultureller Stil. Wer Elite als Gefahr für die Demokratie ablehnt, erklärt damit die Mittelmäßigkeit als demokratische Tugend. Elite kann nur da entstehen, wo eine Gruppe hohe Forderungen an sich selbst stellt. Sie entsteht keineswegs, wenn eine Gruppe hohe Forderungen an die ge¬ sellschaftliche Umwelt stellt. Eine Gruppe, die an sich selbst hohe Anforderungen stellt, rangiert eben dadurch höher als der Durchschnitt und das Mitteimoß. Wer der Jugend nochlöutt, dem wird sie davonlaufen. Nur wer sie hoch zu for¬ dern versteht, wird die Maßgeblichen unter ihnen gewinnen —nicht für sich, sondern für die Forderung. Sie fühlen sich nicht verstanden, wenn mon immer weniger, sondern erst, wenn mon mehr von ihnen fordert. In Deutschland ist der Gedanke der Elite immer noch Gegenstand des Unbehagens. H a n s S c h o m e r u s * �An die deutsche Jugend! im freien Menschsein beginnt die Wirkkraft der gelebten, der nicht bloß ge¬ lehrten und darum angelernten Demokratie. Es fällt mir nicht ein, geschichtliche Vergangenheiten alter deutscher oder alter preußischer Geschichte zu schmähen. Wir leben aus ihr in vielen seelischen Kräften, aber wir sind, in gewandelter Welt, . nicht ihre Sklaven. Doch die junge Generation muß den aus Trümmern einer sinn¬ losen geschichtlichen Selbstvernichtung neu erbauten Staat als eigene Aufgabe be¬ greifen. Wir Alteren, die wir in den Riß traten, sind bloß Platzhalter des Wer¬ denden. Das, was wird in der gesellschaftlichen Ordnung, in der friedlichen Ein¬ gliederung Deutschlands, des gesamten Deutschlands, wird Eure Aufgabe sein. Sie verlangt Geduld und Zähigkeit, Fromm-Sein vor Gott und Freund-Sein zum Näch¬ sten, über Stamm und Stand und Konfession hinweg, Arbeitstüchtigkeit, der Arbeits¬ freude und Arbeitsstolz folgen mögen, und ein Wissen, daß In der Folge der Ahnen und Eltern, die mühsamen, doch großen Aufstieg erlebten, um tiefen Sturz zu er¬ leiden, das Vaterland, durch Euren Willen von Geschichtsschmach gereinigt, zu einem Sein freier Würde im Kreise freier Völker zurückkehre! Theodor Heuß (gesprochen bei der Abschiedsfeier für unsere diesjährigen Abiturienten} B U C H H A N D L U N G Ferdinand Scl}6ningl)- S a l z s t r a ß e 6 1 0 S c h u l b ü c h e r # T e x t a u s g a b e n ●W ö r t e r b ü c h e r # A t l a n t e n 0 J u g e n d b ü c h e r 2 �Aus dem Leben unserer Schule Das Schuljahr 1964/65 begann am Donnerstag, 9. April 1964, mit dem Schul¬ gottesdienst in der Lambertikirche bzw. Erlöserkirche. Danach versammelten sich die 863 Schüler des neuen Schuljahres auf dem Schulhofe, nahmen die ersten wich¬ tigen Hinweise für das neue Schuljahr entgegen und erhielten in ihren Klassenräu¬ men ihre neuen Stundenpläne. Den Rest des Tages durften sie ihren beendeten Osterferien zurechnen. Die eigentliche Arbeit begann erst am Tage darauf. Sie konnte nicht ganz der Lehrverfassung entsprechend vor sich gehen. Obwohl unsere Lehrer manche Stunden über die Zahl ihrer Pflichtstunden hinaus erteilten und Aushilfskräfte eingesetzt wurden, blieben doch 28 im Plan vorgesehene Stun¬ den ungedeckt und mußten ousfallen. Es waren insbesondere Turn- und Sportstunden. Da wir für unsere 27 Klassen allerdings nur eine Turnhalle haben, wäre es auch dann kaum möglich gewesen, sie in der planmäßigen Zahl zu erteilen, wenn genü¬ gend Lehrer dafür zur Verfügung gewesen wären. Im verflossenen Schuljahr wurde der Unterricht an unserer Schule von insge¬ samt 46 Lehrern erteilt (darunter 4Aushilfskräften). * Befördert wurden im Laufe des letzten Schuljahres Alfred Heidtmann, Günther Eilentrop und Dr. Fritz Scholmeyer die Studienräte zu Oberstudienräten, die Studienassessoren Gerhard Simon, Reinhard Nickisch und Dietrich Buff zu Studienräten. In das Lehrerkollegium traten ein Studienrat Dankfried Kleinschmidt, Studienassessor Hans Galen, Studienassessor Dr. Rainer Epe. Wir sprechen den Genannten unsere herzlichen Glückwünsche aus. Ausgeschieden sind Oberstudienrat Hans Gradaus, der wegen einer Kriegsbeschädigung vor der Zeit in den Ruhestand versetzt wurde. Studienrat Gerhard Herting, der zu Ostern 1965 auf eigenen Wünsch¬ en dos Gymnasium Dionysianum in Rheine versetzt wird, Studienrätin i. R. Dr. Johanna Kortmann, die seit ihrer Pensionierung weiterhin aushilfsweise bei uns tätig war, Musiklehrer cand. phil. Ekkehard Kreft. Wir wünschen den Scheidenden alles Gute auf ihrem ferneren Lebenswege. 3 �Unter Berücksichtigung der genannten Veränderungen gehören zum derzeitigen Lehrerkollegium des Schlaun-Gymnasiums: Oberstudiendirektor Oberstudienrat t / ! / U t t n S t u d i e n r a t Studienrätin S t u d i e n r a t H n 1 9 9 9 99 S t u d i e n r ä t i n Studienrat 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 t 9 9 9 9 t l 9 9 9 9 9 9 S t u d i e n a s s e s s o r t 9 9 9 9 9 A s s e s s o r i n d e s L e h r a m t e s 4 Dr. Hermann Spreckelmeyer Dr. Conrad Henke Dr. Eduard Lütgen Dr. Hugo Pottebaum Dr. Ludwig Klockenbusch E r n s t T h i e l H a n s S c h o r m a n n A l f r e d H e i d t m a n n Günther Eilentrop Dr. Fritz Scholmeyer Paul Hungerberg Dr. Albert Allerup Paula Lange , Wa l t e r O t t e Bernhard Schlüter Rudolf Hillebrand I Wilhelm Wacker (z. Z. beurlaubt) Hermann Schwerbrock U l r i c h E h r h a r d t Klaus Hagemann j D r . C h a r l o t t e G r u n a Joseph Pahl O t t o V i l l l s H e i n r i c h D ü t z A d o l f S c h e i d t Aloys Neumann Dr. Eichhorn-Eugen H o r s t P e t e r s N o r b e r t J o h a n n i m l o h Klaus Franzenburg Georg Greshake D r. E l m a r B o z z e t t i D a n k f r i e d K l e i n s c h m i d t K l a u s G r u h n G e r h a r d S i m o n R e i n h a r d N i c k i s c h D i e t r i c h B u f f K l a u s S i e b e i H a n s G a l e n Dr. Rainer Epe Gerhard Uhlig Dr. Helga Fey �Von den an unserer Schule weilenden Studienreferendaren des Ausbildungslehr¬ ganges 1963/64 wurden nach bestandener 2. Staatsprüfung zu Studienassessoren e r n a n n t : Werner Bronstering Dr. Rainer Epe Hans Ludwig Freytag Bertold Glaubitz Georg Kassat Martin Kuss Hermann Menshausen We r n e r O b s t Lothar Paul F r i e d b e r t R a a t s c h e n E r n s t S a l o m o Eckhardt Schmidt K l a u s E r d m a n n T h i e m Wir beglückwünschen die Genannten zu ihrem Erfolg. Anfang Oktober Oberwies uns das hiesige Staatliche Studienseminar Ifolgende Studienreferendare zum Abschluß ihrer pädagogischen Ausbildung: D r . R u d o l f B o m b a Kaplan Winfried Feldkamp Klaus Freckmann Wolfgong Goez Helmut Hoppe W i l h e l m K a u t z Gerhard Luczak Wilhelm Nieper * Walter Oberste Erwin Pohl Albert Saatkamp E b e r h a r d S c h m i d t D r . H a n s S ü ß m u t h E l m a r U h l e n b r o c k Friedrich-Wilhelm Vogt Reinhold Wessendorf 'J-iAche, ^lundeAifuSJitcthtä^ s t e t s g r o ß e s L a g e r i n - u n d t n A n g e I g e r ä t e n F a b r i k a t e a u s l ä n d i s c h e r dlem&AcäJk ältestes Fachgeschäft M ü n s t e r s Rothenburg 23 (gegenüber dem Aegidii-Parkplatz) 5 �Am 27. Mai hatte unser Hausmeister, Herr Wilhelm Hartmann, sein 25jähriges Dienstjubiläum, wozu Stadtverwaltung und Schule ihm ●und seiner Frau herzliche Glückwünsche überbrachten. * Die Arbeit in der Schulstube wurde wie in allen Jahren durch eine Fülle von Sonderveranstaltungen aufgelod<ert: Unsere Ol munternahm Ende April eine Studienfahrt zur Biologischen Station „Heiliges Meer" bei Hopsten. Im Juni weilte sie eine Woche lang in Berlin. Unsere beiden sprachlichen Oberprimen (Ol sa und Ol sb) folgten im Mai einer Einladung der Bundeswehr zum Besuch des Fliegerhorstes in Rheine-Hopsten. Im Januar besuchten sie die Kölner Ford-Werke sowie den Westdeutschen Rundfunk und folgten anschließend einer Einladung Bonns zum Besuch des Hauses der Deut¬ schen Einheit und des Bundestages. Im Juni verbrachte auch unsere Oll meinige Tage auf der Biologischen Station „Heiliges Meer" bei Hopsten. Im Januar folgten zwei eintägige Studienfahrten: zu den Chemischen Werken in Marl-Hüls sowie zu einem Hüttenwerk in Bochum. Unsere Ulm fuhr im Juni ins Taubertal, unsere UM min die Rhön, UM sa in den Bayerischen Wald. u n s e r e Im Juli fand die schon Tradition gewordene Fahrt einer unserer sprachlichen Unterprimen nach Orleans statt. Diesmal war es unserer Ul sa vergönnt, Orleans zu besuchen. Nach den Großen Ferien unternahmen unsere beiden sprachlichen Obersekun¬ den (Ollsa und Ollsb) eine gemeinsame Studienfahrt nach Holland. Im Dezember konnte unsere UII mdie Aluminium-Werke in Lünen besichtigen. Sie verband damit in sinnvoller Weise einen Besuch im nahen Cappenberg. Die größte Freude löste in diesem Schuljahr wohl das Schreiben des Leiters des Lycee Pothier, Prof. Soudan, aus, in welchem unser Schulchor im Namen der Stadt Orleans eingeladen wurde, bei den Jeanne-d'Arc-Felern im Mai 1964 mitzuwirken. Von den Eindrücken unserer 55 Sänger auf dieser Fahrt berichten wir an anderer S t e l l e . * Die übliche Feierstunde zum „Tag der deutschen Einheit" wurde in diesem Schul¬ jahr von den Schülern unserer Ol mgestaltet, die in höchst anchaulicher Weise von den Eindrücken berichteten, die ihnen ihre gerade abgeschlossene Fahrt In die zwei¬ geteilte Stadt Berlin (6. bis 13. Juni) vermittelt hatte. —Die Gedenkstunde zum 20. Jahrestag des 20. Juli 1944 wurde von den Schülern unserer Ol sa durchgeführt, die zugleich eine kleine Bild- und Buchausstellung anläßlich dieses Tages in einem unserer Flure zeigten. —Am „Tag der Heimat" (12. Sept.) las der Wibbeltinterpret Rainer Schepper in unserer Aula Gedichte und Prosastucke von Augustin Wibbelt. 6 �Am 25. Juni wirkte unser Knabenchor bei einem Schloßgarten-Konzert zu Gun¬ sten des Roten Kreuzes mit. Unsere Chorknaben und ihr Chorleiter, Herr Dr. Alle- rup, ernteten dabei wiederholt anhaltenden Applaus. * Am 7. Juli fand im Preußen-Stadion und auf dem Reichsbahnsportplatz unser diesjähriges Schulsportfest statt. Am 11. Juli wurden auf unserem Binnenhofe, auf dem sich die gesamte Schule versammelt hatte, die Sieger der diesjährigen Bundes¬ jugendspiele sowie unsere vorjährigen Schülerlotsen geehrt. Auf unserem Schulsportfest wurden z. T. hervorragende Ergebnisse erzielt. Fol¬ gende Leistungen sollen besonders erwähnt werden: 50-m-Lauf (Jahrg. 1952 —1954} 75-m-Lauf (Jahrg. 1950 —1951) 100-m-Lauf (Jahrg. 1948 —1949) 100-m-Lauf (Jahrg. 1947 u. ä.) Schlagballweitwurf (Jahrg. 1950) Kugelstoßen (Jahrg. 1949, 5kg) (Jahrg. 1946, 6,25 kg) (Jahrg. 1944, 6,25 kg) Weitsprung (Jahrg. 1954) (Jahrg. 1948) (Jahrg. 1947) (Jahrg. 