i n < Z >■ o I Z 3 < X u ( / ) i n < o W E I H N A C H T E N 1 9 6 0 �BÜCHER >die wir zu Weihnachten empfehlen: ■Die großen Sagen der Welt. Nacherzählt von Hans Elch. Hans Eich hat diese Sagen in einer glänzenden Form nacherzählt. 164 Seiten mit zahlreichen färb. Illustrationen. DM 19.50. Ab 10 Jahre. ■GraF/Woefzoldt: Das Buch der großen Maler. ■Thompson, Seton, E.: Die schönsten Tiergeschichten. In leicht verständlicher Form wird über die Entwicklung der abendlän¬ dischen Malerei von Giotto bis Picasso berichtet. Ab 14 J. Ln. DM 16.80 Eine Sonderausgabe zum 100. Geburtstag des großen Tiererzählers. 240 Seiten. Ab 12 Jahre. Leinen DM 9,80 ■Durch die weite Welt. Band 34 ca. 400 Seiten mit ca. 500 Abbildungen. ■Der Gute Kamerad, Band 68. 400 Seiten. Ab 12 Jahre. Leinen DM13.80 ■Das Neue Universum, Bd. 77. 480 S. 550 Abb. Ab 14 J. Leinen DM 15,80 ■Hauptmann, Gerhart: Meisterdramen: Und Pippa tanzt /Michael Kramer /Die Ratten /Iphigenie in Delphi / Der Biberpelz. Einleitung Heinz Hilpert. D M ' 9 , 8 0 Ab 12 Jahre. Leinen DM 14,50 L e i n e n B U C H H A N D L U N G Münster/Westf. Cfjty-dliicuLd^ SekiiiiutgJt Salzstraße 61 JUWELIER ✓ M Ü N S T E R ( W E S T F . ) Prinzipalmarkt 35 ●Fernruf 447 02 ■0.1^6 ß-ej. Jlag.ej^ in GdJimt, Qu.iMJe.it, ■Q-ö-Ld- lutd Sdjb-e.mu tmeu. E i g e n e s G o l d s c h m i e d e a t e l i e r �Das Schlaun-Gymnasium Schulzeitung für die Schüler, Lehrer, Eltern, Ehemaligen und Freunde des Schlaun-Gymnasiums zu Münster (Westf.) Nr. 21/22 W e i h n a c h t e n 1 9 6 0 Preis: 0,80 (für Schüler: 0,50) DM Weihnachten in den Bergen Weihnachten bei uns daheim war immer schön gewesen. Alle Jahre hotte uns der Heilige Abend, die Besinnung und die Bescherung Freude und Glück gebracht, doch hob sich in der Reihe der Feste keins durch besondere Erinnerungen heraus. Vor. zwei Jahren nun erlebte ich den Christabend zum erstenmal in der Fremde, und das wurde mein schönstes Weihnachten. Vater brauchte Erholung. Deswegen fuhren wir zu einem winterlichen Zelt¬ treffen, ließen allerdings unser Zelt zuhause. Ein kleiner Kreis Gleichgesinnter fand sich zusammen. Wir wohnten in einer Hütte, eine Stunde vom nächsten Dorf ent¬ fernt. Ringsumher im hohen Schnee standen die Wohnungen und Zelte. Dfer Heilige Abend kam heran. Die Berggipfel leuchteten im Schein der unter¬ gehenden Sonne, während es unten bei uns schon dämmerte. Friedlich lehnten die Bretter in langer Reihe an der Hüttenwand. Aus den Fenstern fiel das Licht traulich in das Dunkel, das sich über die Landschaft senkte. Im Tagesraum fanden wir uns dann alle zusammen. Es duftete nach Tannen¬ grün, und der Kachelofen verbreitete eine behagliche Wärme. Die halblauten Gespräche verstummten. Einer aus unserer Mitte, ein evangelischer Pastor, trat vor und las das Weihnachtsevangelium. Dann sprach er zu uns in schlichten Worten, die tief in unsere Herzen fielen. Wir traten vor die Hütte. Es war ganz dunkel geworden. Die Sterne funkelten Himmel. Von der hohen Tanne, die vor der Hütte stand, strahlten die Weih¬ a m nachtslichter in die Nocht hinaus. Wir sangen die schönen Weihnachtslieder. Dann kehrten wir in die Wörme zurück, und nun begann ein fröhliches Beschenken. Die Gaben, die da ausge- Zu den Bildern: Ti t e l s e i t e Linolschnitt „Winter" Linolschnitt „Katze" Linolschnitt „Obstverkäuferin Linolschnitt „Kasper" Bernd Optenhövel (UM m) Jürgen Köhn (Olli sb) Jürgen Drerup (IV c) K.-J. Weitkamp (Ulllc) R. Bartholomö (Ulllc) �wickelt wurden, waren bescheidener als sonst. Doch sie waren mit Liebe ausge¬ sucht und bereiteten Freude. Die Stunden vergingen. Gegen Mitternacht hörten wir Schlittenglocken. Die Älteren mummten sich ein, um zur Christmette zu fahren. Wir Jüngeren zogen unsere schweren Stiefel an und schnallten die Bretter unter. Die Schlittenfahrer entzündeten ihre Fackeln, und wir glitten hinaus in die dunkle Nacht. Bald war die Höhe erreicht, die vor dem Dorfe lag, und aus dem Tal grüßten viele Lichter zu uns herauf. Schwache Lichtpünktchen glitten langsam die benachbarten Hönge und Berge hinab. Das waren die Lampen und Fackeln der Leute, die wie wir zum Dorfe wanderten. Nun hörte ich auch das helle Läuten der Kirchenglocken, die zum Gottesdienst riefen. Es ging weiter. Aus einem Seitenweg kam ein Bauer mit seiner Familie und schloß sich uns an. Wir erreichten das Dorf. Hier und dort öffnete sich eine Tür, fiel ein Lichtstreifen auf den Schnee, traten Männer und Frauen heraus. Vor der Kirche schnallten wir die Bretter ab. In das Läuten der Glocken mischte sich der mächtige Klang der Orgel. Die Christmette begann. Dies Weihnachtsfest werde ich nicht vergessen. Vielleicht lag das Besondere nur im Fremden und Uegewohnten. Vielleicht ist das Herz aber auch offener und aufgeschlossener, wenn man einmal aus der Trägheit des Gewohnten herausge¬ Ernst Brors (geschrieben in Uli sa) r i s s e n w i r d . Biand-Lard aus Argentinien Die folgende Geschichte fanden wir in alten Papieren. Sie mag uns zunächst ein wenig vergilbt Vorkommen —ähnlich wie das grobe Papier, auf dem sie seinerzeit abgefaßt wurde. Aber bei näherer Bekanntschaft mit ihr dürfte sich das ändern. Wir werden dann vermutlich feststellen, daß sie gar nicht so unzeitgemäß ist. Vielleicht kann sie uns gor bei unseren Weihnachtsvorbereitungen dienlich sein und uns das so schwere „Weihnachtsgeschäft" ein wenig erleichtern. Der Frachter war geladen und sollte abgehen. Mit Konserven für das hun¬ gernde Deutschland, hieß es. Fünf Millionen Dosen Brechbohnen. Darüber schüt¬ telte Diego Almagro den Kopf, als er Feierabend machte und heimging. Er hatte mitgeladen. Sollte es „denen da drüben" ausgerechnet an Bohnen mangeln? dachte er. Das konnte er sich nicht erklären. „Anneliese", sagte er daher zu seiner Frau, als er heimkam. Sie stammte von „drüben" wie viele andere in Argentinien. „Anneliese, du hast mir nie erzählt, daß in eurem Heimatlande keine Bohnen wachsen. Weißt du den Grund?" „Keine Bohnen? Wie kommst du dazu?" „Weil wir ein ganzes Schiff mit Brechbohnen für Hamburg geladen haben. Denk dir nur: fünf Millionen Dosen. Eine schöne Menge!" „Hattet ihr nichts anderes, nichts ..." „Besseres, meinst du?" 2 �„Ja", sagte Frau Anneliese Almagro, geborene Pennekamp, aus Salzkotten bei P a d e r b o r n . Das gleiche dachte auch Diego Almagrö. Und plötzlich hatte er eine Idee. Er ging in eine Azienda und kam mit einer Dose Bland-Lord zurück. Er klebte einen Zettel mit seinem Namen darauf, fügte einen Gruß für den Entdecker hinzu und suchte sich das Gesicht des glücklichen Hamburger Hafenarbeiters vorzustellen, der „sie" zwischen Bergen von Brechbohnen hervorziehen würde. Glücklich? In jenen Zeiten des Hungers und Darbens konnte so ein Fund schon glücklich machen. Diego Almagro ließ am nächsten Morgen eine der fünf Millionen Dosen mit Brechbohnen über Bord gehen —natürlich heimlich —und schmuggelte seine Dose Bland-Lard dafür der Ladung bei. „Rücksichstloser Unmensch I" gurgelten die Bohnen in ihr, bevor sie auf Grund gingen und das große Schweigen lernten. „Angeber!" fauchte es der hübschen, buntbeklebten Dose Biand-Lard entgegen. Sie konnten sich das leisten, denn sie verkörperten eine Machtgruppe. „Spießer!" verteidigte sich die Bland-Lard-Dose. Aber sie sagte das kluger¬ weise so leise, daß es niemand verstehen konnte. Und dann wurde es still. Und die Fahrt begann. Diego Almagros Gedanken weilten nun oft bei „seiner" Dose mit Bland-Lard. Er war ein einfacher Mann. Und für einfache Männer in Argentinien ist eine Dose Bland-Lard schließlich ebenso viel wie ein oder zwei Pesos, wenngleich das soge¬ nannte Wirtschaftswunder sich in Argentinien um mehr als ein ganzes Jahrzehnt früher ereignet hatte als bei uns. Nun schwimmt sie schon seit zwei Tagen", dachte er. Heute geht es über den Äquator, in 14 Tagerv kann sie in Hamburg sein. Und dann ...Ob „er" s i e w o h l e n t d e c k e n w i r d ? " , e r ' Natürlich entdeckte sie nicht, Dazu hatte er schließlich kein Recht als Hafenarbeiter. Sie wurde also als Bohnenkonserve ausgeladen und wanderte als Bohnenkonserve in den Liebesgabendienst, was ihr selbst zwar wenig behagte, da sie gewissermaßen aus besserem Hause kam, jedoch nicht weiter wunder neh¬ men sollte, wenn man sich erinnert, mit welchen Nöten jene Zeiten zu ringen hatten. Man werde schon rechtzeitig merken, was in ihr stecke, tröstete sich schließlich die .Dose, um die es ging. Man werde es schon merken. Und dann ... Sie wanderte in die Küche einer Familie, deren jüngstes Töchterchen sich für fremdsprachliche Aufschriften interessierte, seitdem sie Sextanerin war. Und das war sie erst seit kurzer Zeit. „Vati", rief sie plötzlich aus und buchstabierte an der buntbeklebten Dose aus Argentinien herum. „Weißt du, was auf südamerika¬ n i s c h B l a n d - L a r d h e i ß t ? " 3 �Vater las gerade seine Zeitung und wer also ungnädig. Zeitungen waren da¬ mals eine Seltenheit, und ebenso selten waren die Augenblicke, die man ihnen widmen konnte. „Sudamerikanisch? Aber das gibt es doch nicht, Tonia. Du meinst gewiß Spanisch oder Portugiesisch. Und nun laß mich in Ruhe! Ich will lesen." Also auf spanisch oder portugiesisch. Weißt du es nicht, Vati?" W a s d e n n ? " Was Bland-Lard auf spanisch oder portugiesisch heißt. ,Auf spanisch oder portugiesisch? Wieso? Ich kann weder das eine noch das a n d e r e . » t ,Soll ich es dir sagen? Es heißt: Brechbohnenl „Aber das ist doch Unsinn, Tonia", widersprach Herr Elverich. Erstens ist Bland-Lard kein sponisches oder portugiesisches Wort, sondern ein englisches. Und dann heißt es: Schweinefett. Aber auf deutsch. Und nun laß mich in Ruhe, ja? Tonia triumphierte. „ln diesem Falle muß es aber doch Brechbohnen heißen", beharrte Tonid. Ich habe die Dose heute morgen als Liebesgabe bekommen. Es seien Brechbohnen drin, sagte man mir. Schau, da steht es: Bland-Lard. Ob Mutti sich-freuen wird?" Ganz recht, echote die Dose. Da steht es, groß und deutlich: Bland-Lard aus Argentinien. Und einen schönen Gruß von Herrn Diego Almagro aus Buenos Aires soll ich euch auch bestellen. Herr Elverich hatte die Zeitung hingelegt. Er nahm die Dose und betrachtete sie von allen Seiten. Natürlich entdeckte er auch Herrn Diegos Gruß. Er schmun¬ zelte, tippte sich an die Stirn —Köpfchen! —und überlegte. Dann nahm er sein Notizbuch und schrieb. „Nichts verraten!" flüsterte er Tonia zu. „Wieso nichts verraten?" „Weil wir Mutti damit überraschen wollen.' „Ach sooo!" Die schöne bunte Dose BlandnLard zitterte. Mutti überraschen? Wieso? Ob I d a s e t w a s B ö s e s f ü r s i e b e d e u t e t e ? * CARL FLORA ■MÜNSTER (WESTF.) N A T U R S T E I N I N D U S T R I E M A R M O R - U N D M A R M O R S A N D S T E I N 4 �Am gleichen Tage noch konnte Herr Elverich eine Dose Brechbohnen, made in Germany, ein halbes Dutzend Eier, ebenfalls made in Germany, einen Riegel Schokolade und fast 50 Gramm Kaffeebohnen vor seiner erstaunten Frau auf den Tisch legen. „Liebesgaben!" erklärte er stolz, als sie zweifelnd und sprachlos da¬ stand. „Aus Übersee. Was sagst du dazu?" Frau Elverich sagte nichts. So überrascht war sie. Aber natürlich fand sie den Kafföe am köstlichsten, da sie ihn sooo lange entbehrt hatte. Tonia bekam die Schokolade. Die Eier sollten auf mehrere Wochen verteilt werden. Und den Brech¬ bohnen merkte Frau Elverich beim Zubereiten nicht einmal an, daß sie Braun¬ schweiger Herkunft waren. „Sag bloß, wie du das gefingert hast", drang sie schließlich in ihren Mann, wobei man sich erinnern möge, daß der Ausdruck „gefingert" damals ungemein gebräuchlich war, selbst in gebildeten Kreisen, sofern sie nicht „gedreht" dafür e i n s e t z t e n . Schweigend holte Herr Elverich die Anschrift von Herrn Diego Almagro aus seiner Brieftasche hervor und zeigte sie seiner Frau. Wundert man sich, daß Frau Elverich nun ihrerseits eine Idee hatte? Sie meinte schon zu sehen, wie ganze Berge von Kaffee, Schokolade und Südfrüchten auf sie zukamen. Sie hatte nämlich beschlossen, sich bei Herrn Diego zu bedanken und in ihrem Schreiben —natür¬ lich Oberaus diskret und nur andeutungsweise und mit der nötigen Zurückhaltung —durchblicken zu lassen, daß, wenn Herr Diego ..., es jedenfalls für sie alle eine große Erleichterung in den schweren Zeitläuften bedeuten werde. Vielleicht könne er „etwas" veranlossen. Ohne Frage werde er das tun, versuchte die leer und mithin wertlos gewor¬ dene Brechbohnen-Dose vorzubringen, was eigentlich höchst naseweis von ihr war. Denn man beachtete, daß sie als Braunschweiger Fabrikat weder zu Herrn Diego Almagro noch zu Argentinien in irgendwelchen Beziehungen stand. Ja, sie war nicht einmal aus Weißblech. Und die echte Dose mit BlandiLard? Nun, sie liebte bereits das begonnene Abenteuer und sollte auf ihre Kosten kommen. Man handelte die köstlichsten Dinge für sie ein, wie das damals so üblich war. Oder hättet ihr das vergessen, wo es euch wieder so gut geht, daß ihr es kaum noch wahrnehmt? Zigaretten, Kartof¬ feln, eine Puppe für den Weihnachtsgabentisch, Kleidungsstücke: es dürfte so leicht nichts geben, was damals für eine Dose Bland-Lard nicht feil gewesen wäre —damals, als die Liebe buchstäblich durch den Magen ging. Keiner aber der interimistischen Eigentümer jener schönen, buntbemalten Dose vergaß, sich die Anschrift von Herrn Diego heimlich zu notieren. Vorsorglich natürlich nur. Man konnte ja nicht wissen. Man verstand eben damals, höflich zu sein. Ihr könne es schon passen, meinte die Bland-Lard-Dose bei den vielen Wie¬ derholungen und neckischen Abwandlungen des ihr nun schon gewohnten Spiels. Ihr könne es durchaus recht sein. Hatte sie doch nicht erwartet, „drüben" ein 5 �solches Enigegenkommen zu finden —eine so einfache, bescheidene, wenn auch buntbemalte Bland-Lard-Dose, wie sie war. Nach Wochen liefen die ersten Dankesbriefe aus Deutschland bei Herrn Diego Almagro ein. Sie stiegen, auf einige Dutzend,, glichen sich im Ton und wichen nur in gewissen Angaben voneinander ab. In einem glaubte man sich für Kaffee be¬ danken zu müssen, in einem andern für Zigaretten oder Tee. überaus diskret und nur andeutungsweise und immer mit der nötigen Zurückhaltung ließen aber alle irgendwie durchblicken, daß, wenn Herr Diego Almagro ..., es jedenfalls für sie alle eine große Erleichterung bei den schweren Zeitläuften bedeuten werde. Vielleicht könne er „etwas" veranlassen. „Glaubst du an Wunder, Anneliese?" fragte Herr Diego eines Tages seine Frau, als die Flut der Briete einigermaßen verebbt war. „An Wunder? Wie meinst du das?" Diego reichte ihr seine Briefe hin. „Weil so viele von „drüben" angeben, sie hätten von mir ich weiß nicht was alles erhalten, wofür sie sich bedanken mü߬ ten: Kaffee, Tee, Schokolade, Zgaretten ,..Sogar frische Eier soll ich einer Frau aus Köln geschickt haben. Aber ich träume doch nicht. Ich bin doch normal. Ich weiß doch genau, daß es Biand-Lard war, ein einziges Mal, damals, du weißt doch, statt der Brechbohnen. Aber von Bland-Lard schreibt niemand. Kannst du d i r d a s e r k l ä r e n ? " Frau Anneliese Almagro, geborene Pennekamp ous Salzkotten bei Paderborn, konnte es nicht. Niemand in Argentinien, wem Immer sie die Sache vortrugen, konnte es —ein untrügliches Zeichen dafür, daß das sogenannte Wirtschaftswun¬ der sich in Argentinien um mehr als ein ganzes Jahrzehnt früher ereignet hatte C . H e n k e a l s b e i u n s . I ^eUenAitticke, OjO^ddü-ö^l, (Pkacktfinken und StändeJi SXehfUche, Ax^uahten .und dLu&ehM Anx^elqefLöte I dtemedatk Rothenburg 31 M ü n s t e r s ältestes Fachgeschäft 6 �Wie wir schenken sollten Die Menschen pflegen sich bei Anlässen verschiedenster Art Geschenke zu überreichen. So überreicht etwa der Gast dem Gastgeber ein Geschenk, um ihn damit zu ehren und freundliche Aufnahme zu danken. Was man dem Gastgeber schenkt, ist bei den einzelnen Völkern verschieden: wir schenken Blumen, die Mongolen einen blauen Seidengürtel. für seine ihm Schon von früh auf haben uns die Eltern gelehrt, daß es auf den Wert solcher Geschenke nicht in erster Linie ankommt. Aber wenn wir das auch eingesehen haben, stellt sich uns doch die Frage, worauf es denn beim Schenken und bei G e s c h e n k e n b e s o n d e r s a n k o m m t . Eine Erfahrung, die mich die Lösung dieser Frage ahnen ließ, machte ich an einem Weihnachtsfest. Am ersten Weihnachtstage besuchten meine Eltern und ich meine Großmutter. Nachdem meine Eltern und sie sich gegenseitig beschenkt . hatten, nahm meine Großmutter mich beiseite und gab mir einen Briefumschlag mit Geld darin. Zuerst war ich enttäuscht. Geld als Geschenk hatte ich nicht er¬ wartet. Dann aber sogte meine Großmutter mir, sie wisse nicht, was man einem Jungen wie mir schenken könne. Um mich nicht zu enttäuschen, habe sie mir das Geld gegeben. Nun verstand ich sie. Sie hatte recht. In ihrem Fall war es das beste, Geld zu schenken, obwohl ein Geldgeschenk an sich von mangelnder Einfühlungsgabe z e u g e n m a g . Ein anderes kleines Erlebnis machte mir noch deutlicher, wie man in sinnvoller Weise schenken kann. Meine kleine Kusine hotte angefangen, Briefmarken zu sammeln. Wenn ich bei meiner Tante, ihrer Mutter, zu Besuch war, hatte ich mich immer über ihren Eifer bei ihrer neuen Beschäftigung gefreut, Briefmarken sorgsam von Briefen abzulösen, dicke Kataloge zu wälzen, um ihren Wert fest¬ zustellen, und sie schließlich in ihr Album einzukleben. Einige Zeit war vergangen, und ihr Geburtstag rückte näher. Ich überlegte, wie ich ihr eine kleine Freude machen könnte. Mir fiel ihre neue Lieblingsbe¬ schäftigung ein, und ich schickte ihr ein Tütchen voll Briefmarken. Nach einigen Tagen erhielt ich einen Brief, in dem sie mir herzlich dankte und ihre Freude über die Briefmarken zum Ausdruck brachte. Dieser Brief ließ mich erkennen, daß auch Geschenke von geringem materiellen Wert einen großen seelischen Wert haben können. Ich hatte mich in die Lage meiner kleinen Kusine versetzt und hatte ihr so eine größere Freude bereitet als vielleicht mit einem anderen, viel kostbareren Geschenk. n e n Wenn uns ein Geschenk einen longe gehegten, bis dahin unerfüllt gebliebe- Wunsch erfüllt, so wird uns dadurch ebenfalls eine große Freude bereitet. Diese Erfahrung machte ich an meinem letzten Geburtstage. Ich war erstaunt, als ich unter den Geschenken für diesen Tag eine Schallplatte mit russischer Volksmusik fand. Ich hatte schon lange die Absicht gehabt, mir diese Platte zu kaufen, hatte aber nie genug Geld dazu gehabt. Als ich fragte, bekam ich zur Antwort, meine 7 �Tante habe sie mir geschenkt. Wie hatte sie von meinem geheimen Wunsch erfah¬ ren? Ich fragte sie danach in einem Briefe. Sie antwortete, ich hätte einmal eine Andeutung gemacht, daß mir gerade diese Platte sehr gefalle. Da habe sie sie für mich gekauft. Darüber freute ich mich mehr als über andere Geschenke, die ich je bekommen hatte, ich höre diese Platte immer wieder an und empfinde noch stets die gleiche Freude daran wie an jenem Geburtstage. Das Geschenk, das mir bis heute die größte Freude bereitet hat, erhielt ;ich letzten Weihnachtsfeste. Es hatte ein etwas trauriges Vorspiel. Ich hatte sechs Jahre lang ein Pärchen Exoten-Vögel gehabt. Im Sommer waren sie eingegongen. Meine Eltern kannten meine Tierliebe und wußten, wie sehr ich diesen Verlust be¬ trauerte. Sie wußten auch, daß ich mich einsam fühlte, da ich keine Geschwister habe. Nun waren wir aus der Innenstadt in die Vorstadt gezogen und-hotten eine große Wohnung und sogar einen kleinen Garten. In. dieser Umgebung Platz für den Gegenstand meines lange gehegten und unerfüllten Wunsches. Er wurde am Weihnachtsabend zur Wirklichkeit: ich bekam einen Hund, einen klei¬ nen Pudel. Meine Freude über diese Überraschung war unbeschreiblich. Nun hatte ich jemanden, der mein bisheriges, vielleicht etwas eintöniges Leben durch seine Streiche durcheinanderwarf, mir viel Spaß bereitete und mich oft zum Lachen b r a c h t e . a m w a r Dies Geschenk ließ mich erleben, wie durch die Einfühlungsgabe des;Schen- kenden eine etwas traurige Stimmung zum besten gewendet werden kann. Wenn man zu Ostern, Weihnachten oder Neujahr ungezählte bunte Postkarten von Bekannten erhält, die man schon fast vergessen hat, erkennt man, daß bei ihnen kaum tiefere Gefühle mitsprechen. Es ist mehr oder weniger Routine. Solche Aufmerksamkeiten erinnern uns im Grunde nur daran, wie man nicht schenken s o l l t e . Wie man aber sinnvoll schenken kann, indem man vor allem Freude schenkt, das haben, denke ich, die vier Beispiele gezeigt, die ich gebracht habe. Hartwig Jansen (Oll sa) T\aifeel}auö ^ennemann H A N D O R F D A S B E L I E B T E A U S F L U G S L O K A L A N D E R W E R S E 8 �Aus dem Leben unserer Schule Zu Ostern 1960 mußten wir drei neue Klassen einrichten, so daß die Schule jetzt 26 Klassen umfaßt; je 3Klassen von Sexta bis Unterprima und 2Oberprimen. Die Zahl der Schüler beträgt etwa 750. Von den neu aufgenommenen Sextanern wählten 38 Englisch und 88 Latein als Anfangssprache. Vorsitzender unserer Schulpflegschaft ist, wie bisher, Herr Dr. Hans Ferdinand Badde, Facharzt für innere Krankheiten. Z u s e i n e r Ve r t r e t e r i n w u r d e o m 1 4 . J u n i gewählt. F r a u R i n a B e c k e r Die Schulpflegschaft für das Schuljahr 1960/61 besteht aus folgenden Mitgliedern: K l a s s e V i a V e r t r e t e r F r a u H e l e n e H e m e s a t h F r a u M a r t a T h e i s s e n Frau Inge Herweg F r a u M . Te i w e s L e o P o h l Oberinspektor Frau G. Merten F r a u H . E l l e r Frau Erna Hiller Frau Margret Höpke Adam J. Kappel Verw.-Oberinspektor F r a u H i l d e C o u v e t Frau Ursula Quante Frau M. Wattendrup Frau Eva Kaup Frau Marianne Greuling F r a u E . W e s e m a n n 9 V o r s i t z e n d e r Werner Borgstädt Oberinspektor Gerhard Köhler Angestellter Heinrich Eggert D e z e r n e n t A l b e r t B o h n s a c k F r a u R i n a B e c k e r H e i n z M a ß m a n n Ingenieur W e r n e r M a t z Hauptmann M a t t h i a s R i e d e l Vermessungsrat G e r t L ö h n Prokurist Frau Liselotte Dege Dr. Gustav Rapp Oberpostrat Karl Weitkamp K a u f m a n n D r. H . F. B a d d e F a c h a r z t B e r n h a r d F r a n k e Angestellter Hermann Schapmann J u s t i z o b e r s e k r e t ä r H e r b e r t H e i n Bouingenieur VI b VI c V a V b V c IV a IV b IV c u m a U l l l b u m c o m m O l l l s a O l l l s b UM m �UM so U l l s b O J I m Q l l s a 0 \ \ s b U l m Ul sa U l s b O l m O l s R u d o l f K o s c h i k Oberinspektor Gustav Nagel B u n d e s b a h n o b e r r a t H a n s N o w a k L a n d e s o b e r b a u r a t Christoph Brors Oberlandesgerichtsrat Frau Luise Brockmann Bernhard Hortmer Oberinspektor Walter Hegerding Kaufmann Eugen Bänhegyi Angestellter Wilh. Schlangenotto Telegr.-Sekretär Heinrich Heescher Landesrentmeister Frau Elly Schiefei F r a u H i l d e B e c k e r Frau E. Schleopinghoff Frau Erna Meintrup Hubert Brüning Sparkassendirektor i. R. Frau Margot O'rbe j I Frau H. Detering i Frau Ilse Kambarte Frau Maria Jamrosy Frau R. Niedergerk Unser neuer Schulsprecher ist Jürgen Eismann (Ul m}, sein Vertreter; Bern¬ hard Bergmann (UI sb}. Verbindungslehrer zur Schülermitverantwortung Ist. wie bisher, Herr Studienassessor DOtz. Seit Ostern I960 unterrichteten an unserer Schule Herr Stud.-Assessor 'Paul Bernd Kemper, Herr Stud.-Assessor Gerhard Herting, Herr Stud.-Assessor Georg Greshake und Herr Kunsterzieher Gerhard UhIig; seit dem 1. Oktober d.J.: seit dem 1. November d.J.: Frau Stud.-Assessorin Dr. Marianne Sch wart ze; Frau Stud.-Assessorin Margarete Tigges und Herr Stud.-Assessor Fritz Raffln. Wir wünschen allen Neuhinzugekommenen'— Eltern, Lehrern wie Schülern — Freude und Erfolg bei ihrer Arbeit. Herr Studienrat Schwarz ist wegen einer Krankheit, die er sich in russischer Kriegsgefangenschaft zuzog, für das laufende Schuljahr beurlaubt. Wir wünschen ihm recht baldige volle Genesung. Herr Dr. Junker ist seit dem 1. Oktober d.J. ebenfalls beurlaubt. Er über¬ nahm die Leitung des hiesigen Overberg-Instituts, wozu ihn unsere besten Wünsche begleiten. 