1946) Dreikampf Rädecker, Parche, Scheele, Stratmann, Drees, Möller, Klaholz, Ströber, Beltrop, Kleinhölter, Mertens, Rottke, Schmaloer, Weikert, Lohmann, Gänsfuß, Martin Scheele, 7,2 Sek., Neuer Schulrekord 9,6 Sek. 11,4 Sek. 11,7 Sek. 10,8 Sek., Neuer Schulrekord 11,2 Sek. 11,2 Sek. 7 2 m 10,20 m 11,82 m 13,19 m. Neuer Schülrekord 4,10 m 6,00 m 6,10 m 6,20 m 6,48 m 8 4 P u n k t e Für unser Schulsportfest hatten wir die 4x 100-m-Staffel und die 3xl000-m- Staffel des Adalbert-Stlfter-Gymnosiums Castrop-Rauxel zu einem Schulvergleichs¬ kampf eingeladen. Wir gewannen die 4x100-m-Staffel, Castrop-Rauxel die 3x1000- m-Staffel. Dieser Schulvergleichskampf hat sich später als eine gute Vorbereitung für die Bannerwettkämpfe in Hagen erwiesen, auf denen unsere 4x100-m-Staffel den ersten Platz und die 3x1000-m-Staffel des Gymnasiums Castrop-Rauxel den vierten Platz erreichte. Daß unsere Schule gute Läufer hat, bewiesen auch die Schulbestenkämpfe des Bezirks Münster Nord und Ost im 08-Stadion, wo unsere beiden Staffeln (8 x50-m- Lauf, 8X100-m-Lauf) ebenfalls jeweils den ersten Platz belegten. * 7 �Ein Schüler unserer Schule endete im Laufe des verflossenen Schuljahres sein junges Leben. Es ist Rainer Hegemann, Schüler der Olli sb. Er starb am 13. No¬ vember nach kurzer, aber schwerer Krank¬ heit. An seiner Beerdigung am 17. Novem¬ ber nahmen der Direktor, mehrere seine« Lehrer sowie eine größere Abordnung von Mitschülern teil. Am 13. Juli nahmen unsere katholischen traditionellen Lehrer und Schüler an der „Großen Prozession" teil. Unsere Qberstufenbälle (SomTnerball am 21. Juli, Winterball am 26. Januar), von der SMV organisiert, vereinten Lehrer und Oberstufenschüler im Schloßgarten- R e s t a u r a n t . Am 25. Juli besuchte uns eine Schülergruppe der Nunthorpe Grammar School aus York, die mit ihren Lehrern einige Tage in unserer Stadt zubrachte. Die 22 Schüler wurden mit den sie begleitenden Lehrern in unserer Halle am Ehrenmal von Herrn Direktor Dr. Spreckelmeyer herzlich begrüßt. Unser Schulchor erfreute die G ä s t e m i t d e u t s c h e n V o l k s l i e d e r n . Auf einer Biologentagung in Hersfeld bei Kassel im Oktober wurde unserem Oberprimaner Michael Harengerd der Hörlein-Preis verliehen für seine ausgezeich¬ nete ornithologische Arbeit. 'Bernl^ard pof^LköUer U N I V E R S I T Ä T S - B U C H B I N D E R E I Rothenburg 38 M ü n s t e r Einrahmungen: Stil- und Leistenrahmungen ●Wechsei-Bildhalter B i l d e r : Gemälde ●Reproduktionen Stiche ●Lithographien ●Radierungen ●Holzschnitte G r a fi k : In der Werkstatt werden mit handwerklicher Sorgfalt angefertigt: Bucheinbände ●Urkunden ●Leder- und Pergamentarbeiten 8 �Vom 22. bis 26. Februar fand unter dem Vorsitz von Herrn Oberstudiendirektor Dr. Spreckelmeyer unsere diesjährige Reifeprüfung statt. Am 24. Februar wohnten Herr Stadtschulrat Dr. Hoß und der Vorsitzende unserer Schulpflegschaft, Herr Facharzt Dr. Badde, der Prüfung bei. Alle 52 Oberprimaner haben die Reifeprüfung bestanden. Hier ihre Namen so¬ wie die von ihnen in Aussicht genommenen Berufe: Klasse Ol sa (Klassenleiter: Studienrat Gruhn): V^illi Adams, Handorf Heinz-Ulrich Eggert, Münster Karl-Ferdinand Fricke, Münster Walter Fricke, Münster Bernd Görtz, Münster Carl-Peter Hamei, Münster Jürgen Hinz, Münster Heinz Jaeckel, Münster Klaus-Peter Kaücinski, Münster Klaus Larmann, Münster Walter Lindstrot, Münster Wolfgang Nolte, Münster Helmut Ranft, Münster Klaus Röttgering, Münster Franz-Peter Schmidt, Münster Diplom-Ingenieur Philologe V o l k s w i r t V o l k s w i r t A r z t P i l o t Physiker Volkswirt Jurist V o l k s w i r t Diplom-Ingenieur Philologe Philologe Wirtschaftsingenieur B i o - C h e m i k e r Klasse Ol sb (Klassenleiter: Stuidenrat Ehrhardt): Peter Barth, Münster Hubert Baumeister, Havixbeck Jörg Foigmann, Münster Karlfried Greuling, Münster Michael Harengerd, Angelmodde Heinrich Heidbrink, Münster Wolfgang Hesse, Münster Jürgen Köhn, Münster Gerhard Lühn, Münster Gerhard Merten, Ascheberg Lutz Mertens, Münster ,Karl-Dietmar Möller, Münster Ulrich Nagel, Munster Ingenieur Philologe Philologe J u r i s t Zoologe Volksschullehrer Marineoffizier Volkswirt Philologe Verleger Volkswirt Bau-Ingenieur A r z t ^egen6hcrg6clyc ^udyhandlimg Inhaber: Dr. Anna Lucas Münster ●Alter Steinweg 1●Telefon 44812 S C H U L B Ü C H E R ●A t l a n t e n ●W ö r t e r b ü c h e r *Das gute Jugendbuch ●Ta s c h e n b ü c h e r 9 �Der Abiturient Martin Jablonski (Ol m) erhielt für besondere Leistungen eine Buchprämie. (Rechts: Oberstudiendirektor Dr. Spreckolmeyer; Mitte: Studienrat Hagemann.) Reinhold Schapmann, Münster Christian Sezuka, Münster Wilfried Sudmann, Wolbeck Hartwig Witte, Münster Philologe A r z t A r z t A r z t Klasse Olm {Klassenleiter: Studienrat Hagemann): Physiker Physiker kath. Theologe Diplom-Mathematiker Vo l k s s c h u l l e h r e r Kybernetiker Diplom-Ingenieur J u r i s t Diplom-Mathematiker J u r i s t A r z t Philologe Diplom-Ingenieur L e b e n s m i t t e l c h e m i k e r Vermessungs-Ingenieur Kybernetiker A r z t Physiker A r c h i t e k t Straßenbau-Ingenieur Georg Althoff, Münster Hans-Georg Badde, Münster Wolfgang Bonsiepen, Münster Siegfried Eustermann, Münster Reinhard Fichtner, Münster Ulrich Garde, Borghorst Klaus-Dietrich Hagge, Münster Hans rieitgreß, Kattenvenne Martin Jabionski, Münster Ulrich Kaufmann, Münster Franz-Josef Knust, Münster Bernd Lindner, Münster Gerhard Lottes, Münster Gerhard Lux, Münster Günter Möller, Münster Manfred Plümpe, Münster Helmut Quittek, Münster Peter Schenk, Würzburg Dirk Stöver, Münster Horst-Dieter Wolters, Münster 1 0 �Abschiedsfeier für die Abiturientia 1965 Die feierliche Entlassung war auf Samstag, den 6. Mörz, gelegt. Um 9.00 Uhr fand in der Lambertikirche und in der Erlöserkirche der Gottesdienst für die Abitu¬ rienten, ihre Eltern und die Schüler statt. Um 10.30 Uhr begann die Entlassungs¬ feier. Als Gäste waren erschienen der Vorsitzende des Schulausschusses der Stadt Münster, Ratsherr Dr. Berg, ferner von der Erlöserkirche Herr Pfarrer Hilge, der Vorsitzende der Schulpflegschaft des Schlaun-Gymnasiums, Herr Dr. Badde, eine Reihe pensionierter Kollegen und viele Eltern unserer Abiturienten. Mit besonderer Freude konnte der Leiter der Schule vier Herren der goldenen Abiturientia begrü¬ ßen, die, zum Jahrgang 1915 gehörend, bereits im August 1914 ihre Reifeprüfung nach verkürzter Schulzeit ablegten, um als Freiwillige ins Heer einzutreten. Der Ein¬ ladung des Schulleiters an die „Goldenen" konnten Folge leisten die Herren Steu¬ eramtmann i. R. Böhm, Kinderarzt i.R. Dr. Sauer, Polizeioberstleutnant i. R. Spieker und Regierungsbaudirektor i. R. Middeiberg. Der Direktor fand besonders herzliche Worte des Dankes für Herrn Middeiberg für seine Verdienste als Vorsitzender des Vereins der ehemaligen Schüler des Schlaun-Gymnasiums. Als Sprecher der Silber¬ nen Abiturientia, Jahrgang 1940, der ebenfalls aus Kriegsgründen bereits 1939 die Schule vorzeitig verlassen mußte, wurde Herr Ruwe, Leitender Regierungsdirektor beim Regierungspräsidenten von Münster, begrüßt. Mit Herrn Regierungsdirektor Ruwe erschienen aus der Silbernen Abiturientia die Herren Bundesbahnoberspinktor Dabeck, Kaufmann Erdmann, Dr. med. Oberliesen, Architekt Matschke, Realschul¬ lehrer Nadirk und Kaufmann Stephan. Zur Vortragsfolge der diesjährigen Abschiedsfeier, die ganz von der Begegnung dreier Abiturienten-Generationen geprägt war, gab der Schulleiter noch folgende Erklärung; „Sicher hat es Sie, meine Damen und Herren, gewundert, die Jahre 1914 und 1939 an so betonter Stelle zu finden. Es ist nämlich ein besonderes, gemein¬ sames Schicksal, das die Abiturienten des Jahrganges 1915 und 1940 miteinander verbindet. Beide Jahrgänge waren durch den 1. und 2. Weltkrieg gezwungen, ihre Schulausbildung vorzeitig abzubrechen. Der Jahrgang 1915 legte unmittelbar nach Kriegsausbruch am 5. September 1914 die Reifeprüfung unter außergewöhnlichen Umständen ab. Der Jahrgang 1940 wurde z. T. schon im September 1939 eingezo¬ gen und auf diese Weise von einem gleichen Schicksal betroffen. Aus diesem Grunde sollte am heutigen Morgen die Schicksalsstunde von 1914 und die von 1939 in Ge¬ dicht und Lesung beschworen, die Abiturientia des Jahrganges 1965 aber an ein Wort des unvergeßlichen Theodor Heuß erinnert werden. Möge durch die Begeg¬ nung von 3Abiturientien des Schlaun-Gymnasiums, der goldenen von 1915, der silbernen von 1940 und der Abiturientia von 1965 das Band, das alle Schlaun- 11 �Der „Goldene" Jahrgang 1915 mit seinem Klosscnleiter Dr. Poelmann (späterem Direktor der Schule) im Jahre 1913 (= Obersekundo^ Schüler verbindet, fester werden und unsere Tradition im Menschlichen verwirk¬ lichen helfen!" Es darf hier mit Stolz vermerkt werden, daß der Chor der Schule, in dem dies¬ mal nicht nur die bekannten Chorknaben, sondern auch der Männerchor der Schule mitwirkten, sich seiner Aufgabe hervorragend entledigte —wie könnte es anders sein unter der bewährten Leitung von Herrn Dr. Allerup? Auch unser junges Or¬ chester zeigte, daß Herr Dr. Bozzetti erfreuliche Aufbauarbeit geleistet hatte. Dank auch an dieser Stelle allen, die an der Feier mitwirkten. In der Feierstunde selbst wurde der Augusttage 1914 gedacht durch das R.ilke- gedicht „August 1914" und das visionäre Gedicht „Grodek" von Georg Trakl aus dem gleichen Jahr. Die Situation von 1939 erstehen zu lassen, wurde von dem — künstlerisch weniger bedeutenden —Gedicht von Ina Seidel A n d e n S t r a ß e n August 1939" erwartet. Ein Zeugnis der inneren Haltung der Kriegsgeneration von 1939 aber bot der ergreifende „Kriegsbrief von der russischen Front", den ein An¬ gehöriger dieser Generation 1941 kurz vor seinem Tode als Vermächtnis schrieb in seinem Bekenntnis zum wahren und seiner Abkehr vom schuldigen Deutschland. Vor der Überreichung der Reifezeugnisse, für die in diesem Jahre eine graue Mappe mit einem Bild des Erbdrostenhofes, erbaut von Johann-Konrad Schiaun bereitet war, hielt der Direktor folgende Ansprache: , v o r - 1 2 �„Wohl selten hat ein Direktor Gelegenheit, sich an drei Abiturientien seiner Schule zu wenden, die altersmäßig 25 und 50 Jahre auseinanderliegen. Anstatt einer gelehrten Frage, einem tiefgründigen Satz oder einer schulpolitischen Gegen¬ wartskalamität hier wohlausgerüstet nachzugehen, möchte ich den beklemmenden Atem der Geschichte der Jahre 1914 und 1939 in der kleinen Weit unserer Schule aufspüren und so der Erinnerung, nicht in letzter Schwere und Ausweglosigkeit, son¬ dern in Gelassenheit ein Opfer bringen. Für unsere Abiturientia kann es noch ein sehr persönliches Bild zur Zeitgeschichte werden. Ich habe die Jahresberichte und Unterlagen der Schule mit Sorgfalt studiert, und es war mir eine große Freude, daß die Berichte der Jahre 1914/15 und 1939/40 noch vorhanden waren, während so manche andere durch die Ungunst der Verhältnisse wohl auf immer verloren sein d ü r f t e n . Der XK Jahresbericht der Oberrealschule zu Münster über das Schuljahr 1914/15 enthält außer der noch sehr einfachen übersichtlichen Lehrverfassung die Unter¬ richtsverteilung des gleichen Schuljahres und damit die Namen der Oberlehrer und Lehrer. Unter dem Direktorat von Dr. Hoffschulte waren 22 Lehrer tätig, darunter ein Professor, 12 Oberlehrer und 9andere Lehrer. Als Oberlehrer ist in diesem Jahr bereits an der Schule angestellt der spätere Direktor und Nachfolger von Dr. Hoffschulte, Herr Dr. Poelmann, ferner der spätere Oberschulrat Dr. Bohlen und der im vorigen Jahr verstorbene Oberstudienraf Ludwig Freibüter, der nach Aus¬ bruch des Krieges die sog. Liebesgabenaktion organisierte, ln 15 Klassen wurden 454 Schüler unterrichtet. Die Oberprima zählte 15 Schüler, die auf Grund des Erlasses vom 1. 