1 0 �Am 1. Juli wurden zu Studienräten ernannt: Herr Stud.-Assessor Ulrich Ehrhardt, Herr Stud.-Assessor Klaus Hagemann und Herr Stud.-Assessor Herbert Schmidt; am 28. Oktober: wozu wir die Genannten herzlich beglückwünschen. Frau Stud.-Assessorin Dr. Charlotte Gruna, * Am 1. Dezember war der Leiter unserer Schule, Herr Oberstudiendirektor Dr. Plate, 40 Jahre im höheren Schuldienst tätig. Wir grotulieren dem Jubilar und möchten ihm und uns von Herzen wünschen, daß seine Hand noch lange unsere Schule leitet und seine Gaben uns erfreuen. ♦ In der Annahme, daß es manche unserer Leser, vor allem die Eltern unserer Schüler und unsere „Ehemaligen" interessieren könnte, bringen wir im folgenden eine Übersicht Ober alle Lehrer, die z. Z. an unserer Schule töHg sind: 1 O b e r s t u d . - D i r e k t o r D r. J o s e f P l a t e 19. Studienrat Dr. Rochus Junker L e i t e r d e r S c h u l e 2 . O b e r s t u d i e n r a t D r. C o n r a d H e n k e Verwaltungs-Oberstudienrat Fachleiter für Geschichte am Studien¬ s e m i n a r 3. Oberstudientat Dr. Eduard Lütgen I 4 . O b e r s t u d i e n r a t Fach-Oberstudienrat Fachleiter für Deutsch und evgl. Religion am Studienseminar 1 D r. H u g o P o t t e b a u m F a c h - O b e r s t u d i e n r a t Fachleiter für Biologie am Studienseminar 1 5 . O b e r s t u d i e n r a t H a n s G r a d a u s F a c h - O b e r s t u d i e n r a t 6 . S t u d i e n r a t F r i t z W e d n e r 7 , S t u d i e n r a t R i c h a r d S c h w a r z z. Z. wegen Krankheit beurlaubt 8 . S t u d i e n r a t W i l h . S c h l i c h t h a b e r 9. Studienrätin Paula Lange 10. Studienrat Ernst Thiel 11. Studienrat Walter Ott e 12. Studienrat Dr. Albert A11 erun_ 1 3 . S t u d i e n r a t H e i n r i c h B r i n k r o l f - 14. Studienrat Paul Hungerberg 1 5 . S t u d i e n r a t B e r n h a r d S c h l ü t e r 16. Studienrat Hans Sch n 17. Studienrat Rudolf HTII ebrand 18. Studienrat Dr. Ludwig Klocken¬ r m g o n ^ b u s c h Fachleiter für Englisch am Studienseminar I z. Z. beurlaubt 2 0 . S t u d i e n r a t W i l h e l m W a c k e r 2 1 . S t u d i e n r a t A l f r e d J o b s t 22, Studienrat Dr. Fritz ^_cjT.gJjiLÄ-y'e- 23. Studienrat Günther EiIentrop 2 4 . S t u d i e n r a t D r. R u d o l f Tu c h m a n n 2 5 . S t u d i e n r a t A l f r e d H e i d t 2 6 . S t u d i e n r a t H e r r n . S c h w e r b r o c k 27. Studienrat Ulrich ^h rh_ Q L 28. Studienrätin Dr. Charlotte Gru 2 9 . S t u d i e n r a t H e r b e r t S c h m i d t 30. Studienrat Klaus Hagemann .31. Studienassessor Paul Bernd m a n n n a K e m p e r 32. Studienassessor N o r b e r t J o h a n n i m l o h 33. Studienassessor Josef Pa hI 34. Studienassessor Heinrich Dütz 35. Studienassessor Gerhard H« rtinq 36. Studienassessor Adolf Scheid.t 37. Studienassessor GeorgT? reshake 38. Studienassessorin Margarete Tigges 40. Studienassessor Fritz Raff 41. Studienrätin a. D. 42. Kunsterzieher Gerhard Uh1ig D r . J o h a n n a K o r t m a n n in 11 �Am 1. November verließen unsere Schule nach bestandener Pädagogischer Prüfung die Herren Studienassessoren Günter Böhm Dieter Bucker Theodor v. Dobbeler Eberhard Herzig Gerhard Jordy Wolfgang Meier P. Josef Erich Sander, OFM Dr. Manfred Schunicht Es begleiten sie unsere besten Wünsche. Zur gleichen Zeit wurden der Schule folgende Herren Stud.-Referendare überwiesen: Hilmar Möller i Gerhard Simon ] Alfons Schröder Wolfgang Ulrich Henner Voß Wir möchten wünschen, daß sie sich an unserer Schule wohlföhlen. Aloys Beuers H e r m a n n F i s c h e r Rudolf Gundlach Dankfried Kleinschmidt Detlef Luchterhandt Gerhard Meyer * Abwechslung in die tägliche Arbeit der Schule brachten wieder unser jdies¬ jährigen Wander- und Studienfahrten. An ihnen waren folgende Klassen b<teiligt: K l a s s e IV a IV b um b U l l l c U l l m Ull sa U l l s b Oll sa O l l s b U l m Ul sa Ul sb O l m O l s Z i e l Lengerich/Iburg Lipperland Iburg/Dörenberg Lipperland Altena Lemgo Nattenberg/Lüdenscheid Burg Rothenfels Borgholzhausen M ö h n e s e e Ahlborn/Oidenburg Ahlborn und Arnheim B e r l i n D e t m o l d | Unsere Sängerknaben fuhren zur Porta Westfalica und in das Mindener Land. Das Fachgeschäft für gute Blumenspenden! Bahnhofstr. 2(Ecke Servatiiplatz) ●Telefon 35936 -Wolbecker Str. 20 M Ü N S T E R / W E S T F . 1 2 �Leider kann'der Chronist diesmal nicht nur Erfreuliches aus dem Leben unserer Schule berichten. Am 27. Mai haben wir den kleinen Sextaner Ralf Koppei(VI b) verloren. Er ist im Konal ertrunken. Am 14. August verloren wir zwei weitere Schüler unserer Schule: Tilo Schier(Abiturient von 1957} und Wolfhard Schultz (UM m). Beide sind bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Am 1. Sept. erhielten wir die Nachricht vom Tode unseres lieben Kollegen, Herrn Studienrat i. R. Leo BurghoIz Wir haben ihn am 6. Sept. auf dem Waldfriedhof Lauheide begraben. Im gleichen Monat —am 27. Sept. —wurde uns ein weiterer Kollege, Herr Studienassessor Hans Müller durch einen Autounfail entrissen. Wir begruben ihn am 30. September auf dem Zentralfriedhof. Am 8. Oktober starb in Wuppertal-Elberfeld der ehemalige Leiter unserer Schule, Her/ Oberstudiendirektor Dr. Adolf Eggers kurz nach Vollendung seines 77. Lebensjahres. Möge Gott ihnen allen die ewige Ruhe gebeni Zur Erinnerung an Leo Burgholz Mit Leo Burgholz, der seit Ostern 1958 im Ruhestand lebte und nun zu Grabe getragen wurde, hat das Schlaun-Gymnasium einen seiner besten Lehrer verloren, einen Lehrer, der in fast 40 Jahren das Gesicht der Schule wesentlich mitgeprägt hat. Ais Kunsterzieher hot er, der selber ein begabter Künstler war, junge Men¬ schen in ihrer künstlerischen Entwicklung gefördert. Er war bahnbrechend in seinem Bemühen, den Schülern Verständnis für die moderne Kunst zu vermitteln. In seiner westfälischen Kraft und Behorrlichkeit ist er unerbittlich seinen Weg gegangen, bis er Anerkennung fand und man ihn mit der Ausbildung junger Kunsterzieher beauf¬ tragte. Aber nicht nur künstlerische Begabungen wollte er fördern, seine wesent¬ liche Aufgabe sah er darin, in jedem Schüler die Freude am Gestalten zu wecken 1 3 �und dadurch seine Persönlichkeit zu entfalten. Mit unerbittlicher Strenge ließ er nur das Echte und persönlich Empfundene gelten. Seine Echtheit und Wahrhaftig¬ keit, allem Schein und aller Fassade abhold, war ein Grundzug dieses geraden Mannes. Und so wollte er auch seine Schüler. Obwohl seine große Liebe seiner Kunst galt, setzte er sich doch mit ganzem Herzen für seine Schule ein. Er war seinen Schülern ein guter Kamerad und be¬ gegnete seinen Kollegen in vorbildlicher Hilfsbereitschaft und als treuer Freund. So wird er im Schlaun-Gymnasium allen in Erinnerung bleiben. Er verstand es, mit den Schülern aller Altersstufen umzugehen. Auf großer Fahrt öffnele er den Jungen die Augen für alles Schöne in der engeren und weiteren Heimat. Mit seiner Frau, die auch in seinem künstlerischen Streben seine treue Ge¬ fährtin war, gestaltete er Theateraufführungen und Schulfeste. Wertvolle »Ausstel¬ lungen von Schülerzeichnungen und die Ausschmückung der Schule waren sein W e r k . Aber der Schwerpunkt seiner Arbeit lag in seinem täglichen Unterricht. Voller Ideen und immer mit neuen Einfällen wirkte er in seinen Klassen. Er war ein be¬ gnadeter Pädagoge, er wußte die Kleinen und die Großen anzuregen u^d zur freudigen Arbeit zu bringen. Und dabei herrschte Ordnung und Disziplin. Es war, als ob der alte Geist der arbeitsfreudigen und bescheidenen Malerzunft in seinem Unterricht lebendig wurde. So begrüßte er seine Jungen zu Beginn seiner Stunden mit dem alten Gruß: Gott segne das ehrbare Handwerk! Gott hat es durch seine Arbeit gesegnet. Zur Erinnerung an Hans Müller Ich kam an jenem Dienstag, dem 27. September, aus der ersten Unterrichts¬ stunde in das Lehrerzimmer und war, wie dos so zu sein pflegt, noch in Gedan¬ ken an die Geschichte, die ich gerade besprochen hatte: die traurig-schöjie Ge¬ schichte der „Verlobung in St. Domingo". Man sieht dann nicht viel von dem, was rundum geschieht, überhört vielleicht sogar den Gruß eines Kollegen und geht an anderen vorbei, als wären sie nicht da. An diesem Morgen aber stand dort ein Kreis von Menschen, stand dort so still, daß ich sofort aus meinen Gedanken herausfiel, mir die Gesichter, eines nach dem anderen, ansah und den bleichen Schrecken darauf las, bis der Direktor erklärte: „Herr Müller Ist eben tödlich verunglückt." Es war zunächst so, als triebe diese Nachricht jeden Gedanken und jedes Ge¬ fühl aus mir heraus. Als ich langsam wieder einer Vorstellung fähig wurde, waren da merkwürdigerweise zwei Erinnerungen, die in den folgenden Tagen mich be¬ gleitet und sich jetzt fest mit diesem Todeserlebnis verbunden haben. Auf einem Kollegiumsausflug, kurze Zeit vorher, war ich mit Hans Müller län¬ gere Zeit spazieren gegangen; wir waren im Laufe unseres Gespräches auch auf augenblickliche Arbeit im Deutschunterricht und schließlich auf die Ge¬ schichte, die er gerade in seiner Untertertia las, gekommen, den „Pole Poppen- späler". Er konnte ja danach fragen, wie man etwas wohl am'besten machte, und Gespräch wurde ausführlich und gründlich, weil auch Ich die Geschidite vor gar nicht langer Zeit in meiner Untertertia behandelt hatte. Jetzt, da ich mir Hans Müller tot denken mußte, war diese Geschichte sofort da und mit ihr der u n s e r e u n s e r 1 4 ��Gedanke: Sie hat ihn also zuletzt beschäftigt —sowie das Empfinden: Sie war gut, dazu und hat ihn auf diese ganz ernste, innige Weise erfreut, wie man das einem Menschen in seinen letzten Tagen wünscht. Besonders an eine Stelle aus der Poppenspäler-Geschichte mußte ich denken, an Pauls Abschied von der Llsei, w o e s h e i ß t : „Ade! Ade! rief das Lisei. Das Pferddien zog an, das Glöckchen an seinem Halse bimmelte; ich fühlte die kleinen Hände aus den meinen gleiten, und fort I c h w a r w i e d e r a m R a n d e d e s fuhren sie, in die weite Welt hinaus. Weges emporgestiegen und blickte unverwandt dem Wägelchen nadi, wie es durdi den stäubenden Sand dahinzog. Immer sdiwädter hörte idt das Gebim* mel des Glöckchens; einmal nodi sah ich ein weißes Tüchelchen um die Kisten flattern; dann allmählich verlor es sidi mehr in den grauen Herbstnebel. Da fiel es plötzlidi wie eine Todesangst mir auf das Herz: Du siehst sie nimmer, nimmer wieder! Als aber dessenungC’ aditet, vielleicht wegen einer Biegung der Landstraße, der nur noch im Nebel schwimmende Punkt jetzt völlig meinen Augen entsdiwand, da rannte idi wie unsinnig auf dem Wege hinterdrein. Der Sturm riß mir die Mütze vom Kopfe, meine Stiefel füllten sich mit Sand; aber soweit ich laufen mochte, i6\ sah nidtts anderes als die öde, baumlose Gegend und den kalten grauen Himmel, der darüber stand. Als ich endlidi bei einbrechender Dunkelheit zu Hause wieder angelangt war, hatte id; ein Gefühl, als sei die ganze Stadt indessen ausgestorben. Es war eben der erste Abschied meines Lebens." „ L i s e i ! " s c h r i e i d i . „ L i s e i ! ' �Ja, ich sage es auch: Es war der erste ganz schwere Abschied meines Lebens. Ich habe ihn eigentlich immer noch nicht geleistet, würde mich auch heute, acht Wochen nach seinem Tode, nicht wundern, wenn er plötzlich vor mir stände und sagte: Was habt ihr da doch für einen bösen Traum geträumt! Aber das wird nicht geschehen. Indem ich das denke, höre ich wieder den Satz, den meine Frau immer vor sich hinsprach, als ich ihr die Nachricht brachte: „Das ist ja so traurig! Ach, das ist ja so traurig!" Damit kommt auch die andere Erinnerung wieder, die damals im Augenblick des ersten Schreckens heraufkam: Wir brachten mit unserem kleinen Kollegen- Chor dem Ehepaar Müller zur Geburt der kleinen Jutta ein Ständchen. Während wir sangen, saßen die beiden nebeneinander und hörten zu. Hans Müller sang, weil er die Lieder kannte, leise und glücklich lächelnd mit. Da kam die Strophe: „Weint zum erstenmal das Kind, Kommt ein sanfter Abendwind, Und ein Lilienstengel sdrön Wird aus dunkler Erde gehn Und ein Tau fällt darein. — Trösten kann nur Cotf allein." Bei der letzten Zeile schaute Hans Müller seine Frau plötzlich an und legte fr. Sch. seine Hand auf die ihre. Ja, trösten kann nur Gott allein! �In p1a m RALF KOPPEI (VI b) t27. Mai 1960 T I L O S C H I E R (Abiturient 1957) t14. August 1960 W O L F H A R D S C H U L T Z t14. August 1960 O b e r s t u d i e n d i r e k t o r D R . A D O L F E G G E R S i8. Oktober 1960 S t u d i e n a s s e s s o r H A N S M Ü L L E R t27. September 1960 1 8 �m e m o r 1 a m I Denk es, oSeele! Ein Tännlein grünet wo, wer weiß, im Walde, ein Rosenstrauch, wer sagt, in weldjem Garten? Sie sind erlesen schon, denk es, oSeele, auf deinem Grab zu wurzeln. und zu wachsen. Studienrat i. R. L E O B U R G H O L Z "t" 1. September I960 Zwei schwarze Rößlein weiden auf der Wiese. Sie kehren heim zur Stadt in muntern Sprüngen. Sie werden schrittweis gehn m i t d e i n e r L e i c h e — vielleicht, vielleidif noch eh an ihren Hufen das Eisen los wird, das ich blitzen sehe. E d u a r d M ö r i k e 1 9 �Rückblick auf unser diesjähriges Schulsportfesf Am 18. Juli wurden die Bundesjugendspiele 1960 -in Verbindung mit einem großen Schuisportfest durchgeführt. Alle Schüler mußten am Vormittag den Drei¬ kampf (Lauf, Weitsprung, Wurf oder Kugelstoß) absolvieren. Der Nachmittag ge¬ hörte den Staffeln und den Entscheidungen in den Laufwettbewerben. Das übliche gute Wetter hatte uns auch diesmal nicht im Stich gelassen. Es klappte alles vorzüglich, nicht zuletzt dank der mustergültigen Organisation, die in den Händen unseres inzwischen verstorbenen Lehrers Hans Müller lag. Die seit Jahren bemerkbare Leistungssteigerung hat auch in diesem Jahre an¬ gehalten. Es wurden viele Schulrekorde verbessert. Viel wichtiger aber ist es, daß auch in der Breite eine starke Zunahme der Leistungen zu bemerken war. Das zeigt am besten die Zahl der Ehrenurkunden und Siegerurkunden: 135 bzw. 289. Hervorragende Leistungen erzielten: i m i m 5 0 m - L a u f l O O m - L a u f im Weitsprung Schmaloer (V c) L. Niesert (Ol s) Nienhaus (Ull m] Buddemeyer (IV a) Mertens (Ull sa) L. Nieseft (Ol s) (es sprangen im übrigen 11 Schüler über 6mweit), Brendel (Ull sb) Ungruhe (Ul m) i m W u r f im Kugelstoß (61/4 kg) 9 0 m 13,10 m Im Dreikampf ubertrafen 8Schüler die „Traumgrenze" von 80 Punkten. Bester war hier wie im Vorjahre Klaus Ungruhe (Ul m) mit 86,5 Punkten. 7,5 sec 11,3 sec 11,3 sec 4,6 m 6,10 m 6,30 n ' Auch in den Klassenwertungen steigerten sich die Durchschnittszahlen im allge¬ meinen um 5bis 10 Punkte. Sieger und damit Wimpelgewinner waren mit 74,20 Punkten mit 82,87 Punkten mit 75,07 Punkten i n d e r U n t e r s t u f e d i e in der Mittelstufe die Ull m in der Oberstufe die Ol m I V c T u 0 o O 0 © C> 0 ^£in Dukaienesel wät*e nicht schlecht ^Leiden sind seine Dukaten nicht echt Wen klug ist, lueiß seinen i^otteilzu u>cthven. Die echteGe\Axr\a(S\ev\^m%theißt: Spat’en! V O L K S B P N K ^ 2 0 �Gruß der Abiturientenschaft an die „Ehemaiigen / / L i e b e F r e u n d e ! Anläßlich des Erscheinens dieser Nummer des „Schlaun-Gymnasiums" als Weih¬ nachts-Nummer nehmen wir gern die Gelegenheit wahr, Ihnen allen sowie Ihren Angehörigen herzliche Weihnachts- und Neujahrsgrüße zu übermitteln. Zugleich möchten wir Ihnen Dank sagen für die von Ihnen entrichteten Beiträge und die darüber hinausgehenden, teils großherzigen Spenden für unsere Vereini¬ gung. Letztere ermöglichen uns immer wieder die organisatorische Vorbereitung und verhältnismäßig kostspielige Durchführung unserer Wiedersehensfeiern. In der vorliegenden Ausgabe finden Sie am Schluß im geschäftlichen Teil ein n e u e s P o s t s c h e c k - K o n t o a u f d e n N a m e n v o n H e r r n F r i e d r i c h B e x t e n , M ü n ¬ ster. Er hat sich seit dem letzten Jahr freundlicherweise unserem Arbeitskreis ols Geldverwalter zur Verfügung gestellt. Das zwischenzeitlich eingerichtete Verfahren der Banküberweisung hat sich als unzweckmäßig herausgeStellt, so daß nunmehr wieder, wie bereits früher, die Beträge auf dem Postscheckwege ange¬ w i e s e n w e r d e n k ö n n e n . Doch genug vom leidigen Geld und seiner leider zu autoritären Regierung! Unsere Gemeinschaft soll ja an erster Stelle der Verbundenheit zur alten Schlaun- schule und der Pflege ihrer Tradition dienen. Irgendwie ist man auch als „Ehemaliger" immer wieder zu Hause, wenn man heute den Schulhof an der Mauritzstraße (jetzt Sonnenstraße) betritt und die alten, breiten Treppen des Schulgebäudes hinaufgeht. Leider kommt einem dabei auch zum Bewußtsein, wie flink und wendig man ehemals war; sieht man doch in der derzeitigen Belegschaft der Schule nur zu gern sein eigenes Bild vergangener Tage. Wenn dann in der Pause ein ins Freie stürmender Schüler nach einem „Body check" mit dem Besucher ein freundliches „Verzeihung" murmelt, weiß man, daß man hier gut aufgehoben ist.' Außerhalb der Pausen aber hat man den Ein¬ druck der ruhigen und ernsthaften Arbeit. Leiter und Lehrerschaft der Schule haben übrigens immer ein freundliches Wort, einen klugen Rat, eine mögliche Hilfe für uns „Ehemalige", auch für Dich. Wenn Du also mal in Münster bist, so vergiß nicht. Deine alte Schule aufzusuchen, und sei es auch nur für einen Gang durchs Treppenhaus! W i e d e r s e h e n ! A u f Middelberg Reg.-Baudirektor i. R. O e t t e r Amtsgerichtsrat V o r d e m E s c h e Amtsgerichtsrat Eichel B a n k d i r e k t o r R u w e Oberregierungsrat D e t e r m e i e r K u n s t m a l e r Kubigsteltig 'Dipl.-Soziologe B e x t e n Landesoberinspektor 21 �Wem der Name „Schiaun>Gymnasium" zu verdanken ist Herr Heinrich Hüffmeier, Abiturient unserer Schule von Ostern 1954, schrieb uns einen Brief, in welchem er darauf aufmerksom macht, daß der Name unserer Schule an erster Stelle auf eine Anregung unseres unvergeßlichen Dr. Oebike zurückgehe, „der schon zu seinen Lebzeiten so etwas wie die Verkörperung der Geschichte des Schlaun-Gymnasiums war, sich unermüdlich um die Fertigstellung der Ehrentafel für die gefallenen Lehrer und Schüler mühte und die Anschriften aller Ehemaligen der Schule sammelte." Er habe sich auf seinem täglichen Wege von und zur Schule im Gespräch mit Herrn Dr. Jacobi (der Anfang 1939 gestorben ist) immer wieder darum bemüht, als Ersatz für die prosaische Bezeichnung „Oberreolschule" einen Namen zu finden, der geeignet wäre, dieser Schule ein Gesicht zu geben. Dabei hätten sich die beiden Herren schließlich auf Jo'hann Konrad Schlaun geeinigt, einen Vann, dessen Leben und Wirken einerseif mit Münster aufs engste verbunden war, der andererseits künstlerische Begabung mit mathematisch-technischem Wissen und Können aufs glücklichste in sich einigte. Der Vorschlag sei dann von ollen Seiten begrüßt worden. Herr Hüff- meier deutete schließlich an, doß Herr Dr. Oebike den Schülern seiner letzten Klasse, zu der Herr Hüffmeier gehörte, diese Mitteilungen mit der Auflage gemacht habe, sie erst nach seinem Tode weiterzugeben. v e r - Wir danken Herrn Hüffmeier herzlich für seinen obengenannten Brief und fügen —ebenfalls auf seine Anregung —hinzu, was wir in der 1950 erschienenen Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Schule darüber fanden: döß der heutige Name unserer Schule bereits ihre siebente Bezeichnung dar¬ stellt. Sie fließ bis Ostern 1910 „Realschule", ab Ostern 1910 „Oberrealschule". Im Januar 1929 wurde sie —auf Anregung der beiden Herren Dr. Oebike und Dr. Jacobi —in „Konrad-SchlauniGymnasium" umbenannt. Da 1937 von der Quarta ab Lateinunterricht hinzutrat und somit der Charakter der Schule sich änderte, bekam sie den Namen „Johann-Konrad-Schlaun-Schule, Oberrealschule für Jungen". Diesen Namen behielt sie bis zum Ende des 2. Weltkrieges. Mit der Wiederaufnahme des Unterrichtes im Jahre 1946 wurde sie zur „Schlaun-Schule" und nach 1950 zum heutigen „Schloun-Gymnasium", wobei man uns eine kleine Ungenouigkeit hingehen lasse; denn eigentlich lautet ihr heutiger offizieller Name; „Konrad-Schlaun-Gymnasium". Die allgemein gebräuchliche, schlichtere und kürzere Bezeichnung als „Schlaun-Gymnasium" stellt also, wenn man so will, ihren a c h t e n N a m e n d a r . 2 2 �Stehen der erhofften Verständigung der Völker Schwierigkeiten entgegen? Wir hören nicht selten, unsere Jugend sei zu wenig politisch ge¬ bildet. Man glaubt darin eine ernste-Gefahr sehen zu müssen und stellt infolgedessen alle möglichen Überlegungen darüber an, wie ihr am besten zu begegnen sei. Wir wollen nun nicht darüber streiten, ob solche bedenklich ver¬ allgemeinernden Ansichten über unsere Jugend zutreffen oder nicht zutreffen. Da sie anonym vorgetragen werden — glaubt, und „man" stellt Überlegungen an —, wäre das ohnehin sinnlos. Wir möch¬ ten aber drei Obersekundanern unserer Schule Gelegenheit geben, uns einmal ganz schlicht in der Form eines Aufsatzes zu sagen, wie sie zu einer bestimmten Einzelfrage unseres politischen Lebens stehen:, nämlich zu der erhofften Verständigung unter den Völkern. Sie hal¬ ten sich dabei an das, was sie darüber von andern erfahren oder selbst erlebt haben, ohne Grundsatzerklärungen abzugeben, von de¬ nen bekanntlich nicht viel zu halten ist. m a n Aus ihren verschiedenen Äußerungen mögen unsere Leser urteilen und sehen, wie es in der Wirklichkeit des schulischen Alltags um die politische Bildung unserer Jugend und um das Bemühen der Schule um sie bestellt ist. Die Arbeiten sind ja ein Stück schulischer Wirklich¬ keit; es sind normale Klassenaufsätze. Vielleicht veranloßt ihre Lektüre den einen oder anderen unserer erwachsenen Leser zu einer Mitteilung darüber, was er von solchen Aufsätzen denkt und ob er es für erwünscht hält, daß wir unsern Lesern weitere Einblicke in unsere praktische Schularbeit geben. Wir würden einem solchen Wunsche gern nachkommen. Wir leben in einer Zeit, in der die Völker einander nöherrücken. ln unserem eigenen Lande begegnen wir auf Schritt und Tritt Ausländern: fremden Studenten, fremden Soldaten, fremden Arbeitern und Reisenden, die unsere Heimat kennen- ternen wollen. Hunderttausende von Deutschen fahren ihrerseits alljährlich über die Grenzen, verbringen ihren Urlaub in Italien, Frankreich oder anderswo im Aus¬ land und finden darin schon nichts Besonderes mehr. Man spricht vom vereinten Europa, baut die Zollschranken ob und erleichtert den Grenzübergang. Dennoch ist der Durchschnittsmensch voller Vorbehalte, wenn er dem Ausländer persönlich begegnet. Er lehnt ihn im Grunde ab, will keine unmittelbaren Beziehungen zu ihm und meidet ihn nach Möglichkeit. 