8. 1914 bereits in der Zeit vom 5. bis 8. August ihre Reifeprüfung ablegten und mit dem Zeugnis der Reife zum Heeresdienst entlassen wurden. Der Jahresbericht der Städt. Oberrealschule 1914/15 enthält eine Darstellung, die in einem Jahresbericht fremdartig anmutet, die aber zeigt, wie die große Ge¬ schichte des Deutschen Reiches sich im kleinen Bezirk unserer Schule auswirkte. Der Der Krieg". Und so beginnt er: „Die Zeugniskon- Bericht trägt die Überschrift: ferenzen waren vorüber, die Herbstzeugnisse lagen schon fertig vor, als am Sams¬ tag, dem 1. August, der Mobilmachungsbefehl an Deutschlands Heer und Flotte erging. Am Sonntag, dem 2. August, rückten deutsche Truppen in Luxemburg ein! Wer konnte da noch in diesen ersten Tagen allgemeiner Begeisterung an einen ruhigen Unterricht denken! Der Ferienanfang war auf Dienstag, den 4. August, festgesetzt; aber der Kriegsstimmung nachgebend, versammelten sich Lehrer und Schüler am Montagmorgen in der Turnhalle, um nach einem jubelnden dreifachen Hoch auf unseren Obersten Kriegsherrn mit dem Liede „Deutschland, Deutschland, über alles" Abschied zu nehmen von der Schule, nach Hause zu eilen und den ins 1 3 �Der «Goldene" Johrgeng 1915, anläßlich seines Kriegsobifirrs im August 1914 Feld ziehenden Freunden und Verwandten Lebewohl zu sagenl" Zwei Stunden spä¬ ter bereits schlug das Pfadfinder-Vermittlungsamt, das unter der Leitung von Leh¬ rern der verschiedenen höheren Schulen Münsters stand, seinen Sitz in unserer Turn¬ halle auf. Der Bericht aber fährt fort: Und während sich unten auf dem Hofe und in der Turnhalle die Pfadfinder tummelten, trat im Obergeschoß bald diese, bald jene „Kommission" für eine Notprüfung zusammen, der auf Grund täglich einlaufender Verfügungen Oberprimaner, Unterprimaner, Untersekundaner und alle auswärtigen Prüflinge unterzogen werden mußten ', die teils bereits als Sol¬ daten in fernen Garnisonen eingezogen waren. Dabei waren bereits in den ersten drei Mobilmachungstagen sieben Herren des Lehrerkollegiums zu ihren Regimen¬ tern beordert. Der Bericht enthält weiter genaue Einzelheiten über die Kriegsschick- saie der Lehrer und ehemaligen Schüler. Die Seite 22 ist schwarz umrandet und enthält die Namen von 15 ehemaligen Schülern, die in der Zeit von August 1914 bis Februar 1915 ihr Leben hingaben, Angehörige der Generation von Langemarck. In diesen ersten Monaten waren vier Lehrer unserer Schule gefallen. Vom Abitu- rientenjohrgang 1915, der seine Reifeprüfung bereits im August 1914 ablegte, sind heute 4Herren anwesend. Aus der Lehrergeneration dieses Jahrgangs erfreuen sich noch guter Gesundheit: Studienrat Schmidt, der z. Z. im Sauerland weilt und den Abiturienten herzliche Glückwünsche übermitteln läßt, ferner Oberstudien¬ direktor Dr. Poelmann, der in der Nähe von Fulda wohnt, und Herr Oberschulrat 1 4 �a. D. Dr. Bohlen. Ich möchte diesen Rückblick nicht abschließen, ohne diesen Lehrern und den goldenen Abiturienten herzlichste Wünsche für ihren weiteren Lebensweg z u s a g e n . Und nun zur silbernen Abiturientia: „Das Schuljahr 1939/40 begann am 18. April mit der bekannten Flaggenehrung", wie es im Bericht der Schule heißt. 43 Lehrer unterrichteten 709 Schüler in 24 Klas¬ sen. Von den Lehrern des Jahres 1939 gehören noch heute dem Kollegium an: die Oberstudienräte Dr. Henke und Dr. Lütgen, die Studienräte Otte und Hungerberg. Der Bericht über die Wochen vor dem Kriegsausbruch läßt in seiner Nüchtern¬ heit nichts von Kriegsbegeisterung verspüren, wo doch organisierte Begeisterung zu den selbstverständlichen Haltungsbekundungen jener Jahre gehörte. Ich zitiere aus dem Bericht von Oberstudienrat Dr. Oebicke: „Der Sommer war äußerlich ruhig abgelaufen. In der Schülerwerkstatt wurde fleißig gebastelt, die astronomische Arbeitsgemeinschaft tagte auf der Sternwarte, besprach dort oben aber auch die Möglichkeit, daß der Turm eines Tages das Ziel feindlicher Flieger werden könne. Denn im Gebälk des deutschen Reiches knisterte es vernehmlich. Die Diplomaten waren sehr aktiv. Der Luftschutzbund entwickelte eine fieberhafte Tätigkeit, um Männer und Frauen im luftschutzmäßigen Verhalten bei Fliegeralarm zu schulen. Es wurden Verdunkelungsübungen abgehalten und die Einrichtung eines Luftschutz¬ kellers in jedem Hause verlangt. Trotzdem glaubte niemand an Krieg, weil er ja nur mit dem Untergang von ganz Europa enden und unermeßliches Elend über die Welt bringen würde ...Doch vorerst gingen wir in die Ferien und verlebten herrliche Tage bei schönstem Wetter. Die Zeitungen allerdings und der Rundfunk berichteten von Zusammenkünften der Staatsmänner. Der aufmerksame Beobachter bemerkte Truppenbewegungen gegen die Grenzen des Reiches. Plötzlich standen Posten an Brücken und Bahnübergängen. Auf den Dächern der Grenzbahnhöfe wurden Maschinengewehre aufgestellt ..." Der Bericht bringt noch weitere Ein¬ zelheiten und dann den einfachen Satz: „28 Schüler der 8. Klasse wurden zum Wehrdienst eingezogen". Das Schülerhauptverzeichnis enthält genau die Daten, an denen die einzelnen Schüler die Schule verlassen mußten. Die drei Klassen 8a, b und cverloren täglich Mitglieder. Nur ein kleiner Rest —14 von 42 —wurde ord¬ nungsgemäß im Frühjahr 1940 einer Prüfung unterzogen. Mit ihnen erhielten die 28, die bereits im Felde standen, das Zeugnis der Reife zuerkannt. 19 von 42 dieses Jahrganges sind m. W. im Verlauf des Krieges gefallen. Ihre Namen und ihr An¬ d e n k e n b e w a h r t i n T r e u e d a s E h r e n m a l d e r S c h u l e . Ich möchte auch der Silbernen Abiturientia des Schlaun-Gymnasiums, deren An¬ gehörige nunmehr generationsmäßig auf der Höhe des Lebens und des Schaffens 1 5 �Stehen, alles Gute für die Zukunft wünschen und sie bitten, als Schiaunschöler die Verbindung mit ihrer alten Schule zu bewahren. U n d n u n z u E u c h : Und das hat zunächst die diesjährige Abiturientia mit der goldenen und sil¬ bernen gemeinsam: Auch in diesem Jahrgang haben alle das Reifezeugnis erreicht. Der Rückblick aber, den wir aus dem unmittelbaren Bericht der Schule wagten, hat die große Schicksalsverschiedenheit der Generationen offenkundig gemacht. Wenn auch die heutige Weltstunde wahrhaftig nicht ohne ernste Gefahr ist: Sie haben jetzt noch die große Chance, ohne Bruch Ihr Leben zu leben und sich für eine Zu¬ kunft in Staat und Gesellschaft vorzubereiten, Freiheit und Verantwortung abzu¬ wägen. Wir als Ihre Lehrer können nicht voraussehen, was Sie aus Ihrem Leben machen, ob Sie es verspielen in kleiner Münze oder ob Sie in Ernst und Treue durch alle Zeitumstände hindurch um das Ewige im Menschen bemüht sind. Darf ich das Bild, das ich zu Beginn der Prüfung gebrauchte, hier wieder aufnehmen, auch wenn es altmodisch erscheint: Die Schule hat gesät. Wenn Sie sich mühen, wird der Herr die Ernte Ihres Lebens segnen. Und so möchte ich Ihnen das Zeugnis der Reife übergeben: im Vertrauen auf ein gutes Gelingen, in der Erwartung, daß Sie Ihr Bestes geben und nicht zuletzt mit guten Wünschen Ihrer alten Schule, deren Türen auch in Zukunft stets für Sie offenstehen i" 1 6 �Worte unseres Schulsprechers bei der Abiturienfen-Entiassung Wie ist das nun, wenn ihr heute da sitzt in unserer Aula und Abschied nehmt von euren Lehrern und von uns, euren Mitschülern? Seid ihr glücklich? Ihr werdet sagen: reicht haben." Das ist doch selbstverständlich, da wir ein erstes Ziel er- Soweit wird das richtig sein. Aber man könnte sich denken und man hat es sagen hören —, doß auch ein bißchen Wehmut dabei ist. Keiner braucht sich dessen zu schämen. Denn ein Stück eures Lebens ist vorüber, und ihr geht in eine Zukunft, die manchem von euch fremd, unbestimmt und vielleicht unbehaglich er¬ scheinen mag. Ihr müßt jetzt allein gehen. Eure Kameraden werden in alle Winde zerstreut, und eure Lehrer rücken euch ferner und ferner. Nehmt gute Erinnerungen mit, und vergeßt die weniger guten! Wenn der alte Charles Lamb schreibt: „Why are we never quite at our ease in the presence of aschoolmaster?" —so muß man das nicht zu ernst nehmen. Wir machen oft an¬ dere Erfahrungen. Der erste Bundespräsident wußte sich im hohen Alter noch zu erinnern an die Räume und Korridore seiner Schule, an die Figuren und Inschriften darunter. Auch ihr werdet solche Erinnerungen mitnehmen. Bewahrt, was ihr In euren besten Stunden gedacht, euch geschworen und getröumt habt! übrigens wird auch über eure Träume die Tat entscheiden. Seid nicht zu fleißig! Verhaltet euch so, wie ihr es ouf dem Schlaun-Gymnaslum gelernt habt! Der Kopf ist nicht der einzige wertvolle Teil des Menschen. Man muß auch singen können und tanzen u n d a u t o f a h r e n . Ihr wollt mit der Zeit gehen? Das ist richtig. Aber kommt von Zeit zu Zeit zurück! Wenn ihr im obersten Stockwerk angekommen seid, so vergeßt nicht, daß es auch untere Stockwerke gibt und Treppen und Stufen. Laßt mich mit einem Wort von Ringelnatz schließen: ,Die Erde hat ein freundliches Gesicht, So groß, daß man's von weitem nur erfaßt. Komm, sage mir, was du für Sorgen hast! Reich willst du werden? Warum bist du's nicht?" Thomas Abeier {UI sb) .Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind, wenn mH der Leere eurer Herzen gerechnet wirdl" N B : Obige Worte von Günter Eich standen auf der Abiturkarte unserer dies¬ jährigen Abiturientia. 