2 3 �Sehen wir näher zu, so finden wir, daß solche Abneigung die verschiedensfen G r ü n d e h a h Zum Straßenbild unserer Stadt gehören farbige Studenten. Außer ihrer Haut¬ farbe ist eigentlich kaum etwas Auffälliges an ihnen. Durchweg wirken sie ordent¬ lich und bescheiden und ernster, als man es von Studenten erwartet. Immer wie¬ der aber beobachte ich, wie die Leute sie ungeniert anstarren und sich nach ihnen umblicken. Das geschieht nicht etwa aus Neugier; denn Neger, Japaner oder Perser haben die Leute schon oft gesehen. Es begegnet ihnen hier jedoch jemand, der anders ist als sie selbst, und der Mensch neigt dazu, das Anders¬ artige als absonderlich zu empfinden. Was aus der Reihe des Gewöhnlichen her¬ ausfällt, das nimmt er nicht bloß als Ausnahme von der Regel, sondern betrachtet es leicht als eine schlechte Ausnahme von der guten Regelmäßigkeit. Der ^uckel oder das rote Haar beweisen ihm schlechte Charaktereigenschaften, und gegen- ●über dem Farbigen empfindet er ähnlich, obwohl ihm das vielleicht gar nicht b e w u ß t i s t . Zu unserem Bekanntenkreis gehört eine ältere Dame, die ein Zimmer übrig hat und es an Studenten vermietet. Sie ist völlig überzeugt, daß der Farbige nicht weniger Menschenwürde besitzt bis sie selbst, traut ihm auch Bildung und ge¬ sittetes Verhalten zu. Sie befürchtet nichts von ihm. Doch das Zimmer würde sie ihm auf keinen Fall vermieten. Sie weiß nicht recht warum. Aber es ist ein Far¬ biger. und man weiß nicht, was in ihm steckt. Von dem Studenten aus Dort¬ mund, der jetzt bei ihr wohnt, weiß sie das natürlich ebensowertig. Doch ist dieser ihr nicht so fremd, er ist mehr wie sie selbst, und so hat sie Zutrauen zu ihm. Solche Empfindungen bestehen gegenüber anderen Ausländern, Italienern etwa oder Franzosen, nicht 'in der gleichen Deutlichkeit wie gegenüber den farbigen Studenten. Sie spielen aber auch bei ihnen eine Rolle und erzeugen eine ge?fühls- mäßige Abneigung, der mit Vernunftgründen kaum beizukommen ist. Diese Einstellung zu den Ausländern beruht nicht selten auf schlechten Erfoh- rungen. Bei uns war vor Jahren, als es noch nichts Rechtes zu kaufen gab, ein Italiener. Er trat bescheiden auf, erklärte in gebrochenem Deutsch, daß er bei den Engländern arbeite, nach Italien zurückmüsse und zwei AnzugstofTe verkaufen wolle, um seiner alten Mutter dies und jenes mitbringen zu können. Dieser Ita¬ liener war ein Betrüger, was mein Vater aber erst merkte, als ihm sein Schneider erklärte, aus diesen Stoffen könne er keine Anzüge schneidern. Nun, wir selbst sind seitdem oft in Italien gewesen und tragen den Bewobnern nichts nach. AAeine Großmutter jedoch betrachtet seit dem Stoffkauf alle Italiener mit dem tiefsten Mißtrauen. Für sie steht ein für allemal fest, daß Italiener Be¬ trüger sind. Sie verallgemeinert ein Einzelerlebnis und kommt dadurch z u e i n e m 2 4 �falschen Urfeil. Denn sie berücksichtigt nicht, daß dieser eine Italiener nicht für sein ganzes Volk dasteht, daß er nicht den durchschnittlichen Italiener repräsentiert und daß derartige Betrüger auch unter ihren deutschen Landsleuten zu finden sind, f. Solche unzulässigen Verallgemeinerungen, die selbstverständlich auch in an¬ deren Bereichen verkommen, unterlaufen in der Beurteilung des Ausländers ;be- l'.-sonders häufig und wiegen hier schwer, weil sie nur selten berichtigt wefeten '.jtönnen. Der Soldat, der im Kriege einige V/ochen in einem abgelegenen Tran- -zwischen Dorf in Quartier lag und dort die gewohnte Sauberkeit nicht vorge- ^uhden hat, kommt vielleicht nie wieder nach Frankreich. Er bleibt aber dabei: „Der" Franzose ist schmutzig. Wie erstaunt würde er sein, wenn er das normale Frankreich sÖhe! r ●i Nicht selfenl^trübt schließlich●'.pberheblichkeit das Urteilsvermögen. Wir Deut- scheri gelteh in der Welt als ein Beißiges, und arbeitsames Volk und bilden uns nicht selten auf djeseh Ruf etwas ein. Da reist nun „der" fleißige Deutsche nach Frankreich, und währ^d er durch die sonnige Landschaft fährt, sieht er zu seinem Erstaunen überall Männer, die nichts ■●tun. Sie angeln an den Flußufern, sitzen vor ihren Häusern und plaudern oder' spielen „Boule". Viele Läden und Werk¬ stätten sind geschlossen. „Der" Deutsche kommt zu der Überzeugung, „der" Franzose sei bequem und faul. Er weiß nicht, daß die Fronzosen im heißen August alle-'zusammen nur das gleiche tun wie er selbst, nämlich: Ferien machen. Gedankenlosigkeit, Unkenntnis fremder Sitten und Gebräuche, Kritiklosigkeit und Überheblichkeit verfälschen so das Urteil vieler Menschen über den Ausländer, und zwar nicht nur bei uns, sondern auch in fremden Ländern. Wir könnten das auf sich beruhen lassen, wenn es nur den einzelnen anginge. Aber die falschen Vorstellungen wirken weiter. Sie beeinflussen das Verhältnis von Volk zu Volk und dehnen die Trennung auch auf uns aus, auf mich selbst. Wir spüren-das, wenn wir selbst im Ausland sfnd.und dort auf Ablehnung stoßen. Wir sollten deshalb die Dinge nicht einfach hinnehmen, sondern unsere^ Ge- ●donkenlosigkeit ebenso wie unsere Überheblichkeit aufgeben und uns bemühen, fremde Sitten und Gebräuche zu verstehen. Damit wären wir der erhofften Ver¬ ständigung unter den Völkern gewiß schon um einen wesentlichen Schritt nöher- Ernst Brors(Oll so) gekommen. Ich weiß nicht, was Krieg ist. Ich habe ihn nicht miterlebt. Aber ich habe mit vielen Erwachsenen gesprochen, die ihn kennen, und immer habe ich festgestellt, daß sie ihn nicht wollen. „Wir wollen den Frieden", sagen sie, „das heißt, wir wollen, daß alle Völker sich verständigen." 2 5 ��Wenn alle Erwachsenen das wollen, worum ist die Verständigung der Völker noch nicht da? Warum fielen nicht schon längst alle Grenzen? Daß das nicht so einfach ist, merkte ich, als ich einmal mit einem Italienreisen¬ den sprach. Er erzählte: „Ich stand im Wartesaal eines italienischen Bahnhofs allein mit meinen Koffern. Mir gegenüber, lässig an die Wand gelehnt, standen einige Italiener und redeten aufeinander ein. Plötzlich fingen sie alle laut an zu lachen. Erstaunt blickte ich zu ihnen hinüber und merkte, daß sie mich ansahen. Was hatten sie bloß zu lachen? Ich wurde unruhig. Da kamen sie auf mich zu und redeten auf mich ein. Ihr Anführer, ein junger Mann mit einer Narbe über dem rechten Auge, zeigte in ausholenden Bewegungen auf meine Koffer, legte seine Hand beteuernd auf die Brust und redete und redete. Die andern standen grin¬ send um mich herum. Es wurde mir unheimlich unter diesen Gesellen, deren Sprache ich nicht verstand. Hatten sie es auf meine Koffer abgesehen? Nun grinste der Anführer schlau, tippte mir mit dem Finger auf die Brust und fragte irgendetwas. Ich schüttelte den Kopf. Da kam mein Freund. Gott sei Dank! Nun ich wenigstens nicht mehr allein mit meinen Koffern unter diesen Fremden. Solche Szenen, in denen mir Leute mit ihrer fremden Sprache unheimlich vorka¬ men, habe ich oft in Italien erlebt. Ich hatte dabei immer das Gefühl, daß diese . —Ich wunderte mich über eine solche Auffassung; zeigt Leute mir Böses wollten.' sie doch deutlich, welche Mauern die uns nicht verständliche Sprache des andern zwischen die Menschen setzen kann. Man versteht des andern Sprache nicht, also kann man sich nicht einmal äußerlich verständigen, geschweige in einem tieferen S i n n e . w a r Ein anderes Mal ging ich mit einem Freunde durch die Straßen meiner Heimat¬ stadt. Da kam uns ein gutgekteideter Neger entgegen. Mein Freund blieb stehen und sah ihm nach. „Was guckst du? Hast du noch nie einen Farbigen gesehen?" fragte ich. „Komm weiter! Es ist ihm gewiß unangenehm, so angestiert zu wer¬ d e n . ' .Solche Leute sind mir unheimlich", antwortete er. Ich fiel aus allen Wolken. Unheimlich? Das sind doch Menschen wie du und .Wenn ich solche Menschen sehe, denke ich an andere Neger, i c h . " E r a n t w o r t e t e : an jene, die sich durch die Straßen von Leopoldville drängen,, plündern und Frauen vergewaltigen. Sie werden aufgestachelt von so vornehmen Negern, wie du ge¬ rade hier einen gesehen hast. Deshalb sigd mir diese Menschen allesamt unheim¬ Ich hielt diese Erklärung für unsinnig. Was konnte schließlich ein Neger in lich, meiner Heimatstadt für die Taten seiner Rassegefährten in Afrika? Hier ist, glaube ich, ein zweiter Grund dafür, doß die Verständigung unter den Völkern bisher nicht weiterkam. Sie scheitert an den völlig falschen Vorstellungen, die wir uns von den andern machen. 2 7 �Einmal erzählte mir ein Klassenkamerad, wie er den Unterschied zwischen sich selbst und Angehörigen fremder Volksgruppen besonders tief empfunden habe. Er war mit einem Neger in ein Gespräch gekommen, und dieser hatte ihm ein religiö¬ ses Lied aus seiner Heimat Vorsingen wollen. Er begann. Er stieg in die höchsten Töne und sang dann plötzlich ganz tief und heiser. Dabei machte er so komische Bewegungen und verzog so sehr das Gesicht, daß sich der Zuhörer kaum das La¬ chen verbeißen konnte. Dann sagte der Neger, er wolle jetzt ein Scherzlied aus seinem Lande vortragen. Er sang, und es klang so melancholisch, daß dem Zu¬ hörer fast die Tränen in die Augen traten. j Dies Erlebnis hat mich besonders berührt; zeigt es doch, daß die Menschen nicht einmal Freude und Schmerz auf gleiche Art empfinden. Aus solchen Gesprächen und Erlebnissen habe ich erfahren, daß der Verstän¬ digung unter den Völkern große Schwierigkeiten entgegenstehen. Sie beginnen damit, daß man die Sprache des andern nicht versteht. Durch ihre Unkenntnis entstehen dann nicht selten Mißtrauen und Vorurteile. Ja, oft versteht man sogar die Gefühlswelt der uns fremden Menschen nicht. Die Folge ist Gleichgültigkeit, Ablehnung oder sogar Haß. Und doch, meine ich, könnten diese Schwierigkeiten überwunden werden, so¬ fern wir uns nur ernstlich darum bemühen. Es wäre jedenfalls ein Segen fürjdie Detlef Kr0uth(Oll so) M e n s c h e n . i ln den Zeitungen lesen wir fast jeden Tag von Äußerungen großer Staatsmänner, die von „Koexistenz", von „Entspannung", von „Verständigung" unter den Völkern handeln. Es scheint leicht, eine Verständigung herbeizuführen, da ja alle Völker den Wunsch haben, mit den anderen in Frieden zu leben. Die Tatsache aber, ,doß wir eine echte Verständigung noch nicht erreicht haben, zeigt doch wohl, daß trotz dem Willen zur Verständigung Schwierigkeiten bei ihrer Verwirklichung be¬ stehen. Einige dieser Schwierigkeiten habe ich selbst erfahren oder doch von ihnen gehört. Vor einem Jahr hatte ich ein erstes Erlebnis dieser Art, daß mich schon nach¬ denklich stimmte. Mein Freund und ich waren auf dem Wege von der Schule nach Hause. Da trafen wir auf der Straße einen farbigen Studenten, den mein Freund kannte, ln der Unterhaltung mit ihm —er sprach ein ausgezeichnetes Deutsch —kam die Rede auf die Zimmersuche, bei der es ein Ausländer, beson¬ ders ein Farbiger, sehr schwer habe, wie er erzählte. Dies hatte er noch vor kur¬ zem erfahren. Er suchte ein neues Zimmer und bekam von dem „Asta" die An¬ schrift einer Frau, die ein Zimmer zu vermieten hatte. Hassan war hingegangen, 2 8 �das Zimmer anzusehen. Soweit war es aber nicht ge^<ommen. Schon an der Haus¬ türe hatte ihn die Housbesitzerin abgefertigt, indem sie rundherum erklärte, Far¬ bige kämen ihr nicht ins Haus. Nach diesem Vorkommnis, das mir der farbige Student erzählt hatte, fragte ich mich, ob eine echte Verständigung überhaupt erreicht werden könne, wenn schon Mißtrauen gegenüber einer fremden Hautfarbe besteht, die doch mit dem Wesen des Menschen kaum etwas zu tun haben kann. z u s e i n Ein anderes Erlebnis, das mir in diesem Zusammenhang aufschlußreich scheint, hatte ich im letzten Herbst. Wir hatten Besuch von einer Tante, die von einer Italienreise zurückgekehrt war. Sie erzählte uns von einem Ereignis, bei dem sie angeblich betrogen worden war. Es war in Mailand gewesen. Dort war die Reisegesellschaft, in der meine Tonte reiste, von einer Gruppe Andenkenverkäufer umringt worden. Die Italiener priesen mit viel Geschrei ihre Waren an, und bald hatte meine Tante eine bestickte Tasche gefunden, die sie „ganz entzückend" fand. Sie fragte nach dem Preise. Jedoch der Italiener redete nur noch mehr auf sie ein. Er machte großartige Gesten, wandte sich für einen Augenblick seinen Kollegen zu und pries meiner Tante immer von neuem seine Ware an. Schließlich gelang werden. Ganz benommen zahlte sie irgendeine Summe, die ihr genannt worden war, und erhielt die Tasche. Doch war sie nicht von ihrer Ansicht abzubringen, sie sei betrogen worden, überhaupt mißfielen ihr die Italiener ganz allgemein, wie sie uns eindringlich wiederholte. meiner ganz verwirrten Tante mit der Hilfe des Reiseleiters, handelseinig e s z u So lustig dieses Erlebnis meiner Tante für mich war so deutlich zeigte es mir andererseits, wie große Schwierigkeite einer Verständigung unter den Völkern entgegenstehen. Hier war es die Schwierigkeit der fremden Sprache, die das Mi߬ trauen hervorgerufen hatte, obwohl eigentlich kein Grund dafür vorlag. Von einer noch größeren Schwierigkeit erfuhr ich in den letzten Osterferien. Ich war auf einer Trampfahrt in Holland. Von den Menschen, denen ich dort be¬ gegnete, ist mir ein Kaufmann besonders im Gedächtnis geblieben. Dieser nahm mich in seinem Auto mit nach Rotterdam. Wir kamen ins Gespräch und unterhielten uns über das Wetter, über Amsterdam, woher ich gerade kam, und über die guten holländischen Straßen. Dann wandte sich das Gespräch der Politik zu, und sphon merkte ich, wie der letzte Krieg im Bewußtsein dieses Mannes haften geblieben war. Er begann von der deutschen Invasion nach Holland zu berichten, und ich bemerkte die Scheidewand, die dies Geschehen zwischen den beiden Völkern auf- gerichtel hat. Er berichtete von täglichen Verhaftungen in seiner Nachbarschaft, von Judendeportationen, von der Angst, die die Holländer auszustehen hatten. 