1 7 �iiiiiilllii Landesbank für Westfalen Girozentrale öffentlich-rechtliche Körperschaft M Ü N S T E R / W E S T F . B I E L E F E L D D O R T M U N D Zentralbank der westfälischen und lippischen Sparkassen A U S F Ü H R U N G A L L E R B A N K G E S C H Ä F T E Abteilung der Landesbank: W E S T F Ä L I S C H E L A N D E S - B A U S P A R K A S S E i b �Ansprache des Sprechers der Abiturientia Schon beim letzten Teil meiner Anrede hatte ich Schwierigkeiten. War es rich¬ tig zu sagen: „Liebe Mitschüler?" Denn wo steht der Abiturient eigentlich? Er steht ein bißchen über den Schülern, ein ganzes Stück unter den Lehrern und ge¬ wissermaßen neben sich selbst. Er ist uneins geworden mit sich, well er dos nicht mehr Ist, was er war, und das noch nicht, was er wird. Es dauert noch eine schöne Zeit, bis er sich entpuppt zum fleißigen Studenten, zum Geldverdiener oder —nach dem Worte Wolfgang Borcherts: „Zicke Zacke Juppheidi, schneidig ist die Infantrle" — zum zickig zackigen Bundeswehr-Soldaten. Er ist für unsere Zukunft von einiger Bedeutung, der Reifezeugnisschein. Oder sollte man besser sagen: der Schein der Reife? Zwar könnte der Abiturient Geld¬ verdiener und Soldat auch ohne ihn werden. Aber —erinnern wir uns! —wie leicht könnte man einmal gefragt werden, sogar von höhergesfellten Persönlich¬ keiten: „Haben Sie überhaupt das Abitur?" Offenbar ist das Reifezeugnis in den Augen mancher ein Testat zur Satisfaktionsbefähigung auf geistigem Gebiet ge¬ worden. Große Unterschiede auf diesem Gebiet gibt es aber nicht nur zwischen Nichtabiturient und Abiturient, sondern auch zwischen Abiturient und Abiturient. Während sich der eine seine ganze Schullaufbahn hindurch vom Wohlwollen seiner Lehrer ziehen und tragen ließ, hatte der andere das nicht nötig. Der eine nutzte jede Möglichkeit, etwas zu lernen; dem anderen genügte es, wenn er allösterlich gerade versetzt wurde. Der eine stellte sich gern der Begegnung mit Ideen, gei¬ stigen Werten und Menschen; er sah auch im Lehrer einen Menschen. Der andere versuchte, Unmassen von Wissensmaterial in sich anzuhäufen; er sah im Lehrer den Wissensvermittler. Kurzum: die einen waren bessere, die anderen weniger gute Schüler, solche, bei denen die Lehrer oftmals allen Grund hatten, darüber zu klagen, daß sie ihre Perlen vor eine gewisse Art von Haustieren zu werfen h ä t t e n . Immerhin haben Sie, verehrte Lehrer, uns zu Abiturienten gemacht, wenn auch oftmals im wahrsten Sinne des Wortes „herangezogen". Es ist an dieser Stelle für den Sprecher einer Abiturientia üblich, seinen Lehrern dafür zu danken. Ich möchte das nicht tun, weil es üblich ist, sondern weil wir, wenn wir uns zurückbesinnen, erkennen, daß es eine mühevolle Arbeit war, eine Arbeit, von der mehr wir als Sie den Lohn trugen. Dank möchte ich an dieser Stelle auch unseren Eltern sagen, die uns nicht nur sieben, wie es in der Ballade vom Hemd heißt, sondern zwanzig Jahre getragen haben und auch heute noch nicht sagen: „Ich kann es nicht tragen mehr" —obwohl es trotz der 40 DM Schülergeld noch eine ziemliche Belastung des familiären Etats bedeutet, einen Studenten zu unterhalten. Ich glaube, es wäre 1 9 �der schönste Erfolg für Sie, liebe Lehrer, und für Sie, liebe Eltern, wenn wir in Zu¬ kunft den uns gebotenen Perienschmuck würdiger zu tragen vermöchten. Die äußerliche Voraussetzung bekommen wir mit dem Reifezeugnis. Es ist dabei gleichgültig, in welche der genannten Kategorien der Einzelne fällt. Der Schein macht uns nur scheinbar gleich. Er wahrt den Schein der Reife. Aber darüber, glaube ich, gibt es keinen Zweifel, daß sich keiner von uns mit dem heutigen Tage grundlegend ändern wird. Ich glaube daher: Der Schein wahrt den Schein nur scheinbar. Aber in anderer Hinsicht bedeutet dieses Datum einen wichtigen Einschnitt und —damit komme ich auf den Anfang zurück —eine wichtige Veränderung in unserem Leben: Wir sind der Schule entwachsen. Wir sind erwachsen. Wir vollziehen den berühmten Schritt ins Leben und wollen zeigen, daß wir ihm gewachsen sind. Ulrich Garde G R 0 D E K 1 9 1 4 tönen die herbstlichen Wälder Am Abend Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen Und blauen Seen, darüber die Sonne Düster hinrollt; umfängt die Nacht Sterbende Krieger, die wilde Klage Ihrer zerbrochenen Münder. Doch stille sammelt im Weidengrund Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt. Das vergoss'ne Blut sich, mondne Kühle; Alle Straßen münden in schwarze Verwesung. Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain, Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter; Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes. Ostolze Trauerl Ihr ehernen Altäre, Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz, Die ungeborenen Enkel. Georg Trakl 2 0 �e 0 ©0(5) .Ü-Si v o Ün Dukahnesel wär*e nichtschlechh Leiden sind seine Dukaten nicht echt Wen klag ist, weiß meinen l^ofteiizu wahren. Die echte GieXdxuOithevhwmXheißt: Spat'en! S B A N K Kriegsbrief von der russischen Front (Auszug) O k t o b e r 1 9 4 1 Wir wollen gemeinsam in der furchtbaren Not der Zeit an dem Geist dieses Zeitalters, an den guten Geistern, an den Werken und Worten der Meister fest- halten, diesen Blick niemals verlieren, bis endlich einmal diese Qualen ousgel/tten sind und wir in unsere geistige Heimat zurückkehren dürfen! Dann wird zwischen Blut und Tod, Eiskälte und Schlamm .... strahlend jenes Wort aufleuchten, das ungeschrieben über den Namen Herder und Lessing, über dem Zeitalter von Leib- niz bis Goethe steht, jene humoni/os, jene hohe, reine Menschlichkeit, an der ver¬ zweifelnd festzuhalten in tierischer Umgebung auch zum Idealismus des Trotzdem gehört. Verstehst Du, wie sich diese beiden Arten Idealismus, der echte und der in Anführungsstrichen, unterscheiden? Jener fordert eine ungeheure Kraft, ja etwas wie Heldentum, dieser produziert ein leicht in sich selbst sich wiegendes Pathos mit nationalen Redewendungen. Jener verzehrt uns in seiner Glut, dieser stört unser Leben nicht, lehrt uns, an ein „Für" zu glauben, das es nicht gibt. Es gibt für mich hier draußen kein „Für", nur ein „Gegen". Aber ist es meine Schuld, daß ich ge¬ zwungen falsch orientiert bin? Verflucht die Schuldigen! Harald Henry (Jahrgang 1919, gefallen 1941) C A R L M A R M O R F L O R A M Ü N S T E R i ' + N A T U R S T E I N I N D U S T R I E 21 �Am 23. Juli 1964 mußten wir unsern ver¬ ehrten früheren Lehrer und Kollegen H e r r n O b e r s f u d i e n r a t Ludwig Freibüter zu Grobe tragen. Er war in der Frühe des 20. Juli 1964 nach einem ungemein reichen und gesegneten Leben in die Ewigkeit ab¬ gerufen worden. Da er seit 1946 im Ruhestand lebte, ist er unseren derzeitigen Schülern zwar ein Fremder. Umso mehr werden jedoch un¬ sere Ehemaligen ihn in guter und dank¬ barer Erinnerung haben. Herr Freibüter war seit 1910 Lehrer an dem damals noch Oberrealschule genann¬ ten heutigen Schlaun -Gymnasium. Sein Name ist also aufs engste mit der Ge¬ schichte unserer Schule verbunden. Er u n ¬ terrichtete in Mathematik, Physik und Bio¬ logie und war einer unserer angesehensten Lehrer. In den Johren, in denen Deutsch¬ land dem Nationalsozialismus verfiel, blieb er der ihm anvertrauten Jugend ein unbeirrbares Vorbild der Festigkeit und Wahrheit. Seine Seelenstärke verdankte er wohl nicht zuletzt seinem berühmten Taufpaten Ludwig Windihorst, der seinem Täufling Ludwig Freibüter Vorbild wurde. In der Nachfolge seines Taufpaten fand Herr Freibüter Zeit und Kraft, auch außerhalb der Schule tätig zu werden. Jahr¬ zehntelang stand er an der Spitze des Diözesanverbandes der Vinzenzkonferenzen. Bis kurz vor seinem Tode war er stellvertretender Vorsitzender des Caritasverban¬ des im Bistum Münster. Bei Beendigung des 2. Weltkrieges widmete er sich insbe¬ sondere dem Aufbau der katholischen Männerfürsorge. Schließlich war er sechs Jahre lang Ratsherr der Stadt Münster und als solcher vor allem im Schulausschuß sowie auf dem Gebiete der Wohlfahrt tätig. Papst Pius XII. würdigte seine hin¬ gebungsvolle karitative Tätigkeit, indem er ihm den päpstlichen Orden „Pro Eccle¬ sia et Pontifice" verlieh. z u m „In den 36 Jahren seiner Tätigkeit Sein einstiger Kollege, unser unvergeßlicher Dr. Oebike, der 1954 v o n u n s g e - gangen ist, hot über Oberstudienrot Ludwig Freibüter folgendes niedergeschrieben: der Oberrealschule, der späteren Schlaun- Schule, hat Ludwig Freibüter recht segensreich gewirkt. Er war in erster Linie Mathe¬ matiker, in zweiter Linie Physiker und Biologe. Seine Schüler schätzten ihren Papa Freibüter sehr wegen seines grundgütigen Wesens und seines guten Herzens. Wenn- 2 2 a n �gleich sein Ton etwas laut war, war er doch nicht furcht- und schreckenerregend. Nie wurde er durch grobe Worte verletzend oder beleidigend. Aber manchen Schüler hat er durch ein ernstes und bestimmtes Wort wieder auf den rechten Weg gebracht. Im Kollegium genoß er größtes Vertrauen wie selten jemand. Er war offen, ge¬ recht und frei von jeder Menschenfurcht .... Am 1. Oktober 1927 wurde er auf einstimmigen Vorschlag des Kollegiums hin Oberstudienrat und als solcher stän¬ diger Vertreter des Direktors. Er war Meister in der Anfertigung des Stundenplanes und hat nach dem Abgänge von Direktor Dr. Poelmann die Schule geführt bis zum Amtsantritt von Direktor Dr. Eggers im August 1939. Und als dieser Betreuer aller Luftwaffenhelfer im Bezirk des VI. Armeekorps wurde, hat er die Schule bis zum Zusammenbruch des 1000jährigen Reiches geleitet." e t w a s s p a r e n etwas haben etwas sein Niemand ändert sein Leben, wenn er heute dies und morgen das be¬ ginnt, um ein paar Mark mehr zu v e r d i e n e n . V O M Z U R Ü C K L E G E N , V O M B E W A H R E N K Ö N N E N . V O M S P A R E N hängen Glück und Wohlstand ab. SPARKASSE DER STADT MÜNSTER 2 3 �Mit dem Ende dieses Schuljahres neh¬ men wir Abschied von unserem lieben und v e r e h r t e n Lehrer und Kollegen Herrn Oberstudienrat Gradaus Wegen eines Leidens, das er sich im letzten Kriege zuzog, mußte er sich vor¬ zeitig in den Ruhestand versetzen lassen. Er wor seit 1952 am Schlaun-Gymna- sium tätig, seit 1959 als Fachoberstudien¬ rat für Englisch. Er konnte nicht einmal seine letzte Ober¬ prima —die diesjährige Ol sa —ins Abi¬ tur führen, was ihm selbst wie seinen Schülern besonders schmerzlich war. Wir leben gewöhnlich der Vorstellung, daß die Folgen des 2. Weltkrieges narbt und überwunden seien. Aber an persönlichen Schicksalen werden sie immer wieder vor Augen geführt. Herr Gradaus steht in seinem 55. Lebensjahre. Er hätte noch mehr als eine ganze Schülergeneration durch die höhere Schule geleiten können. Mancher wird sich noch gern der Fahrten entsinnen, die er unter Herrn Gradaus Leitung nach Dijon oder später nach Orleans mitgemacht hat. Seiner Initiative ist es in erster Linie zu verdanken, daß der Austausch mit Frankreich überhaupt S t a n d e k a m . u n s z u - v e r - Da er z. Z. im Sanatorium Valbella in Davos weilen muß, konnten wir nicht ein¬ mal in gebührender Weise von ihm Abschied nehmen. Wir hoffen jedoch, daß uns Gelegenheit gibt, das zu gegebener Zeit nachzuholen, e r Einer unserer Chorknaben berichtet von seiner Fahrt nach Orleans (7. bis 11. Mai 1964) Am Morgen des 7. Mai fuhren wir mit einem Bus von Münster ab. Es ging zu¬ erst nach Wesel am Niederrhein und von dort nach Geldern. Darauf fuhren wir über die deutsch-niederländische Grenze. Hinter Maastricht veränderte sich die Landschaft. Die Straßen wurden enger, die Häuser ärmlicher. Die