2 9 �Schließlich erzählte er von einer der Bombennächte in Amsterdam, bei der er seine Frau verloren hatte. Er sprach mit schmerzlich bewegter Stimme, aber nicht nach¬ tragend. Da blieb mir nichts übrig, als zu verstummen und mich zu schämen, ob¬ schon ich mir sagen durfte, daß ich selbst keinen Anteil an jenem Geschehen hatte. Seitdem weiß ich, wie groß die Schwierigkeiten sind, die einer echten Verstän¬ digung zwischen den Völkern im Wege stehen. Sie beruhen im Grunde auf Miiß- trauen: Mißtrauen wegen des fremden Aussehens, Mißtrauen wegen der fremder. Sprache, die der andere spricht, und Mißtrauen schließlich, das begründet ist auf Unrecht, das ein Volk dem anderen zugefügt hat. Ich habe zwar das Vertrauen, daß man die Scheidewand überwinden ka weil sie im Grunde nur aus Mißtrauen errichtet wurde. Aber es wird viel Zeit dazu Martin Jürgens (Oll sa) gehören, viel Großherzigkeit und viel guter Wille. i n . Auf dem Soldatenfriedhof von Langemarck Wir waren durch die weite flandrische Ebene mit ihren hohen Pappeln, ihren Bauernhöfen und Wiesen gefahren, und schon stiegen erschütternde Bilder pus deutscher, aus europäischer Vergangenheit in uns auf. Wir sahen im Geiste deut¬ sche Regimenter in dem Schicksalsjahr 1914 auf diesen Straßen marschieren. Wir sohen die Wiesen durchfurcht von Schützengräben. Wir hörten Kriegslärm. Wir glaubten zu sehen, wie das Wasser in das Land und in die Schützengräben ein¬ flutete und den Soldaten das Leben in ihnen zur Qual machte. Die Belgier hatten ja, als die Deutschen 1914 in ihr Land einmarschierten, in Nieuport die Meeres¬ schleusen geöffnet, um den Vormarsch aufzuhalten. An der Marne war dann der Siegeszug des deutschen Heeres zum Stehen ge¬ kommen, und nun hatte man den Durchbruch noch einmal in Flandern versucht. Drei Korps aus deutschen Kriegsfreiwilligen hatte man nach der Eroberung von Antwerpen bei Ypern eingesetzt: drei Korps von jungen Menschen, die in opfer¬ freudiger Begeisterung die Universitäten und die oberen Klassen der höheren Schulen verlassen hatten. Ohne die notwendigen Artillerievorbereitungen, mit Trup- die kurzfristig und ungenügend ausgebildet waren, glaubte man, die Schlacht pen, zu können. Ein erfolgloses Opfer war das Ende des blutigen Kampfes. gewinnen Ich war damals ein Junge von elf Jahren. Aber es waren viele meiner lieben Iten Wandervogelfreunde dabei gewesen, die sich Ihr Deutschland erwandert, und erlesen und dann geglaubt hatten, sie müßten ihre Liebe und Treue e r s u n g e n zum Vaterland im letzten Einsatz vollenden. Wir durchschreiten eine ehrwürdige, schlichte Eingangshalle, aus mächtigen Sandsteinquadern errichtet, und vor uns liegt eine gepflegte Rasenfläche mit einem 3 0 �grünen ßlätterhimmel, ein Hoin, den wir in stiller Ehrfurcht betreten. Kein Grab¬ hügel ist zu sehen, kein Name ist zu lesen. Der Tod hat sie alle vereint. Nur ein¬ zelne Gruppen von Steinkreuzen sind gleichmäßig auf der weiten Fläche verteilt: Zeichen ihres Opfers, ihrer Tapferkeit. Es ist, als wollten sie tröstend auf das Kreuz weisen, dos allen Leidenden Heil geworden ist. Eine schlichte Steinplatte kündet sachlich, erschütternd sachlich, die Zahl der Toten, die hier ruhen: über 24 OCO deutsche Soldaten, die Besten der Jugend einer so hoffnungsfreudigen und selbstbewußten Generation. Da sehe ich sie noch einmal vorbeiziehen, wie ich sie als Junge an der Straße meiner Heimatstadt im Schmuck der Blumen hatte vorbeiziehen sehen, und höre sie singen: Argonnerwold, Argonnerwald, Ein stiller Friedhof bist du bald — In deiner kühlen Erde ruht So manches tapfere Soldatenfaiut. Wir verlassen den Friedhof schweigend, aber das Herz fragt: Worum? Wofür dies Opfer? Wir fahren auch an dem kanadischen Soldatenfriedhof vorbei, vorbei an den Friedhöfen der Engländer und Franzosen. Hunderttausende, die einander den Tod gebracht haben! Wir vermögen nicht mehr leichthi zu sagen, wie man es ehemals tat: Für Deutschlandl Für Frankreich! Für Belgien! Wir möchten, daß jedes Grab ein Mahn¬ mal ist für ein größeres Vaterland, das all die Grenzen aufhebt, die u n s e i n m a l getrennt haben und uns noch trennen —ein Mahnmal, das Frieden schafft unter den Völkern I Wofür sind sie gefallen? Wir beugen uns in Ehrfurcht vor ihrer Liebe und ihrem Opfer. Auf der steinernen Gedenktafel in Langemarck sah ich das Wort aus „Jesaja": „Fürchte dich nicht! Denn ich habe dich erlöst, Ich höbe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein!" Ja, ihre Namen sind in Gottes Buch geschrieben. Gott liebt einen jeden von E. Lütgen i h n e n . 31 �Was würden Sie verbringen, wenn Sie unsere Demokratie gegen die Angriffe eines idealistischen „Jungkommunisten" aus der Zone Z U verteidigen hätten? Da unser Vaterland gespalten ist. kann heute wohl jeder einmal mit überzeug¬ ten Kommunisten aus der Zone in Berührung kommen, sei es bei Besuchen in Berlin oder in der Zone, sei es bei einem Zusammentreffen mit Besuchern von dort. Sehr häufig kommt dann das Gespräch, auf politische Themen. Der idealistische Kom¬ munist wird unsere Demokratie angreifen, und wir müssen uns dann seinen Argu¬ menten beugen oder versuchen, sie zu entkräften. Was könnte man dann zur Ver¬ teidigung unserer Demokratie verbringen? n u r Das hängt natürlich in erster Linie von der Art seine-- Angriffe ab. Er wird be¬ haupten, daß das, was wir mit Demokratie bezeichnen, in Wirklichkeit keine De- mokrate ist. Wir hätten eine sogenannte bürgerliche Demokratie. In ihr habe die Bourgeoisie die Macht und unterdrücke das Proletariat, das die zahlenmäßig größte Klasse darstellt. Die Arbeiter hätten Fast keine Rechte. Sie. bekämen für ihre Arbeit einen geringen Teil ihres Wertes ausgezahlt. Der Rest werde von den Unter¬ nehmern eingestrichen, die dafür ein geruhsames und sorgenfreies Leben führten. Die Arbeiter hätten auch keine Möglichkeit, sich dem zu' widersetzen. Denn die die ihre Interessen eigentlich wahrnehmen sollten, nämlich die Ge- I n s t i t u t i o n e n werkschaften und die sozialistische Partei, arbeiteten mit der Bourgeosie zusam- Als Beweis hierfür könnte der Kommunist anführen, wie ich es bei einem der- m e nartigen Gespräch in Ostberlin tatsächlich erlebt habe, daß ein westdeutscher Ge¬ werkschaftler vor einiger Zeit erklärt hat: „Dieser Staat —die Bundesrepublik — Die einzige Einrichtung, die wirklich für die Rechte der Arbeiter i s t u n s e r S t a a t , gekämpft habe, die kommunistische Partei Deutschlands, sei von der Bourgeoisie verboten worden. Das sei doch keine Demokratie. Anders sei es dagegen in einer _ ..irklichen Demokrotie, der sozialistischen Demokratie nämlich. Hier seien die Arbeiter, die größte Klasse im Stoat, an der Macht, und die Bürger arbeiteten mit. „Eine wirkliche Demokratie ist friedlich gesinnt", wird der Kommunist sagen, „und da bei euch die Kriegshetzer regieren, ist euer Staat keine Demokratie." Die bei uns regierenden Schichten seien ostelbische Junker und Militaristen. Sie hätten ihren Besitz jenseits der Oder-Neiße-Linie verloren und hetzen nun zum Revanchekrieg gegen die sozialistischen Länder, besonders gegen die Polen und die „DDR". Sie könnten es nicht verwinden, daß sie ihren Besitz und damit die hochherrschoftliche Stellung und das bequeme Leben eingebüßt hätten. Der Kom¬ munist wird sagen, daß unsere Regierung gegen den Willen des Volkes an der Macht sei. Um dies zu beweisen, stellt er dann dem Westdeutschen die rhetorische den Krieg wolle. Sagt dieser nein, sieht der Kommunist seine These Frage, ob er Ja, aber unsere als bewiesen an. Falls der Westdeutsche einzuwerfen wagt: w i 3 2 �Regierung will doch ouch keinen Krieg", wird er als naiv ausgelacht. Der Gesprächs¬ partner aus der Zone könnte außerdem noch versuchen, seine Behauptung da¬ durch zu beweisen, daß er Persönlichkeiten, besonders Generale aufzählt, die schon in der nationalsozialistischen Zeit eine hohe Stellung bekleideten und bei uns wie-' der zur Führung gehören. Er wird sagen: „Diese Leute haben schon einmal die Welt ins Unglück gestürzt und Krieg über uns gebracht; sie werden das wieder¬ holen, wenn sie nicht vorher beseitigt werden." Es ist nicht abzustreiten, daß der Schein zunächst für den spricht, der so argu¬ mentiert. Es stimmt, daß hohe Persönlichkeiten des „Dritten Reiches" bei uns wieder zu Rang und Namen gekommen sind. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß diese Männer sich zur Demokratie bekannt haben. Außerdem haben viele von ihnen schon während der nationalsozialistischen Zeit deren Fehler und Verbrechen er¬ kannt und als Widerstandskämpfer oder deren Mitarbeiter dagegen gekämpft. Wir können auch häute auf ihre Mitarbeit vielfach nicht verzichten, da sie Fach¬ leute sind; dabei denke ich besonders an die Generale. Es ist auch bekannt, daß gerade sie sich den Angriffsplänen Hitlers widersetzt haben. So ist zum Beispiel 1938, als Hitler sie bekannt gab, der Oberkommandierende des Heeres von sei¬ nem Posten zurückgetreten. Die Behauptung, bei uns regierende Junker könnten den Vertust ihres Besitzes nicht verwinden und hetzten deshalb zum Revanchekrieg, ist absurd. Unsere Bun¬ deswehr ist zu einem Angriffskrieg gegen die im Warschauer Pakt zusammenge¬ schlossenen östlichen Staaten viel zu schwach, und wir würden bei unseren Ver¬ bündeten in diesem Falle keine Unterstützung finden. Es ist von allen verantwort¬ lichen Stellen bei uns immer betont worden, daß wir unsere östlichen Gebiete nur auf friedliche Weise zurückgewinnen wollen. Den Anspruch darauf können wir allerdings nicht aufgeben, da diese Gebiete urdeutsches Land sind. Sie sind schon im Mittelalter von deutschen Bauern urbar gemacht und besiedelt worden zu einer Zeit, als sie noch kaum von Slawen bewohnt waren. Die Bauern sind oußerdem von slawischen Fürsten ins Land gerufen worden, Auch ist es allgemein anerkanntes Recht, daß jeder in seiner Heimat leben darf. Es ist also durchaus mit den Regeln der Demokratie zu vereinbaren, wenn wir diese Gebiete bean¬ spruchen, und es sind keine Revanchegelüste, wenn wir das tun. Es stehen auch nicht nur ein paar Junker oder etwa nur die Heimatvertriebenen hinter dieser Forderung, sondern alle Deutschen. Ebenso ist das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands kein Beweis da¬ für, daß wir keine Demokratie haben. Die KPD ist nicht verboten worden wegen 3 3 �ihrer marxistischen Zielsetzung, sondern wegen einer Bestimmung, die besagt, daß alle ihre Mitglieder -im Falle eines Krieges für die Sowjetunion, das „Vaterland aller Werktätigen", und gegen das eigene Volk zu kämpfen haben. Es ist klar, daß unser Staat bestrebt ist, sich gegen derartige Gefahren im Innern zu wappnen. Es stimmt auch nicht, daß bei uns keine Opposition bestehe. .Die SPD arbeitet keineswegs mit der „Bourgeoisie" zusammen. Die meisten wichtigen Gesetze, be¬ sonders die Wehrgesetze, sind gegen die Stimmen der Sozialisten verabschiedet worden. Die Opposition scheut sich auch nicht, die Handlungsweise der Regie¬ rung zu kritisieren, wie es etwa besonders heftig bei der letzten Bundespräs^en- tenwahl geschehen ist. Ebenso sind die Gewerkschaften nicht von der Regierung abhängig. Sie vertreten die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeit¬ gebern und schrecken auch nicht davor zurück, ihre Ansprüche mit Kampfma߬ nahmen, z. B. Streiks, durchzusetzen. Wenn ein Gewerkschaftler sich zu unserem Staat bekennt, heißt das nicht, daß er die