erste belgische Stadt, die wir sahen, war Lüttich. Dahinter begannen die Ardennen. In der blühen¬ den Landschaft mit ihren sommergrünen Wäldern und fruchtbaren Feldern lagen die Fronten des ersten Weltkrieges. Hier waren die Schlachten, in denen Tausende ihr Leben lassen mußten. Wir sahen viele Soldatenfriedhöfe. In Reims, der Hauptstadt der Champagne, machten wir eine Pause, die wir dazu benutzten, die Kathedrale zu besuchen. Um sie allein von außen zu studie- 2 4 �ren, hätte ich mehrere Tage gebraucht. Ich stand eine Viertelstunde vor dem Haupt¬ portal, um wenigstens einige Figuren genauer zu betrachten. Als ich dann in das halbdunkle Kircheninnere trat, fielen mir zuerst die bunten Fenster auf. Ober dem Portal sah ich eine große Rosette. An den Wänden hingen Teppiche, die Bilder aus dem Leben Jesu darstellten. Geradeaus fiel mein Blick auf einen prächtigen, mit Gold verzierten Altar. In dieser Kirche wurden die meisten französischen Könige gekrönt. Die Stadt erhielt ihren Namen nach dem Bischof Remigius, der König Chlodwig, den ersten König der Franken, taufte. Auf unserer Weiterfahrt kamen wir an Schloß Fontainebleau vorüber, vor dem Napoleon einst seine Garde verabschiedete, bevor er ins Exil ging. Nach ungefähr einer Stunde Weiterfahrt kamen wir in Orleans an. Wir wur¬ den im Rathaus empfangen. Dann zogen wir ins Lycee Pothier, wo wir wohnen s o l l t e n . Nach dem Abendessen gingen wir in die Stadt zur Kathedrale, die fast so groß und prächtig ist wie die von Reims. Vor ihr wurde die Fahne der Jeanne d’Arc dem Bischof von Orleans übergeben. Es war ein gewaltiges Schauspiel. Die Kathedrale wurde angestrahlt. An den Häusern wehten die Fahnen Frankreichs und die der Stadt Orleans. Zum Abschluß stieg aus der Kathedrale roter Rauch auf, so daß es aussah, als stände der gonze riesige Bau in Flammen. Es erinnerte mich an unsere Heimattage, bei denen ich manches Mal auf der Tribüne mitgesungen und die er¬ leuchtete Lambertikirche gesehen hatte. Am nächsten Morgen gingen wir in die Grand’ Messe. Die Kirche war prächtig geschmückt. An jeder Säule hing das mit Fahnen geschmückte Wappen einer fran¬ zösischen Stadt. In der Messe wurde nur französisch und lateinisch gesprochen. Noch der Messe gingen wir ins Lycee. Jeder von uns wurde von einer franzö¬ sischen Familie zum Mittagessen abgeholt. Das hatten der Direktor Soudan und der Musiklehrer Tartarin geregelt, die uns von ihrem Besuch in Münster her kann¬ ten. Mich holten ein Junge und zwei Mädchen ab. Sie waren Schüler des Lycee Pothier. Ich kratzte meine französischen Kenntnisse zusammen und versuchte mich zu verständigen. Man fragte mich, wie alt ich sei. „J'ai quatorze ans", antwortete ich. Ich hatte diesen Satz aus unserm Übungsbuch behalten. Der Junge konnte etwas Deutsch. Später stellte sich heraus, daß eine von seinen Schwestern ziemlich gut Englisch sprach. Nun klappte die Verständigung natürlich ausgezeichnet. Ich wurde in einem Citroen 2CV abgeholt. Meine französische Familie wohnte gegen¬ über dem Rathaus. Ich lernte nun auch die Eltern von Jean Claude, meinem fran¬ zösischen Freunde, kennen. Sie woren sehr freundlich zu mir. Nach dem Essen fuhr mich die Familie durch die Straßen der Stadt. Dabei er¬ lebte ich folgendes: Wir hielten an einer Kreuzung, auf der bereits ein anderer Wagen stand. Unser Chauffeur gab dem fremden Fahrer ein Zeichen, anzufahren. Der andere tat jedoch dasselbe. Keiner wollte zuerst fahren. So warteten wir eine ganze Zeitlang. Schließlich fuhr der andere mit einem freundlichen Lächeln an u n s v o r b e i . Unser Chor ging am Nachmittag zur Place du Martroi mit dem Reiterstandbild 2 5 �der Jeanne d’Arc. Dort sahen wir uns von der Tribüne aus den Festzug an. Zuerst kam ein Mädchen angeritten, das die Rüstung der Jeanne d’Arc trug, ein Schwert an der Seite, eine Standarte in der Hand. Mehrere „Ritter" begleiteten sie. Dar¬ auf folgten Musikkopellen und Abordnungen aus vielen Ländern, in dem Gefolge sah ich den Oberbürgermeister von Münster. Auch der Bischof von Orleans, Dom¬ herren und Priester gingen in dem Zuge mit. Ich sah Volksgruppen in ihren heimat¬ lichen Trachten. Ich war gewaltig beeindruckt. Am nächsten Morgen fand eine Generalprobe im Theater statt. Da ging es hart her. Denn wir hatten ein langes Programm und mußten auswendig singen. Nach¬ mittags fand das Konzert statt. Wir bekamen viel Applaus und mußten mehrere Zugaben machen. Nach dem Konzert hatte jeder eineinhalb Stunde Freizeit, die ich dazu benutzte, mit Jean Claude die Stadt zu besuchen. Ich sah die Brücken der Loire, über die altere ist Jeanne d'Arc seinerzeit siegreich in die Stadt eingezogen. Am Abend waren wir auf Schloß Cheverny zum Singen eingeladen. Dort sollte ein Festbankett staltfinden. Mit dem Bus ging es die Loire entlang. Auf unserer Fahrt dorthin sahen wir das Schloß Chambord. Es war wie alle Loire-Schlösser ein Jagdschloß. Eine 32 Kilometer lange Mauer zog sich um die riesige Waldfläche, in deren Mitte das Schloß lag. ln seiner Pracht machte es auf mich den Eindruck eines Märchenschlosses. Mit unseren fröhlichen Liedern kamen wir gut an. Wir mußten vieles wieder¬ Am nächsten Morgen sangen wir in der Kathedrale von Orleans. Unser „Ave und andere Chöre klongen wunderbar in den gewaltigen Gewölben der Kathedrale. Alte Mütterchen kamen zu uns und bedankten sich. h o l e n . v e r u m Nach der Messe verabschiedeten wir uns von unseren französischen Familien. Wir mußten nach Münster zurück. Lange noch winkten wir uns gegenseitig zu. Wir nahmen den Rückweg über Paris. Bald kamen die Vororte der Stadt in Sicht. Riesige Häuserblöcke, dreispurige Fahrbahnen empfingen uns. Der Flug¬ hafen Orly tauchte auf. Es ging den Boulevard St. Michel entlang zum Quartier Latin. An dem Palais du Luxembourg und dem Jardln du Luxembourg kamen wir vorbei. Dann ging es über eine Brücke auf die Ile de la Cite. Mein Blick fiel auf „Notre Dame". Daneben sah ich das Reiterstandbild Karls des Großen. Über die Rue de Rivoli fuhren wir am Louvre entlang. Die Straße endete auf der Place de la l^arffeel}au6 H[)ennemamt H A N D O R F D A S B E L I E B T E A U S F L U G S L O K A L A N D E R W E R S E 2 6 �Concorde, wo der große Obelisk gen Himmel ragte, ln den Tuileriengörten spiel¬ ten Kinder. Ich sah den Are de Triomphe. Einen römischen Triumphbogen könnte ich mir nicht größer vorsteilen. A's wir die Avenue des Champs Elysees entlang¬ fuhren, sahen wir die US-Botschaft. Von dort ging es zum Eiffel-Turm. Wir kamen glücklich wieder aus Paris heraus. Abends waren wir in Reims. Schon in Orleans hatte man von dort nach uns geforscht. Man hatte den Chor des Schlaun- Gymnasiums eingeladen, bei der dortigen Jeanne d’Arc-Feier ebenfalls zu singen. Trotz dem langen Tage waren wir frisch und munter wie immer, wenn es heißt zu singen. Unser Platz war vor dem Hause, in dem Jeanne wohnte, als sie zur Krönung ihres Königs in Reims war. Bevor wir am anderen Morgen weiterfuhren, sangen wir in der Kalhedrale „Lobet den Herrn" als Dank und zugleich als Bitte für eine gute Heimfahrt. Auf dem Rück¬ wege legte Herr Dr. Allerup auf dem Soldatenfriedhof an dem Grab eines unbe¬ kannten Gefallenen den Blumenstrauß nieder, den er von der Stadt Orleans er¬ h a l t e n h a t t e . Nun hoffe ich, daß ich noch einmal in meinem Leben Gelegenheit habe, nach Frankreich zu fahren. Ob die zweite Reise aber so schön oder gar noch schöner wird als unsere Fahrt nach Orleans, weiß ich nicht. Frank Heise (Olllsa) Berlin 1953 —Berlin 1964 In der zweiten Juniwoche des vergangenen Jahres wellte unsere Ol min Berlin. Am „Tag der deutschen Einheit" berichtete sie uns von ihren Erleb¬ nissen und Erfahrungen. Nachdem einer der Oberprimaner in kurzen Strichen die politische Entwicklung vom Londoner Protokoll bis zum Mauerbau aufgezeigt und ein Kurzfilm aus alten Wochenschauen noch einmal die T34 gegen die Aufständischen in den Straßen Berlins hatte rollen lassen, berichteten seine Kameraden von ihren Eindrücken aus der geteilten Stadt elf Jahre nach dem 17. Juni 1953. Heute prägt die Mauer das Gesicht Berlins, über sie sagte der erste Bericht¬ e r s t a t t e r : „Die Fenster in den verfallenen Gebäuden der Bernauer Straße wurden vor langer Zeit hastig zugemauert, und in Ritzen, Löchern und Vorsprüngen nisten Tau¬ ben, Spatzen und Schwalben. Ein verregnetes Holzkreuz erinnert daran, daß hier eine alte Frau bei dem Versuch, aus dem dritten Stock eines dieser nun zugemauer¬ ten Häuser zu springen, mit dem Kopf auf das Pflaster schlug. —ln dieser Straße gingen wir ein wenig auf und ab, setzten uns ober bald auf eine der Bänke, denn es war sehr heiß; lange blieben wir jedoch nicht, da es an diesem Morgen noch viel zu sehen gab in Berlin. Entschuldigt, wenn Ich diese Grenze, die im allgemeinen als klaffende Wunde im Herzen Deutschlands bezeichnet wird, so kühl schildere. Aber wenn man die aufgeschichteten Steine und die zugemauerten Fenster betrachtet, wird man nur an eine schaurige Moritat erinnert. 27 �Später habe ich mich in Ostberlin mit einem Bekannten aus der SBZ treffen können, der noch kurz vor dem Ausbau dieser Grenze bei uns war. Wir begrü߬ ten uns vor dem Bahnhof, gingen zum Essen und setzten uns in einem großen Park auf eine Bank. Ausgiebig unterhielten wir uns über unsere Familien, unsere wirt¬ schaftlichen Verhältnisse und —mit etwas gedämpfter Stimme —über Politik. Lange saßen wir so und erzählten, bis es dunkel und kühl wurde. Dann standen wir auf und gingen langsam auf das neue, moderne Bahnhofsgebäude in der Friedrich¬ straße zu, von dem aus Westdeutsche und Ausländer abfahren. Vor dem Bahnhof verabschiedeten wir uns. Ich trat in die hetlerleuchtete Halle, und bevor ich dem Volkspolizisten meinen Personalausweis und den gelben Passierschein zeigte, drehte ich mich noch einmal um und winkte der grouen Gestalt in der Dämmerung, die hinter dickem Glas mit heller Hand antwortete. Schnell schob ich dem Vopo den gelben Schein zu und kaufte mir für zwanzig Pfennig eine Fahrkarte nach West¬ berlin. Dann fuhr ich mit dem Zug unter der verdammten Grenze hindurch." Die Oberprimaner versuchten ohne Schlagworte und Parolen, vielmehr in nüch¬ terner Beobachtung', Berlin zu sehen, wie es sich ihnen drei Jahre nach der Errich¬ tung der Mauer zeigte. Jeder beschränkte sich auf einen Einzelaspekt; einer be¬ richtete über Städtebild und Bautätigkeit diesseits und jenseits der Mauer, ein anderer über das Alltagsleben des Ostberliners, ein dritter über die Meinungs¬ freiheit unter Ulbrichts Regime. Dabei mußte der Eindruck vermittelt werden, den die Klasse zunächst von Ost¬ berlin gewonnen hatte: „Es ist ja gar nicht so schlimm. Das Leben unter den ,Linden' scheint sich nicht wesentlich von dem auf dem Kurfürstendamm zu