Regierung dieses Staates unterstützt. Es bedeutet nur, daß er die von der Mehrheit des Volkes bestimmte Staatsform anerkennt. Dagegen würden sich die Gewerkschaften jeder Unterdrückung der Arbeiter durch die Unternehmer widersetzen. Daß die Arbeiter den vollen Wert dessen, was sie produzieren, ausgezaHlt bekommen, ist nicht möglidi, da die Un¬ kosten der Betriebe gedeckt werden müssen und dem Unternehmer für seine Arbeit und seine größere Verantwortung ein höherer Verdienst zusteht als den Arbeitern. Diese Tatsache kann man nicht als Ausbeutung bezeichnen. Im übrigen ist bei das Klassenbewußtsein nicht so ausgeprägt, wie es die Kommunisten vielfach annehmen. Das liegt daran, daß der Wohlstand auf alle Klassen ziemlich gleich- wenn man die Arbeiterklasse als „Pro- äßig verteilt ist. Es träfe auch nicht zu letariat" bezeichnen wollte. Viele „Proletarier" genießen den gleichen Luxus, etwa Bourgeois" und die „Kopita- Autos, Kühlschränke und Fernsehapparate, wie die listen". Das wäre aber noch kein Beweis dafür, daß wir eine Demokratie haben. Sie genießen vor allen Dingen auch die gleichen Rechte. Jeder Staatsbürger hat bei der Wahl eine Stimme, ob er Arbeiter oder Unternehmer ist. Er kann seine Meinung frei äußern, selbst wenn sie der Meinung der Regierung widerspricht. Auch darf er sich mit anderen Gleichgesinnten zusammenschließen, eine Partei gründen und eine Zeitung herausgeben, durch die er seine Ansichten öffentlich vertreten kann. Diese Rechte sind allesamt unabhängig von der Person des ein¬ zelnen und von der Stellung, die er innehat. u n s m Diesen Argumenten wird sich der Kommunist nicht verschließen können. Er wird höchstens bezweifeln, daß die tatsächlichen Verhältnisse bei uns so sind. Jeden¬ falls könnte man dies alles Vorbringen, um unsere Demokratie gegen einen Kom¬ munisten aus der Zone zu verteidigen. M. Kinze 11 (Ol s) 3 4 �Dazu: Zwei Gespräche Vater: Ganz interessant, mit was für Fragen ihr euch heute in der Schule befaßt! S o h n ; Nicht wahr, Vater? Der Autor versteht seine Sache. Vater: Ja, für einen Primaner hat er wirklich eine Leistung gezeigt, die meine Anerkennung verdient, uneingeschränkt. Nur ... Sohn: N u r ? Vater: Ich will dich nicht kränken, Peter. Und schon gar nicht den Verfasser des obigen Aufsatzes. Ich freue mich für dich und unsere ganze Jugend,'daß eure Lehrer euch solche Aufgaben stellen wie die obige und daß immer¬ hin einige von euch sie in einer so gründlichen, angemessenen und ergie¬ bigen Weise zu lösen verstehen. Nur denke Ich zugleich an die böse Wirk¬ lichkeit. Und da habe ich einige Bedenken. S o h n : W i e s o ? Vater: Ja, sieh mal Peter! Wenn jemand käme und deine Mutter in Frage stellte... S o h n : Du, dann würde ich ihm eine runterhauen —eine, die er nicht so schnell ■ vergäße. Aber hier handelt es sich doch ... Vater: Ich weiß, Peter. Hier handelt es sich nicht um deine Mutter, deren Bild du dir von niemandem in Frage stellen läßt. Aber um einen hohen Wert handelt es sich auch hier. Ich meine: unsere freiheitliche Ordnung, die wir mit dem Leben von Millionen unserer Vater, Mütter und Kinder be¬ zahlt haben und um derentwillen Hunderte täglich ihre Heimat aufgeben. Sohn: jlch weiß. Vater: Und nun meinst du, der Wert unserer freiheitlichen Ordnung werde erst dann für uns ein richtiger, unangefochtener Wert, wenn er in Diskussionen - verteidigt wird, und zwar gegen Menschen, die überzeugt sind, daß ihre eigene Unfreiheit mehr wert sei als unsere freiheitliche Ordnung? Unbe- ●lehrbare kann man nicht überzeugen. 3 5 �S o h n ; Gewiß nicht, Vater. Aber diese greifen unsere Ordnung an. Können wir ihnen gegenüber schweigen? idealistischen Kommunisten sind da. Sie Vater: Dein Autor hat seinen Ausgangspunkt falsch gewählt, und du schickst dich an, ihm darin zu folgen. S o h n ; W i e s o ? Vater; Weil mit Unbelehrbaren kein echtes Gespräch zu führen ist. Ich sagte e s schon. Idealistische Kommunisten aber sind unbelehrbar, das solltest du w i s s e n . . . . I c h w e i ß e s . U n d d e n n o c h Sohn: Vater: Dennoch glaubst du, was dein Freund am Schluß seines Aufsatzes sagt? Diesen Argumenten wird sich der Kommunist nicht verschließen E r m e i n t : können." Er wird es können. Ein idealistischer Kommunist wird sich allen Argumenten gegenüber verschließen, die in seine Vorstellungswelt nicht hineinpassen. S o h n : Dann wäre jedes Gespräch mit „denen von drüben" sinnlos? V a t e r : Keineswegs! Nur mit Unbelehrbaren ist es sinnlos. Das wäre so, als ob man in zwei gänzlich verschiedenen Sprachen miteinander reden wollte, wobei keiner des anderen Sprache versteht. Jeder der Gesprächspartner lebte gleichsam auf einer Insel, und es gäbe kein Fahrzeug, das uns von der einen zu der anderen bringen könnte. Die Entfernung bliebe unüber¬ brückbar, konstant. S o h n : Wie sollen wir dann überhaupt jemals weiterkommen? Vater: Jedenfalls nicht mit Worten. Aber es gibt einen gangbaren Weg. Sohn: W e l c h e n ? Vater: Den Weg der Taten! Sie haben die Eigenschaft, überall verstanden zu werden, wo Worte nichts oder nichts mehr vermögen. Sie wirken über Grenzen, Gegensätze, Abgründe hinweg. Sohn: W a s f ü r T a t e n ? 3 6 �Vater: Kein noch so Unbelehrbarer wird den Pfennig vorziehen, wenn ihm eine Mark hingehalten wird. Sollte diese Regel nicht auch im Reiche des Gei¬ stes gelten? Unsere freiheitliche Ordnung ist gleichsam die Mark, die Unfreiheit der Pfennig. Wit brauchen nur unsere freiheitliche Ordnung so vorzuJeben, daß jeder ihren unvergleichlich höheren Wert sieht und e r f ä h r t . Sohn: T u n w i r d a s n i c h t ? Vater: Ich meine nicht. Jedenfalls nicht so, daß ihr Wert unübersehbar erfahren w i r d . Sohn: Das dürfte auch schwer sein. Vater: Sicherlich schwerer als nur davon zu reden. Aber es ist der einzige gang¬ bare Weg, den ich dir nennen kann. I I . Gespräch eines jungen amerikanischen Studenten mit einem Augen¬ zeugen des amerikanischen Unabhängigkeitskampfes „Hauptmann Preston, warum sind Sie am 19. April 1775 in die Schlacht von Concord gezogen?" Der alte Mann, von der Last der Jahre gebeugt, reckte sich empor, drehte ,Warum ich in die Schlacht ge- sich zu dem jungen Studenten um und fragte: zogen bin?" „Ja", meinte der junge Student. Ich lese in meinen Geschichtsbüchern, daß ihr Männer der Revolution die Waffen ergriffen hobt gegen untragbare Unter¬ drückung. War es so?‘ .Was war das, Unterdrückung? Ich habe keine verspürt. „Nicht? Dann haben Sie also dos Stempelgesetz .rvicht als Unterdrückung empfunden?" „Ich habe nie so eine Stempelmarke gesehen. Ich habe auch nie einen ein¬ zigen Penny dafür bezahlt." 3 7 �Wie war denn das mit dem berüchtigten Teezoll? „Teezoli? Ich habe nie einen Tropfen von dem Zeugs getrunken. Die Jungs ha¬ ben den ganzen Tee über Bord geworfen." „Darf ich dann wenigstens annehmea, daß Sie gelesen haben, was Harring● tonoder Sidneyund Locke über die ewigen Prinzipien der Frei¬ heit geschrieben haben?" „Nie was von den Leuten gehört. Wir lasen nur die Bibel, den Katechismus, die Psalmen und Hymnen von Watts und den Almanach." „Jo, aber um alles in der Welt! Was hoben Sie denn nur gedacht, als Sie in die Schlacht zogen?" Junger Mann! Was wir uns dachten, als wir auf diese Soldaten in den r o t e n Röcken losgingen, war einfach dies: Wir hatten uns immer selbst regiert.! Und wir hatten die Absicht, das auch weiter zu tun. Und sie meinten, man sollte uns das nicht erlauben. Das war alles." ' I N . B . : Vielleicht werden einige von euch sich fragen, warum wir das obig^ Ge sprach über ein längst vergangenes Ereignis in unserer Schulzeitung brin¬ gen? Nun, ist es etwa nicht höchst lehrreich für uns alle? Der alte ijlaupt- mann Preston wußte, um was es ging. Ist das nichts? Er hatte die Sache erfaßt, obwohl er —in unserem Sinne —eigentlich beschämend urigebil¬ d e t w a r . n t e Oder solltet ihr —wie Houptmann Preston —gleichfalls noch Locke gehört haben? Dann wäre es allerdings angebracht, eure Ge¬ schichtslehrer zu Rate zu ziehen, wie man einen Arzt zu Rate zieht, mit unserem Körper etwas nicht in Ordnung ist. Dann wäre nämlich wirk¬ lich etwas bei euch in Unordnung. Die Angelegenheit könnte auch von eurer Schulzeitung übernommen den, wenn euch das lieber ist. Sie hat ja soviele mögliche, ober — irgendwelchen undurchsichtigen Gründen —immer noch „verhinderte" Mit¬ arbeiter unter ihren größeren und großen Lesern, die für eine solche Auf¬ gabe wohl in Frage kämen. Nur MutI w e n n a u s v o n w e r - 3 8 �.Für einen brauchboren Beitrag über Locke wären wir bereit, seinem Au- .tor ein besonders anziehendes Honorar —sagen wir: v o n 3 0 D M — auf den Weihnachtstisch dieses Jahres zu [egen. Kann man mehr verlangen? Einsendeschluß: 23. Dezember 1960. Sextaner dichten I. Lügen haben kurze Beine Die Spinne traf an einem Morgen die Fliege und fragte nach ihren Sorgen. Die beiden Tierlein stritten dabei, welches von ihnen am nützlichsten sei. „Ich nütze dem Menschen mit viel Entzücken", sagte die Spinne, „fange Fliegen und Mücken. Du aber ärgerst ihn nach Kräften, kitzelst ihn nachts und naschst am Tage von Speisen und Säften. „Da irrst du gar sehr", entrüstete sich die Fliege. „Spräche ich anders, so wär's eine grobe Lüge." Wer's glaubt, dachte die Spinne und eilte von dannen, ihr Netz in der Speisekammer zu spannen. Kaum war es fertig, da kam mit Gebrumm die Fliege ums Fensterkreuz herum. „Sieh da! ist das nicht unsere Fliege?" sprach die Spinne. „So schnell gefangen bei deiner Lüge?" Sie umsponn sie und lachte: „Das war schon eine!" — Auch Fliegenlügen haben kurze Beine. Frank Heise(VI a) . 3 9 �M. A m W e i h e r i h m d e r R e i h e r s t a k t e Es war einmal ein Reiher, der kam an einen Weiher. Dort saß ein Frosch und quakte. Z u und —glotzte in die Runde: das Fröschlein saß am Grunde. Da kam ein Storch geflogen. Der Reiher hat gelogen: „Willst dich an Fröschen laben? Hier kannst du tausend hoben!" Zu ihren Füßen kroch ein Wurm, und schon entbrannte heftiger Sturm. Sie packten sich am Kragen, sich um den Wurm zu schlagen. Dos Fröschlein brauchte nur zu schnappen. War das ein fetter Sonntagshappen! So merket denn: Wo zwei sich streiten, Freut sich der dritte alle Zeiten! Werner Engel (VI a) Erlebtes und Erträumtes — von Sextanern für Sextaner und andere „große" Leute Wie ich einmal einen großen Schrecken bekam ich lag im Krankenhaus. Es war keine schlimme Krankheit, die ich hatte; des¬ halb machte ich mit den anderen Kindern viel Unfug. I. Einmal konnte ich nicht einschlafen. Es schlug schon Mitternacht, und es war stockdunkel. Da hörte ich das Knacken von Bettfedern. Eine große weiße Gestalt erhob sich. „Buh!" rauschte es leise und unheimlich an mein Ohr. Ich verkroch mich unter meinem Federbett, doch so, daß ich durch einen Spalt schauen konnte. E i n e H a n d f a ß t e a n d i e B e t t d e c k e . . . 4 0 �Ich bekam einen großen Schrecken. Ich dochte, es sei ein böser Geist, der mich holen wollte. Ich konnte keinen Laut von mir geben. Wahrscheinlich guckten meine Haare unter der Decke hervor, denn eine kalte Hand zog daran. Da fuhr ich auf, griff nach dem Kopfkissen, holte aus und ...bumm, bumm, bumm! be¬ kam der „Geist" drei derbe Schläge auf den Kopf. Brrr! entfuhr es .ihm. Wer war es, der mir so großen Schrecken eingejagt hatte? ich holte meine Taschenlampe aus dem Schrank und knipste sie an, An seinem Bett stand Fritz, mein Nachbar, der schon mehrere solche Sachen gemacht hatte. Er hielt sich den Kopf mit beiden Händen. Jetzt konnte ich ln Ruhe einschlafen. Werner Büsch (Via) I I . Es war im vorigen Jahr. Eines Tages bemerkte ich, daß meine Mutter und meine Schwester ein Geheimnis hatten. Nach jedem Sotz, den die beiden spra¬ chen, schauten sie mich an. Am Abend ging ich zur gewöhnlichen Zeit schlafen. Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Eine Tür knarrte. War ein Einbrecher in der nebenanliegenden Bode k a m m e r ? n - Da erstarrte ich: in meinem Zimmer ertönte ein unterdrücktes Husten. Mit zitternder Stimme fragte ich: Ichl" krächzte eine heisere Stimme. Meine Finger zitterten so, daß ich nur mit Mühe den Lichtschalter des Nachttischlämpchens herunterdrücken konnte. Das Licht blitzte auf. Ich sah, daß eine Gestalt auf mich zutrat. Ich wollte schreien, doch meine Kehle war wie zu¬ geschnürt. i s t d a ? , We r Da riß sich die Gestalt dos Bettuch vom Kopf, und meine Schwester kam zum Vorschein. Lachend sagte sie: Du darfst nicht so viele Kriminalfilme sehen!' Ais ich mich von meinem Schrecken erholt hatte, rief ich ihr zu: „Das wirst du Aber von nun an sah ich mir keine Kriminalfilme am Fernseh- t e u e r b e z o h l e n ! apparat mehr an. ’) Gerd-Albert Röttger (Via) ') Das tut ein orden11 ich erSextaner sowieso nicht —selbst wenn er so üble Erfahrungen noch nicht gemacht hat wie du. Die Schriftleitung. D i e Z a u b e r b r i l l e Eines Tages ging ich in einen Park. Als ich vor dem großen Tor stand, sah Ich hinter einem Stein eine alte, verrostete Brille liegen, ich bückte mich, hob sie auf und setzte sie mir auf die Nase. 41 �/ a K ^ ss:' i i ●yW ^ ’M < s / \ �Da sah ich Blumen, wie ich sie nie gesehen hatte. Eine von ihnen schien eine Blüte aus Edelsteinen und Diamanten zu haben, und ihr Stengel glänzte in der Sonne wie pures Gold. Auch erblickte ich Tiere, die ich nicht kannte. Ich schaute weiter umher und entdeckte ein Schwein aus Marzipan, das sich gemächlich auf eine Wiese zubewegte und dort niederließ. Dann sah ich Frauen in prächtigen Kleidern, die mit goldenen Blumen und Schmetterlingen und mit Edelsteinen ver¬ ziert waren. Als ich tiefer in den Park kam, fiel mir ein Traumhaus auf, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Die Mauern waren aus Gold, und an den Wän¬ den hingen Süßigkeiten. Vor dem Hause aber sah ich ein Auto halten, dessen Pracht unbeschreiblich war. Ich konnte das alles gar nicht fassen. Plötzlich stieß ich gegen einen Stein, fiel zu Boden, und meine Brille zerbrach. Der Stein, der mir soeben noch wie ein Brillant vorgekommen war, lag grau und farblos am Boden. Die Brille konnte ich nicht mehr gebrauchen. Der schöne Traum Thomas Humpe (Via) w a r z u e n d e . Die Zauberkugel Ich habe eine Zauberkugel, die mir alle meine Wünsche erfüllt. Mit ihr wan- derte ich eines Tages durch einen Wald. Da fielen Räuber über mich her und schleppten mich in ihr Versteck. Sie durchwühlten meine Taschen, fanden aber nichts. Die Zauberkugel hatte ich nämlich im Stiefel. Da kam der dicke, fette Räuberhauptmann angewackelt und verhöhnte mich, ich bekam die Wut, holte die Kugel aus dem Stiefel und drehte daran. Da flog ein Knüppel durch die Luft und schlug den dicken, fetten Räuberhauptmann auf sein Hinterteil. Konnte der laufen und um Hilfe schreien! Er lief so schnell, daß s e i n H i n t e r t e i l o r d e n t l i c h w a c k e l t e . Da gebot ich dem Knüppel Einhalt. Mit rotem Kopf und ganz außer Atem kam der dicke, fette Räuberhauptmann zurück und hieß mich weitergehn. Er hatte Hans-Günter Neuer (Via) offenbar genug von mir. Der Wolf und die Maus —drei Sextaner-Fabeln I. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein! In einem harten Winter schlich ein hungriger Wolf durch den Wald, um etwas zu erbeuten. Da traf er em Mäuslein und knurrte es an: „Besorg mir was zu fressen, oder ich fresse dich!" 43 �„Lieber Wolf!" erwiderte dos Möuslein, „woher soll ich dir etwas holen? Es gibt ja nichts!" Der Wolf wiederholte: Do sagte die Maus: , kannst du dir was holen. „Besorg mir was, aber ein bißchen schnell!" Auf der andern Seite des Sees liegt ein Bauernhof, da ,Gut", knurrte der Wolf, aber du kommst mit. Als sie an den Hof kamen, sagte die Maus: ,Geh du in den Gänsestall und hol dir eine Gans heraus! Ich will inzwischen in die Tenne schlüpfen und nach- sehen, ob dort ein poar Körner für mich liegen. Der Wolf aber entschied: „ln die Tenne gehe ich! Dort sind Enten. Du kannst zu den Gänsen gehen und zusehen, ob Reste von ihrem Futter Obriggeblieben sind." Im stillen dachte er: „Im Gänsestall wird eine Falle sein. Wenn die Maus hineingeht, ist sie zerquetscht und kann mich nicht bei dem Bauern verraten. Das war klug überlegt von dem Wolf. Aber in seiner Gier hatte er nicht daran gedocht, daß auf der Tenne der Bauer gerade die Pferde fütterte. Als der Wolf A 4 �zur Tur (hereinschlich und nach einer Ente schnappte, blickte der Bauer auf, sah den Wolf, nahn) eine Mistgabel und erschlug ihn. Das Möusiein hörte sein Heu¬ len, während es sich sott fraß, und dachte: Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein! R.Vaßen {Via} II. Wer zuletzt lacht, lacht am besten! Ein Wolf und eine Maus trafen sich auf einem Felde. Do sagte der Wolf zur Maus: „Kleines Fräulein, wollen wir einmal einen Wettlauf machen von hier bis z u m Wa l d r a n d ? " „Für mich ist dabei zwar nichts zu gewinnen", erwiderte die Maus, o b e r v e r - suchen können wir es ja". Also los!" entschied der Wolf. „Und was bekommt der Gewinner?" fragte die Maus. Der Wolf überlegte und sagte: Wenn ich gewinne, darf ich dich fressen." Einverstanden!" erwiderte die Maus. Und wenn ich gewinne, ruf Ich die Bauern, daß sie dich erschießen." Sie wußte nämlich, doß auf dem Wege zum Waldrand eine Fallgrube war, und hoffte, der Wolf werde hineinfallen. „Abgemacht!" sagte der Wolf, und beide begaben sich auf ihre Plätze. Die Maus rief: „Achtung! Fertig! Los!" —und beide sausten so schnell wie möglich ab. Eine ganze Zeitlang war der Wolf vorn. Plötzlich aber war er in die Grube ge- en. Da konnte die Maus lochen, denn Manfred Borgs tödt (VI a) fallen und hatte sich das Genick gebroch sie hatte gewonnen. III. Eine Hand wäscht die andere Die Maus traf im Walde den Wolf. Ich habe Hunger", sagte sie zu ihm. Könntest du mir etwas zu essen besorgen? „ Wa r t e h i e r ! Die Maus wartete, und es dauerte nicht lange, da kam der Wolf mit einem Ich bin gleich wieder zur Stelle." o n t w o r t e t e d e r W o l f . Stückchen Käse zurück. .Vielen Dank, Freund Wolf!" sagte die Maus. .Wenn du. einmal in Not bist, so wende dich an mich! Gewiß kann ich dir dann ebenfalls helfen." 4 5 �Eines kalten Wintertages nün kam der Wolf zur Maus und sagte: hungrig, Kannst du mir nicht etwos zu fressen geben?" Ich bin „Ich kann dir wohl sagen, wo es etwas gibt", antwortete die Maus, n e n n s t du den Bauern Otto? Der hat die Umzäunung seines Hühnerstalles noch nicht er¬ neuert. Dort kannst du dir was holen.' Der Wolf wollte sich bedanken, aber: ■Eine Hand wäscht die andere." Nichts zu danken sagte die Maus. Wolf-Dieter Krüger (Via) L i e b e M i t a r b e i t e r a u s S e x t a ! Als Belohnung für eure fleißige Mitarbeit an unserer diesjährigen Weihnachts- Nummer wartet im Sekretariat der Schule je eine kleine Überraschung für euch, abzuholen am 1 2 . D e z e m b e r der ersten Großen Pause. i n Die Schriftleitung. Mißbrauchte Ferien / j n Der folgende Beitrag stammt nicht aus unserem Kreis. Wir ent¬ nahmen ihn dem „Sonntag im Bild", Heft 9, September 1960. Sein Autor bezieht sich darin auf Vorkommnisse, die es offenbar irgend¬ wo gibt. Er hat sie also beobachtet und kennzeichnet sie doch wohl mit vollem Recht, nicht wahr? —als unverantwortlichen Mi߬ b r a u c h . Wir wollen nicht die Frage stellen, ob es „so etwas" auch bei uns gibt. Setzen wir voraus, daß es das bei uns nicht gibt (oder doch höchstens in Fällen echten Notstandes)! Aber vielleicht ist es trotzdem für manchen Schülervater, manche Schülermutter und manchen ihrer Söhne nicht überflüssig zu erfahren, was verant¬ wortungsbewußte Leute anderswo von solchen „mißbrauchten Ferien" halten. D i e S c h r i f t l e i t u n g Es würde mich nicht wundern, wenn die Kultusminister die Großen Ferien des Jahres 19dl um die Hälfte oder zwei Drittel kürzten. Oder: jene Ursache durch ein Verbot beseitigten, die Anlaß zu der Kürzung geben könnte. Ich meine die bezahlte Ferienarbeit von Schülern und Schülerinnen der oberen Klassen. 4 d �r e n In den wenigstens Fällen geht es jjm einen sozialen Notstand. Die jungen Her- Obersekundoner oder Primaner verdingen sich für drei bis fünf Wochen g e g e n einen Wochenverdienst zwischen 80 bis 180 Mark. Mit dem selbstverdienten Geld kann man sich dann endlich ein paar Wunschträume erfüllen: Radiogerät, Plat¬ tenspieler, Moped, Tonbandgerät —d. h. Luxusgegenstände, für die die Eltern kein Geld übrighaben. Die Jungen setzen ihren Willen durch und nehmen einen Ferienjob an. Es liegt auf der Hand, daß sie sich nicht so erholen können, wie es notwendig wäre, damit sie wieder mit frischen, ausgeruhten Kräften und Nerven dem Unterricht folgen ., . In den Entwicklungsjahren braucht der junge, heranwachsende Mensch ober größere Pausen, zumal das Aufgabenpensum der Schulen nicht kleiner geworden ist ...Nachlassende Leistungen in der Klasse sind die Folge, auch gesundheit¬ liche Schäden. Wie eine Seuche grassiert dieses Verlangen ...Solche Ferienarbeit ist ... Mißbrauch der Freizeit wie Schwarzarbeit am freien Wochenende. P e t e r B u s s a r d Perfektionierte Sprache „Chic!" pflegen nicht nur kleine Mädchen verzückt auszurufen, wenn ihnen eine Aufführung besonders gefiel; und ein Buch, das ihnen zusagte, nennen sie „toll", eine Hose „apart", einen Lehrer „enorm", eine Klassenarbeit —nein, die wird meistens als „in ’nen Eimer" zu bezeichnen sein. Der Abwechslung halber finden sie auch eine Aufführung „toll", einen Lehrer „chic", eine Hose „enorm", ein Buch „apart" —je nachdem, ob sie mit „objektiver Subjektivität" oder mit „subjektiver Objektivität" an die Sache herangehen. Was das heißt? Als ob es darauf ankämel Laßt uns mit dergleichen Fragen radikal brecheni Und sagen wir ruhig relativ", wenn wir „absolut' oder umgekehrt! Wer merkt das schon? Für avantgardistische Facharbeiter mit komplexen Qualifikationen kommen konventionelle Relikte oder traditionelle Re- trospektiven sowieso nicht i n d i e T ü t e " . m e m e n Apropos Goethe! Wie ließ er doch seine Iphigenie sagen? „Das Land der Griechen mit der Seele suchend ...' 47 �Welche Optik! Und dann: wie monotonl Hätte er wenigstens gesagt: „Das Land der Griechen mit der Psyche suchend", so hätte er dokumentiert, daß er Sinn für individuelle Profilierung hatte. Aber so präsentiert sich seine simple Art direkt als suspekt. Wie Toscanini der erste Hochleistungstrainer unter den Taktier-Artisten war, so sollte der rechte Avantgardist der Sprache wenigstens versuchen, ein didakhscher Dompteur der vielköpfigen Hydra der modernen expressiven Wortkunst zu sein, nicht wahr? Andernfalls werden wir es nie zu einem attraktiven Perfektio|iismus der Sprache bringen, wie er sich etwa in folgender Übertragung in die %3rache n i der Zukunft manifestiert: „O Kunst! Nimm mein „totales" Wesen hin! Denn: ein Momang, gelebt im Paradiese, Endommagiert für alle Zeiten." Das klingt chic, apart, toll,' enorm, prima —alles in einem. Schließlich ist es ja auch wohl endlich einmal an der Zeit, daß wir anfangen, Makulatur zu reden. Wer einen Beitrag für unsere Oster-Nummer liefern möchte, schreibt ihn zweckmäßig schon während der Weihnachtsferien. Er muß bis zum 1. März 1961 vorliegen. Der Termin ist unbedingt einzuhalten. Geschäftlidie Leitung: Sdiriftleitung: D r u c k : Einzohlungen: S t u d i e n r a r A l f r e d H e i d l m o n n Dr. C. Henke, Dr. Fr. Seholmeyer Gutenberg-Dfuckerei Theodor Bröcker, Münster (Weslf.), Bergstroße 71/72 Alfred He1dtmonn, Konto 127 13 bei der Sparkasse der Stadt Münster o d e r P o s t s c h e c k a m t D o r t m u n d N r. 6 0 7 3 5 . Beiträge und freiwillige Zuwendungen für die Altherrensehaft werden an folgende Adresse erbeten: F r i e d r i c h Landesoberinspektor, Münster, Poslscheckomt Dortmund Nr. 1282 20. B e x t e n , 4 8 �I a n s e n MüNSTERiW. LVDGERISTR26 K I E P E N K E R L U N D A M Das große Herrenwäsche-Spezialgeschäft des Münsterlandes ^fL0tt-'K::Älan2s Das Fachgeschäft für SPORTBEKLEIDUNG ●SPORTGERÄTE ●SPORTSCHUHE Münster (Westf.) Hammer Str. 53 Ruf 444 84 ��