unterscheiden." Das neue Wohnviertel am Alexanderplatz zeigte den Besuchern freundliche, mo¬ derne Züge, die sich wohltuend abhoben, von der Zuckerbäckerfassade der Stalin- Allee; das HO-Kaufhaus im Zentrum der Stadt bot eine reiche Auswahl an Lebens¬ mitteln, Textilien und Spielwaren; Ostberliner konnten ungestört auf dem Schiff¬ b a u e r d a m m m i t i h r e n K o f f e r r a d i o s d e n R i a s - S e n d e r h ö r e n . Erst als die Oberprimaner genauer hinsahen, bemerkten sie, wie der totalitäre Staat hinter diesen schönen Fassaden das Leben seiner Bürger bis ins einzelne regelt u n d b e s t i m m t . Aus dieser doppelten Erfahrung ergab sich der Aufbau der Referate. In einem ersten Durchgang schilderten die Oberprimaner zunächst die blendende Oberfläche, um dann in Korreferaten —vom selben Schüler zum selben Thema geholten —Hin¬ tergründe, Grenzen und Korrekturen des ersten Eindruckes aufzuweisen. Auszüge aus diesen Referaten mögen die Methode und mit ihr das Leben in der SBZ ver¬ d e u t l i c h e n : „...Unsere Klasse besuchte das Ostberliner Kabarett ,Die Distel’. Scharfe Angriffe gegen den Westen hatten wir zwar erwartet, nicht aber folgende Szene: Ein Arbeiter hatte den selbstschwenkenden Topf erfunden und damit den geplagten Hausfrauen den Topflappen erspart. Der Genosse Direktor erfährt von dem Un¬ sinn, tobt und sucht den Verantwortlichen, der diesen Auftrag gegeben hat. Es stellt sich heraus, daß die Anregung dazu dem „Neuen Deutschland" entnommen worden war. Dort hatte gestanden: Wir brauchen mehr selbstschwen¬ kende Töpfel Man rief die Redaktion an, und sie klärte den Fall. Die Zei¬ tungsnotiz hatte einen Druckfehler enthalten. Es hatte heißen sollen: Wir brauchen 2 8 �mehr selbstdenkende Köpfe! —Wie weit sich „Die Distel" in diesem Sketch vorwagte, liegt auf der Hand. Sie griff die Diktatur des Staates an, der alles Denken außerhalb der Parteiideologie ausmerzt. Es gibt also eine gewisse Meinungsfreiheit in Ostberlin ..." ..Eine andere Begebenheit zeigte uns die Grenzen dieser ,Meinungsfrei¬ heit’. 1962 erhielt —so erzählte man uns beim Gesamtdeutschen Ministerium — der Wirt einer kleinen Dorfschenke inmitten der Zone einen Brief von seinem Freund. Dieser schrieb unter anderem: ,Aile SED-Mitglieder meiner Heimatstadt gleichen Blasenkranken: Sie wollen austreten, können aber nicht.' Die Partei erfuhr von dieser Äußerung. Der Freund erhielt 8Jahre Zuchthaus, der Wirt 4Jahre Gefäng¬ nis und seine Frau 1Jahr wegen ,Nichtanzeige eines staatsgefährdenden Verbre¬ c h e n s ' . . . " ..Warum wurde „Die Distel" nicht bestraft? Aussprüche von Ulbricht und Norden, die in dem Flur des Kabaretts hingen, gaben uns die Antwort: L a c h e n befreit und gibt neue Kraft für den Produktionsprozeß! Ventil für die aufgestaute Wut im Schatten der Mauer, als Möglichkeit für den klei¬ nen Mann, seinem Ärger Luft zu machen! Man hofft, daß er danach umso williger die Diktatur des Staates erträgt." Die Ausführungen der Oberprimaner wollten und konnten keine Lösung der Deutschlandfrage geben. Sie wollten in Streißichtern unsere Lage beleuchten, in der uns vielleicht nur die Hoffnung wider die Hoffnung bleibt, daß einst in ganz Deutschland wieder „Einigkeit und Recht und Freiheit" herrschen. Si -- . D i s t e l " a l s o a l s D i e Gespräch mit einem Stipendiaten unserer Schule Auf Einladung des Kalamazoo-College/Michigan weilte Herr Wilhelm Funcke (Abiturient unserer Schule von 1962) ein Jahr in Nordamerika. Darüber führten wir folgendes Gespräch mit ihm: —Es gibt sicher viele junge Münsteraner, die gern für ein Jahr zum Studium an eine amerikanische Universität eingeladen würden. Wie kam es, daß man ge¬ rade Ihnen eine solche Möglichkeit anbot? —Das Kalamazoo-College hat für seine Studenten ein Programm für Auslands¬ studien. Danach studieren 20 bis 25 Studenten aus Kalamazoo für drei bis sechs Monate in Münster. Da es ihnen anscheinend bei uns gefallen hat, vergab das College als Dank ein Stipendium für einen münsterschen Studenten. Daß gerade ich dieses Stipendium erhielt, liegt wohl zunächst daron, daß ich Englisch als F a c h h a b e . —Nicht auch an Ihrem Abiturzeugnis? —Vielleicht auch. Die Auswahl erfolgte jedenfalls auf Grund guter Referenzen des Schlaun-Gymnasiums. —Und sind Ihre Erwartungen erfüllt worden? —Natürlich war vieles anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Zum größten Teil sind meine Erwartungen jedoch noch übertroffen worden. 2 9 �—Wenn Sie zuröckschauen: Können Sie sogen, was Sie für besonders wer+voil an Ihrem Amerika-Aufenthalt ansehen? —Nun, ich studiere Englisch. Daß meine Sprachkenntnisse von dem Aufenthalt profitiert haben, ist selbstverständlich. Das war ja der eigentliche Zweck. Ich konnte in einem englisch sprechenden Land studieren. Ich konnte mich zudem viel eingehender mit der amerikanischen Literatur beschäftigen, als ich das in Münster gekonnt hätte, wo es keinen Lehrstuhl für Amerikanistik gibt. Aber auch manche „persönlichen Kontakte" waren wertvoll für mich. Das College hat weit unter tausend Studenten. Das bedeutet, daß die Atmosphäre dort — mit deutschen Verhältnissen verglichen —geradezu „intim Socializing wird sowieso groß geschrieben ln Amerika. Jeder kennt jeden, grüßt jeden, spricht mit jedem. Außerdem bemühen die Amerikaner sich um die Ausländer ganz besonders. Ich hatte also keine Schwierigkeiten, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Ich habe im Gegenteil wirkliche Freunde in Amerika gefunden. Da viele Studenten aus Kalamazoo nach Münster kommen, die ich dort bereits ken¬ nenlernte, sind diese Kontakte bis heute nicht abgerissen, sondern noch vertieft w o r d e n . w a r . —Die Dauer Ihres Studiums in Deutschland dürfte sich durch Ihren Aufenthalt in den USA immerhin um em Jahr verlängert haben. Können Sie das, aufs Ganze gesehen, in Kauf nehmen? —Meine zwei Semester in Kalamazoo werden mir zwar angerechnet. Aber mein Studienplan ist natürlich durch den Amerika-Aufenthalt durcheinandergeworfen worden. Insofern haben Sie recht. Auf der anderen Seite, meine ich, wird das durch die Vorteile mehr als aufgewogen. Was liegt schließlich an einem Jahr? Entscheidend ist, was man kann und gelernt hat. —Ich merke: Sie studieren nicht mit der Uhr in der Hand wie sogenannte Brot¬ studenten. Das ist erfreulich. So werden Sie drüben Erfahrungen gesammelt ha¬ ben, die für Sie unbezahlbar sind. Würden Sie uns darüber zu gegebener Zeit einmal ausführlich berichten? —Wenn Sie es wünschen, gern. —Ich glaube, daß unseren Lesern daran gelegen wäre. Apropos: Sie waren doch drüben, als Präsident Kennedy ermordet wurde. — J a . —Und das Negerproblem, über das bei uns soviel Unverständiges vorgebracht wird, haben Sie vermutlich ebenfalls kennengelernt. Darf ich Vorschlägen, daß wir unsere Leser entscheiden lassen, was sie am liebsten von Ihnen erfahren m ö c h t e n ? — E i n v e r s t a n d e n . —So darf ich Ihnen schon heute für Ihre Bereitschaft herzlich danken, Herr Funcke. 3 0 �4 \ 1 i I r i U i ▶ I i N ( )I I1 V 4 i1» I I �Erlebnis auf einer Griechenland-Reise An jenem Tage wollten wir möglichst nahe an Delphi herankommen. Als der erste Sonnenstrahl den Gipfel des Parnaß beleuchtete, waren wir schon auf. Im Tal herrschte noch Dunkelheit. Die Bergschatten wonderten tiefer, und als die Sonne uns erreichte, waren wir marschbereit. Essen wollten wir später, wenn die Hitze das Wandern unerträglich machte. Gegen neun gelangten wir an einen Bach. Unter einer riesigen Platane machten wir Rast. Apathisch blickten wir in die flimmernde Luft und folgten dem Flug eines Steinadlers, der über der grauen Höhe kreiste, von der wir herabgestiegen waren. Nach einer Weile schweigsamen Essens hörten wir das Klappern von Hufen. Ein Bauer lenkte seinen müden Esel auf uns zu. Nach der Begrüßung fragte er uns, ob wir Deutchse seien. Wir nickten. Er schwieg eine Weile und fragte, wohin wir wollten. Wir nannten unser Ziel, „über Dhistomo?" fragte er. Ich nickte. „Ihr kennt die Geschichte von Dhistomo? Auch die Zeitrechnung? Man zählt dort jetzt das Jahr 19." Wieder nickte ich. „Ich bin aus Dhistomo", fuhr er fort, mein Bru- d e r w a r a u s D h i s t o m o . . . " Ich hatte das Gefühl, als wollte er noch etwas sagen. Er blickte jedoch vor sich hin. Dann schaute er uns ernst an und sagte: „Vielleicht sehen wir uns noch mal", trat dem Esel in die Weichen und ritt fort, ohne sich umzudrehen, überrascht schauten wir uns an. Solch ein Verhalten hatten wir noch nicht lebt. Im allgemeinen erfuhren wir in Griechenland eine Freundlichkeit, die uns überwältigte. e r - Die anderen bedrängten mich, ihnen zu erzählen, was mit Dhistomo los sei. ,1m Jahre 1943", berichtete ich. .also während des zweiten Weltkrieges, wurde das Dorf Dhistomo ausgelöscht. Ein Partisane, der aus diesem Dorf stammte, hatte einen deutschen Soldaten erschossen. Da, wie man feststellte, mehrere Bewohner von Dhistomo Partisanen waren, befahl man eine Vergeltungsmaßnahme. Das Dorf wurde in Brand gesetzt, und wer den Flammen entkam —ob Kind, Frau oder Mann —wurde niedergeschossen. Seit diesen Tagen hat man in Dhistomo eine neue Zeit¬ rechnung. Heute leben sie im Jahre 19." ^/cJbbeh, Tl&jqj&e. Das Fachgeschäft für gute Blumenspenden! M U N S T E R / W E S T F . Bohnhofstr.2(EckeServatiiplatz) ●WolbeckerStr.20 Te l e f o n 4 2 0 2 3 3 2 �„Müssen wir unbedingt da durch?" fragte einer. Jeder wußte, was damit ge¬ meint war. „Ja", erwiderte ein anderer. Wir mußten „da durch"! Irgendein Zwang trieb uns. Wir schulterten unser Ge¬ päck und brachen auf. Als die Fahne an der Stange, die durch einen Windstoß um¬ geworfen und in den Sand gefallen war, wieder im Winde flatterte, griff einer plötzlich nach ihr und rollte sie zusarrtmen. Dann traten wir in die flimmernde Hitze. Nach zwei Stunden kamen wir nach Dhistomo. Die Straße war menschenleer. Eine merkwürdige Stille herrschte. War keine Bevölkerung da? Befangen schauten wir uns an. Langsam gingen wir auf den Dorfplatz zu, auf dem riesige Platanen standen. Einerseits ist es natürlich, daß keiner in der Mittagshitze herumläuft, dach¬ te ich. überall hatten wir das so erlebt. Doch je mehr ich mir das einredete, desto unangenehmer wurde mir zumute. Auf dem Platz standen Tische mit Stühlen herum. Als wir sie zurechtrückten und uns niedersetzten, lief ein Hund kläffend weg. Das war dos einzige Geräusch, das die Stille durchbrach. Plötzlich schraken wir zusam¬ men. Was war das? Der klagende Schrei eines Esels. Dann hörten wir Stimmen, ich drehte mich um und sah eine Menschenmenge herankommen. An der Spitze ging der Bauer, der mit uns während unserer Rast gesprochen hatte. Die Szene hatte etwas Beklemmendes an sich. Warteten wir auf unsere Richter? „He, ihr Deutschen! Was wollt ihr hier?" rief einer. „Rasten und dann weiter¬ gehen. Wir wollen morgen nach Delphi". Einer von uns hatte das auf Griechisch geantwortet. „Hört ihr? Sie können sogar Griechisch! Wart ihr damals schon in Griechen¬ land?" Jeder wußte, was mit „damals" gemeint war. „Nein!" rief ich. „Wir haben es uns in Deutschland beigebracht". „Kennt ihr die Geschichte von Dhistomo? Und kennt ihr unsere Zeitrechnung?" „Ja, wir kennen sie!" „Seht ihr, sogar dos kennen sie! Wahrscheinlich haben ihre Väter sie ihnen er- zäh!t. Jetzt brüsten sie sich damit." Voüer Zorn und Wut war dies gesprochen wor¬ den. Die Situation war bedrohlich. Dann war es still. Als ich die vielen Gesichter überflog, spürte ich, daß das Dort Dhistomo auf etwas wartete. Aber auf was? Auf eine Erklärung, weshalb wir hier waren? Auf eine billige Rechtfertigung? Soll¬ ten wir ein Lied singen, um sie zu erfreuen? Wir waren übereingekommen, daß ein Lied nie Notbehelf oder Notlösung sein dürfe. Da sagte einer von den Bewoh¬ nern: „Unsere und eure Väter haben wie Kain und Abel miteinander gestritten. Ihr könnt nichts dafür". Das klang so, als wollte er unsere Situation verbessern. „Wenn das stimmt", sagte ich, „dann waren das Brudermorde!" Da trat der Bauer, den wir bereits kannten, auf mich zu, reichte mir die Hand und sagte: „Du hast gut gesprochen! Laßt uns nicht mehr davon reden! Es ist ver¬ gessen." Diese Worte schienen wie Zauber zu wirken. Die Menge löste sich auf, einige schimpften, die meisten lächelten uns freundlich zu. Der Bauer, der sicherlich hohes Ansehen genoß, lud uns zum Essen ein. Vom Jahre 0wurde nicht mehr geredet. 3 3 �Am späten Nachmittag verließen wir Dhistomo. Der Bauer begleitete uns bis zum Dorfende, während uns andere zum Abschied zuwinkten. Dann z o g e n w i r weiter. Die Fahne wurde entrollt. Während wir wanderten, besprachen wir unser Erlebnis. Eine Erkenntnis hatten wir gewonnen: Haß kann man nicht immer be¬ wahren, obwohl es schwer ist zu vergeben. Das wurde uns später noch deutlicher, als wir nach Kalavrita kamen. Auch dies Dorf hatte eine Vergeitungsaktion der Deutschen erlebt. Noch heute steht die Mauer mit den Einschüssen. Ein griechischer Student sagte uns dort: D a s L e b e n geht weiter. Jeder stirbt einmal. Warum so allgemein sagen, die Deutschen sind schuld daran? Jede Seite hat Schuld auf sich geladen. Die Deutschen bereuen ihre Taten. Warum ihnen da nicht verzeihen? Ich meine, man muß es sogar. Ihr Jungen habt nichts damit zu tun. Indem ihr durch Griechenland zieht und versucht, Freund¬ schaft zu schließen, zeigt ihr, daß ihr anders seid. Seid uns deshalb aufs herzlichste ■w i l l k o m m e n ! " Christian J. Sczuka {Abiturient 1965} Gedanken eines Oberprimaners zur Gemeinschaffskunde Für manchen mag Gemeinschaftskunde nicht viel mehr als ein Fach sein, für das man nicht unbedingt etwas zu tun braucht, weil ein halbwegs Intelligenter sich mit dem, was er in den Stunden hört, schon über Wasser halten kann. Für andere ist Gemeinschaftskunde ein Fach, bei dem es darauf ankommt, möglichst viel mit¬ zuschreiben, möglichst lange Passagen wörtlich vorzulesen und auch sonst in jeder Hinsicht zu brillieren, sofern das keine allzu große geistige Anstrengung erfordert. Was aber sollte uns Gemeinschaftskunde wirklich sein? Sie sollte, mal mit ganz einfachen Worten auszudrücken, Lebenskunde sein. Sie sollte dem, der sich mit ihr beschäftigt, einen Eindruck davon vermitteln, wie es bisher in der Welt zugegangen ist und wie es noch heute in ihr zugeht. u m e s e i n - Solch lebenskundlicher Gemeinschaftskunde-Unterricht könnte an sich auf zweier¬ lei Art gestaltet werden: mit Hilfe eines Lehrbuches wie der bisherige Geschichts¬ unterricht oder mit Hilfe von Quellen. Benutzt man ein Lehrbuch, so sieht m a n g e - zwungenermaßen das, was an Tatsachen behandelt wird, durch die Brille dessen, der das Lehrbuch geschrieben hat. Das muß nicht unbedingt ein Nachteil sein; denn die Brille des Schreibers kann durchaus die der Objektivität sein; nur kann man nicht absolut sicher sein, daß sie es ist. Ganz anders bei der zweiten Art: der Gestal¬ tung des Gemeinschaftskunde-Unterrichtes mit Quellen. Hier sehe ich gegenüber der ersteren Art drei gonz bedeutende Vorteile: 3 4 �Erstens ist man bei der Arbeil mit Quellen nicht gezwungen, chronologisch vor¬ zugehen, sondern hat die Möglichkeit, sich nacheinander mit den verschiedensten Sachgebieten zu beschäftigen, Das führt schon durch die viel längere, ununterbro¬ chene Beschäftigung mit dem gleichen Thema zu einer unvergleichlich tieferen Ein¬ sicht. Man hat ja die Möglichkeit, viele Stunden hintereinander bei derselben Sache zu verweilen. Dadurch wird der Unterricht fruchtbarer, da Voraussetzungen, Ereig¬ nisse und Zusammenhänge aus vorangegangenen Stunden viel lebhafter in der Er¬ innerung bleiben, wenn sie in immer neuen Zusammenhängen durchdacht werden, als dies bei dem chronologischen Vorgehen möglich wäre, bei weichem das thema¬ tisch Zusammengehörige eben chronologisch und nicht thematisch behandelt wird. Nehmen wir als Beispiel den Imperialismus! In den Schullehrbüchern wird er zwar als eigenes Kapitel behandelt. Aber dies Kapitel ist verhältnismäßig kurz und wird in keiner Weise in Beziehung zur Gegenwart gesetzt oder gesehen. Außerdem muß man sich bei seiner Behandlung mit den Feststellungen des Autors begnügen und sie, da man keine Möglichkeit der Nachprüfung hat, so übernehmen, wie sie da stehen. Der Gemeinschaftskunde-Unterricht soll aber Wissen vermitteln, das einer kritischen Prüfung unterzogen wird. Daher ist ihm die genannte Art des Vor¬ gehens nicht angemessen. Hat man aber die Quellen selbst vor sich, so kann man Stellen aus Reden oder Büchern der Verantwortlichen oder Zeitgenossen Wort für Wort überprüfen und entsprechende Erkenntnisse daraus ziehen. Notwendige Er¬ klärungen zu den meist ohne Kommentar abgedruckten Quellen zu geben, ist dobei die Aufgabe des Lehrers, der in jeder anderen Hinsicht zurücktreten kann, falls d i e b e t r e f f e n d e P r i m a w i r k l i c h e i n e P r i m a i s t . Der zweite Vorteil des Gemeinschaftskunde-Unterrichtes mit Quellen Ist der, daß die Beschäftigung mit ihnen ungleich interessanter ist als die Arbeit mit einem Lehrbuch. Es handelt sich ja bei ihnen um authentische Verlautbarungen, Reden, Tagebucheintragungen oder dergleichen von Leuten, die zu einer bestimmten Zeit an verantwortlicher Stelle standen oder zumindest genau Zusehen konnten, wie dieses oder jenes verhandelt, verfügt oder ausgeführt worden ist. In jedem Falle sind es persönliche Zeugnisse aus der Zeit selbst, und das ist es, was dos Interesse erweckt. Ihre persönliche Färbung erlaubt, sich auch über das Psychologische Ge¬ danken zu machen. So stellt man nicht einfach fest, daß Prinz Max von Baden den Kaiser im November 1918 als abgedankt bezeichnet hat, bevor dieser wirklich ab¬ dankte. Man kann durch die Art, wie er selbst darüber schreibt, zumindest versu¬ chen zu verstehen, wie er dazu gekommen ist und was ihn dazu getrieben hat. Was nützt es, wenn man in einem Geschichtsbuch liest, daß der Prinz die Monarchie nicht abschaffen wollte, daß er vielmehr, um die Straße nicht von vornherein gegen 3 5 �sich einzunehmen, zu einer Parlamentarischen Monarchie kommen wollte? Selbst wenn man im Unterricht darüber gesprochen hat, vergißt man es schnell wieder, da das Wissen in solchem Falle nur ein angelerntes ist, kein verstandenes —etwas, was man durch Quellen sozusagen aus eigener Anschauung kennt, miterlerbt und begriffen hat. Wenn das aber der Fall ist, bedarf es dann bei der Wahl zwischen beiden Unterrichtsarten noch der weiteren Überlegung? Der dritte Vorteil schließlich besteht darin, daß man Texte lesen lernt. Dabei ist es letzten Endes gleichgültig, um was für Texte es sich handelt. Wenn man an geschichtlichen Quellen geübt hat, aus Nebensätzen, Parenthesen oder der Wort¬ wahl das herauszuiesen, was herauszulesen ist, dann kann man dieselbe Fähigkeit auch bei Texten anwenden, die aus einem anderen Bereich stammen. Diese Fähig¬ keit ist nicht nur für Diplomaten wichtig, wie man meinen könnte. Fast jeder wird wahrscheinlich sehr oft in eine Lage -kommen, in der es wichtig ist zu beurteilen, was mit einer Rede, einer Anordnung, einem Paragraphen, einem Brief wirklich gemeint ist. Viele, die täglich ihre Zeitung lesen, überlesen so manches, weil irgendwo klein und versteckt in einem Nebensatz oder einer scheinbar unwichtigen Bemerkung enthalten ist. Hat man aber gelernt, Quellen wirklich zu lesen, so wird einem dergleichen nicht passieren, es sei denn, man betreibt die Zeitungslektüre lediglich zum Zeitvertreib oder als ein Mittel zur Entspannung und Zerstreuung. Vor kurzem wurde in einer Notiz ganz am Ronde die Mitteilung gemacht, daß der amerikanische Botschafter Henry Cabot-Lodge seinen Posten in Sudostasien lassen habe und nach Amerika zurückgekehrt sei. So etwas kann man leicht über¬ um einen Botschafter handelt. Weiß man aber, daß lesen, zumal es sich Lodge Republikaner ist und sich schon länger mit dem Gedanken getragen hatte, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, wird einem sofort klar, daß der Sena¬ tor Goldwater nicht mehr der alleinige Kandidat seiner Partei ist, sondern einen Rivalen aus den eigenen Reihen hat. Und ist es nicht wichtig zu wissen, welcher Mann das wichtigste Amt der westlichen Welt übernehmen wird oder zumindest übernehmen kann? ,nur‘ e s v e r ¬ Wenn man ein Problem aus der Vergangenheit etwas tiefergehend erfaßt hat kommt es fast von selbst, daß man sich fragt: Und wie Ist es heute mit uns be- stellt?" Man versteht dann Entwicklungen und kann sie bis in unsere Zeit weiter¬ verfolgen. Man nimmt dann nicht einfach mehr als gegeben hin, daß es uns wirt¬ schaftlich gut geht. Man lernt wieder zu staunen. Wenn man das aber kann, dann hat man die „gefährliche Selbstverständlichkeit des Lebens" verloren. Und wäre das nicht erstrebenswert? Peter Kalicinski (Abiturient Ostern 1965) 3 6 �Auf dem Prinzipalmarki bei Beendigung des letzten Sonntags-Gottesdienstes Ich stehe auf dem Prinzipalmarkt und warte auf das Ende des letzten sonntäg¬ lichen Gottesdienstes in der Lambertikirche. Mein Blick wandert den schlanken, immer spitzer werdenden Turm hinan, verweilt auf den goldfarbenen Ziffern und den beiden Zeigern der Turmuhr, die gerade fünf Minuten vor zwölf zeigt, und geht weiter das schlanke Gemäuer hinauf. Wie die Ranken einer Blume windet es sich um ein unsichtbares Gerüst. Drei Eisengitter— die Wiedertäuferkäfige —hän¬ gen über der Turmuhr. Weiter in den Himmel hinein stößt der Turm, immer spitzer wird er, bis er in einer Blüte aus Stein endet. Leise regen sich die Blätter des Baumes am Lambertibrunnen. Einige Sonnen¬ strahlen tasten sich durch seine Krone auf den Boden und bilden helle, spielende Flecken auf dem Pflaster des Platzes. Die Sonne funkelt und glitzert in dem plät¬ schernden Wasser des Brunnens. Die drei bäuerlichen Gestalten über ihm erscheinen heller und freundlicher als sonst. Leise rauschen die Blätter, leise plätschert und sprudelt das Wasser, und leise erklingt das Lied aus der Kirche: „Meerstern, ich dich grüße .. Da knarrt die große Kirchentür und wird aufgestoßen, und schon quillen die Andächtigen heraus. Ihr erster Blick gilt dem Wetter. Sie staunen in den strahlen¬ den Himmel. Einige gehen nach Hause, andere warfen vor der Kirche. Die weißen Hemden der Männer und die bunten Kleider der Frauen und Kinder leuchten. Der Kirchplatz füllt sich mehr und mehr. Lachen wird laut, dazwischen Motorengeräusch abfahrender Autos. In Gruppen gehen die Menschen in Richtung Prinzipalmarkt, Salzstraße, Roggenmarkt. Noch eine Weile ist ihr Lachen und das Klappern ihrer Absätze zu hören. Dann wird es wieder still, und es bleibt das Rauschen der Blätter, das Plätschern des Brunnens und das Spiel der Sonne In dem Rankwerk des Turmes. Hans Hegemann (Olllsa) Eine Stunde Verspätung Meine Tante hatte ihren Besuch angekündigt, und nun stehe ich hier auf Bahn¬ steig 3in Münster, um sie abzuholen. Ein kurzer Blick cuf meine Armbanduhr zeigt mir, daß es bis zur planmäßigen Ankunft ihres Zuges noch drei Minuten sind. Rechts von mir steht eine junge Frau, ihr Töchterchen an der Hand. Ein Koffer und eine große Reisetasche lassen darauf schließen, daß sie verreisen wollen. Ruhig steht das etwa fünfjährige Mädchen neben seinei Mutter und betrachtet die Puppe in seinem Arm. Noch eine Minute, denke ich. Hoffentlich hat er keine Ver¬ spätung! Meine Hände werden allmählich kalt. Von der Überdachung des Bahnsteiges plätschert der Regen auf die Schienen und das Dach eines abgestellten Postwagens. Das ein wenig fahle Licht der Nachtbeleuchtung läßt an einer Wand Schatten ent¬ langspielen. Die Gitterstäbe an den Fenstern unterstreichen den trüben Eindruck. Die schweren Regentropfen spritzen hoch, wenn sie auf eine Schiene treffen, andere werden lautlos vom Schotter des Bahndammes verschluckt. Vom Rande der über- 3 7 �dachung fallen Tropfenketten, die sich auflösen, sobald sie auf den Boden auftreffen. I c h f r ö s t e l e . Da höre ich ein knackendes Geräusch: Achtung für Bahnsteig 3! Der Eilzug aus Bremen über Osnabrück hat voraussichtlich eine Stunde Verspätung." Mit einem Ruck drehe ich mich um. Die Augen der Frau sind auf den Lautspre¬ cher gerichtet. „Mama, wie lange noch?" fragt die Kleine. Die Mutter scheint ihre Frage nicht zu hören. Sie nimmt Koffer und Tasche und trögt sie zu einer der Bänke. Mit einem Seufzer läßt sie sich fallen. „Noch eine Stunde, Kind", sagt sie, indem sie sich den Mantelkragen hochschiägt. Hinter mir höre ich ein Ächzen und Schnauben. Ich drehe mich um. Mein Blick fällt auf die Treppe, von wo das Geräusch kommt. Zuerst sehe ich einen großen Hut, dann einen Kopf, schließlich einen älteren Mann mit zwei Koffern und einer anscheinend sehr schweren Tasche. Hinter ihm taucht eine Frau auf. Sie trägt nur Verantwortung. „Da siehst du es", höre ich sie vorwurfsvoll klagen, ,ich hatte dir doch gesagt, du solltest schneller gehen. Jetzt ist er natürlich weg." Ohne Wider¬ worte setzt der Mann die Koffer und die Tasche ab. Ein Herr, den ich bis jetzt nicht bemerkt hatte, erklärt der Frau, daß der Zug Verspätung habe. „Das habe ich geahnt", sagt der alte Mann, wischt sich den Schweiß ab und geht zu einem der Verkaufsstände, um Tabak für seine Pfeife zu kaufen. Die Frau mit der Verant¬ wortung hütet das Gepäck. Ein etwa 40 Jahre alter Herr, gut gekleidet, eine Aktenmappe aus schwarzem Leder unter dem Arm, steht —mit der freien Hand gestikulierend —vor dem Fahrdienstleiter. Ich höre etwas von Schadenersatz und einer wichtigen Bespre¬ chung, die er auf diese Weise versäume. Der Mann mit der roten Mütze zuckt mit den Schultern und sagt: „Ich kann es nicht ändern. Da müssen Sie sich schon on die Direktion wenden." z u Meine Aufmerksamkeit fällt wieder auf das Kind. Es ist aufgestanden, läuft einer anderen Bank und wieder zurück. Es ist ungeduldig geworden. Die Mutter muß es beschäftigen. Sie steht auf und geht mit dem Kind zu dem Verkaufsstand. An einem Riegel Schokolade kauend kommt das Kind zurückgelaufen, während die Mutter langsam folgt. Auch ich spüre Langeweile in mir aufsteigen. Daher schaue ich zur Überdachung und zähle die Glasfenster, auf die noch immer der Regen in monotonem Rhythmus niedertrommelt. Auf dem Bahnsteig nebenan ertönt die Pfeife des Vorstehers. Der Motor einer Diesellokomotive wird lauter. Ich sehe, wie das Gestänge an den Rä¬ dern von einem Stoß erzittert. Ein Rucken geht von der Lokomotive aus und pflanzt sich von einem Wagen zum andern fort. Langsam wird die Bewegung gleichmäßig. Das Rollen der Räder wächst zu einem dunklen Ton, der bald wieder abnimmt. Dann sehe ich die Rücklichter des Zuges zwischen den Reihen abgestellter Wag ketten verschwinden. e n - Ich schaue ouf die große, runde Uhr über mir. Es kann sich nur noch um Minu¬ ten handeln. Da knackt es erneut in dem Lautsprecher: „Achtung für Bahnsteig 3! Es erhält Einfahrt Erleich¬ tert gehe ich zu meinem ersten Standort zurück. Ich sehe, wie die Frau mit dem diesem Bahnsteig der verspätete Eilzug aus Bremen. a n 3 8 �Kind aufsteht. Die Frau mit der Verantwortung erklärt: „Nun nimm schon die Kof¬ fer! Bist du taub? Der Zug kommt!" Der Mann mit der Aktenmappe ist nirgends zu sehen. Er scheint sich anders besonnen zu haben. Aus dem Dunkel fauchen links vor mir die drei Lampen einer Dampflokomotive auf. Ein Zittern geht durch den Boden. Ein Quietschen, dann ein Ruck. Der hell¬ erleuchtete Zug steht vor mir, und ebenfalls vor mir steigt meine Tante aus —strah¬ lend vor Überraschung und Freude. Robert Tschiedei (Olllsa) Unser Schornsteinfeger immer wenn es bei uns zweimal anhaltend klingelt, weiß ich, daß ein Viertel¬ jahr vorbei ist. Dann steht vor der Tür ein großer, schlanker Mann in einem schwar¬ zen, verschmutzten Anzug. Sein schwarzes Käppchen sitzt schräg auf seinem Kopf. In seinem verrußten Gesicht leuchten ein Paar lustige Augen. Ich weiß sofort, daß es unser Schornsteinfeger ist. Als er zum erstenmal bei uns onschellte, öffnete ich ihm die Tür. Lächelnd trat er ein und sagte: „Ich bin der schwarze Mann und möchte den Kamin fegen." Damit ging er die Treppe zum Dachboden hinauf. Ich sagte, daß wir ihn noch nicht er¬ wartet hätten und daß V/äsche auf dem Boden hänge. „Das ist nicht schlimm", erwiderte er. „Hilf mir nur schnell, die Wäschestücke in der Nähe des Kamins ab¬ zunehmen!" Als das geschehen war, ging ich wieder noch unten. Fröhliches Lachen klang von unserem Boden herunter. Nach Beendigung seiner Arbeit verlangte der Schornsteinfeger sein Geld. Meine Mutter sagte: „Sie sind ja wieder sehr lustig heute, Das bin ich immer, denn bei meiner Arbeit bin ich dem Himmel besonders nahe", entgegenete er. Mit seiner schwarzen Hand berührte er mein Gesicht und hinterließ einen dunklen Strich auf meiner Wange. Lächelnd v e r l i e ß e r d a s H a u s . Am nächsten Tags traf ich ihn wieder. Als er in ein Haus gehen wollte, rief er mir zu: „Willst du auch Glücksbringer werden?" Damit verschwand er fröhlich, b e v o r i h m a n t w o r t e n k o n n t e . i c h An einem Sonntag sah ich auf der Straße einen gutgekleideten, schwarzhaarigen Mann. Er schob einen kleinen Sportwagen vor sich her, .in dem ein etwa zwei¬ jähriges Kind saß. Es spielte mit Bauklötzchen. Plötzlich warf es sie alle aus dem Wagen. „Das darfst du nicht tun, die Klötzchen gehen entzwei, wenn du sie auf den Boden wirfst", sagte der Mann liebevoll und hob die Klötze auf. Ich betrach¬ tete ihn, während ich an ihm vorbeiging, und erkannte, daß es unser Schornstein¬ feger war. Als er mich sah, sagte er: „Das wird später mein Nachfolger." Dabei zeigte er auf seinen Jungen. Und fröhlich schob er den Wagen weiter. Als wieder ein Vierteljahr vorüber war, hörte ich nicht das gewohnte Schellen. Nur einmal ertönte die Klingel. Als ich die Tür öffnete, sah ich einen anderen, mir fremden Mann, der energisch fragte: „Wo ist der Dachboden?" Ralf Pohlmann (OMI sa) 3 9 �Erlkönig motorisiert » i Wer rattert so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind, Der Vater Karl mit dem Sohne Fritz Auf der DKW mit dem Soziussitz. „Mein Sohn, was birgst das Gesicht du so'bang?" — „Siehst, Vater, nicht den Bahnübergang, Den unbeschrankten, in neblichter Ferne?" — „Mein Sohn, ich hob ’ne Boschlaterne." „Mein Vater, und siehst du den Schutzmann nicht Mit Bleistift, Notizbuch und strengem Gesicht? „Sei still, mein Sohn! Das geht uns nichts an. Ich hob eine „Mein Vater, mein Vater, jetzt halte dich zu! Da kommt noch einer auf NSU." — „Der hat, mein Sohn, dos erklär ich dir später. Nur zweihundertfünfzig Kubikzentimeter." Die Hupe schrillt, der Motor kracht. Das Unheil naht in finstrer Nacht. „Mein Vater, mein Vater, schon hör ich ihn johlen. Gleich wird der andre uns überholen.U Dem Vater graust's, er gibt Doppelgas: „Halt dich fest, mein Sohn, sonst passiert noch was! Er erreicht als erster das Haus am Meer: D e r S o z i u s s i t z h i n t e r falsche Nummer dran. i h m w a r — l e e r . I I Hans Konrad (Abiturient 1963) D r . C . H e n k e Schriftleilung: Cesdiäftl. LeiUing: Studienassessor Hans Galen Einzohlungcn: D a s Ti t e l b i l d Die Zeichnung I l l u s t a l i o n Hans Galen, Konto-Nr. 25 974 bei der Sparkasse der Stadt Münster fertigte Monfred Lauterbach (VI b) auf Seite 16 verdanken wir Siegfried Eustermonn (Abiturient 1965) auf Seite 31: Dirk Stdver (ebenfalls Abiturient 1965) Gutenberg-Druckerei Theodor Bröcker ●44 Münster ●Bergstraße 71/72 D r u c k : 4 0 �A D T V Ta n z s c h u l e Z i m m e r m a n n führend im Tanzsport Freuen Sie sidi nach Ostern in unserem geschlossenen Zirkel für das Sdilaungymnasium auf eine schöne Tanzstundenzeit. S i e fi n d e n b e i u n s aufgeschlossene Lehrer, die mit cier Jugend gehen und ihr den Anfang leicht machen; ein gepflegtes, modernes Studio; interressantes Unterrichtsprogramm ein von den Standard- bis zu den modernsten Tänzen'; Honorarermäßigung in der Sammelonmeldimg. im Haus des Tanzes Neubrückenstraße 50 W i r s i n d i m m e r e i n e n S c h r i t t v o r a u s ! Telefon 434 77 B r i e f m a r k e n s a m m e l n i s t S p o r t u n d S p a r k a s s e z u g l e i c h D R . O T T O H I N D R I C H S M ü n s t e r S a l z s t r a ß e 1 Werbeschriften kostenlos und unverbindlich �$ $ Ich kann nicht verstehen, daß Sie hier im Kraftwerk soviel Mühe mit d e m e l e k t r i s c h e n S t r o m m a c h e n . Bei uns zu Hause drehen wir bloß am Schalter". S �